Das Greening wird lange bleiben!

Thema des Monats
Dr. Ludger Schulze Pals,
top agrar
Das Greening wird
lange bleiben!
J
etzt ist auch die letzte Messe gesungen: Mitte Oktober hat der Bundesrat
endlich das Kleingedruckte des
Greenings der Direktzahlungen besiegelt.
Fast alle Landwirte in Deutschland müssen
ihre Flächen jetzt „begrünen“. Für die meisten ist schon die Wortwahl ein Schlag ins
Gesicht. Als wenn sie sich nicht schon bis-
sitzungen, nach intensiven politischen
Lagerdebatten und Beratung von über 7 000
Änderungsanträgen im Europaparlament,
stieg in Brüssel weißer Rauch auf. Herausgekommen ist ein klassischer Kompromiss,
an dem nun alle herumnörgeln.
Und jetzt? Wird das Greening tatsächlich die Akzeptanz der Direktzahlungen
„Jetzt muss die Wissenschaft die Wirkung des Greenings bewerten!“
her bemüht hätten, ihre Flächen „grün“ zu
halten, also nachhaltig zu bewirtschaften
und die Bodenfruchtbarkeit zu stärken.
Am Ende sind die Bauern aber längst
nicht so hart vom Greening betroffen, wie
es ursprünglich von Agrarkommissar
Ciolos geplant war. Weder die Umweltseite
noch die Landwirtschaft konnte sich mit
ihren Vorstellungen durchsetzen. Erstere
wettert jetzt vor allem gegen die Zulassung
von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln auf
ökologischen Vorrangflächen, während sich
die Bauern darüber ärgern, dass sie einen
Teil ihrer Flächen stilllegen oder deutlich
extensiver bewirtschaften müssen (s. S. 82).
Schon heute ist leider klar: Wieder einmal
wird der Aufwand für Bauern und Behörden
steigen, diese Reform buchstabengetreu
umzusetzen. Das wird Deutschland sicher
gelingen, aber auch EU-Staaten mit einer
weniger leistungsfähigen Verwaltung?
Ob die Reform die Erwartungen am
Ende erfüllt, muss sich erst noch zeigen.
Der Entscheidungsprozess glich eher einer
Zangengeburt. Über vier Jahre wurde von
Brüssel über Berlin bis zu den Bundesländern so leidenschaftlich wie nie zuvor über
den künftigen Kurs gerungen. Erst Mitte
2013, nach unzähligen Rats- und Experten-
verbessern? Kurzfristig ist die Strategie von
Agrarkommissar Ciolos aufgegangen. Bis
2020 dürfen sich die Bauern weiterhin über
einen gut ausgestatteten EU-Agraretat
freuen. Erinnern wir uns: Anfangs wollte
EU-Kommissionspräsident Barroso die
Agrarmittel noch um satte 30 % kürzen.
Und langfristig? Langfristig wird das
Greening nur dann ein Erfolg, wenn
• es von den Bauern einfach und praktikabel umgesetzt werden kann,
• die „grünen“ Auflagen tatsächlich positive Effekte auf Umwelt und Natur haben
• und die Politik es schafft, diese den
Steuerzahlern auch zu vermitteln.
Viele bezweifeln, dass das gelingen wird.
Gerade aus dem Bereich der Wissenschaft
kommen kritische Stimmen. Diese sind
jetzt besonders gefordert, denn nun kommt
die Zeit der Gutachter. 2017 muss die Kommission ihren Halbzeitbericht über die
Wirkungen des Greenings vorlegen. Jede
Wette, dass der positiv ausfällt und uns das
Greening noch lange erhalten bleibt!
Immerhin verspricht der neue Agrarkommissar Phil Hogan, für eine einfache
Umsetzung der Beschlüsse zu sorgen. Nach
einem Jahr soll es eine erste Bilanz geben.
Nehmen wir ihn beim Wort.
top agrar 11/2014
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