Altes Blech Die Oldtimerserie - Motorrad

Sonderveröffentlichung
Altes Blech Die Oldtimerserie
Zwölfmal um die Erde
Jürgen Greif ist ein echtes Urgestein der Ulmer Motorradszene
Greifs Erlebnisse, Geschichten,
Touren und Aktivitäten rund
ums Motorrad in wenige Zeilen
zu pressen, ist kaum möglich,
aber einen Versuch wert.
THOMAS LÖFFLER
Den meisten bekannt, ohne ihn vielleicht persönlich kennengelernt zu
haben, ist Jürgen Greif als Herausgeber des Motorrad-Kuriers. Ein eigenes
Heft von Motorradfahrern für Motorradfahrer speziell hier in der Region.
Mit Tourenvorschlägen, Reiseberichten, Schraubertipps, Terminen, Kaufberatungen und auch Praxistests – die
nicht immer im Sinne der Hersteller
ausfielen - sowie jede Menge Bilder
und Geschichten rund ums Motorrad.
Das kann nur machen, wer zeitlebens
auf zwei Rädern unterwegs war und
ist. „Es sind rund 500.000 gefahrene
Zweiradkilometer zusammengekommen. Die sind echt und nicht schön
geredet, wie sich leicht nachrechnen
läßt“, sagt Jürgen Greif. Dabei sind die
Testmaschinen aus den Jahren des
Motorrad-Kuriers noch gar nicht mitgezählt. Doch nicht nur der Fahrer,
sondern seine drei Motorräder – alle
im besten Oldtimeralter – erzählen
Geschichten, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Da war als
erstes eine Honda CB 450. Gekauft
1976, fast neu, und nach zwei Jahren
wieder verkauft, weil Größere folgten.
In Vergessenheit geraten bis der pure
Zufall es wollte, genau dieses „Moped“
auf der Technorama 1993 wieder zu
finden. Sogar noch mit dem selben
Nummernschild. Sofort gekauft, keine
Frage. Heute hat sie mittlerweile
147.593 Kilometer auf dem Tacho und
der Motor fängt immer öfter an weiß
zu qualmen. „Das ist normaler Verschleiß und ich wollte längst mal die
Kolben erneuern“, sagt der gelernte
Elektrotechniker.
Liebevoll gepflegt
mit viel glänzendem
Chrom
Die Teile liegen längst bereit, aber was
fehlt ist die Zeit. Liebevoll gepflegt, mit
viel glänzendem Chrom, sieht sie aus
wie neu. Das kann man von seiner
Maico 250, Baujahr 1960, aus ehemaligen Bundeswehrbeständen, nicht so
ganz behaupten. Damit habe früher
bei der Bundeswehr die halbe Nation
den Motorradführerschein gemacht,
so Greif. Ein Kumpel bot sie ihm vor
vielen Jahren zum Kauf an. „Die will
ich nicht mal geschenkt“, so seine damalige Meinung. Der aber wollte sie
los werden und so stand sie eines
Nachts bei ihm vor der Tür, der Fahrzeugbrief klemmte am Tank. Seither
bewährt sie sich im rauen Umfeld, als
reines Wintermotorrad, was man ihr
auch ansieht. Das einzige neue Teil ist
die TÜV-Plakette vom Februar,
technisch gibt es an der Mai-
Jürgen Greif mit seiner Maico 250, die einiges mitgemacht hat.
co nichts zu beanstanden. Nur äußerlich, denn Ausfahrten bei Kälte, Salz
und Schnee hinderten ihn nie am Fahren. Für alle Fälle fährt eine Axt am
Lenker und ein Klappspaten unter
dem Motor mit. So kamen allein
80.000 Kilometer bei Kälte, Regen und
Schnee auf dem Tacho zusammen.
Auch die Fahrten zum jährlichen „Elefantentreffen“, wenn sich hartgesottene Biker aus ganz Europa im Januar
bei 0 Grad und weniger im bayerischen Wald treffen, wo sie im Freien
zelten.
Und dann steht vor der Garage
noch eine Yamaha XT 500 von 1985
und erinnert mit all ihren Gebrauchsspuren und Anbauten an die Zeit in Afrika. Sie hat über 120.000 km auf dem
Buckel, aber wiederum nur im Sand.
Vor die Wahl gestellt, hierzulande einer regulären Arbeit nachzugehen
oder mit dem Motorrad die Dünen der
Wüste Sahara zu durchstreifen, entschied er sich für Letzteres. Kurzerhand kaufte er nochmal vier nagelneue XT 500 und verschiffte diese
nach Kairo. Trotz all dem Gezeter mit
den ägyptischen Zollbehörden, Einfuhrpapieren und dem Militär, etablierte er sich damit als einer der ersten
Veranstalter auf dem Markt, die zu
geführten Wüstensafaris mit
Leihmotorrädern einluden. Greif als Leader
voraus, vier Teilnehmer folgten. Übernachtet wurde in
Zelten. Ein Uni-
mog begleitete den Trupp und versorgte ihn mit Verpflegung, Werkzeug,
Ersatzteilen und Sprit. Nach drei Wochen und 3.000 km Sandpiste kehrte
man auf den Campingplatz nahe Kairo zurück. Dann blieb ihm genau eine
Woche harte Arbeit um die Maschinen wieder fit zu machen und Stürzschäden zu reparieren, bevor die
nächste Gruppe eintraf. Der Anfang
war sehr, sehr schwer, danach war es
ein voller Erfolg. Sechs Touren pro
Winterhalbjahr und fast alle ausverkauft.
3.000 Kilometer
Sandpiste bis
nach Kairo
Inzwischen ist all das lange vorbei.
Heute organisiert er Tagesausfahrten
für „seine Rentner“, wie er sagt, weil
die langjährigen, treuen Weggefährten allmählich ins Rentenalter kommen. Zuletzt waren sie in Schonach im Schwarzwald
zur Besichtigung ei-
Foto: Löffler
ner Uhrenfabrik, denn Uhren sind
auch sein Hobby, aber ginge jetzt zu
weit. Nicht immer kam Greif unbeschadet über die Runden. Seine vierzylindrige Honda CB 500 war gerade
sechs Wochen alt, da erlitt er seinen
ersten schweren Unfall und verlor dabei das rechte Bein. Bei seinem dritten
schweren Unfall lag er zwölf Tage im
Koma und verlor einseitig das Gehör.
Vom Motorradfahren hat ihn das nie
abgebracht, auch weil seine Frau immer zu ihm und hinter seiner Leidenschaft stand. Das Bremspedal betätigt
er mit der Beinprothese. Der Schalthebel auf der linken Seite ginge nicht.
„Also habe ich insofern den richtigen
Fuß abgegeben“, sagt er.
Den kostenlosen Motorrad-Kurier
gibt es jeden Monat, jedoch liegt die
Leitung heute in anderen Händen. Alle alten Ausgaben lassen sich im Archiv von www.motorrad-kurier.de
nachlesen.
M. Konzelmann
Karosserie
Fachbetrieb