Nr. 132-3 (PDF, 117KB, nicht barrierefrei)

BULLETIN
DER
BUNDESREGIERUNG
Nr. 132-3 vom 10. November 2016
Rede des Bundesministers für Ernährung und
Landwirtschaft, Christian Schmidt,
zum Entwurf eines Gesetzes zum Erlass und zur Änderung marktordnungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes
vor dem Deutschen Bundestag
am 10. November 2016 in Berlin:
Sehr verehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Was hat Donald Trump mit der Milchwirtschaft in Deutschland zu tun? Er hat gewonnen. – Nein, seine Wahl hat darüber hinaus gezeigt – wir in Europa sind bei der BrexitEntscheidung auch darauf gestoßen –: Wenn Teile der Bevölkerung den Eindruck bekommen, die Politik kümmere sich nicht um ihre Probleme, sie lasse die Probleme, die
die Menschen im Alltag belasten, links liegen, dann schauen sie sich nach anderen
Angeboten und einfachen Antworten um. Ich weiß noch nicht genau, was das Konzept
von Donald Trump zur Stärkung des ländlichen Raums in den USA ist. Vielleicht gibt
es da etwas, was wir ihm empfehlen können. Wir arbeiten ja kräftig daran, gerade
diesen Bereich sehr attraktiv zu halten im Sinne der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.
Eines ist ganz wichtig – ich will das heute bei dieser Gelegenheit erwähnen; man soll
dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ja nie in irgendeiner Weise
vorgreifen, sondern ihm nur Respekt zollen –: Wenn nicht alle Eindrücke trügen, ist
das Engagement des Haushaltsausschusses und des ganzen Hauses für die Stärkung
des ländlichen Raums außerordentlich groß und bemerkenswert. Herzlichen Dank dafür!
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Der Gesetzentwurf, der dankenswerterweise von den Koalitionsfraktionen eingebracht
worden ist, handelt aber nicht vom Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung“, sondern von einem anderen Herzstück, nämlich von Maßnahmen für unsere Familien in
der Landwirtschaft und für die Produzenten. Zur Erinnerung: Das Milchangebot auf
dem Weltmarkt war übermäßig angestiegen aus verschiedenen Gründen, die sowohl
auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite zu finden waren. Auch in der Europäischen Union und in Deutschland ist – wie übrigens schon vor dem Auslaufen der
Milchquotenregelung – sehr viel produziert worden, so viel, dass die Preise nachgegeben haben und die Nachfrageseite des Marktes sie nicht mehr aufnehmen konnte.
Die europäische Politik hat 30 Jahre lang, eine Generation lang, eine Politik der staatlichen Mengensteuerung betrieben. Deswegen besteht heute die Notwendigkeit, den
Übergang zu unterstützen, abzufedern, aber auch auf das hinzuweisen, was wir strukturell noch verbessern müssen. Dabei können wir die Milchbauern nicht alleine lassen.
Wir müssen auch diejenigen benennen, die im Hinblick auf eine Verbesserung, vor
allem im Hinblick auf eine gerechte Risikoverteilung, in der Verantwortung sind. Deswegen kommt man in dieser Situation nicht daran vorbei, einen Blick auf die Wertschöpfungskette von den Molkereien bis zum Lebensmitteleinzelhandel zu werfen. Für
die Liquidität und als unmittelbare Unterstützung ist aber auch europäische Hilfe erforderlich, damit man für die nächsten Jahre Orientierung bekommt, wohin die Produktion
gehen soll.
Was den deutschen Markt angeht, so sagte mir jemand: Heute ist so viel Milch getrunken und Käse gegessen worden wie wohl nie mehr in Zukunft. – Na, das weiß ich nicht
ganz. Aber dass bei unserer demografischen Ausrichtung der Milchmarkt kein Wachstumsmarkt ist, sondern ein Qualitätsmarkt werden muss, um so Wertschöpfung zu erreichen, das ist doch ein entscheidender Punkt. Deshalb geht an die, die am Markt
sind, der Appell, zu überlegen, mit welchen Mitteln und mit welchen Zielen sie sich dort
aufstellen.
