POSITIONEN ZUR BUNDESTAGSWAHL 2017 WETTBEWERB WACHSTUM WOHLSTAND EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, der deutschen Wirtschaft geht es gut. Das zeigt nicht nur die Einkommensentwicklung im Land, sondern ebenso die Situation am Arbeitsmarkt. Auch die Handelsunternehmen bewerten ihre Geschäftslage überwiegend positiv. Zum ungebrochenen Aufwärtstrend der vergangenen Jahre tragen nicht zuletzt der boomende E-Commerce und die Digitalisierung des gesamten Handels bei. Doch die erfreuliche volkswirtschaftliche Ausgangslage vor der kommenden Bundestagswahl sollte nicht dazu verleiten, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Damit der Einzelhandel auch in Zukunft eine tragende Säule der Volkswirtschaft bleibt, ist die Politik jetzt aufgerufen, dafür die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Zu den größten Herausforderungen für unsere stark mittelständisch geprägte Branche gehört die digitale Transformation. Neue technologische Grundlagen des Wirtschaftens, die zunehmende Ortlosigkeit des Handels und der schleichende Bedeutungsverlust der Innenstadt als Umschlagplatz der Waren fordern von den Unternehmen wie auch von der Politik ein neues Denken. In der vergangenen Legislaturperiode hat die Bundesregierung vor allem auf Regulierung gesetzt und damit die Freiräume der Wirtschaft weiter eingeschränkt. Wir brauchen eine innovations- und wachstumsfreundliche Politik, um die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland und Europa langfristig zu sichern. Die Unternehmen benötigen jetzt Spielräume für Investitionen, um auch künftig im Wettbewerb bestehen zu können. Ohne eine moderne digitale Infrastruktur und Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Warenverkehr können die Händler die Möglichkeiten der Digitalisierung nur unzureichend nutzen. Der 2 #BTW17HDE Handel steht für die Weiterentwicklung und Stärkung des europäischen Projekts. Nationale Alleingänge – egal ob in der Steuerpolitik, beim Verbraucherrecht oder bei der Energiewende – sind angesichts der zunehmenden Verflechtung internationaler Märkte nicht zukunftsweisend. Doch spätestens der Brexit hat gezeigt, dass Europa aus den Fehlern der Vergangenheit lernen muss. Die Politik steht daher vor der Aufgabe, diese Lehren ernst zu nehmen und die Bürgerinnen und Bürger immer wieder aufs Neue für die europäische Idee zu gewinnen. Auch der Handel muss sich den Herausforderungen der europäischen Integration und der Globalisierung stellen. Wir haben konkrete Schwerpunkte definiert, die wir im Bundestagswahljahr 2017 mit den Parteien diskutieren werden. Wir wollen die Entscheidungsträger in unserem Land an ihren Ideen, Lösungsvorschlägen und Handlungsansätzen messen, mit denen sie dafür sorgen, dass es der Wirtschaft und damit den Menschen weiterhin gut geht. Wir lassen uns von der Überzeugung leiten, dass der funktionierende Wettbewerb die Foto: Die Hoffotografen GmbH; Berlin Voraussetzung für Wachstum und für gesellschaftlichen Wohlstand ist. Dafür stehen wir. Ihr Josef Sanktjohanser HDE-Präsident 3 POSITIONEN ZUR BUNDESTAGSWAHL 2017 WETTBEWERB WACHSTUM WOHLSTAND 4 #BTW17HDE Foto: Rico Wasikowski/Getty Images 06 08 16 24 32 Was wir vorhaben Wachstum Wettbewerb Infrastruktur Arbeit 40 44 48 50 54 Wie wir handeln Was wir leisten Gut vernetzt Im Dialog Unser Team 5 WAS WIR VORHABEN Die Agenda des HDE Der private Konsum ist mit einem Anteil von der Parteien vor allem daran messen, ob sie 54 Prozent am Bruttoinlandsprodukt die stärkste ausreichende Freiräume für einen funktionieren- Kraft der Binnenwirtschaft und leistet einen den Wettbewerb und für notwendige Investitio- wesentlichen Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen nen im überwiegend mittelständisch geprägten Entwicklung. Die Branche bleibt damit eine Einzelhandel schaffen. Das kommt nicht nur den wichtige Säule der Volkswirtschaft und sorgt Unternehmen zugute, sondern auch dem zugleich für eine stabile Beschäftigung: Mit drei gesellschaftlichen Wohlstand. Dafür setzt sich Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist der HDE auf breiter politischer Basis ein. der Handel einer der wichtigsten Arbeitgeber und Ausbilder in Deutschland. WETTBEWERB Der Wettbewerb im deutschen Handel ist Garant Für das anhaltende Umsatzwachstum ist vor für ein moderates Preisniveau bei gleichzeitig allem der Onlinehandel verantwortlich, dessen hoher Produktqualität. Die von der Bundesregie- Anteil am Gesamtergebnis seit Jahren zunimmt. rung angestrebte verschärfte Regulierung der Die dynamische Entwicklung des E-Commerce Vertrags- und Verhandlungsfreiheit sowie der ist stark getrieben vom Multichannel-Handel. freien Preisgestaltung schränkt die Handlungs- Innovative Technologien verändern in starkem spielräume der Marktteilnehmer unnötig ein. Sie Maße das Konsumverhalten der Kunden und trägt zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen damit den Handel. Immer mehr Händler mit den Marktakteuren bei, von denen immer mehr Ladengeschäften eröffnen Onlineshops und zwar in Deutschland aktiv sind, für die aber die erschließen sich so neue Märkte. Andere oft ungleich schwächeren Regeln ihrer jeweili- vertreiben ihre Waren zusätzlich über eine gen Herkunftsländer gelten. Der HDE steht für Onlineplattform. Das Erfolgsrezept dieser den freien Wettbewerb sowie für gleiche Rechte Unternehmen fußt auf der Verknüpfung aller und Pflichten für alle. Vertriebskanäle: online, offline, mobil. WACHSTUM 6 Der Handel steht für einen freien Wettbewerb, Der Handel ist auf eine moderne und leistungs- für nachhaltiges Wachstum und gesellschaftli- starke Infrastruktur angewiesen. Zunehmende chen Wohlstand, die gleichermaßen Vorausset- Waren- und Informationsströme stellen höhere zung wie auch Ergebnis eines modernen, freien Anforderungen an die Logistik, den Datenaus- Handels sind. Wir werden die Wahlprogramme tausch und an ein modernes Verkehrswegenetz. #BTW17HDE im Wahljahr 2017 Eine gute Erreichbarkeit – ob digital oder mit Wettbewerb trägt damit entscheidend zum privaten oder öffentlichen Verkehrsmitteln – gesellschaftlichen Wohlstand in Deutschland ist für die Innenstadt ein entscheidender bei. Auch deshalb fordert der HDE mehr Spiel Wettbewerbsfaktor, für ländliche Regionen raum für den Konsum. hingegen in jeder Hinsicht eine Überlebensnot wendigkeit. Auch die Regelungen für Arbeits Mehr Wettbewerb, mehr Wachstum, mehr zeiten und Ladenöffnung und die Möglichkeiten Wohlstand – dafür steht der Handel. Es ist an flexibler Beschäftigung müssen dringend an der Zeit, die Binnenwirtschaft für die globalisier veränderte Kundenbedürfnisse und an die te Zukunft zu rüsten: mehr Investitionen in die Realität des Handels 4.0 angepasst werden. Der Infrastruktur, weniger Regulierung für mehr HDE setzt sich deshalb für flexiblere Beschäfti Wettbewerb und flexible Arbeitszeitmodelle. gung und mehr Investitionen in eine moderne Das können wir schaffen. Infrastruktur ein. Stefan Genth WOHLSTAND Die Konsumstimmung in Deutschland ist gut. Steigende Kosten, etwa für Versicherungen, Telekommunikation, Mobilität oder Strom, sorgen dennoch dafür, dass der Anteil des Einzelhandels am Gesamtverbrauch seit Jahren sinkt. Der Handel unterstützt berechtigte Forderungen, die Abgabenlast der Bürger zu Foto: Die Hoffotografen GmbH; Berlin senken, damit sie stärker vom selbst erwirt schafteten Wohlstand profitieren können. Gleichzeitig sorgt er dafür, dass breite Einkom mensschichten Zugang zu bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Produkten haben. Diese Vielfalt verdanken wir einem harten, aber gut funktionierenden Wettbewerb, der dafür