Hallo Ihr Lieben! Hallo mein Solidaritätskreis! Erstmal ganz herzliche Grüße aus Tansania. 2. Rundbrief – 14.11.2016 Kurzer Zwischenstand: 1. Ich lebe noch und bin kerngesund. Zwischendurch hatte ich mal einen kleinen Schnupfen, aber fragt mich nicht, wie ich mich hier bei 25 Grad täglich erkälten konnte, ich weiß es nämlich selbst nicht 2. Anzahl der Mückenstiche: 35 (eine Mücke war einen Abend wohl besonders aggressiv mit gleich zehn Stichen) 3. Schokoladenvorrat: Zum Glück wieder aufgefüllt dank eines Pakets meiner Familie und Freunden. Aber mal schauen wie lange das hält, denn normal entspricht der Vorrat meinem Verbrauch von einer Woche, aber ich werde wohl jetzt sehr sorgsam damit umgehen und jedes Stück genießen. Bevor ich euch weiter erzähle, was mittlerweile schon alles wieder passiert ist, möchte ich nochmal betonen, dass meine Schilderung ausschließlich mein Eindruck der Ereignisse und Gegebenheiten hier ist und total subjektiv. Wenn ich also irgendeine Aussage formuliere, trifft diese mit Sicherheit nicht auf alle zu und darf nicht generalisiert werden. In der Schule läuft es sehr gut und zu unterrichten macht mir sehr viel Spaß. Im Moment unterrichte ich Religion, Kunst und Englisch. Die vier Praktikantinnen, die an der Schule waren und auch hier gewohnt haben, sind mittlerweile wieder nach Hause bzw. zum College gefahren, da die zwei Monate Praktikum schon vorüber waren. Direkt sind aber vier neue Praktikantinnen an die Schule gekommen, die kommen allerdings nur zur Schule vormittags und wohnen hier in der Nähe. Für mich war es ein gutes Gefühl Tr. Suzan (die neue Praktikantin in PPI) alles zeigen zu können und zu erklären, endlich war ich mal die jene , die nicht nachfragen musste, wie dieses oder jenes läuft. Auch fällt es mir mit der Zeit leichter die Kinder zu verstehen und viele von ihnen versuchen auch Englisch mit mir zu sprechen. Es ist ganz lustig, denn die Wörter, die ich in Kiswahili verstehen, können die Kinder in Englisch sagen, aber das macht nichts, denn zum Spielen braucht man meist nur ein Lachen im Gesicht und keine großen Worte. Letzte Woche wurden Examinations (Abschlussprüfungen) in jeder Klasse geschrieben. Ich hab mich schon wie eine richtige Lehrerin gefühlt die Tests vorzubereiten, zu kontrollieren und auszuwerten. Zudem war auch der eigentliche Klassenlehrer in PPI diese Woche beurlaubt, sodass ich die Hauptverantwortung übernommen hab und noch eine weitere Assistentin zur Unterstützung mit in der Klasse war. Ansonsten nutzen wir jede freie Minute um für die Graduation am Schuljahresende zu üben. Das wird ein ganz großes Fest sein und alle sind schon kräftig am Vorbereiten. Jede Klasse führt unterschiedliche Schauspiele oder Lieder vor und zum Schluss singen alle gemeinsam „Stille Nacht“ (in Kiswahili) und „Joy to the world“, beide Lieder begleite ich auf der Gitarre. Aber zur Graduation erzähle ich Euch dann im nächsten Rundbrief nochmal mehr. An einem Sonntag war ich mit Suzana und Theresia (zwei der Praktikantinnen) in der Stadt zum SabaSaba. SabaSaba könnt Ihr euch ungefähr so vorstellen wie verkaufsoffener Sonntag, Markt und Tag nach Weihnachten, wo alle ihre Geschenke umtauschen oder Gutscheine einlösen wollen, zusammen. Es war unglaublich wie viele Menschen unterwegs waren und auch der Lärmpegel war sehr hoch. Ich kaufte mir zwei Kitenge (Stoffe, aus denen ein Kleid genäht wird). Alleine wäre ich an diesem Tag verloren gegangen, da ich am Ende nicht mehr wusste, wo wir eigentlich sind und gefühlt schon dreimal durch die gesamte Stadt gelaufen sind. Es war eine neue Erfahrung und ich werde bestimmt nochmal dorthin gehen, aber am Abend war ich wirklich müde. Ich war dort die einige Hellhäutige, was mich selbst an sich nicht gestört hat, aber ich bin natürlich aufgefallen. Die jungen Männer so um die 20 Jahre rum haben mir dann Sätze zugeworfen wie „I love you“, „Where are you from?“, „May I have your number?“ und „You are so beautiful“. