PROJEKTBÖRSE Sibel Haybat & Sven Nakielski Fachbereich 4 Wirtschaftswissenschaft und ihre Didaktik Stiftung Universität Hildesheim Projektband Wirtschaft Bock auf Wirtschaftsunterricht? Ein Experiment Theoretischer Hintergrund Ökonomische Theorien sind abstrakt, weshalb zur besseren Vermittlung ein Lebensweltbezug hergestellt werden muss (Weyland, 2016, S. 57). Während eines Classroom Experiments (CE) werden die Rollen unterschiedlicher ökonomischer Beteiligter übernommen und versucht, Vor- und Nachteile möglicher Entscheidungen abzuwägen, dadurch können ökonomische Theorien erlebt und besser verstanden werden (z.B. Bohacek, 2002). CE wurden zuerst an amerikanischen Hochschulen eingesetzt und untersucht. Die Mehrheit der dort durchgeführten Studien weist auf eine positive Wirkung der CE auf das Interesse für das Studienfach Wirtschaft hin (Gremmen & van den Brekel, 2013). Die aktuelle Studienlage in Deutschland weist große Lücken im Bereich der CE und speziell zu deren Auswirkungen auf die Interessensbildung der Schüler_innen für Wirtschaftsthemen auf. Im Rahmen des Praxissemesters wurden deshalb mit einer neunten Klasse jeweils abwechselnd CE und Unterricht mit herkömmlichen Methoden (hUM) durchgeführt. Hypothese Fragestellung Welche Auswirkungen haben CE auf das Interesse von Schüler_innen in der ökonomischen Bildung? Methode & Vorgehensweise STICHPROBE: Schüler_innen (N=27) aus einer neunten Realschulklasse FRAGEBOGEN: Items zu Sachinteresse und Selbstkonzept (in Anl. an Köller, Daniels, Schnabel, & Baumert, 2000) sowie emotionale, wertbezogene und epistemische Komponente des Interesses (in Anl. an Engeln, 2004). Beurteilung aller Items auf einer vierstufigen Skala. DURCHFÜHRUNG: Im Wechsel CE und hUM mit Befragung am Ende der Unterrichtsstunde. ANALYSE: Deskriptive und induktive Statistiken Das Fehlerbalkendiagramm (Abb. 1) deutet auf eine Verminderung des Selbstkonzepts der Schüler_innen. Die Mittelwerte nehmen ab, jedoch sind die Änderungen nicht signifikant, da alle Fehlerbalken überlappen. Das epistemische Interesse der Schüler_innen steigt scheinbar nach einer Unterrichtstunde mit CE an (Abb. 2), indes zeigt ein abhängiger t-Test, dass die Unterschiede nicht signifikant sind. Abb. 2: Vergleich der Mittelwerte für das Item epiK_2 Literatur Messzeitpunkt Mittelwerte Variable Selbstkonzept (Items negativ gepolt) 05.04.16 (hUM) 1,5 03.05.16 (CE) 10.05.16 (hUM) 1,64 1,64 24.05.16 (CE) 1,69 Abb. 1: Fehlerbalkendiagramm für die Variable Selbstkonzept Diskussion Erste Ergebnisse Item epiK_2: „Ich werde außerhalb des Unterrichts über Dinge nachdenken, die ich im heutigen Wirtschaftsunterricht erfahren habe. “ Das Interesse der Schüler_innen im Wirtschaftsunterricht ist bei der Methode CE größer als bei herkömmlichen Unterrichtsmethoden. LIMITATIONEN: Die kleine Stichprobe und die Durchführung an nur einer Schule schränken die Generalisierbarkeit ein. Außerdem ist zu vermerken, dass neben den Unterrichtsmethoden weitere Faktoren auf das Interesse der Schüler_innen einwirken können (z.B. Sympathie für eine Lehrperson). FAZIT: Es konnte keine signifikante Änderung des Interesse der Schüler nach Durchführung von CE beobachtet werden und die Hypothese konnte nicht bestätigt werden. Ein Absinken des Selbstkonzept der Schüler_innen im Untersuchungsverlauf und ein Anstieg des Interesses bei der Durchführung von CE können auf eine fehlenden Passung zwischen den Bedürfnissen der Schüler_innen und den CE hindeuten. IMPLIKATIONEN: Zukünftige Untersuchungen sollten sich nicht nur auf die Optimierung der Stichprobe, sondern auch auf die Anpassung der CE an die Vorkenntnisse der Schüler_innen konzentrieren. Boháček, R. (2002). A market-clearing classroom experiment. Southern Economic Journal, 69(1), 189–194. Engeln, K. (2004). Schülerlabors: Authentische, aktivierende Lernumgebungen als Möglichkeit, Interesse an Naturwissenschaften und Technik zu wecken. Berlin: Logos-Verlag. Gremmen, H., & van den Brekel, G. (2013). Do classroom experiments increase student motivation? A pilot study. European Scientific Journal, 9(19), 346–355. Köller, O., Daniels, Z., Schnabel, K. U., & Baumert, J. (2000). Kurswahlen von Mädchen und Jungen im Fach Mathematik: Zur Rolle von fachspezifischem Selbstkonzept und Interesse. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 14(1), 26–37. Weyland, M. (2016). Experimentelles Lernen und ökonomische Bildung: Ein Beitrag zur fachdidaktischen Entwicklungsforschung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.
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