sorgt, dass die Einzelhandelspreise langsamer steigen als die Verbraucherpreise insgesamt. Der Hauptgeschäftsführer WACHSTUM Foto: gilaxia/Getty Images Der Konjunkturmotor Handel läuft nur, wenn den Verbrauchern genügend Spielraum für den Konsum bleibt. Doch nicht nur hohe Sozialabgaben und Steuern hemmen die Kauflust, sondern auch die wachsenden Kosten für die Energiewende. Um finanzielle Belastungen fairer zu verteilen, sind politische Korrekturen notwendig. Davon profitiert nicht allein der Handel – es profitiert die gesamte Wirtschaft. #BTW17HDE 9 WACHSTUM VERBRAUCHER AUTONOMIE SCHÜTZEN Verbraucher können sich auf die hohe Güte der Produkte verlassen, die hierzulande im Einzelhandel verkauft werden. Der Branchenwettbewerb wird zunehmend über Qualität ausgetragen. Zudem sorgen strenge gesetzliche Vorgaben für hohe Standards bei Rohstoffen und Produktzutaten. Doch ausgelöst durch gesellschaftliche Debatten über Fragen einer gesunden Lebensweise oder verantwortlichen Konsum, verstärken sich Tendenzen in der deutschen Politik, die Wahlfreiheit des Verbrauchers durch gesetzgeberische Maßnahmen einzuschränken. Von Dr. Peter Schröder [email protected] 10 #BTW17HDE STATUS QUO Über Einschränkungen bei der Produktkommunikation und sogenanntes „Nudging“ versucht der Gesetzgeber, auf die Vermarktung bestimmter, gesetzeskonform hergestellter Produkte Einfluss zu nehmen. Nudging als subtiler Eingriff in die Verbraucherautonomie ist grundsätzlich problematisch. Tatsächlich behält der Konsument dabei nur formal die letzte Entscheidungsmacht, die bewusste Willensbildung wird jedoch gezielt umgangen. Im Gegensatz zu gesetzlichen Regulierungen ist das staatlich betriebene Nudging demokratisch nicht legitimiert und erfolgt unter Ausschluss eines öffentlichen Willensbildungsprozesses. Daher besteht im Falle von Nudging die immanente Gefahr einer Manipulation der Verbraucher durch den Staat. KONSEQUENZEN Nudging schränkt die Wahlfreiheit des Verbrauchers ein und wirkt sich hemmend auf nötige Innovationen und Marktprozesse aus. Industrie und Handel drohen dadurch wirtschaftliche Einbußen. POSITION Das Leitbild eines selbstbestimmt handelnden Verbrauchers liegt jeder freiheitlichen Wirtschaftsordnung zugrunde. Auf diesem Fundament erwachsen dem Konsumenten die erforderlichen Freiräume zur Entfaltung seiner Persönlichkeit. Auch die Rechtsprechung geht unter Berücksichtigung der konkreten Situation stets vom grundsätzlich mündigen, durchschnittlich aufgeklärten und selbstbestimmt handelnden Verbraucher aus. Politisch intendierte Überregulierungen jedoch, die sich am jeweils schwächsten und am wenigsten informierten Verbraucher orientieren, sind mit einer unverhältnismäßigen Einschränkung der Handlungsspielräume verbunden und beeinträchtigen die Freiheit der Konsumenten. WIR FORDERN Staatliche Eingriffe in die Kommunikation der Unternehmen mit ihren Kunden müssen sich auf begründete Einzelfälle beschränken. Unternehmen sollten auch in Zukunft die Möglichkeit haben, legale Produkte grundsätzlich uneingeschränkt zu bewerben. Werbeverbote würden diesem Ansatz widersprechen und sind dank des funktionierenden Systems der Selbstkontrolle der Wirtschaft in Gestalt des Werberats auch nicht erforderlich. Aufgrund der immanenten Gefahr einer staatlichen Verbrauchermanipulation ist „Nudging“ als Instrument zur Einschränkung des Handlungsspielraums der Konsumenten grundsätzlich nicht mit den Prinzipien einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung vereinbar. 11 WACHSTUM FREIRAUM FÜR KONSUMENTEN Dem Einzelhandel geht es gut, wenn es den Verbrauchern gut geht. Dank der anhaltend robusten Konjunktur verzeichnet der Staat Rekordeinnahmen. Es ist an der Zeit, die Bürger von ihrem selbst erwirtschafteten Wohlstand stärker profitieren zu lassen. Von Jochen Bohne [email protected] 12 #BTW17HDE STATUS QUO Der Fiskus in Deutschland kann sich nicht beklagen: Seit Jahren steigen die Einnahmen. Die Steuer quote lag im Jahr 2015 mit 22,3 Prozent so hoch wie zuletzt 1985. Während das nominale Brutto inlandsprodukt seit 2010 um 20 Prozent stieg, legten die Steuereinnahmen um 30 Prozent zu. Der Bund und zehn Bundesländer kamen im vergangenen Jahr ohne neue Schulden aus oder erwirt schafteten sogar Überschüsse. Darüber hinaus profitiert der Bund bei seinen Ausgaben von den Niedrigzinsen, die Sparvermögen der Verbraucher hingegen werden dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Angesichts voller Staatskassen ist eine spürbare Entlastung der Bürger überfällig. KONSEQUENZEN OECDStudien zufolge beläuft sich die durchschnittliche Abgabenlast für einen alleinstehenden Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2016 auf stattliche 49,9 Prozent seines Arbeitseinkommens. Die hohen Belastungen durch Steuern und Sozialbeiträge hemmen den Konsum und lassen das Wachstum im Handel stagnieren. Eine Senkung der Abgaben käme Bürgern und Einzelhandel gleichermaßen zugute. Denn Einkommenserhöhungen werden zu einem Drittel im Einzelhandel ausgegeben, sofern sie so bemessen sind, dass sie entsprechende Ausgabeimpulse bei den Verbrauchern freisetzen. Dies trifft insbesondere für kleine und mittlere Einkommen zu. POSITION Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, den Steuerzahler an den Überschüssen des Staates teilhaben zu lassen. Neben Grund und Kinderfreibetrag gehört der gerade bei kleinen Einkommen stark anstei gende Tarifverlauf, also der sogenannte Mittelstandsbauch, auf den Prüfstand. In Betracht kommen aber auch Entlastungsmaßnahmen bei den Sozialabgaben. Die dadurch entstehenden Ausfälle in den Sozialkassen ließen sich aus dem Steueraufkommen finanzieren. Soll der Konsum angekurbelt werden, müssten die Entlastungsmaßnahmen in erster Linie bei kleinen Einkommen ansetzen. WIR FORDERN Von der Abgabenentlastung sollten hauptsächlich die unteren Einkommensbereiche profitieren. Dies kann etwa durch entsprechende Anpassungen des Steuertarifs, aber auch durch Freibeträge bei der Sozialversicherung erreicht werden. Um durch die Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen keine mittelfristige Anhebung der Sozialkassenbeiträge zu riskieren, muss sichergestellt werden, dass die Einnahmeausfälle durch Steuermittel kompensiert werden. 13 WACHSTUM ENERGIEKOSTEN BEGRENZEN Die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die das Engagement von Wirtschaft und privaten Haushalten gleichermaßen erfordert. Schon jetzt tragen Verbraucher und Handel mit jährlich über zehn Milliarden Euro EEG-Umlage dazu bei, dass Deutschland bis zum Jahr 2025 gut 45 Prozent seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen beziehen wird. Doch die nach wie vor unfaire Verteilung der Kosten für die Energiewende bremst das Wachstum. Von Lars Reimann [email protected] 14 #BTW17HDE STATUS QUO Verbraucher und Handel zahlen gemeinsam über zehn Milliarden Euro für die EEG-Umlage. Auf den Handel allein entfallen dabei jährlich über sechs Milliarden an Stromkosten. Der Kostenanteil für die tatsächliche Strombeschaffung beträgt lediglich 1,33 Milliarden Euro, während Abgaben und Umlagen mit 4,7 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Der Handel hat einen Stromverbrauch von 35 Terrawattstunden, was rund sechs Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland entspricht. Doch sein Anteil an den EEG-Kosten beläuft sich auf zehn Prozent. Zwischen Kosten und tatsächlichem Verbrauch besteht somit ein erhebliches Ungleichgewicht. KONSEQUENZEN Durch die Erhöhung der EEG-Umlage auf 6,88 Cent pro Kilowattstunde erhöhen sich für den Handel im Jahr 2017 allein die EEG-Kosten um 200 Millionen Euro auf rund 2,4 Milliarden Euro. Ein 4-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 4 200 Kilowattstunden pro Jahr zahlt durch diese Regelung etwa 290 Euro EEG-Umlage. Diese Entwicklung dämpft Investitionen und den Konsum. POSITION Die Energiewende bedarf eines neuen, fairen Finanzierungssystems. Von den kostensenkenden Vorteilen erneuerbarer Energien müssen Wirtschaft und private Verbraucher gleichermaßen profitieren. Erforderlich ist auch der Abbau unnötiger Umlagen und Ausnahmen. Es ist zudem für mehr Transparenz bei der Förderung stromintensiver Industrien zu sorgen. WIR FORDERN Zur Entlastung von Verbrauchern und Handel muss die Energie- und Stromsteuer auf ein Minimum reduziert werden. Die Verteilung der Kosten sollte sich stärker am tatsächlichen Energieverbrauch orientieren und auch den derzeit unverhältnismäßig entlasteten Industriesektor angemessen an der Energiewende beteiligen. 