Je mutiger der Makler, desto passender der Tarif

PKV-Vergleich
„Je mutiger der Makler, desto passender der Tarif“
Worauf sollten Vermittler achten, wenn sie in der Beratungspraxis mit PKV-Vergleichen arbeiten? Im
zweiten Teil der Serie blickt Gerd Güssler, Geschäftsführer des Analysehauses KVpro.de, kritisch auf den
Markt für PKV-Vergleichssoftware.
Pfefferminzia: Welche Möglichkeiten haben Vermittler, für ihre Kunden den optimalen PKV-Tarif
herauszufiltern?
Gerd Güssler: Ich würde optimal in passend tauschen. Der Vermittler befragt seinen Kunden nach
Wünschen und Bedürfnissen und hinterfragt, ob diese in Sachen Risiko bedarfsgerecht sind. Mit diesem
Profil sucht er passende Tarife im Markt. Er liest Versicherungsbedingungen, prüft Deckungen und
recherchiert in PKV-Vergleichsprogrammen. Je besser das Fachwissen des Beraters und je mutiger der
Berater, desto passender wird der Tarif.
Mutiger? Was meinen Sie damit?
Viele haben Angst, dem Kunden die Wahrheit zu sagen, wie der jeweilige Tarif tatsächlich wirkt.
Kunden würden gerne höherwertige und teurere Tarife abschließen, wenn sie die Wirkung ihrer
Entscheidung besser einschätzen könnten. Mein Eindruck ist, dass viele Berater ihren Ankerpunkt
verloren haben, nämlich den Beitrag einer gesetzlichen Krankenversicherung als Vergleichsmaßstab.
Stattdessen wird meist nur innerhalb der privaten Krankenversicherung verglichen. Zudem ist der
Zugang zu Neukunden wesentlich schwieriger geworden durch die ganzen
Verbraucherschutzmechanismen.
Wie hat sich der Markt für Online-Vergleichsrechner entwickelt? Ist das Optimum erreicht?
Wenn es um die Transparenz geht, lautet die Antwort nein. Der größte Teil der Online-Rechner sind
reine Lead- und Verkaufsportale. Dort muss man zuerst Name, Anschrift und Telefonnummer eingeben,
bevor man eine Übersicht erhält. Der Datensatz wird dann an Makler verkauft. Wie man anhand der
Kundenangaben genau auf die ausgewählten Tarife kommt, ist für Kunden und Berater oft nicht
nachvollziehbar. Wir wissen, dass es Gesellschaften gibt, die ihre Tarife in diesen Portalen mit allen
Mitteln prominent nach vorne pushen. Es gibt kaum transparente Informationsportale, auf denen der
Kunde tatsächlich erkennen und nachvollziehen kann, ob das Angebot zu ihm passt.
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Sind Lead-Portale angesichts der Regulierung noch zeitgemäß?
Viele Portale agieren unter dem Deckmantel eines Verbraucherinformationsportals. Die Anwender
denken dann fälschlicherweise, diese arbeiten wie die Stiftung Warentest. Die Umsetzung der
EU-Vertriebsrichtlinie IDD und die Versicherungsaufsicht Eiopa stellen aber nun stärkere
Anforderungen an die Transparenz. Auch das Urteil gegen Check24.de hat gezeigt, wohin die Reise
geht. Man muss dem Kunden nun deutlich mitteilen, wer und was man ist, ob es Beteiligungen am
Portal gibt und was dort in welcher Form gezeigt wird. Hier haben viele etablierte Online-Portale großen
Nachholbedarf.
Welche Faktoren entscheiden in der Tarifauswahl?
Über den Preis werden viele Tarife nach vorne gepusht. Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer zahlt einen
KV-Beitrag von 600 Euro, der vom Konto eingezogen wird. Verkäuferisch orientierte Vermittler ziehen
nun den Arbeitgeberanteil, die Beitragsrückerstattung und die Steuerersparnis über das
Bürgerentlastungsgesetz ab und sagen dem Kunden dann, netto kostet die Versicherung nur X Euro.
Über diesen Preis kann der Vermittler den Kunden dann zu einem Produkt lenken, das zwar günstiger
erscheint, aber nicht das Optimale liefert. Man muss auch klären, wie der Tarif später wirkt, wenn der
Versicherte im Ruhestand ist. Welche Handlungsoptionen bestehen dann bei der Gesellschaft, wenn
die Rente nicht passt?
Haben Sie ein weiteres Beispiel?
Die Art der Darstellung der Leistungsaussagen ist vielfach problematisch. Zum Beispiel die
Chefarztbehandlung im Krankenhaus. Hier zeigt das Portal einen grünen Haken, aber tatsächlich leistet
der Tarif nur bei einem Unfall. Hat der Versicherte einen Herzinfarkt, ist das kein Unfall. Auch wenn er
eine Operation plant, leistet der Tarif nicht. Aber er steht günstig im Vergleichsprogramm ganz oben in
der Liste und wird vom Vertrieb, der das Programm als Verkaufshilfe benutzt, gern vermittelt. Da liegt
der Fehler.
Wie kann der Makler es besser machen?
Um die Details herauszufinden, muss der Vermittler die Versicherungsbedingungen lesen und sich
fachlich weiterbilden. Und Vergleichsprogramme nutzen, welche die Feinheiten tatsächlich darstellen.
Dazu muss der Vermittler aber manche Klicks anders setzen und anders mit den
Programmergebnissen umgehen. Unser Ansatz ist: Zeige dem Kunden, was er haben könnte, also eine
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S-Klasse, eine Mittelklasse und eine A-Klasse und lass ihn dann anhand der Leistungsmerkmale
entscheiden.
Das Fazit: Obwohl heutige Online-Portale und Vergleichsrechner unzählige Auswahl- und
Selektionsmöglichkeiten bieten, besteht bei den meisten großer Nachholbedarf. Makler und Berater
sollten daher die Versicherungsbedingungen und Tarifmerkmale genau lesen und sich darüber hinaus
ein Fachwissen aneignen, um die Informationen aus den Vergleichsrechnern richtig auswerten zu
können.
Hier geht es zum ersten Teil der Interviewserie.
Dieser Artikel erschien am 11.11.2016 unter folgendem Link:
http://www.pfefferminzia.de/pkv-vergleich-je-mutiger-der-makler-desto-passender-der-tarif-1478879115/
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