An die Fraktionsvorsitzenden des Landtags von Sachsen

D R.- I NG. P ETER H . G RASSMANN
Grassmann § Gachenaustr. 63 § 82211 Herrsching
An die
Fraktionsvorsitzenden des Landtags
von Sachsen-Anhalt
30. Oktober 2016
Novellierung des Denkmalrechts in Sachsen-Anhalt
Sehr geehrte Abgeordnete,
Baudenkmäler sind ein wesentlicher Teil des Stadtbilds in Sachsen Anhalt, deren Erhalt und
Pflege ein wichtiges öffentliches Anliegen. Die große Zahl verfallender Denkmäler in
Sachsen-Anhalt wirft allerdings die Frage auf, ob mit rechtem Maß und mit guter
Förderungspolitik gehandelt wird.
Denn der deutsche Immobilienmarkt boomt und gerade die Sanierung von Baudenkmälern
mit ihren zusätzlichen Fördermöglichkeiten ermuntert viele - auch private - Investoren zur
Investition. Aber an Sachsen-Anhalt geht dieser Boom weitgehend vorbei, Stillstand und
Verfall sind die Regel, zumindest soweit ich dies in Bernburg beobachten kann.
Der Grund dürfte in einem sanierungsfeindlichen Denkmalgesetz und dessen schwerfälliger
Bürokratie liegen. Im letzten CDU-Wahlkampfprogramm war deshalb die Novellierung bereits
vorgesehen, wurde aber in den Koalitionsvereinbarungen nicht aufgegriffen.
Die Anwaltskanzlei Labbé in München hatte damals ein Rechtsgutachten erstellt, das
beiliegt. Die Umwidmung eines Gebäudes als Denkmal oder Teil eines Denkmalbereichs
bedeutet einen erheblichen Eingriff in die Nutzungsmöglichkeiten und damit in die
Eigentumsrechte. Anhörung und Einspruchsmöglichkeiten des Eigentümers sind nicht
vorgesehen, ebenso wenig wie die abschließende Entscheidung durch Bürgermeister und
Landräte als den örtlich gewählten Repräsentanten öffentlicher Interessen. Die locker an
einem Ministerium in Magdeburg hängende Denkmalbehörde ist allmächtig und nur schwach
kontrolliert.
Die Kanzlei kritisiert außerdem die enorm große Zahl von 40.000 Einzeldenkmälern - etwa
so viel wie im 40 mal größeren Frankreich - und mahnt die Verhältnismäßigkeit an.
Tatsächlich sind viele Denkmäler verfallen ohne Chance auf Sanierung, während die Idee
des Gesetzes deren Erhalt und Sanierung ist.
Die Attraktivität der Städte und der Landkreise von Sachsen-Anhalt ist durchgängig
Schlusslicht in deutschlandweiten Vergleichen. Dass ein attraktives Stadtbild für die
Lebensqualität von enormer Bedeutung ist, bedarf keiner Diskussion. Gerade deshalb
scheint es wichtig, die aktuelle Gesetzgebung zu hinterfragen und zu überarbeiten, die Zahl
der Denkmäler auf ein ausgewogenes Maß einzuschränken und konkurrenzfähige
Förderungsmöglichkeiten durch steuerliche Anreize zu schaffen.
82211 Herrsching ž Gachenaustr. 63 ž Tel: +49 172 7340340 ž e-mail: [email protected]
und 06406 Bennburg ž Nicolai-Markt ž Breite Straße 73
Sanierung in Denkmalbereichen ist für den Eigentümer immer mit zusätzlichem Aufwand
verbunden. Ergänzende Genehmigungsschritte und teils erhebliche Zusatzkosten liegen in
der Natur der Sache. Wie sehr dies ausarten kann, hat die Kanzlei Labbé nun im Rückblick
auf die Abbruchgenehmigung einiger Garagen im Denkmalbereich Talstadt in Bernburg
beschrieben, das dem Landrat des Salzlandkreises vorliegt und das ich gerne ergänzend
zusende. Nicht nur im Gesetz selbst, auch in dessen Handhabung liegt also erheblicher
Verbesserungsbedarf. Qualifikation in Städtebau und Stadtentwicklung statt nur Kenntnisse
in Archäologie und Kunstgeschichte wären dabei mit anzumahnen.
Auf baldige Wiederaufnahme der Überlegungen zu einer Gesetzesnovelle ist zu hoffen. Die
Garantien von Eigentum und Gestaltungsfreiheit des Grundgesetzes sollten dabei
wesentlicher Maßstab sein, aber auch der Ehrgeiz, den Verfall nichtsanierter Denkmäler
rasch zu stoppen.
Ich bitte die Fraktionsvorsitzenden, dieses bei der Landesregierung ungeliebte Thema
wieder in die politische Debatte zu bringen.
Mit hochachtungsvollen Grüßen
Dr. Ing. Peter H. Grassmann
Anlage: Stellungnahme der Anwalts-Kanzlei Labbé zum Denkmalrecht in Sachsen-Anhalt
Kopie: Abgeordnete des Wahlkreises Bernburg, Mitteldeutsche Zeitung