15 WETTBEWERB Foto: Fisher/Thatcher/Getty Images Vertragsfreiheit, autonome Preisgestaltung und gleiche rechtliche Pflichten für alle Wettbewerbsteilnehmer sind das Rückgrat unserer Marktwirtschaft. Staatliche Regulierungen schränken den Spielraum der Vertragspartner unnötig ein. Für seinen wirtschaftlichen Erfolg braucht der Handel mehr Freiheit innerhalb eines fairen gesetzlichen Rahmens. #BTW17HDE 17 WETTBEWERB PREISGESTALTUNG LIBERALISIEREN Unternehmen müssen die Freiheit haben, Preise autonom festzulegen und ihre Waren auch unter Einstandspreis oder zu dynamischen Preisen zu verkaufen. Damit wird nicht nur der verfassungsrechtlich geschützte freie Preiswettbewerb gewährleistet, sondern auch der Markteintritt von Unternehmen erleichtert und eine Verkrustung bestehender Strukturen verhindert. Von Dr. Peter Schröder [email protected] 18 #BTW17HDE STATUS QUO Nach geltender Rechtslage ist der Verkauf unter Einstandspreis grundsätzlich verboten. Für Lebensmittel gilt dies sogar für den gelegentlichen Verkauf unter Einstandspreis (§ 20 Abs. 3 GWB). Im Übrigen sind die Händler bei der Preissetzung frei. Doch die Politik diskutiert derzeit über Einschränkungen im Bereich der dynamischen Preisfestsetzung, weil volatile Preise von Verbraucherschützern teilweise als „unfair“ bewertet werden. KONSEQUENZ Die Regulierung des verfassungsrechtlich geschützten freien Preiswettbewerbs behindert die Preissetzungsfreiheit des Handels und lässt die Preise für die Verbraucher tendenziell steigen. Ähnliche Nachteile für die Konsumenten sind auch mit Einschränkungen der dynamischen Preisgestaltung verbunden. Denn gerade dieses Wettbewerbsinstrument führt zu Effizienzsteigerungen. POSITION Unternehmen muss es freistehen, die Preise autonom festzulegen und Waren auch unter Einstandspreis und zu dynamischen Preisen zu verkaufen. Der Handel muss die Verbraucherabgabepreise autonom und ohne gesetzliche Vorgaben festlegen können. Durch die Aufhebung des Verbots des Verkaufs unter Einstandspreis wird der Preiswettbewerb intensiviert und der Verbraucher damit vor unangemessen steigenden Preisen geschützt. Außerdem lässt sich das Kartellrecht dann nicht mehr im Interesse einzelner Branchen instrumentalisieren. Den Konsumenten kommt auch die dynamische Preisgestaltung zugute, die dabei hilft, den Handel effizienter zu gestalten. Das führt tendenziell zu niedrigeren Verbraucherabgabepreisen. WIR FORDERN Der Gesetzgeber muss das geltende Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis (§ 20 Abs. 3 GWB) streichen und darf auch die Möglichkeit der dynamischen Preis gestaltung nicht einschränken. 19 WETTBEWERB GLEICHES RECHT FÜR ALLE Gleiche Wettbewerbsbedingungen und Verbraucherschutz sind gerade im globalen Onlinehandel unverzichtbar. Doch solange Händler aus Nicht-EU-Ländern in der Praxis von den hiesigen Marktüberwachungsbehörden nicht belangt werden können, haben sie keine Sanktionen zu befürchten. Das führt in der Folge nicht nur zu Lücken im Verbraucherschutz, sondern auch zu ungleichen Wettbewerbsvoraussetzungen. Von Georg Grünhoff [email protected] 20 #BTW17HDE STATUS QUO Zunehmend kommen in Deutschland unsichere Produkte auf den Markt, die von Händlern außerhalb der EU an Verbraucher verkauft werden. Der Verkauf findet zumeist über Internetplattformen statt; die Abwicklung des Verkaufs erfolgt zum Teil über innerhalb der EU ansässige Lager, sogenannte Fulfillment-Center. Diese Strukturen unterliegen nach aktueller Rechtslage nicht dem Produktsicherheitsrecht und der Marktüberwachung. Da die zuständigen Behörden im Rahmen ihrer Überwachungstätigkeit nur Produkte aus dem EU-Einzelhandel prüfen, werden Produkte, die aus dem Nicht-EU-Ausland direkt an Verbraucher innerhalb der EU verkauft werden, nicht von der Marktüberwachung erfasst. KONSEQUENZEN Während die in der EU ansässigen Händler hohe Investitionen in die Produktsicherheit und die Umsetzung der verbraucherschützenden Vorschriften tätigen müssen, sparen Händler außerhalb der EU diese Kosten und können ihre ungeprüften Produkte günstiger anbieten. Diese Praxis verzerrt den Wettbewerb zulasten deutscher Händler. POSITION Auch Produkte aus Nicht-EU-Staaten, die über Plattformen verkauft und über Fulfillment-Center importiert werden, müssen den europäischen Sicherheitsstandards entsprechen. Plattformbetreiber und Fulfillment-Center, die solche Waren verkaufen, müssen in die Pflicht genommen werden und dieselben rechtlichen Auflagen wie alle anderen Händler erfüllen. WIR FORDERN Der Gesetzgeber muss sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass Plattformbetreiber und Fulfillment-Center die gleichen Pflichten wie Händler haben. Bei Verkäufen von nicht in der EU produzierten Waren muss es zukünftig auch einen Produktverantwortlichen (Importeur oder Bevollmächtigten) im Sinne des europäischen Produktsicherheitsrechts geben. Zur Durchsetzung dieser Regelung sind Marktüberwachungsbehörden mit entsprechenden Kontrollbefugnissen auszustatten. 21 WETTBEWERB FREIE VERTRÄGE DURCHSETZEN Vertragsfreiheit ist die entscheidende Voraussetzung für einen freien Wettbewerb. Eines ihrer wesentlichen Elemente ist die Freiheit der Vertragspartner, Konditionen autonom und ohne staatliche Vorgaben festzusetzen. Nur unter dieser Voraussetzung kann sich Unternehmertum im Einzelhandel entfalten. Von Dr. Peter Schröder [email protected] 22 #BTW17HDE STATUS QUO Die Vertragsfreiheit wird durch vielfältige gesetzliche Regelungen beschränkt, die ihre hemmende Wirkung vor allem in ihrer Gesamtheit entfalten. Zu diesen Vorgaben gehören die faktisch auch im Business-to-Business-Bereich wirkenden Vorschriften zur Kontrolle einseitig vorformulierter Vertragsbedingungen (§ 307 BGB) und das Verbot des Forderns ungerechtfertigter Vorteile (§ 20 Abs. 2 GWB). KONSEQUENZEN Ohne Vertragsfreiheit droht Marktversagen. Denn gesetzliche Vorgaben schränken die Kreativität des Unternehmers und seine Spielräume bei den Vertragsverhandlungen unverhältnismäßig ein, sodass im Ergebnis das Zustandekommen von Verträgen erschwert wird. Das kann zu höheren Preisen zulasten der Verbraucher und in der Konsequenz zu Wohlstandsverlusten führen. Die Beschränkungen haben außerdem zur Folge, dass bestehende Vertriebsstrukturen aufseiten der Lieferanten verkrusten und es kaum Anreize zur Innovation bei der Konditionengestaltung gibt. POSITION Unternehmen sind nicht in gleichem Maße schutzwürdig wie Verbraucher. Schutzvorschriften für KMU, die dem Verbraucherrecht entsprechen und auch vom Handwerk immer wieder gefordert werden, sind daher ebenso hemmend wie die Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften auf Kleinunternehmen. Jedem Unternehmer kann zugemutet werden, sich über den rechtlichen