Medikationsplan: Das kommt auf Hausärzte zu

Zimmerm
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ZIMMERMANN
RECHNET AB
Medikationsplan: Das kommt
auf Hausärzte zu
Dr. Gerd W. Zimmermann
ist seit 1979 als niederge­
lassener Allgemeinarzt in
Hofheim/Taunus tätig
und ebenso lange Mitglied
im Deutschen Hausärzte­
verband. Er ist unser
Gebührenordnungsexperte und schreibt
regelmäßig für Sie.
Die Verhandlungen über Inhalt, Struktur
sichtigt und der Sachverstand der Arznei-
und Vorgaben zur Erstellung und Aktuali-
mittelkommissionen der deutschen Ärzte-
sierung eines Medikationsplans zwischen
schaft (AkdÄ) und der Apotheker (AMK)
der Bundesärztekammer (BÄK) und dem
einbezogen werden. Das Gesetz sieht dabei
Deutschen Apothekerverband (DAV) sind
sogar vor, dass Ärzte die Patienten über
abgeschlossen. Entsprechend dieser Ver-
den Anspruch auf einen Medikationsplan
einbarung haben Patienten ab dem 1. Okto-
informieren müssen. Für die Erstellung und
ber 2016 Anspruch auf einen vom behan-
Aktualisierung des Medikationsplans sollen
delnden Arzt erstellten Medikamentenplan
Ärzte ein Honorar erhalten. Dem E-Health-
(Medikationsplan), wenn sie mindestens
Gesetz zufolge soll der Medikationsplan
drei verordnete Arzneimittel gleichzeitig
spätestens ab dem 1. Januar 2018 auch auf
anwenden.
der elektronischen Gesundheitskarte (eGK)
Der Plan soll nach dem E-Health-Gesetz
gespeichert werden.
ten nach den Vorgaben des Gesetzgebers
die Vorarbeiten des Aktionsplans Arzneimitteltherapiesicherheit (AP AMTS) des
Bundesgesundheitsministeriums berück-
So wird der neue (bundeseinheitliche) Medikationsplan aussehen. Der Aufwand wird
vermutlich bei den Hausärzten hängen bleiben. Dafür soll es aber ein Honorar geben.
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Die Mehrzahl der Felder auf dem
Medikationsplan sollen bei der Erstellung
automatisch durch die Software ausgefüllt
werden. Lediglich die Angaben zur Dosierung muss der Arzt ergänzen, können aber
auch mithilfe der Software gegebenenfalls
aus der Dokumentation übernommen
werden. Angaben zum Handelsnamen, zu
Hinweisen und zum Behandlungsgrund
sind optional und müssen nicht in jedem
Fall befüllt werden.
Der Medikationsplan soll verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel enthalten, die in der vertragsärztlichen Versorgung verschrieben
wurden. Dies können auch Arzneimittel
sein, die auf Privatrezept oder „grünem“
Rezept verordnet wurden. Die Verantwortung für die verschriebenen Arzneimittel
Der Hausarzt 11/2016
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einheitlich standardisiert sein. Dabei muss-
ann
liegt wie bisher beim jeweils verschreibenden Arzt. Selbstmedikation muss
vom Arzt nur in den Plan übernommen
werden, wenn deren Dokumentation
aus medizinischer Sicht notwendig ist.
Der erstellende Arzt muss den Plan
laut Gesetz nur dann aktualisieren,
wenn er von Änderungen der Medikation erfährt. Dabei gilt: Eine Aktualisierung durch den erstellenden Arzt
erfolgt im Hinblick auf die von anderen
Ärzten verordneten Medikamente,
wenn er in geeigneter Weise davon
Kenntnis erhält. Änderungen aufgrund
von Rabattverträgen (d.h. Änderungen
nur des Präparatenamens) verpflichten
nicht zu einer Aktualisierung durch
den Arzt. Änderungen durch die Apo-
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rechnet ab
theke können übergangsweise auch
handschriftlich erfolgen (z.B. Eintrag
von Rabattvertragsarzneimitteln).
