Merkel tritt wieder an - Härtester Wahlkampf seit Wiedervereinigung

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163rd Year – No. 2359004 • Sunday, November 20 – Saturday, November 26, 2016
Merkel, Obama
und das Ende
einer Ära
Der verklärte Kaiser
- Franz Joseph I. als
Symbol einer Epoche
Seite 2
Seite 3
Seiten
7, 8 &19
NACHRICHTEN - Kompakt
Amtszeitbegrenzung für Kanzler auf
zehn Jahre gefordert
Saarbrücken (dpa). Die angekündigte vierte Kanzlerkandidatur von Angela Merkel hat die Diskussion um
eine Amtszeitbegrenzung ins Gespräch gebracht. Die
Vizeregierungschefin des Saarlands, Anke Rehlinger,
hat sich für eine Begrenzung einer Kanzlerschaft auf
zehn Jahre ausgesprochen. Demokratie lebe vom
Wechsel, heißt es in einem Papier Rehlingers. Sie plädiert auch für eine Verlängerung der Legislaturperiode
von vier auf fünf Jahre, um eine politische Lähmung, die
im Wahlkampf stets eintrete, möglichst gering zu halten.
Deutsche Wirtschaft laut Bundesbank
zum Jahresende wieder stärker
Frankfurt/Main (dpa). Die deutsche Wirtschaft wird
den Dämpfer im Sommer nach Einschätzung der
Bundesbank schnell abhaken. Im letzten Vierteljahr
2016 dürfte die deutsche Wirtschaft wieder deutlich
stärker wachsen, schreibt die Notenbank in ihrem
Monatsbericht November, der heute veröffentlicht
wurde. Im dritten Quartal hatten sinkende Exporte
und die Verunsicherung der Unternehmen nach
dem Brexit-Schock Europas größte Volkswirtschaft
unerwartet kräftig gebremst.
Vogelgrippe breitet sich in
Deutschland aus
Berlin (dpa). Die Vogelgrippe breitet sich weiter aus.
Der Erreger H5N8 ist nach Angaben des bundeseigenen Friedrich-Loeffler-Instituts auf der Insel Riems
inzwischen bei Wildvögeln in elf Bundesländern nachgewiesen worden. In Mecklenburg-Vorpommern und
Schleswig-Holstein sind auch Nutzgeflügelbestände
betroffen. Damit erfolge die Ausbreitung des Erregers
derzeit mit großer Dynamik, urteilte das Institut. Heute
tritt eine Eilverordnung in Kraft. Sie verpflichtet auch
kleinere Betriebe zu Schutzvorkehrungen.
Polizei nimmt 20 Männer wegen
Kindesmissbrauchs fest
Bergen (dpa). Die norwegische Polizei hat 20 Männer
festgenommen, die in großem Umfang Kinder übers
Internet sexuell missbraucht haben sollen. Gegen 31
weitere werde ermittelt, teilte die Polizei in Bergen
mit. 150 Terrabyte mit Daten in Form von Bildern,
Filmen und Chats seien beschlagnahmt worden. Darauf seien zum Teil sehr grobe Übergriffe zu sehen.
Kinder wurden demnach festgebunden oder zum
Sex mit Tieren gezwungen. Viele der beschuldigten
Männer hätten über eine Internetseite Übergriffe
gemeinsam geplant.
Frau an Seil hinter Auto
her geschleift
Hameln (dpa). Lebensgefährliche Verletzungen hat
eine junge Frau bei einem brutalen Verbrechen in
Hameln erlitten. Die 28-Jährige wurde am Abend mit
einem Seil um den Hals hinter einem Auto durch die
Stadt geschleift. Der mutmaßliche Täter meldete sich
wenig später auf einer Polizeiwache und ließ sich
festnehmen. Nach ersten Erkenntnissen hatte der
38-Jährige der Frau ein Seil um den Hals gebunden
und dieses dann an der Anhängerkupplung befestigt.
Die lebensgefährlich verletzte Frau war auf einem
Gehweg liegen geblieben.
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Stollenprüfung in Dresden
Das Stollenmädchen Marie Lassig (M) sowie Bäckermeisterinnen und Bäckermeister sitzen in Dresden (Sachsen) während einer öffentlichen Stollenprüfung nebeneinander. An insgesamt 17 Prüftagen wird probiert,
getestet und bewertet und die Stollen nach Geschmack, Geruch und Aussehen beurteilt. Nur Gebäcke mit
dem Stollensiegel dürfen als Dresdner Christstollen verkauft werden. Foto: dpa
Merkel tritt wieder an - Härtester
Wahlkampf seit Wiedervereinigung
Jetzt ist alles klar:
Die CDU-Chefin
tritt beim Parteitag wieder an
- auch zur Kanzlerkandidatur und
noch einmal für
volle vier Jahre.
Die SPD hält Merkel für besiegbar,
ist aber noch ohne
Kandidaten.
Berlin (dpa) - CDU-Chefin
Angela Merkel will 2017
zum vierten Mal Kanzlerin
werden - und stellt sich
auf einen harten, polarisierenden Wahlkampf ein.