Rahmen seiner Tätigkeit zu informieren, die Folgen seines unternehmerischen Handelns abzuschätzen und bei Bedarf juristischen Rat in Anspruch zu nehmen. Bestehende Regulierungen im Business-to-Business-Bereich müssen abgebaut werden, sodass wieder mehr Raum für vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten entsteht. Grundsätzlich ist dabei anzuerkennen, dass ein Verhandlungsergebnis, das zwischen zwei unternehmerischen Parteien ohne Zwang oder unzulässigen Druck vereinbart wurde, als fair zu gelten hat. Auch kartellrechtlich darf nicht in die Vertragsgestaltungsfreiheit eingegriffen werden. WIR FORDERN Das Verbot des Forderns ungerechtfertigter Vorteile (§ 20 Abs. 2 GWB) sollte gestrichen werden. Die faktisch umfassende Kontrolle allgemeiner Vertragsbedingungen auch zwischen unternehmerischen Partnern, die in der Praxis durch eine mittelbare Anwendung der eigentlich nur für Verbraucher geltenden Klauselverbote herbeigeführt wird (Indizwirkung), ist durch eine gesetzliche Klarstellung auszuschließen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Besonderheiten des unternehmerischen Geschäftsverkehrs bei der Vertragsgestaltung ohne Einschränkung berücksichtigt werden können. Damit entspricht die Regelung wieder der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers und gestattet künftig eine angemessene Einzelfallprüfung. 23 INFRASTRUKTUR Foto: Rico Wasikowski/Getty Images Der Handel ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig auf eine moderne, technologisch zeitgemäße Infrastruktur angewiesen. Gut erreichbare, attraktive Innenstädte sind für den Erfolg der Händler ebenso wichtig wie ein leistungsfähiges, flächendeckendes Internet und ausgebaute Verkehrswege. #BTW17HDE 25 INFRASTRUKTUR INNENSTÄDTE STÄRKEN Die Zukunft des stationären Einzelhandels und somit der Nahversorgung steht und fällt mit der Entwicklung unserer Innenstädte und der Regionen. Dabei geht es nicht nur um attraktive Gestaltung, Sicherheit und Aufenthaltsqualität. Der Erfolg des Handelsstandorts Innenstadt hängt auch von der Erreichbarkeit der Zentren für den Wirtschaftsverkehr ab. Text: Michael Reink [email protected] 26 #BTW17HDE STATUS QUO Die abschmelzende Bedeutung des Handels als Leitfunktion der Innenstädte führt zu spürbaren Frequenzverlusten mit negativen Folgen auch für korrespondierende Wirtschaftsbereiche. Weil die „Stadt“ als ausschließlicher Vertriebsweg an Bedeutung verliert, ist es für die Kommunen von hoher Bedeutung, die Innenstädte als zentrale Anziehungspunkte aufzuwerten und ihre Erreichbarkeit für alle Verkehrsformen zu sichern – dies gilt insbesondere für die Handelslagen in Klein- und Mittelstädten sowie im ländlichen Raum. KONSEQUENZEN Nachlässigkeit bei der Gestaltung, Desinvestition und falsche Standortstrategien führen langfristig zur Verödung der Innenstädte und beeinträchtigen zudem das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger. Doch auch künstliche Zufahrtsbeschränkungen in Form von Umweltzonen tragen dazu bei, dass Innenstädte an Wirtschaftskraft und Attraktivität verlieren. Dem Handel drohen dadurch Frequenzrückgänge. POSITION Städte müssen bei der Entwicklung ihrer Innenstädte die bauliche Gestaltung in den Blick nehmen. Das Thema Baukultur sollte sowohl bei den Kommunen als auch beim Handel ein Leitmotiv der Innenstadtgestaltung sein. Außerdem darf ein mangelndes Sicherheitsgefühl der Bürger nicht zum Hemmnis für den Innenstadtbesuch werden. Anstatt die Erreichbarkeit der Innenstadt über Mobilitätsbeschränkungen zu beeinträchtigen, lässt sich die gewünschte Verbesserung der Lebensqualität über eine optimierte Verschneidung der Verkehrsträger erreichen. WIR FORDERN Die Mittel zur Städtebauförderung müssen auf gleicher Höhe fortgeschrieben werden. Dabei ist vor allem Aspekten der Stadtgestaltung ein größeres finanzielles Gewicht einzuräumen. Zur Kriminalprävention sollten die Kommunen sogenannte Sicherheitsräte einrichten, in denen Polizei, Ordnungsämter und der örtliche Handel zusammenarbeiten. Anstelle der Blauen Plakette ist eine Verkehrspolitik mit Augenmaß gefordert, die wünschenswerte Klimaziele mit einem uneingeschränkten Wirtschafts- und Einkaufsverkehr verbindet. 27 INFRASTRUKTUR DIGITALISIERUNG VORANTREIBEN Eine flächendeckend leistungsfähige digitale Infrastruktur gehört zu den entscheidenden Wettbewerbsfaktoren. Händler sind heute auf ein zuverlässiges, schnelles Internet angewiesen, um national und international konkurrenzfähig zu bleiben. Denn die Integration der Online- und Offlinevertriebskanäle ist für die Zukunftsfähigkeit des Einzelhandels entscheidend. Von Olaf Roik [email protected] 28 #BTW17HDE STATUS QUO Beim Breitbandausbau droht Deutschland im internationalen Umfeld den Anschluss zu verlieren. Fast 40 Prozent der Händler klagen laut einer HDE-Umfrage über zu geringe Internetbandbreiten an ihren Standorten. Dieses Problem betrifft vor allem den ländlichen Raum, doch es hemmt auch in vielen Städten das Wachstum. KONSEQUENZEN Mit langsamen Internetverbindungen lassen sich weder Onlineshops noch Social-Media-Aktivitäten professionell betreiben. Nicht nur etablierte Technologien wie die längst selbstverständliche Kartenzahlung im Laden sind heute von zuverlässigen Datenleitungen abhängig, Händler benötigen leistungsfähige Funknetze auch für viele ihrer lokalen Serviceangebote. Ohne ein schnelles und flächendeckendes Breitbandnetz wird Deutschland wirtschaftlich und infrastrukturell ins Hintertreffen geraten und seine internationale Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. POSITION Der Breitbandausbau muss das Ziel verfolgen, Stadt und Land flächendeckend mit schnellen und zuverlässigen Internetverbindungen zu versorgen. Im Zuge der dringend notwendigen Maßnahmen dürfen jedoch keine bestimmten Technologien bevorzugt werden. Technologieoffenheit heißt aber gerade nicht, auf kurzlebige Maßnahmen zu setzen, die falsche Rahmenbedingungen schaffen. So ließe sich mit der Netztechnologie des Vectorings der Datendurchsatz auf vorhandenen Kupferleitungen verdoppeln. Doch solche kurzfristigen Verbesserungen können den überfälligen Breitbandausbau keinesfalls ersetzen. WIR FORDERN Das von der Bundesregierung verabschiedete Ziel, bis zum Jahr 2018 eine Versorgung mit 50 Megabit pro Sekunde im Download zu garantieren, greift zu kurz. Deshalb fordert der Handel eine Beschleunigung des Glasfaserausbaus. Klein- und Mittelstädte sowie der ländliche Raum müssen beim Breitbandausbau Vorrang haben. Um den Handelsstandort Innenstadt zu stärken, sind Städtebaufördermittel für den Ausbau der digitalen Infrastruktur nötig. Es gilt außerdem, bestehende rechtliche Hürden abzubauen, sodass Kunden die Angebote und Services des Einzelhandels über alle Kanäle in Anspruch nehmen können. 