Soweit Apotheker Selbstmedikation
handschriftlich ergänzen, erfolgt dies
auf einem gesonderten Blatt. Auch
diese Selbstmedikation wird nur durch
den Arzt in den Medikationsplan aufgenommen, wenn es aus seiner Sicht
medizinisch notwendig ist.
Vollständigkeit und Aktualität des
Planes muss der erstellende Arzt allerdings nicht gewährleisten. Der Plan
trägt daher einen entsprechenden Hinweis, da Patienten weitere Ärzte aufsuchen und Medikamente verordnet
bekommen können, die dann nicht auf
dem Plan verzeichnet sind. Zur Erleich-
terung der Aktualisierung enthält der
Medikationsplan als zusätzliches
Angebot einen Barcode, der mit einem
Barcodescanner eingelesen werden
kann. Jedoch ist kein Arzt verpflichtet,
sich diesen anzuschaffen, wenn er
die Aktualisierung auf andere Weise
durchführen möchte.
Übergangsweise bis zum 31. März 2017
können vorhandene Medikationspläne
der Praxissoftware weiter genutzt werden. Spätestens ab dem 1. April 2017
muss dann allerdings der bundesweit
einheitliche Medikationsplan verwendet werden. Die Software-Firmen
müssen den Praxen das neue Element
rechtzeitig mit dem Quartals-Update
zur Verfügung stellen.
Hämoccult-Test darf nicht mehr jeder auswerten
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat beschlossen, die in der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie
(KFER) zur Darmkrebsfrüherkennung vorgesehenen
guajak-basierten Tests auf okkultes Blut im Stuhl
(gFOBT) durch quantitative immunologische Tests
(iFOBT) zu ersetzen. Der Beschluss soll zum 1. Oktober
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2016 in Kraft treten.
Die neuen Tests müssen aber definierte Qualitätskriterien (Sensitivität und Spezifität) erfüllen. Deshalb
kann künftig nicht jedes Produkt verwendet werden.
Welche Tests die Kriterien erfüllen und somit angewendet werden können, wollen die Kassenärztliche
Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband im Bewertungsausschuss festlegen. Alle Vertragsärzte, die Gesundheits- oder Krebsfrüherkennungsuntersuchungen durchführen, können künftig
die Tests an Patienten ausgeben. Die bestehenden
Regelungen zu Altersgrenzen und Intervallen bleiben
unverändert. Die Auswertung kann aber nicht wie
bisher der ausgebende Arzt vornehmen, sondern ist
Ärzten vorbehalten, die Leistungen nach den GOP des
Der Hausarzt 11/2016
Abschnitts 32.3 EBM und entsprechende laboratoriumsmedizinische Leistungen des Abschnitts 1.7 EBM erbringen dürfen. Der G-BA-Beschluss ist als ein erster Teilbeschluss im Zuge der Umsetzung des Krebsfrüherkennungs- und -registergesetzes (KFRG) zur Neugestaltung
einer organisierten Darmkrebsfrüherkennung gemäß
Paragraf 25a SGB V anzusehen. Bereits jetzt ist das
Merkblatt zur Darmkrebsfrüherkennung nicht mehr
gültig. Der G-BA hat das IQWiG beauftragt, bis Ende 2016
eine neue Versicherteninformation zu gestalten. Sie soll
helfen, eine informierte Entscheidung zu treffen. Insgesamt verursacht der Beschluss Bürokratiekosten
von geschätzt 937.820 Euro pro Jahr,
deren Finanzierung KBV und
Kassen noch klären
müssen.
Ab sofort ist das Merkblatt zur Darmkrebsfrüherkennung nicht mehr
gültig. Ein neues wird es
erst Ende 2016 geben.