Wir wollen mit dem Milchmarktsondermaßnahmengesetz und der Änderung des
Marktorganisationsgesetzes nur Grundlagen schaffen, Grundlagen allerdings auch für
ein Finanzvolumen, das sich durchaus sehen lassen kann. Ich habe auf dem Deutschen Bauerntag in Hannover von 100 Millionen plus X gesprochen, die wir in den
Bereich Landwirtschaft geben wollen, damit es vorangeht. Ich kann heute mit Freude
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feststellen – vorbehaltlich der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs –: Wir werden
auf knapp 600 Millionen kommen, die in diesem und im kommenden Jahr der Landwirtschaft zur Verfügung stehen. Das ist, glaube ich, schon bemerkenswert.
Herzlichen Dank dafür, dass wir das mit Ihrer Unterstützung erreicht haben. Das kann
aber nicht die ganze Antwort sein. Ich bedanke mich für die intensive Beratung und die
Einbringung des Entwurfs eines Milchmarktsondermaßnahmengesetzes durch den im
Fall der Verabschiedung 116 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Wir kommen hier auf 58 Millionen Euro aus der Europäischen Union und setzen das uns Mögliche von Bundesseite drauf, nämlich noch einmal 58 Millionen Euro. Damit wird der
Betrag auf 116 Millionen Euro verdoppelt. 40 Millionen Euro zusätzlich hat die deutsche Milchwirtschaft – für die Molkereien war das ein wichtiges Signal – durch das
Mengenreduzierungsprogramm der EU abgegriffen. Das heißt, derjenige, der die Produktion nicht ausdehnt, sondern reduziert oder im Rahmen unseres Programms Mengendisziplin übt, bekommt Liquiditätshilfe. Wir müssen in Zukunft deutlich machen,
dass das Risiko verteilt werden muss. Wenn jemand ein Risiko in Kenntnis des Risikos
eingeht, dann ist das eine Angelegenheit des Wirtschaftenden. Dann muss er das
selbst regeln; das kann nicht der Staat tun. Aber so weit sind wir leider nicht. Deswegen
sage ich vielen Dank.
Vielen Dank auch dafür, dass wir im steuerlichen Bereich noch die eine oder andere
Regelung erreichen konnten, auch wenn Kollege Priesmeier darauf hinweisen wird,
dass der Bundesminister in diesem Punkt eigentlich noch mehr vorhatte. Vielen Dank
für die gute Zusammenarbeit im Bereich der Gewinn- und Tarifglättung. Wenn in einem
Jahr gut verdient worden ist, aber die nächsten zwei Jahre katastrophal verlaufen sind,
dann muss der Betrieb die Möglichkeit haben, zu überleben. Unser Ziel ist doch nicht,
Steuern einzukassieren. Vielmehr ist unser Ziel, dafür zu sorgen, dass der Betrieb mittel- und langfristig seine Existenzgrundlage sichern kann. Planungssicherheit ist hier
das Stichwort. Ich bedanke mich sehr herzlich dafür, dass die beiden Koalitionsfraktionen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Grundlagen dafür geschaffen haben,
dass wir, wenn alles gut geht, im nächsten Vierteljahr Geld dort zur Verfügung stellen,
wo es benötigt wird, nämlich in den Betrieben.
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Dass noch andere Themen besprochen werden müssen, und zwar auch deutlich, das
versteht sich von selbst. Es geht nicht allein um Geld. Es stellt sich auch die Frage:
Wer trägt welches Risiko? Ich bin seitens der Bundesregierung bereit, mitzuhelfen, die
Kutsche zu bauen; fahren muss die Molkereiwirtschaft allerdings schon selbst. Ich
habe den Eindruck: Da bedarf es ab und zu noch einer kleinen Fahrausbildung.
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