29 INFRASTRUKTUR VERKEHRSWEGE AUSBAUEN Die Wirtschaft ist auf eine leistungsfähige und verlässliche Verkehrs infrastruktur angewiesen. Der stationäre Handel setzt zuverlässig funktionierende Lieferverbindungen ebenso voraus wie der Onlinehandel mit seinen wachsenden internationalen Warenströmen. Und auch die Kunden müssen sich auf ihrem Weg zum Handel auf eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur verlassen können. Von Michael Reink [email protected] 30 #BTW17HDE STATUS QUO Die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland leidet unter einem beträchtlichen Investitionsrückstand und bedarf dringender Zuwendung. Angesichts eines absehbaren weiteren Verkehrswachstums in den kommenden Jahren steht die Bundesrepublik vor großen Herausforderungen. Darüber hinaus ist der Übergang von einer bislang primär steuerfinanzierten hin zu einer mehrheitlich nutzerfinanzierten Bewirtschaftung der Verkehrsinfrastruktur geplant. Alle strukturellen Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau von Bundesstraßen und Autobahnen erfordern dabei zusätzliche Mittel, die über eine Ausweitung der Mautgebühren sowohl bei Lkw als auch Pkw generiert werden sollen. KONSEQUENZEN Verzögerte Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau der Verkehrswege schränken die Erreichbarkeit der Handelsstandorte ein und beeinträchtigen damit einen wesentlichen Faktor für das Funktionieren einer Handelslage. Denn infrastrukturelle Engpässe schlagen sich sofort in den Betriebsergebnissen des Handels nieder. Doch die nötigen finanziellen Anstrengungen zum Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur dürfen weder die Wirtschaft noch die Verbraucher über Gebühr belasten. Angesichts 50 000 vakanter Standorte würden zusätzliche Kosten den erfolgreichen Strukturwandel im Einzelhandel beeinträchtigen. POSITION Der Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur muss in allen Landesteilen Vorrang genießen. Die Nutzerfinanzierung muss dabei mit einer gleichzeitigen Rückführung der Steuern einhergehen. Denn die Infrastruktur der Zukunft kann nur über ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Steuer- und Nutzerfinanzierung erhalten und geschaffen werden. WIR FORDERN Weder Konsum noch Handelslogistik dürfen durch Mautregelungen in Form von Straßenmaut und Citymaut zusätzlich belastet werden. Mautkosten müssen daher durch eine entsprechende Absenkung der Kfz- respektive Mineralölsteuer kompensiert werden. Zur Finanzierung von Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist eine solide und transparente Investitionsplanung ohne Mehrbelastungen des Verbrauchers erforderlich. 31 ARBEIT Foto: Predrag Vuckovic/Getty Images Gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter sind für den wirtschaftlichen Erfolg jedes Unternehmens entscheidend. Gerade der Handel braucht Beschäftigte, die den Herausforderungen der Digitalisierung und eines globalen Wettbewerbs gewachsen sind. Deshalb sind Investitionen in die Bildung genauso nötig wie Freiheit bei der Gestaltung guter Arbeitsbedingungen für alle. #BTW17HDE 33 ARBEIT DIGITALE BILDUNG VORANBRINGEN Die Digitalisierung der Wirtschafts- und Arbeitsprozesse im Handel schreitet rasch voran. Künftig werden nahezu alle Tätigkeitsbereiche der Branche eine entsprechende Digitalund Medienkompetenz erfordern. Deshalb brauchen wir Aus- und Fortbildungen, die den Auszubildenden und Beschäftigten die notwendigen Qualifikationen vermitteln. Von Wilfried Malcher [email protected] 34 #BTW17HDE STATUS QUO Schon heute ist der Umgang mit digitaler Technik ein integraler Bestandteil der beruflichen Praxis sowie der Aus- und Weiterbildung im Handel. Viel zu häufig aber fehlen den Bewerbern die erforderlichen Grundkenntnisse. Die Politik hat das Problem zwar erkannt, handelt aber bislang zu verzagt und zu langsam. KONSEQUENZEN Wer mit der technologischen Entwicklung nicht Schritt hält, verliert den Anschluss und damit seine ökonomische Leistungsfähigkeit. Insbesondere der Wettbewerbsdruck im Handel erfordert von den Unternehmen und ihren Beschäftigten eine hohe Lernbereitschaft und ausbaufähige Fach- und Schlüsselqualifikationen für das digitale Zeitalter. POSITION Der Handel braucht Mitarbeiter, die alltagstaugliche und beruflich relevante Grundlagen in diesem Bereich mitbringen. Das setzt Lehrer, Ausbilder, Weiterbildungspersonal und Hochschullehrer mit entsprechender Qualifikation voraus, die Unterricht, Studium und Weiterbildung sinnvoll mit digitalen Medien anreichern können. Außerdem müssen die allgemein- und berufsbildenden Schulen sowie die Hochschulen verlässlich mit Medien, Software, IT- und Medientechnik auf der Höhe der Zeit ausgestattet sein. WIR FORDERN Ein umfassendes und bedarfsgerechtes Investitionsprogramm auf Bundesebene ist für die zügige Verbesserung der IT- und Medienausstattung in sämtlichen Einrichtungen unseres Bildungssystems dringend notwendig. Etwaige Hemmnisse, die sich aufgrund der grundgesetzlich vorgeschriebenen föderalen Zuständigkeit im Bildungsbereich ergeben, müssen abgebaut werden, sodass Bund und Länder eng kooperieren können. Digital- und Medienkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation und muss deshalb zum festen Bestandteil der Aus- und Weiterbildung des in Schulen, Betrieben, Bildungseinrichtungen und Hochschulen tätigen Lehrpersonals werden. Gerade im Mittelstand sind Entwicklung und Transfer von praxistauglichen Konzepten zur Nutzung von Bildungstechnologie nötig. Daher sollte der Bund die Förderung zielgerichteter Aus- und Weiterbildungsprogramme verstärken. 35 ARBEIT TARIFBINDUNG SICHERN Der Einzelhandel steht in einem harten Wettbewerb, der auch zwischen tarifgebundenen und tarifungebundenen Unternehmen ausgetragen wird. Für die Mitarbeiter des Handels, aber auch für die Branche selbst ist es wichtig, dass dieser Wettbewerb zu fairen Bedingungen stattfindet und zum Erfolg der Unternehmen beiträgt. Von Heribert Jöris [email protected] 36 #BTW17HDE STATUS QUO Die Tarifvertragsparteien sorgen dafür, dass beispielsweise das Gebot der Entgeltgleichheit bei tariflichen Vergütungen eingehalten wird. Außerdem tragen sie durch tarifliche Regelungen zu einem Mindestlohn und zur Altersvorsorge bei. Die große Leistung der Tarifbindung wird von der Politik aber nicht ausreichend gewürdigt. Denn immer mehr Gestaltungsfelder der Tarifpolitik werden durch gesetzliche Regelungen überbürokratisiert. Auf diese Weise schrumpft nicht nur der Handlungsspielraum der Tarifvertragsparteien, sondern auch der Nutzen einer Tarifbindung für die Unternehmen. KONSEQUENZEN Eine weitere Verengung tarifpolitischer Handlungsspielräume durch die Politik würde zu einem deutlichen Rückgang der Tarifbindung führen. Denn so wird den Unternehmen der Anreiz genommen, mit den Gewerkschaften branchenspezifisch passgenaue Regelungen auszuhandeln. In der Folge kämen immer weniger Arbeitnehmer in den Genuss tariflicher Regelungen. POSITION Der Gesetzgeber sollte den Tarifvertragsparteien durch gesetzliche Öffnungsklauseln in weitaus mehr Bereichen des Arbeits- und Sozialrechts zusätzlichen Freiraum gewähren. So sollte es künftig möglich sein, Regelungen zu vereinbaren, die vom gesetzlichen Standard nicht nur nach „oben“, sondern auch nach „unten“ abweichen können. Es sollte dann den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben, sich innerhalb eines vorgegebenen Rahmens auf eine für ihre Branche passgenaue tarifliche Lösung zu verständigen. WIR FORDERN Die Politik muss die Tarifbindung fördern. Das Arbeitszeitrecht ist den sich wandelnden wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen und muss im Rahmen der geltenden europäischen Arbeitszeitrichtlinie künftig mehr Ausnahmen erlauben. Darüber hinaus sollte es in Zukunft möglich sein, im Tarifvertrag auch Ausnahmen im Kündigungsschutzrecht zu vereinbaren, beispielsweise die Einigung auf eine Abfindungsregelung statt Kündigungsschutz. 