Drucksachen allgemein - Niedersächsischer Landtag

Drucksache 17/6915
Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode
Antrag
Fraktion der CDU
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Fraktion der FDP
Hannover, den 16.11.2016
Das Werk des Orgelbauers Arp Schnitger bewahren und würdigen
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Arp Schnitger, geboren im Jahr 1648 im heutigen Brake in Niedersachsen, war einer der berühmtesten Orgelbauer seiner Zeit und der Vollender der norddeutschen Barockorgel. Insgesamt hat er
weltweit etwa 170 Orgeln neu erbaut oder wesentlich umgebaut. Nach Angaben der Arp-SchnitgerGesellschaft e. V. sind bis heute weltweit noch etwa 30 Instrumente erhalten, die als Arp-SchnitgerOrgeln bezeichnet werden können. 17 davon befinden sich in Deutschland, die übrigen in den Niederlanden, in Portugal und Brasilien. Insgesamt gibt es heute noch 359 Register (ca. 20 000 Pfeifen) von Schnitger.
Die Arp-Schnitger-Gesellschaft e. V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, Leben und Werk des berühmten Orgelbauers zu bewahren, um den noch existierenden Orgelschatz zum UNESCO-Weltkulturerbe erklären zu lassen. Anlass ist insbesondere das anstehende Jubiläumsjahr 2019, in dem
am 29. Juli der 300. Todestag von Arp-Schnitger begangen wird. Die Gesellschaft ist Gründungsmitglied des Vereins Arp-Schnitger-Kulturerbe e. V., der im Verbund mit Vertretern aus Kultur, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft und in enger Zusammenarbeit mit dem Musikfest Bremen (ArpSchnitger-Festival) die Aufgabe übernommen hat, einen entsprechenden Antrag vorzubereiten und
umzusetzen.
Die UNESCO hat am 16. November 1972 das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ verabschiedet. Es ist bis heute das international bedeutendste Übereinkommen,
das jemals von der Völkergemeinschaft zum Schutz ihres kulturellen und natürlichen Erbes beschlossen wurde. Deutschland ist derzeit mit 40 Welterbestätten auf der Liste der UNESCO vertreten. Niedersachsen beheimatet davon derzeit sieben: den Dom und die Michaeliskirche in Hildesheim, das Erzbergwerk Rammelsberg, die Altstadt von Goslar, die Oberharzer Wasserwirtschaft,
Teile des Nationalparks Wattenmeer sowie das Fagus-Werk in Alfeld, welches im Jahr 2011 der
Liste hinzugefügt wurde und damit Niedersachsens jüngstes Weltkulturerbe ist.
Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf,
1.
das Engagement der Arp-Schnitger-Gesellschaft und anderer in Niedersachsen für den Erhalt
des Arp-Schnitger-Orgelschatzes weiterhin zu unterstützen,
2.
in Zusammenarbeit mit der Arp-Schnitger-Gesellschaft e. V. und dem Verein Arp-SchnitgerKulturerbe e. V. und in Absprache mit den Niederlanden und den Ländern Bremen, Hamburg
und Schleswig-Holstein zu prüfen, welche Voraussetzungen ein Antrag zur Aufnahme auf die
Tentativliste (Vorschlagsliste) für zukünftige UNESCO-Welterbestätten haben müsste, um die
noch erhaltenen Arp-Schnitger-Orgeln anerkennen zu lassen,
3.
zu prüfen, inwieweit das anstehende Jubiläumsjahr 2019 Gelegenheit bietet, das Werk Arp
Schnitgers in besonderer Weise zu würdigen und bekannter zu machen und im Rahmen der
bestehenden Möglichkeiten entsprechend zu unterstützen.
Begründung
Schnitgers erhaltenes Werk ist in drei europäischen Ländern und auf zwei Kontinenten präsent.
Werden die Orte grafisch verbunden, erhält man von Faro in Süd-Portugal bis Blankenhagen in
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Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode
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Mecklenburg eine Europäische Orgelstraße, die noch viele Zwischenstationen und Erweiterungen
hat, wenn die Orte mit Schnitger-Nachbauten mitberücksichtigt werden. Das „Welterbe Arp Schnitger“ beschreibt ein flächendeckendes Kulturphänomen, in dem Musik, Architektur und der aktuelle
Bezug zu handwerklich-künstlerischen Fähigkeiten eine Synthese erfahren.