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich dabei sehr unwohl gefühlt habe und keine zwei Meter gehen konnte ohne nicht angesprochen zu werden. Ich habe mich noch nie im Leben so fehl am Platz gefühlt und hab auch den Grund gar nicht verstanden. Suzana und Theresia haben denen dann immer gesagt, dass sie aufhören sollen, was meistens dann auch geklappt hat, aber ich selbst war einfach nur hilflos. Dieses Ereignis musste ich erstmal für mich verarbeiten, da ich damit nicht gerechnet habe. Wenn ich mittlerweile auf der Straße oder in der Stadt bin, bin ich darauf vorbereitet und ich merke auch, dass ich mich immer sicherer fühle umso besser ich die Sprache kann und die Leute verstehe. Viele von ihnen meinen es wahrscheinlich auch gar nicht böse und deshalb antworte ich dann auch bin einem Lächeln und „Habari“ (Hallo) zurück. Mitte Oktober war ich auf einer ganz besonderen Messe zum 200 jährigen Jubiläum der Brüder. Ich war mit Sr. Fatima, Sr. Flora und Sr. Juliana dort. Die Messe war im Freien und schon fast rekordverdächtig für Ostern mit einer Länge von fünf Stunden. Es war eine Tanzgruppe da, wie ihr auch auf dem Bild sehen könnt, ganz viele Priester, ein großer Chor, eine Menge Besucher und der Bischof von Morogoro. Alle Schwestern der verschiedenen Ordensgemeinschaften saßen zusammen und mittendrin auch ich. Natürlich hatte ich vergessen mich einzucremen und den Sonnenbrand meines Lebens im Nacken bekommen. Die Messe war total feierlich, auf tansanische Art eben. Es wurde viel getanzt, gesungen und geklatscht und dennoch der eigentliche Anlass und die Tatsache, dass wir eine ganz besondere heilige Messe feiern, nicht vergessen. Danach sind wir zum Essen in eine große angrenzende Halle gegangen, die ebenfalls feierlich geschmückt war. Es gab ein großes Buffet und viele tolle Gespräche. Nach dem Essen hatte ich sogar noch die Chance mit dem Bischof ein Foto zumachen und er hat meine Familie und mich auch für nächstes Jahr eingeladen ihn zu besuchen. Am späten Nachmittag waren wir dann wieder zuhause und ich war richtig geschafft. Am 22.10. fand das Parents meeting (Elterntag) an der Schule statt. Schon am Vortag brach große Hektik aus und wir waren von morgens bis abends mit den Vorbereitungen beschäftigt, von Putzen über Stühle aufstellen bis hin zum Zeitplan, aber es war alles rechtzeitig fertig. Am Samstag dann ging die Hektik wieder von vorne los, denn irgendwie fehlte uns vorne und hinten die Zeit. Die Eltern trudelten nach und nach ein und um 9:45 Uhr (eine dreiviertel Stunde nach eigentlichem Beginn) begann dann auch das Programm. Alles verlief wie geplant. Irgendwann hieß es auf einmal, dass jeder Lehrer jetzt noch ein paar Worte sagen konnte. Der Schock stand mir förmlich ins Gesicht geschrieben, denn damit war auch ich eingeschlossen. Wir gingen der Reihe nach vor und mir bleib wenigstens noch ein wenig Zeit mir was zu überlegen. Das Problem lag aber darin, dass ich in Kiswahili reden musste, da viele Eltern kein Englisch verstehen. Als ich dann an der Reihe war, zitterten meine Hände sehr und mein Herz schlug viel zu schnell, immerhin saßen dort ca. 80 Menschen (Eltern, Lehrer, Schwestern), die nur mir zu hörten. Meine kleine Rede verlief dann ungefähr folgendermaßen: Tumsifu Yesu Kristu! Ninaitwa Katharina na mimi ni mwalimu kwa PPI. Nimetoka Ujerumani na mimi ni volunteer kwa mwaka moja. Mimi nina furahi sana kwa kuwa shuleni, kuwa kwa sisters na kuwa katika Tansania. Asante! (Gelobt sei Jesus Christus! Ich heiße Katharina und bin Lehrerin in der Klasse PPI. Ich komme aus Deutschland und bin hier als Freiwillige für ein Jahr. Ich bin sehr glücklich hier an der Schule, bei den Schwestern und in Tansania zu sein. Danke! ) Puh, geschafft – da war mein erster Gedanke nach diesen drei Sätzen. Wahrscheinlich hat mich nicht jeder verstanden und ich habe ein paar Fehler gemacht, aber ich war trotzdem stolz auf mich, dass ich mich getraut habe. Zu meinem Erstaunen hab