37 ARBEIT ARBEITSZEIT FLEXIBILISIEREN Die Einzelhandelsunternehmen stehen bei der Arbeits organisation und Arbeitszeitplanung vor der schwierigen Aufgabe, die Ansprüche und Erwartungen der Kunden mit den Bedürfnissen der Mitarbeiter in Einklang zu bringen. Von Heribert Jöris [email protected] 38 #BTW17HDE STATUS QUO Bisher konzentriert sich die Politik darauf, die Arbeitszeitsouveränität der Arbeitnehmer weitgehend ohne Rücksicht auf die Belange der Unternehmen weiter auszubauen. So wurde neben der Wahl arbeitszeit auch der Anspruch von Teilzeitbeschäftigten auf Rückkehr in ihr ursprüngliches Vollzeit arbeitsverhältnis eingeführt, ohne den Unternehmen im gleichen Zug die Möglichkeit zu geben, durch flexible Beschäftigungsformen ihre Servicebereitschaft aufrechtzuerhalten. Ohne arbeitszeit rechtliche Flexibilisierungsinstrumente können die Händler sich nicht den veränderten Wünschen und Ansprüchen ihrer Kunden anpassen und büßen an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit ein. Auch die Folgen der Digitalisierung der Arbeitswelt werden von den geltenden Regelungen noch nicht hinreichend berücksichtigt. KONSEQUENZEN Die Abwertung von Teilzeit oder befristeten Arbeitsverhältnissen, Zeitarbeit und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen als sogenannte atypische oder prekäre Arbeitsverhältnisse entspricht weder der wirtschaftlichen Realität noch den tatsächlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter im Handel. POSITION Um den berechtigten Erwartungen der Kunden an einen zeitgemäß ausgerichteten Einzelhandel gerecht werden zu können, müssen die vorhandenen Flexibilisierungsinstrumente der Arbeitgeber gestärkt und nicht infrage gestellt oder eingeschränkt werden. Im Rahmen autonom geplanter Arbeitszeiten muss das Arbeitszeitrecht hinsichtlich des Umgangs mit den Ruhezeiten in Zusam menhang mit der Nutzung moderner Kommunikationsmittel angepasst werden. WIR FORDERN Für den stationären Einzelhandel ist mehr Rechtssicherheit bei den nur ausnahmsweise zugelassenen Sonntagsöffnungen respektive bei der Sonntagsarbeit nötig. Der bisher in den Gesetzen der Länder verankerte Anlassbezug und die juristische Auslegung bieten nicht die notwendige Planungssicherheit. Der Gesetzgeber muss die Rolle der verkaufsoffenen Sonntage anerkennen und durch entsprechende Gesetzesänderungen den Weg dafür frei machen, dass vom Einzelhandel organisierte verkaufsoffene Sonntage als Anlässe im Sinne der Ladenöffnungsregelungen anerkannt werden. Damit Deutschland ein sicherer und attraktiver Standort für den Versandhandel über Callcenter bleibt, ist eine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage für die Sonntagsarbeit in Callcentern nötig. Auch hinsichtlich der Höchstdauer der zulässigen Arbeitszeit muss sich das deutsche Arbeitszeitrecht von der Orientierung an der täglichen Arbeitszeit zugunsten einer Wochenbilanz lösen. 39 WIE WIR HANDELN Lieferketten nachhaltig gestalten Der deutsche Einzelhandel steht an der Schnittstelle zwischen Herstellern, Produzenten und Verbrauchern in der Verantwortung für eine sozial und ökologisch nachhaltige Lieferkette. In seiner Eigenschaft als Produzent und Distributor von Food- und Non- FoodProdukten übt er einen wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung nachhaltiger Stoffkreisläufe aus – von der Rohstoffherstellung über die Produktion, das Von Kai Falk Warensortiment und den Konsum bis hin zum Recycling. Dabei unterstützt [email protected] der Handel die Verbraucher in dem Bestreben, nachhaltiger zu konsumieren. Stand in der Vergangenheit die Einhaltung ökologischer Standards, insbesondere bei der Lebensmittelproduktion, im Vordergrund, gewinnen heute das Tierwohl, die Reduktion von Lebensmittelabfällen oder die Verbesserung ökologischer und sozialer Produktionsbedingungen in Lieferländern, beispielsweise in der Textilwirtschaft, an Bedeutung. Gleichzeitig setzt der Einzelhandel mit konkreten Schritten die Beschlüsse des Klimagipfels von Paris um. So haben elf führende Handelsunternehmen in ihrer Klimaschutzerklärung 2016 angekündigt, mehr als 370 Millionen Euro in den Klimaschutz zu investieren. Durch den Ausbau erneuerbarer Energien, die Nutzung natürlicher Kältemittel sowie Energieeffizienzmaßnahmen sparen die Unternehmen zusammen 110 Millionen Kilogramm CO2 ein. Gleichzeitig wird der Strombedarf um jährlich mehr als 200 000 Megawattstunden reduziert. Das entspricht dem privaten Jahresverbrauch einer Großstadt. 2017 startet der HDE im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums eine breit angelegte Informationskampagne zum Klimaschutz im Einzelhandel. Damit wird mittelständischen Handelsunternehmen geholfen, eigene Energieeinsparpotenziale zu erschließen. 40 #BTW17HDE Die Innenstadt ist das Gesicht einer Stadt. Dort präsentiert sie Besuchern und Touristen das, was sie an Identität und Lebensqualität zu bieten hat. Das Zentrum einer Stadt steht zugleich für Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze. Doch der aufstrebende Onlinehandel hat schon zu spürbar rückläufigen Besucherfrequenzen in Innenstädten und Ortskernen geführt. Bis zu 50 000 Einzelhandelsadressen in deutschen In- Eine Allianz für die Innenstadt nenstädten droht in naher Zukunft das Aus. Handel und Kommunen stehen vor der gemeinsamen Herausforderung, die Attraktivität der Innen- Von Michael Reink [email protected] städte langfristig zu erhalten. Einzelhandel, Städte und Gemeinden wollen deshalb den Standort Innenstadt stärken und haben die „Allianz für Innenstädte“ ins Leben gerufen. Die Allianz trägt dazu bei, die Zentren auch unter dem Druck von Digitalisierung und demografischem Wandel attraktiv zu gestalten. Denn obwohl die sprichwörtliche „Stadt“ als vormals nahezu ausschließlicher Vertriebsweg des Handels an Bedeutung verliert, ist es für die Kommunen von hoher Bedeutung, die Innenstädte als zentrale Anziehungspunkte aufzuwerten. Eine besondere Rolle spielen in diesem Zusammenhang stadtgestalterische Maßnahmen. So legen Innenstadtbesucher heute großen Wert auf Atmosphäre und Aufenthaltsqualität. Von einem attraktiven Umfeld lebt auch der Handel. Da innerstädtische Bereiche in weiten Teilen „öffentlicher Raum“ sind, ist gerade der Handel auf eine vorausschauende kommunale Stadtplanung angewiesen. Gleichzeitig spielt die Erreichbarkeit der Innenstadt für den privaten und öffentlichen Nahverkehr eine Rolle. Die Stadt braucht den breiten Schulterschluss aller, um sich als Wirtschafts- und Arbeitsstandort, kulturelles und gesellschaftliches Zentrum behaupten zu können. Dafür setzt sich der HDE ein. 41 WIE WIR HANDELN Gute Arbeit Die Tarifvertragsparteien des Einzelhandels tragen schon heute dazu bei, die richtigen Rahmenbedingungen für gute Arbeit zu schaffen. Doch der HDE ist noch längst nicht am Ziel. So ist die Tarifbindung innerhalb der Branche nach wie vor ausbaufähig. Wir setzen dafür jedoch nicht auf staatliche Regelungen, sondern treten für eine Tarifpolitik ein, die nach branchenspezifischen Lösungen für die Tarifpartner sucht. Nur so ist der Einzelhandel in seiner vielfältigen und kleinteiligen Struktur für die Herausforderungen eines sich ver- Von Heribert Jöris schärfenden Wettbewerbs gerüstet. Aber auch eine gute Berufsausbildung [email protected] und eine bedarfsgerechte Weiterbildung sind eine Investition in die Zukunft und genießen im Einzelhandel einen hohen Stellenwert. Qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind eine zentrale Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit und den Erfolg eines Handelsunternehmens, das im Wettbewerb bestehen will. Daher sind attraktive, moderne und bedarfsgerechte Ausbildungs- und Fortbildungsangebote unerlässlich. So wurden unter Federführung des HDE die beiden klassischen Berufsbilder Verkäufer/-in und Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel modernisiert. Und auf Initiative des HDE wird der neue Ausbildungsberuf Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce entwickelt. Schon heute gehört der Handel zu jenen Branchen, die ihren Mitarbeitern beste Aufstiegsmöglichkeiten bieten. Das kommt nicht von ungefähr: Wer im Handel Karriere machen will, findet dort ein exzellent ausgebautes Netz an Fortbildungsmöglichkeiten. 