Der Wirkungskreis Arp Schnitgers erstreckte sich größtenteils über die Gebiete der nordeuropäischen Länder an der Nord- und Ostseeküste und wurde von seinen Schülern weiter verbreitet. Allein in der Grafschaft Oldenburg wurden ca. 24 verschiedene Orgeln von ihm geschaffen. Viele seiner gut erhaltenen Orgeln finden sich im Alten Land an der Unterelbe. Noch mehr Instrumente seiner Bauart gab es in den niederländischen Provinzen Friesland und Groningen. Dass von den einst
170 Orgeln im Stile Arp Schnitgers heute nur noch 30 erhalten sind, macht deutlich, wie wichtig es
ist, dass das Land Niedersachsen sich für den Erhalt dieses kulturellen Erbes einsetzt.
Das Werk Schnitgers strahlt durch die Jahrhunderte bis heute. Arp Schnitger gelang es, eine Synthese zwischen der älteren Orgel-Bauweise und den musikalischen Erwartungen seiner eigenen
Zeit herzustellen. Seinem Zeitgenossen Dieterich Buxtehude gelang eine Synthese der verschiedenen europäischen Musikstile seiner Zeit mit der reichen Tradition der liturgischen Orgelmusik. Es
handelte sich um eine Verbindung des strengen traditionellen Kontrapunkts mit den expressiven
musikalischen Tendenzen, die im 17. Jahrhundert vor allem in Italien entwickelt wurden. Buxtehudes Orgelkompositionen, die von Schülern und Zeitgenossen gepflegt und weitergetragen wurden,
haben auch in unserer Zeit nichts von ihrer Attraktivität verloren. In diesem Zusammenhang ist
auch der Komponist Vincent Lübeck zu nennen, der ab 1675 an den großen Schnitger-Orgeln in
Stade und Hamburg spielte.
Es ist erklärtes Ziel von Bund und Ländern, Kulturgüter vor Beschädigung, Zerstörung oder Entfernung von ihrem angestammten Ort zu schützen. Denn Kulturgüter sind sowohl für die Menschen
als auch für die Nationen, aus denen sie stammen, identitätsstiftend.
Mit der Unterzeichnung des „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“
verpflichteten sich die Vertragsstaaten, die innerhalb ihrer Grenzen gelegenen Welterbestätten als
wichtige Zeugnisse der Menschheitsgeschichte zu schützen, für die nachfolgenden Generationen
zu erhalten und der Allgemeinheit zugänglich zu machen. 191 Staaten haben das Abkommen bisher ratifiziert. Die von der UNESCO geführte Liste des Welterbes umfasst aktuell 1 031 Stätten in
163 Ländern.
Das zwischenstaatliche „World Heritage Committee“ prüft jährlich, welche Welterbestätten neu in
die Liste der UNESCO aufgenommen werden. Grundlage für diese Entscheidung sind sogenannte
Tentativlisten, bei denen es sich um nationale Vorschlagslisten der einzelnen Vertragsstaaten zur
Aufnahme bestimmter Natur- und/oder Kulturgüter in die UNESCO-Liste handelt. In Deutschland
wird diese Tentativliste auf Vorschlag der einzelnen Bundesländer von der Kultusministerkonferenz
erstellt.
Für den Fall, dass die Kriterien der UNESCO eine Würdigung der Schnitger-Orgeln als solche
zwingend ausschließen, ist die Prüfung eines weitergehenden Welterbeantrages, der das erhaltene
Werk Arp Schnitgers möglichst umfänglich umfasst, anzustreben.
Das Jubiläumsjahr anlässlich des 300. Todestags bietet zudem eine gute Gelegenheit, das Werk
Arp Schnitgers zu würdigen und bekannter zu machen.
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Für die Fraktion der CDU
Für die Fraktion der SPD
Björn Thümler
Fraktionsvorsitzender
Johanne Modder
Fraktionsvorsitzende
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Für die Fraktion der FDP
Anja Piel
Fraktionsvorsitzende
Christian Grascha
Parlamentarischer Geschäftsführer
(Ausgegeben am 17.11.2016)