ich später viel Lob dafür bekommen, von den anderen Lehrern und vor allem auch von den Schwestern. Ansonsten klappt es aber auch mit der Sprache immer besser und ich verstehe meist den Inhalt der Gespräche am Tisch, außer wenn die Schwestern sehr schnell reden. Zum Beispiel kann ich auch schon kleinere Gespräche mit den Gottesdienstbesuchern jeden Morgen führen oder mit den Eltern die ihre Kinder zur Schule bringen oder sie abholen. Nach dem Gottesdienst K=ich B=Besucher B: Tumsifu Jesu Kristu! K: Milele amina. B: Kristu! K: Tumaeni letu. B: Habari? K: Nzuri. B: Umeamkaje? K: Salama. B: Siku njema! K: Asante na kwa ku pia! Mit Eltern der Kinder K=ich E=Eltern K: Shikamoo! E: Marahaba! Hujambo? K: Sijambo! E: Habari za asubuhi? K: Nzuri. Nani? E: (Name des Kindes) K: Ndiyo, asante! E: Karibu. Kesho! K: Aya! Vor ungefähr zwei Wochen hab ich mit Winnie (eine Postulantin hier) die Stoffe (Kitenge) zum Schneider gebracht und am letzten Mittwoch sollten sie fertig sein. Ich freute mich schon die ganze Woche darauf die Kleidung abzuholen, anzuprobieren und dann am Sonntag zur Kirche zum ersten Mal zu tragen. Am Mittwoch war allerdings Allerseelen. Nur kurz zum anmerken: Wir hatten hier übrigens weder an Allerheiligen noch an Allerseelen schulfrei. Winnie ist aber am Mittwoch mit ein paar anderen Schwestern zur Messe in die Kathedrale gegangen am Nachmittag und fragte mich dann, ob ich die Kleider auch alleine abholen könnte. Ich weiß nicht welcher Mut mich an diesem Tag gepackt hat, aber ich ging tatsächlich, nachdem ich um Erlaubnis gefragt hatte, alleine los. Das war das erste Mal, dass ich überhaupt alleine draußen war und dann auch noch reden mit einer fremden Person. Ich sprach mir den gesamten Weg, der nur fünf Minuten dauerte, Mut zu. Die erste Herausforderung war aber erstmal das richtige Geschäft zu finden. Die Leute, die mich persönlich besser kennen, wissen, dass mein Orientierungssinn nicht gerade der Beste ist, um es mal schön auszudrücken. Ich hatte mir meine Sätze, die ich sagen wollte, genau überlegt und vorher zurecht gelegt und hoffte, dass die Schneiderin keine weiteren Fragen stellte. K=ich S=Schneiderin K: Hodi! S: Karibu! K: Shikamoo! S: Marahaba! Mambo! K: Pao! Naomba ngua wa Winnie na Katharina. S: Aya, ndiyo. K: Tayari? S: Ndiyo. K: Vizuri, asante. S: Karibu. K: Shilingi ngapi? S: Elfu thelathini. K: Aya, asante. Kwaheri! S: Karibu tena! Nach 25 Minuten kam ich mit den Kleidern und einem Lächeln im Gesicht wieder zuhause an – die nächste Hürde hatte ich erfolgreich gemeistert! Das Kleid und die Bluse+Rock passen übrigens sehr gut und die Schwestern waren ganz begeistern als ich es am Sonntag dann zum ersten Mal an hatte. Vor 1 ½ Wochen verbrachte ich auch mein erstes Wochenende in Tungi (Zur Erinnerung: Das ist die Tochterstation der Schwestern mit Farm). Am Freitagnachmittag fuhren wir hin und am Sonntagnachmittag wieder zurück. Neben den üblichen Gebetszeiten kommt in Tungi noch die Pflege der Tiere und Reinigung der Ställe dazu. Ich habe natürlich mitgeholfen und auch zum ersten Mal in meinem Leben ein Huhn getragen. Beim Gehege säubern ist mir allerdings dann leider ein Huhn ausgebückst, was erstmal wieder eingefangen werden musste. Sonst tat mir das Wochenende aber wirklich gut. Mal rauskommen und was anderes sehen, frische Luft um die Nase wehen lassen und nicht direkt links und rechts die Mauer sehen, die das Gelände einzäunt. Ich glaube, ich könnte nicht jedes Wochenende dorthin kommen, dafür warten auch einfach noch viel zu viele Pflichten hier in Kilakala zu Gunsten der Schule auf mich, aber ich werde bestimmt nochmal wiederkommen und neue Kraft zu schöpfen. Das letzte Wochenende war etwas Besonderes für mich, denn es war mein 19. Geburtstag. Auf diesem Weg auch erstmal nochmal DANKE an alle, die an diesem Tag an mich gedacht haben. Ich habe mich über jede Email und jeden Brief, sowie Schokolade gefreut. 