01.12.2016_Fachtagung KINDESSCHUTZ_E

Aufgaben und Struktur einer
Kinderschutzgruppe an einer Kinderklinik
Ein Erfahrungsbericht
Fachtagung Kindesschutz 1.12.2016
E. Keller
Leit.Arzt Neuropädiatrie KSGR
Graubünden
Übersicht
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Entwicklung des Kindesschutzes aus ärztlicher Sicht
Fallzahlen gesamtschweizerisch und GR
Formen der Kindesmisshandlung
Zusammensetzung und Aufgaben einer
Kinderschutzgruppe
• Vorgehensweise bei Verdacht auf Kindesmisshandlung
(Kindswohlgefährdung)
• Änderungen im Kinderschutz nach Einführung der KESB
2013
• Fallvignette
Fallzahlen Graubünden
• Pro Jahr ca. 30-40 Fälle im Rahmen der
Kinderklinik
• Zunehmend Fälle mit sekundärer Prävention
z.B. bei psychisch kranken Eltern oder Kindern
drogenabhängiger Eltern
• Eigentliche BC-Fälle eher abnehmend
Fallvignette Anna geb 2/2011
• Zuweisung des 6 Monate alten Säuglings im August
2011 bei Hämatom am Kopf resp. Fraktur
• Betreuung des Kindes am Vortag durch Bekannte bei
berufstätiger Mutter
• Bekannte berichtete, Kind habe 3 x erbrochen,sonst sei
nichts vorgefallen
• Mutter bemerkt am Abend abstehende Haare li.
• In Nacht unruhig, Mutter gibt Schmerzzäpfchen
• Am Morgen Schwellung li. am Kopf
• Deshalb Vorstellung beim Kinderarzt
• Sonographisch V. auf Fraktur, deshalb Zuweisung
Sozialanamnese Anna
• 1. Kind nicht verheirateter Eltern
• Alleiniges Sorgerecht bei Mutter
• Vaterschaft vom Vater angezweifelt, dann
aber anerkannt
• Versorgung des Kindes überwiegend durch
Mutter
• Vater habe lt. Mutter Angst im Umgang mit
Säugling, beteilige sich deshalb nicht an
Versorgung
Sozialanamnese Anna
• Beide Eltern berufstätig
• Vater 100% als Chauffeur, Mutter 60% als
Verkäuferin
• Betreuung des Kindes bei Berufstätigkeit der
Mutter durch diverse Bekannte, insgesamt 3
verschiedene Personen
• Aufgrund von Schulden ist Mutter auf
Berufstätigkeit angewiesen
3 D CT-Rekonstruktion 19.8.2011
Fraktur parietal re.
CT mit Epiduralhämatom und
Galeahämatom (19.8.2011)
Weiterer Verlauf stat. Aufenthalt
19.8.2011-26.8.
• Keine weiteren Frakturen im Babygramm
• Keine Augenhintergrundblutungen
• Laut Rechtsmedizin frischer Berstungsbruch
des Scheitelbeines mit epiduralem Hämatom
• Äusserlich ca. 3 x 4 cm grosse Quetschung als
Folge stumpfer Gewalteinwirkung
Weiterer Verlauf
• Laut Mutter bei mehrfachem Nachfragen kein
Trauma erinnerlich
• Einschaltung der Kinderschutzgruppe mit dann
Meldung an zuständige Vormundschaftsbehörde
• Gleichzeitig Einschaltung Sozialdienst zur
Optimierung des Betreuung des Säuglings bei
Berufstätigkeit der Mutter
• Annahme eines Unfalls/DD Battered child (zu
diesem Zeitpunkt nicht weiter zu zuordnen)
• Entlassung mit engmaschiger Anbindung an
Kinderarzt
Oktober 2011
• Zuweisung durch Kinderarzt bei Verdacht auf
Epilepsie
• Kind zeige Episoden mit fehlendem
Ansprechen und starrem Blick
• Anlässlich kurzfristigen neuropädiatrischen
Konsils kein Anhalt für Epilepsie
• Kind in gutem Pflgezustand ohne weitere
Auffälligkeiten bei altersentsprechender
Entwicklung
9..1.2012
• Erneute Zuweisung durch KA bei erneutem
Frakturverdacht.
• Mutter hatte Kind am 4.1. vorgestellt wegen Beule an
Stirn
• Sei von ca. 40 cm hoher Couch auf Laminatboden
gefallen, Mutter habe auch auf Couch gesessen.
• Beule wurde bei ansonstem unauffälligem Säugling
lokal behandelt.
• Aber: Nach Abschwellen bemerkte Mutter Delle,
deshalb erneute Vorstellung beim Kinderarzt.
• Sonographisch dort Frakturverdacht u. Zuweisung
3 D CT Rekonstruktion ( 9.1.2012)
Impressionsfraktur re. frontal
3 D CT-Rekonstruktion (9.1.2012)
Fraktur os occipitale
3 D CT Rekonstruktion (9.1.2012)
Fraktur os parietale re.
Verlauf
• Jetzt diverse Schädelfrakturen
unterschiedlichen Alters ohne adäquate
Anamnese
• Betreuung des Kindes während Berufstätigkeit
der Mutter durch von VB anerkannter
Tagesmutter
• Ausschluss weiterer knöcherner Frakturen
• MRI Schädel ohne Hinweis für intrakranielle
Verletzungen
Verlauf
• Meldung an VB durch Kinderschutzgruppe
• Gleichzeitig Einschaltung Staatsanwaltschaft
durch Rechtsmedizin
• VB verfügt Obhutsentzug sowie Fremdplatzierung
des Kindes sowie Einsatz eines
Erziehungsbeistandes
• Staatsanwaltschaft leitet Strafverfahren gegen
Eltern ein wegen Körperverletzung im
Zusammenhang mit körperlicher Gewalt