Pfarrer Horst Krahl, Wiesbaden Zuspruch am Morgen in hr2-kultur am Freitag, 2. Dezember 2016 Lebenswege In dem Roman von Hans Bemmann mit dem ungewöhnlichen Titel „Stein und Flöte – und das ist noch nicht alles“ habe ich diesen Satz gefunden: „Habe deinen Weg lieb, denn er ist der Weg des Lebens und ihn schilt nur, wer ihn nicht versteht". Der Roman, ein Entwicklungsroman, lässt an Märchen denken. Fantasiereich und voller Symbolik erzählt er die Geschichte Lauschers, eines jungen Mannes, der ständig in die Irre geht, immer den falschen Weg wählt und doch ans Ziel kommt. Menschen gehen Umwege und Irrwege, schattige Waldwege, glatte und steinige Wege, auf sonnigen Höhen und in düsteren Schluchten. Nicht immer erreichen sie ihr Ziel. Nicht alle Hoffnungen und Zukunftspläne erfüllen sich. Ich denke zum Beispiel an Menschen, denen durch Krieg oder Krankheit Lebenspläne und Hoffnungen zerstört wurden oder werden. Ich selbst frage mich manchmal: Habe ich meine Lebenswege, so wie ich sie gegangen bin, lieb? Nehme ich sie an, auch innerlich? Das „Hätte doch! Wäre doch!“ kenne ich durchaus. In der Rückschau kann ich sagen: Die Dankbarkeit überwiegt. Woher hatte ich die Kraft und den Mut? Häufig spricht die Bibel vom Weg, vom Weg der Menschen, vom Weg Gottes mit den Menschen und von Wegen der Menschen fern von Gott. Die Wüstenwanderung des Volkes Israel aus der Sklaverei in die Freiheit des gelobten Landes - ein beschwerlicher und gefährlicher Weg. Die Leute sagen: Wären wir doch in Ägypten geblieben! Da hatten wir wenigstens genug zu essen. Da sind Irrwege, Umwege, Zweifel, Unglaube, Abfall von Gott. Nach 40 Jahren erreichen die Israeliten ihr Ziel. 40 Jahre – die Zeit einer Generation. Gott führt sie durch die Wolkensäule bei Tag und die Feuersäule bei Nacht. Es sind Symbole der Gegenwart Gottes. Jahwe ist ein mitgehender Gott, er begleitet die Menschen auf ihren Wegen. Das gehört zur Glaubenserfahrung der Israeliten. Von ihrer Glaubens- und Lebenserfahrung spricht auch Psalm 23: "Der Herr ist mein Hirte ... Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil, denn du bist bei mir.“ Wer glauben kann, Gott ist mit mir auf meinem Weg, der kann seinen Weg lieb haben. Denken Sie einmal in einer stillen Stunde über Ihre Wege nach. Vielleicht möchten Sie manchen Umweg, Irrweg oder eine Station lieber streichen. Vielleicht geht Ihnen auf, dass Sie auf Ihren Wegen nicht allein gewesen sind, obwohl Sie es manchmal dachten. Vielleicht können Sie sagen: Es ist wie ein Wunder, dass ich den Weg geschafft und das Ziel erreicht habe. Ich glaube: Gott hat den Weg jedes Menschen lieb.
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