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Aufwändige
Beratung:
Zwei Wege zum
besseren Honorar
Das Problem ist bekannt und ärgerlich:
Die Leistung nach Nummer 3 GOÄ,
deren Dauer mindestens zehn Minuten
betragen muss, ist nur berechnungsfähig als einzige Leistung oder im Zusammenhang mit einer Untersuchung
nach den Nummern 5, 6, 7, 8, 800 oder
801 GOÄ. Gerade diese Gesprächsziffer
ist es aber, die wegen des notwendigen
Zeitaufwandes, etwa zur Diagnosefindung, unerlässlichen technischen Leistungen zum Opfer fallen würde, weil
diese Leistungen in der GOÄ oft höher
bewertet sind. Das Gespräch mit dem
Patienten müsste so gesehen sehr häufig gratis erbracht oder der Patient zu
solchen Untersuchungen gesondert
einbestellt werden.
GOÄ
Legende
X
Euro
1
Beratung
3,5
16,31
Begründung
Besonderer zeitlicher Aufwand
3
Beratung mind. 10 Minuten
2,3
20,10
Nur neben Nrn. 5, 6, 7, 8, 800 oder 801 GOÄ
A804
Therapeutisches Gespräch
2,3
20,10
Zusammen mit technischen Leistungen möglich
Die aktuelle GOÄ lässt zeitlich aufwändige Gespräche nur neben Untersuchungen,
aber nicht neben anderen Leistungen zu.
Eine Lösung liefert Paragraf 5 der
GOÄ, Abs. 1: Die Höhe der einzelnen Gebühr bemisst sich nach dem 1- bis 3,5fachen des Satzes. Absatz 2 konkretisiert,
dass innerhalb des Gebührenrahmens die
Gebühren unter Berücksichtigung der
Schwierigkeit und des Zeitaufwandes
der einzelnen Leistungen sowie der
Umstände bei der Ausführung nach
billigem Ermessen zu bestimmen sind.
Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung
kann dabei auch durch die Schwierigkeit
des Krankheitsfalles begründet sein,
d.h. eine zeitlich besonders aufwändige
Beratung nach anderen GOÄ-Leistungen,
die neben der Nr. 3 GOÄ ausgeschlossen
sind, könnten nach Nr. 1 und mit einem
höheren Multiplikator berechnet wer-
den. Begründung: Besonderer zeitlicher
Aufwand wegen Besonderheit der Erkrankung. Wer diesen Weg nicht gehen
will, könnte sich auf Paragraf 6 Abs. 2
GOÄ berufen: Über die Analogbewertung
selbstständiger ärztlicher Leistungen, die
in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach
Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Verzeichnisses berechnen. Dies ist mit einem „A“ zu kennzeichnen. Als Ersatz für die Nr. 3 GOÄ wird hier
häufig die analoge Bewertung der Nr. 804
GOÄ als therapeutisches Gespräch herangezogen. Gerade Beihilfestellen
machen hier aber oft Schwierigkeiten,
weil sie den analogen Ansatz von GOÄLeistungen ablehnen.
Frage an
Dr. Gerd. W. Zimmermann
Der abendliche unvorhergesehene Anruf eines Patienten wegen seines hohen Blutdrucks ist sicherlich abgebildet, bewertet und bezahlt mit der Ziffer 01100/01.
Wie ist aber die Abrechnung im Zeitalter der neuen
digitalen Medien geregelt, wenn mich der Patient um
22.00 Uhr mit Hilfe einer Email zu gleichem Thema
konsultiert? Zählt da das Absenden der Mail? Oder das
Lesen der Mail? Oder ist das gar kein Kontakt im Sinne
des EBM?
Wie zum Beispiel bei der Einstufung der Abrechnung
eines Hausbesuchs gilt auch hier der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme durch den Patienten. Konkret: Entscheidend ist,
wann der Patient die E-Mail-Anfrage abschickt (oder anruft).
Der Zeitpunkt der Ausführung (Rückmail, Rückruf) spielt
hier keine Rolle. Was die grundsätzliche Frage der Berechnungsfähigkeit betrifft, so gibt es zwischen der hier ausdrücklich möglichen telefonischen Kontaktaufnahme und
der gleichwertigen per E-Mail keinen Unterschied.
Haben auch Sie Fragen zur Abrechnung und/oder Praxisführung? Melden Sie diese Fragen an die Redaktion unter
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Der Hausarzt 11/2016
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