«Diese Wahl wird wie keine
zuvor - jedenfalls seit der
deutschen Einheit nicht schwierig», sagte Merkel
am Sonntagabend. Zuvor
hatte sie in den Führungsgremien ihrer Partei angekündigt, Anfang Dezember
wieder für den Parteivorsitz und im Herbst 2017 für
das Kanzleramt zu kandidieren. Zugleich versprach
die Kanzlerin: «Mein Ziel in
der Politik ist es, für den
Zusammenhalt in unserem
Land zu arbeiten.» Sie setze
trotz aller Polarisierung
auf einen Wahlkampf ohne
Hass, Herabsetzungen und
Ausgrenzungen.
Die 62-jährige Parteivorsitzende will sich unter
dem Eindruck weltweiter
Krisen und zunehmender
politischer Unsicherheit
beim Delegiertentreffen
in Essen am 6. Dezember
der Wiederwahl stellen.
CSU-Chef Horst Seehofer
kündigte trotz unüberwindbarer Differenzen über eine
Obergrenze der Flüchtlingszahl seine Unterstützung an. Merkel sagte,
Seehofer werde nicht zum
CDU-Parteitag eingeladen.
Beide wollten sich aber zu
Beginn des Jahres treffen,
um über ein gemeinsames
Programm für die Bundestagswahl 2017 zu beraten.
Der Koalitionspartner
SPD nannte Merkel als
Kanzlerin nicht mehr unschlagbar. Die oppositionellen Linken und Grünen
kündigten wie die Sozialdemokraten einen harten
Wahlkampf an.
Merkel sagte, sie kandidiere in «überaus schwierigen, man kann auch sagen
in unsicheren Zeiten» für
die volle Wahlperiode von
vier Jahren. Die Menschen
hätten wenig Verständnis
dafür, wenn sie nicht noch
einmal ihre Erfahrung,
ihre Gaben und Talente
in die Waagschale werfen
würde, um «Dienst für
Deutschland zu tun», sagte
die Kanzlerin. Sie spüre,
dass sie mit ihrer Kandidatur ihrem Land und
ihrer Partei etwas von dem
zurückgeben könne, was ihr
gegeben worden sei.
Merkel stellte die CDU
auf massive Auseinandersetzungen im Wahlkampf
ein: «Wir werden es mit Anfechtungen von allen Seiten
zu tun haben - von Rechts
wie nie zuvor, und auch mit
einer starken Polarisierung
unserer Gesellschaft». Von
Links drohe eine rot-rotgrüne Regierung, «wenn
es dafür rechnerisch einigermaßen reichen würde»,
sagte Merkel. Auch europäisch und international
sehe sich Deutschland
Anfechtungen seiner Werte
und Interessen gegenüber.
Dabei gehe es auch um die
Art zu leben. Zudem stehe
die EU in der Flüchtlingsfrage und auch angesichts
des angekündigten Brexits
Großbritanniens vor großen Herausforderungen.
Über ihre Entscheidung
habe sie «unendlich viel»
nachgedacht, sagte Merkel.
«Die Entscheidung für eine
vierte Kandidatur ist nach
elf Amtsjahren alles andere
als trivial. Weder für das
Land, noch für die Partei,
noch - und ich sag’s ganz
bewusst in dieser Reihenfolge - für mich persönlich.»
Der Parteivorstand beriet
über einen auf Merkel zugeschnittenen Leitantrag für
den Bundesparteitag im
Dezember in Essen. Darin
geht es um Stabilität in
unsicheren Zeiten.
Die Erwartungen, die
besonders nach den USWahlen mit dem Erfolg von
Donald Trump mit ihrer
Kandidatur verbunden
würden, ehrten sie zwar,
sagte Merkel. «Aber ich
empfinde es auch sehr stark
als grotesk und geradezu
absurd.» Kein Mensch alleine, auch nicht mit größter
Erfahrung, könne die Dinge
in Deutschland, Europa
oder der Welt zum Guten
wenden, schon gar nicht
eine deutsche Kanzlerin.
«Erfolge erzielen, das geht
wirklich nur gemeinsam.»
DGB-Chef Reiner Hoffmann begrüßte im «Tagesspiegel» (Montag), dass
Merkel Klarheit geschaffen
hat. «Wir benötigen jetzt
aber auch Klarheit bei der
SPD.» Deshalb sei es an der
Zeit, dass sich SPD-Chef
Sigmar Gabriel erkläre.
Gabriel hat bisher offen
gelassen, ob er als Kanzlerkandidat antritt. Auch EUParlamentspräsident Martin Schulz (SPD) werden
Ambitionen nachgesagt.
Die Linke prophezeite
für den Fall einer weiteren
Amtszeit der Kanzlerin die
Fortsetzung einer «Politik
der sozialen Spaltung».
Die Grünen kündigten
einen harten Wahlkampf
über Klimaschutz und
gesellschaftlichen Zusammenhalt an. FDP-Chef
Christian Lindner hielt
Merkel eine «angegrünte»
Innenpolitik vor und sagte
der dpa: «Die Union zieht
ihren letzten Trumpf und
weiß nicht, ob er noch
sticht.»
Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag der «Bild
am Sonntag» wünschen sich
55 Prozent der Bürger eine
weitere Amtszeit Merkels,
39 Prozent nicht. Selbst 54
Prozent der traditionellen
SPD-Wähler wollten Merkel.