42 #BTW17HDE Getrieben von Digitalisierung und E-Commerce, durchläuft der Einzelhandel einen strukturellen Veränderungsprozess, der die gesamte Lieferkette umfasst. Entscheidender Treiber dieses Wandels ist die enge Vernetzung der Vertriebs- und Kommunikationskanäle: Digitale Agenda stationär, online, mobil. Gleichzeitig wenden sich immer mehr reine Onlinehändler mit stationären Geschäften an ihre Kunden. Um die Möglichkeiten der Digitalisierung optimal nutzen zu können, be- Von Stephan Tromp [email protected] darf es jedoch neuer Regeln. So stehen auf nationaler wie europäischer Ebene strategische Entscheidungen an, die den rechtlichen Rahmen für die Digitalisierung des Handels schaffen. Dazu gehört die Bereitstellung von offenem WLAN in Städten und Geschäften ebenso wie der Ausbau eines flächendeckenden Breitbandnetzes. Der HDE setzt sich für die Gleichbehandlung aller Vertriebskanäle, Unternehmensgrößen, Standorte und Technologien auch über Grenzen hinweg ein. Dazu zählen auch faire steuerliche Wettbewerbsbedingungen. Für die Bürger müssen einheitliche Regeln gelten, die jedoch die Gestaltungsspielräume der Unternehmen möglichst wenig einschränken sollten. Die Umsetzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung muss zum Ziel haben, einen europäischen Binnenmarkt zu schaffen, der diesen Namen tatsächlich verdient. Das gilt auch für die Frage des Umgangs mit Kundendaten. Jeder Einzelhändler muss entscheiden dürfen, über welchen Vertriebskanal er seine Ware vertreibt. Wir sprechen uns klar gegen Vertriebsverbote durch Markenartikelhersteller aus. Auch darf die Politik, wenn sie die Digitalisierung fördern will, Händlern mit digitalen Warenwirtschaftssystemen keine statischen Preise verordnen. Der HDE begleitet und gestaltet den laufenden Digitalisierungsprozess mit dem Ziel, das Potenzial für den Handel in einer digitalen Gesellschaft auszuschöpfen. 43 WAS WIR LEISTEN Der Einzelhandel ist ein Konjunkturmotor. Binnennachfrage und privater Konsum tragen in zunehmendem Maße zum Wirtschaftswachstum in Deutschland bei, während der Wettbewerb im Handel für stabile Verbraucherpreise sorgt. STABILE PREISE Der Einzelhandel leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag für unsere Volkswirtschaft, sondern sorgt mit seinem intensiven Wettbewerb auch für ein attraktives Preisniveau für alle Einkommensschichten. Damit trägt die Branche zur Stabilität der Verbraucherpreise insgesamt bei. Preiserhöhungen auf der Erzeugerseite werden regelmäßig nicht in vollem Umfang an die Verbraucher weitergegeben. Der Handel übernimmt eine Ausgleichsfunktion und wirkt tendenziell preisdämpfend. PREISENTWICKLUNG IN DEUTSCHLAND 2008 – 2015 Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent 6,0 Verbraucherpreise Einzelhandelspreise (ohne Kfz-Handel) Nahrungsmittelpreise (inkl. alkoholfreier Getränke) 3,9 3,4 2,8 2,5 2,7 1,2 2,0 2,1 1,6 1,1 1,5 1,4 1,2 1,0 0,9 0,8 0,6 0,3 0,7 0,3 0,1 –0,2 –1,3 2008 2009 2010 2011 2012 Quelle: Statistisches Bundesamt 44 #BTW17HDE 2013 2014 2015 WIRTSCHAFTSFAKTOR HANDEL Der Einzelhandel ist mit 300 000 Unternehmen und einem Umsatz von rund 485 Milliarden Euro die drittgrößte Wirtschaftsbranche nach Industrie und Handwerk. Tagtäglich kaufen 50 Millionen Verbraucher im deutschen Einzelhandel ein – im Supermarkt und beim Gemüsehändler, im Kaufhaus und im Internet, im Fachhandel und im Shoppingcenter. LEISTUNG des Einzelhandels PRIVATER KONSUM als stärkste Kraft der Binnenwirtschaft 8% Anteile am nominalen Bruttoinlandsprodukt Bruttoinlandsprodukt 3.025,9 Mrd. Euro privater Konsum Privater Konsum 1.633,3 Mrd. Euro Anteil am BIP: 54,0 % 19% staatlicher Konsum 54% Bruttoinvestitionen 19 % Einzelhandelsumsatz 473,9 Mrd. Euro Anteil am BIP: 15,7 % Außenbeitrag Quelle: Statistisches Bundesamt Quelle: Statistisches Bundesamt HDE-PROGNOSE FÜR 2016: +2,5 PROZENT Einzelhandelsumsatz im engeren Sinne Mrd. Euro 428,3 432,2 Veränderung zum Vorjahr (in Prozent) 423,1 417,2 426,3 430,2 432,7 427,6 432,3 418,9 427,2 437,9 445,4 450,9 458,3 473,9 485,7 3,4 2,5 2,2 2,0 1,7 1,5 2,5 1,1 0,9 0,6 1,2 0,9 1,6 –1,2 –1,4 –2,1 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 –3,1 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: Statistisches Bundesamt; HDE-Berechnungen und - Prognose 2016; ohne Umsatzsteuer, Umsatz ohne Kfz, Tankstellen, Brennstoffe, Apotheken 45 WAS WIR LEISTEN ONLINEHANDEL Mit der Entwicklung des Internethandels vollzieht sich seit Mitte der 90er-Jahre nicht nur ein neues Kapitel des Wandels im Handel. Vielmehr steht der Internethandel für die Globalisierung der Absatz- und Beschaffungswege sowie für grenz- und medienübergreifende Einkaufsmöglichkeiten der Verbraucher. Der Einzelhandel löst sich damit aus seiner lokalen Identität und Verankerung. Die Möglichkeit für Kunden, Waren und Dienstleistungen über das Internet zu bestellen, führt zu einer nachhaltigen Veränderung der Strukturen des traditionellen Einzelhandels. Das diesbezügliche Entwicklungspotenzial geht dabei über die bereits etablierten Formen des Fernabsatzhandels hinaus. Dieser Impuls belebt das Geschäft und sorgt für neue Vertriebschancen. Insbesondere auch die mit dem Internet verbundene Transparenz von Angeboten und Preisen hat weitreichende Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Verbraucher, Handel und Industrie. 44,0 ONLINE-UMSATZ STEIGT UM ELF PROZENT Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent 39,8 37,1 Mrd. Euro 34,7 Veränderung zum Vorjahr (in Prozent) 31,3 26,3 13,8 +14 2005 17,8 15,7 +14 2006 21,8 19,7 23,9 +19 +11 +13 2007 +11 +11 2008 2009 +10 +10 2010 2011 2012 +11 +7 +7 2013 2014 2015 Quelle: HDE-Prognose; GfK; ohne Umsatzsteuer; Angaben für Non-Food, FMCG, Entertainment, Tickets, Downloads, Reisen (ohne Urlaubsreisen) ONLINE-AUSGABEN – DEUTLICHE UNTERSCHIEDE NACH KATEGORIEN 2015, Anteile in Prozent online Non-Food gesamt Fashion und Lifestyle 80 17 83 Elektronik und Technik Heim und Garten Spiel und Sport Büro und Co. offline 20 32 68 12 88 29 71 24 76 Quelle: GfK Consumer Panel 46 #BTW17HDE 2016 LEBENSMITTEL ONLINE Online einzukaufen, gehört für die Verbraucher in Deutschland längst zum Alltag. Dies gilt jedoch (noch) nicht für Fast Moving Consumer Goods (FMCG). Trotz des allgemeinen Wandels beim Einkaufen bleibt der E-Commerce bei FMCG noch auf geringem Niveau: Lediglich 1,1 Prozent aller Gesamtausgaben für FMCG (2015) werden online getätigt. In einzelnen Warengruppen zeigt sich jedoch ganz deutlich die fortschreitende Onlinerelevanz: So liegt der Anteil der Ausgaben bei Körperpflegeprodukten (Beauty Home Care) oder Near Food (zum Beispiel Tiernahrung) bereits deutlich höher als beispielsweise in der Kategorie Food. Hier gibt es seitens der Verbraucher bislang noch die größte Zurückhaltung, online einzukaufen. ONLINE-ANTEILE NACH FMCG-KATEGORIEN in Prozent am jeweiligen Gesamtmarkt 2013 2014 2015 17,9 18,9 MARKTANTEILE ONLINE/OFFLINE AM JEWEILIGEN FMCG-GESAMTMARKT 2015, in Prozent online 20,2 1,1 98,9 Food 0,8 99,2 Getränke 0,8 1,0 FMCG BHC Sonstiges Non-Food 1,1 Non-Food offline FMCG 1,9 3,2 1,6 98,1 96,8 98,4 BHC = Beauty Home Care; FMCG = Fast Moving Consumer Goods Quelle: GfK Consumer Panel W E I T E R E A K T U E L L E M A R K T DAT E N Aussagestarke und belastbare Marktdaten sind von hoher Bedeutung für Entscheidungen von Unternehmen und Politik und dienen der Information von Öffentlichkeit und Medien. Alle Akteure sind daher auf verlässliche und nachvollziehbare Informationen angewiesen. Der private Konsum als wichtigste Kraft der Binnenwirtschaft und