12.11.2016 – Der Morgen begann sehr früh mit der täglichen Messe um 6:30 Uhr. Vorher ließ ich es mir auch nicht entgehen, die Briefe, die ich für meinen Geburtstag per Post bekommen hatte, zu lesen. Nach der Messe war ich voller Erwartungen, denn so wie ich die Geburtstage der Schwestern miterlebt habe, ist es immer etwas Besonderes. Allerdings fragte mich Sr. Fatima nach der Messe, ob ich sie zu Sr. Janett begleiten würde. Ich war verwundert, aber bin mit ihr gefahren. Als wir dann wieder zuhause waren, freute ich mich schon auf mein Geburtstagsständchen, aber wir fanden nur ein ganz normales Frühstück vor. Bis zum Mittagsgebet erwähnte dann auch keine der Schwestern ein Sterbenswörtchen zu meinem Geburtstag. Okay, ich wollte noch bis zum Abend abwarten und dann vielleicht doch mal eine Andeutung machen. Beim Rosenkranzgebet am Abend widmete ich das Gebet dann meinen Freunden und Familie zuhause mit den Worten „for my family and friends at home who are thinking of me every day and especially they do today“. Das war doch eigentlich eindeutig oder? Nach dem Gebet sagte immer noch keiner etwas, ich musste noch offentsichtlicher werden. Ich wusste, dass meine Ansprechpartnerin in ihrem Zimmer war und das liegt direkt neben meinem. Also hörte ich mir auf voller Lautstärke die Sprachmemo meiner Familie an, wo sie „Happy Birthday“ für mich singen. Ungefähr drei Minuten später klopft es an meiner Tür, ich öffne voller Erwartungen und Sr. Fatima sagt zu mir: „Es gibt jetzt Essen.“. Na gut, dann hatte ich die Hoffnung aufgegeben. Ich trottete etwas niedergeschlagen und traurig hinter ihr zum Essensraum her. Wir beteten und nach dem Gebet sie so zu mir: „Kathy, wann ist nochmal dein Geburtstag?“. Also ich dann „Heute“ antwortete, konnte sie es gar nicht glauben. Sie gratulierte mir, sagte es den anderen Schwestern und fragte mich, warum ich nichts gesagt habe. Aber mal ehrlich, ich wollte den Schwestern jetzt auch nicht unter die Nase binden, dass ich Geburtstag hatte und Glückwünsche erwartete. Nach dem Essen bekam ich dann doch noch ein Geburtstagsständchen gesungen und jede Schwester hat mir gratuliert. Ich ging dennoch mit dem Gedanken ins Bett, dass dieser Tag auch hätte schöner verlaufen können. 13.11.2016 – Der Tag startete mit dem Morgengebet um 7:00 Uhr, danach Frühstück. Ich kam in den Essenssaal rein und mein Platz am Tisch war dekoriert mit einem Blümchen, einer Glückwunschkarte und einem Kuchen. Das hatte ich nun wirklich nicht mehr erwartet! Es wurde nochmal gesungen und zum zweiten Mal gratuliert. Am Vormittag half ich dann in der Küche mit und nachmittags erledigte ich ein paar Sachen in meinem Zimmer. Am Abend hatten wir Messe bei uns in der Kapelle. Zur Feier des Tages zog ich meine neue Bluse und meinen Rock an. Und dann die große Ehre, es wurde heilige Messe für mich, nur für mich, gefeiert, das ist eine ganz besondere Ehre. Selbst der Bruder hat mir gratuliert. Nach der Messe ging es dann zum Abendessen und da lag doch tatsächlich ein kleines Geschenk auf meinem Platz, womit ich gar nicht gerechnet hatte. Es wurde nochmal gesungen und währenddessen packte ich aus, es war eine Kette und Bonbons. In diesem Jahr habe ich mich also gefühlt als hätte ich an zwei Tagen Geburtstag gehabt. So enttäuscht ich auch am Samstag gewesen bin, umso glücklicher war ich am Sonntag. So jetzt ist auch für den zweiten Rundbrief erstmal genug. Falls Ihr noch Fragen habt, immer her damit, ich versuche alle zu beantworten. Auch freue ich mich weiterhin über jedes Gebet, jede Email, jeden Brief und natürlich auch jede Spende. Ganz liebe Grüße und bis bald Eure Katharina Meine Anschrift im Einsatzland Bankverbindung des MaZ-Programmes Katharina Saß Peter Vigne Pre-Primary School Kilakala P.O. Box 2135 Morogoro Tanzania E-Mail: [email protected] Spiritaner Stiftung BW-Bank IBAN: DE88 6005 0101 0002 4131 90 BIC: SOLADEST600 Verwendungszweck: Solidaritätskreis Katharina Saß (für eine Spendenquittung bitte die Adresse angeben)
© Copyright 2024 ExpyDoc