Dunkelheit mit Lichtspieltagen

Glaubenssachen
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Sonntag, 30. Oktober 2016, 08.40 Uhr
Dunkelheit mit Lichtspieltagen
Was den Reformationstag mit Allerheiligen verbindet
Von Dieter Haite
Redaktion: Florian Breitmeier
Norddeutscher Rundfunk
Religion und Gesellschaft
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30169 Hannover
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Autor:
Von weitem schon sah ich den weißen Stock, wie er von einer Frau in steter Rhythmik
hin und her geschwenkt wurde. Ein kleiner Ball an der unteren Spitze milderte den
klirrend-schleifenden Ton, der so geräuschbetont den blinden Menschen von weitem
ankündigt. Die Frau näherte sich mir, so wie ich auf sie zuging. Würde der Platz für uns
beide auf dem Bürgersteig reichen oder würde ich in den Stock hinein stolpern? Dann,
unmittelbar vor mir, ging sie – ihres Weges sicher - an mir vorüber. Und, kann es sein?
Sie schaute mich verschmitzt von der Seite an, als wenn sie meine inneren Vorsichtsmaßnahmen erahnt hätte.
Die Begegnung mit der blinden Frau geht in mir weiter, erinnert mich an die christliche Lehre vom Glauben als Licht, an alte Traditionen mit dem Licht zu spielen, an die
Zeit des Lichtwechsel zur Dunkelheit, die sich vor allem in den ersten Tagen des
Novembers, des dunklen Monats abzeichnet. Gleichzeitig eröffnet mir diese
Begegnung eine Deutung, wie unsicher Menschen im Umgang – wortwörtlich
genommen – mit Glauben als Lebenslicht sind.
Jetzt, im Spätherbst, wenn die Tage kürzer und die Nächte länger werden, haben sich
nach christlicher Tradition drei Festtage verankert, die in Spannung zueinander stehen
wie Licht und Schatten: Der Reformationstag, das Fest Allerheiligen und der Gedenktag
Allerseelen. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung spielt sich zunehmend das
kommerzialisierte Halloween-Fest in den Vordergrund.
Sprecherin:
Seit Menschengedenken wird das Licht als mächtigste Naturerscheinung des
Göttlichen betrachtet. Ob sonnenlichter Tageshimmel, der durch Mond und Sterne
erhellte Nachthimmel oder das geheimnisvolle Element des Feuers. Licht wird zum
häufigsten Symbol der religiösen Sprache, wird als Wesen, Atmosphäre, als
Erscheinung des Göttlichen gedeutet. Vor allem sogenannte gnostische Deutungssysteme haben eine weitentfaltete Lichtmetaphysik entwickelt; Selbsterkenntnis,
Lebens- und Welterkenntnis werden mit dem Licht identifiziert. Demnach steht dem
ewigen Reich des Lichtes das Reich der Finsternis gegenüber, Welt und Menschheit
sind aus der Vermischung von Licht und Finsternis entstanden und die Erlösung in der
Wiederbefreiung der Lichtelemente. Auch die philosophische Strömung des
Neuplatonismus hat eine Lichtlehre entwickelt, eine Lehre vom „lux intelligibilis“, dem
Licht der Erkenntnis. Die mystische Kontemplation wird als Lichtschau beschrieben.
Autor:
Letztlich ist das Licht Symbol des menschlichen Lebens überhaupt. Die Redensart vom
„Erblicken des Lichtes der Welt“ bei der Geburt und vom „Verlöschen des Lichtes“ im
Sterben, geht auf die griechische Antike zurück. Das Lebenslicht wird in der
griechischen Kunst durch eine Fackel symbolisiert, die schließlich vom Tode zum
Erlöschen gebracht wird.
Nach der Schrift des Alten Testamentes wird das Licht von Gott als erstes erschaffen.