gesamtwirtschaftlicher Wachstumstreiber rückt in den letzten Jahren stärker in den Fokus. Der HDE informiert hier mit ausgewählten Instrumenten über Marktentwicklung und Trends und ist damit Ansprechpartner für alle Interessenten an verlässlichen Zahlen und Fakten zum Einzelhandel. KONSUMMONITOR: jährliche Umfrage unter 5 000 Personen zum Konsum in Deutschland – Trends und zukünftige Entwicklungen www.einzelhandel.de/konsummonitor KONSUMBAROMETER: monatliche Umfrage unter 2 000 Personen zur Anschaffungsneigung, Sparneigung, finanziellen Situation etc. – Indikatorfunktion für den privaten Konsum www.einzelhandel.de/konsumbarometer ZAHLENSPIEGEL: jährlicher Überblick über die Marktentwicklung im Einzelhandel www.einzelhandel.de/zahlenspiegel ONLINE-MONITOR: jährlicher Überblick über die Marktentwicklung im Onlinehandel www.einzelhandel.de/online-monitor RETAIL KNOWLEDGE BASE: FMCG-Brancheninformationssystem für den Einzelhandel; Zugangsmöglichkeiten erfragen: [email protected] 47 GUT VERNETZT Als Interessenvertreter und Repräsentant des deutschen Einzelhandels nimmt der HDE aktiv am politischen Entscheidungsprozess teil. Sowohl in Berlin als auch in Brüssel. Der HDE vertritt die Interessen des Einzelhandels auf Bundes- und EU-Ebene gegenüber der Politik, den Ministerien und der EU-Kommission sowie gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen, den Medien und der Öffentlichkeit. Als Dachverband einer der wichtigsten Wirtschaftsbranchen pflegt er Kontakte zu den Abgeordneten im Bundestag und im Europäischen Parlament, zur Bundesregierung und zur Europäischen Kommission. Deshalb unterhält der HDE Büros in Berlin und Brüssel und wirkt in insgesamt mehr als 60 nationalen und internationalen Organisationen mit. So gehört er auch der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand an, die sich als Verbändeallianz für die Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen einsetzt. Zu den Schwerpunkten der politischen Arbeit des HDE gehören Wirtschafts- und Verbraucherpolitik, Tarifpolitik, E-Commerce, Energiepolitik, Umweltpolitik, Bildungspolitik, Handelspolitik, Steuerpolitik sowie die Förderung des mittelständischen Einzelhandels. Um in seiner strategischen Arbeit auf aktuelle volkswirtschaftliche, politische und soziale Entwicklungen reagieren zu können, sammelt und analysiert der HDE branchenspezifische Daten, Informationen und Meinungen. Die einzelnen Themenfelder werden in Ausschüssen und Arbeitskreisen bearbeitet, deren Mitglieder aus Unternehmen, den Handelsverbänden der einzelnen Bundesländer sowie Fachverbänden kommen. Die Gremien zeichnen sich durch eine hohe Expertise in ihren jeweiligen Fachgebieten aus und legen den Kurs des Verbandes fest. Über Stellungnahmen, Argumente, Positionspapiere und Gesprächsleitfäden schaltet sich der HDE in die politische Diskussion ein. Darüber hinaus unterstützt der HDE seine Mitgliedsunternehmen in ihrem Tagesgeschäft und berät sie nicht nur in fachlichen Fragen, sondern stellt auch die Kommunikation nach innen und außen sicher. Bei der Koordination der unterschiedlichen Anliegen und Interessen geht es stets um die Entwicklung gemeinsamer Leitlinien und die weitere Stärkung der Wertschöpfungskette des Einzelhandels. So hilft und berät der Verband seine Mitglieder in den Bereichen Kommunikation und 48 #BTW17HDE Nachhaltigkeit, Arbeits- und Sozialrecht, bei Fragen zu Ausbildung, Steuern und Finanzen, bei Multichannel-Handel und E-Commerce, in Bezug auf Konjunktur und Statistik, Volkswirtschaft, Standortund Verkehrspolitik, Logistik, Umwelt- und Verbraucherpolitik sowie im Bereich Zahlungsverkehr. Der HDE spielt auch eine wichtige Rolle bei der Qualitätssicherung im Einzelhandel. Neben einer Datenbank für Rückstandsmonitoring steht dafür der International Featured Standard (IFS) zur Verfügung. Mit diesem Lebensmittelsicherheits- und Qualitätsstandard wird die Kompetenz der Lebensmittelhersteller bei der Lebensmittelsicherheit und -qualität geprüft und bewertet. Darüber hinaus engagiert sich der HDE für die Aus- und Weiterbildung der Einzelhandelsmitarbeiter in eigenen Bildungszentren und Fachschulen. DIE ORGANISATION EU-Ebene Bundesebene Mitgliedsebene Länder und Regionen Brüssel Handelsverband Deutschland Berlin Bundesfachverbände Einzelhandelsunternehmen mit Gesamtmitgliedschaft Landesverband Regionalverband 49 IM DIALOG In der Politikberatung für die Branche ist der persönliche Austausch von großer Bedeutung. Jedes Jahr veranstaltet der HDE deshalb eine ganze Reihe von Kongressen, Preisverleihungen und Festen. Zum Ende des Jahres trifft sich die Branche traditionell auf dem Deutschen Handelskongress. Hier setzen sich hochrangige Gäste aus Politik und Wirtschaft mit aktuellen Branchenthemen auseinander. Auf dem Handelskongress verleiht der HDE außerdem jährlich in mehreren Kategorien den Deutschen Handelspreis und würdigt damit die Managementleistung in filialisierten Großbetrieben und eine unternehmerische Lebensleistung. Darüber hinaus wird jeweils ein(e) Beschäftigte(r) aus der Branche mit dem Titel „Gesicht des Handels“ ausgezeichnet. Am Vorabend des Handelskongresses laden HDE und Media Impact traditionell in den Journalisten Club im Axel-SpringerHaus ein. 50 #BTW17HDE Bei der Veranstaltungsreihe Forum Handel 4.0 stehen Themen aus dem Bereich Onlinehandel im Fokus des Dialogs zwischen Fachpublikum und Politik. Fotos: HDE Der Handel in Deutschland wird nach wie vor von kleinen und mittelständischen Unternehmen getragen. Deren Interessen vertritt die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand. Bei der Veranstaltungsreihe Denken und Handeln bringt der HDE prominente Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu strategischen Zukunftsthemen zusammen. 51 IM DIALOG Außerdem vertritt der HDE in Gesprächen mit Politikern aller Parteien die Interessen des Einzelhandels. Bei zahlreichen Terminen diskutieren die Ehrenamtsträger aus Vorstand und Präsidium sowie die Mitarbeiter des HDE aktuelle Probleme und Herausforderungen für die Branche. 52 #BTW17HDE Mit dem handelspolitischen Salon Handelsräume bietet der HDE alljährlich ein Forum für den Austausch zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Diskussion mit Gästen aus Politik und Gesellschaft ist der Schwerpunkt der Berliner Mittwochsgesellschaft des Handels. Die Veranstaltungsreihe ist ein Gemeinschaftsprojekt von Metro Group, HDE und BGA. Fotos: HDE Das Sommerfest des Handels bringt jedes Jahr Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verbänden in lockerer Atmosphäre zusammen. 53 54 STEFAN GENTH Hauptgeschäftsführer Tel.: 030 72 62 50 12 E-Mail: [email protected] STEPHAN TROMP Stellv. Hauptgeschäftsführer Tel.: 030 72 62 50 15 E-Mail: [email protected] KAI FALK Geschäftsführer Kommunikation und Nachhaltigkeit Tel.: 030 72 62 50 65 E-Mail: [email protected] HERIBERT JÖRIS Geschäftsführer Arbeit, Bildung, Sozial- und Tarifpolitik Tel.: 030 72 62 50 40 E-Mail: [email protected] DR. ASTRID KRONE-HAGENAH Leiterin HDE-Büro Brüssel Tel.: +32 (0) 2 735 43 79 E-Mail: [email protected] MICHAEL REINK Bereichsleiter Standort- und Verkehrspolitik Tel.: 030 72 62 50 24 E-Mail: [email protected] OLAF ROIK Bereichsleiter Wirtschaftspolitik Tel.: 030 72 62 50 22 E-Mail: [email protected] DR. PETER JENS SCHRÖDER Bereichsleiter Recht und Verbraucherpolitik Tel.: 030 72 62 50 46 E-Mail: [email protected] #BTW17HDE Fotos: Die Hoffotografen GmbH; Berlin UNSER TEAM IMPRESSUM Herausgeber: Handelsverband Deutschland (HDE), www.einzelhandel.de Geschäftsführer Kommunikation: Kai Falk (V. i. S. d. P.) 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