Es kommt ihm also eine absolute Priorität zu. Doch es wird nicht mit Gott gleichgesetzt, sondern von ihm abgesetzt und damit entmythologisiert: Als das Ordnungsinstrument Gottes, mit dem er die chaotisierende Finsternis eingrenzt und den
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Wechsel zwischen Tag und Nacht als zeitliche Ordnung stiftet. Das Licht wird so zum
Gütesiegel Gottes, in dem es signalisiert, was zur Rettung und zum Leben dient.
Sprecherin:
Im Neuen Testament beleuchtet die Lichtmetaphorik in verschiedenen Spielarten den
neuen Status, in dem sich der glaubende Mensch durch das Kommen Jesu Christi und
die Verkündigung des Glaubens gestellt sieht. Mit der Taufe tritt der Mensch als Kind
des Lichtes aus der Finsternis ins Licht. Vor allem das Johannesevangelium nimmt das
Licht als Erfahrung und Symbol des Lebens auf. Das Licht ist für Johannes das erste
Ursymbol aus der alltäglichen Lebenswelt, die das Wesen und das Neue des
christlichen Glaubens veranschaulichen.
Autor:
Wenn, wie in der vergangenen Nacht, die Uhren von Sommer- auf Winterzeit umgestellt
werden, angeblich um das Tageslicht besser nutzen zu können, wird mit dem Licht
gespielt - als wenn Menschen die Sonne verdrehen würden. Doch das Licht wird nicht
verschoben. Das Licht nimmt andere Winkel ein, wandert in eigenen Rhythmen über
die Erde, durch die Welt - in die Herzen. Menschen sind Kinder, aber keine Herren des
Lichtes. So trügt diese merkwürdige Zeitumstellung den Blick. Sehnsuchtsvoll trauern
Menschen dem früh schwindenden Abendlicht hinterher, verwirrt sehen sie das
Morgenlicht früher aufstehen. Als wenn wir Menschen das Licht verschieben,
manipulieren oder beherrschen könnten. Mir scheint: Wir laufen dem Licht hinterher.
Denn das Licht ist uns immer voraus.
Statt mit dem Licht zu spielen, statt sich Lebensformen auszudenken, die über das
Licht verfügen und alles nach ihrem Sinn drehen, haben sich Christen seit der Frühzeit
aufgemacht, das Licht in seinem Geheimnis, seiner Energie und seiner Wärme, seiner
Kraft zum Leben zu verstehen. Christlicher Glaube ist ein Lichtglaube, ist eine
bescheidene Weise, dem Licht Glauben zu schenken – als Kraft zum Leben. Das Licht
schenkt dem Menschen Leben und der Mensch schenkt dem Licht Glauben. Diese
Wechselwirkung durchzieht die biblische Deutung, schreibt sich in die kirchliche Lehre
ein, erglüht in der Mystik zu einem erhellenden Glanz.
Und diese Wechselwirkung markiert das Kirchenjahr, in dem sich mit dem Wechsel des
Lichts und seinem Geheimnis die Geheimnisse des Glaubens an Gott orten lassen. So
wie jetzt im Spätherbst, wenn sich das Licht einen anderen Ort sucht – nicht im
äußeren Schein der Welt, sondern im inneren Glanz des Herzens, haben sich nach der
christlichen Tradition drei Festtage verankert, die in Spannung zueinander stehen wie
Licht und Schatten. Ich meine den Reformationstag und die Feiertage Allerheiligen
und Allerseelen.
Sprecherin:
Am 31. Oktober, dem Reformationstag, erinnern sich evangelische und katholische
Christen an den Thesenanschlag Martin Luthers; am Vortag des Allerheiligenfestes
1517 – so die Überlieferung – nagelte der Augustinermönch 95 Thesen an die Tür der
Schlosskirche zu Wittenberg. Luthers Absicht war es, damit eine Diskussion unter den
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Gelehrten in Gang zu bringen, sich der Missstände und des Reformstaus in der Kirche
bewusst zu werden.
Autor:
Um im Bild zu bleiben: Zu sehr hatten sich die Mächtigen der Kirche des Lichtes
bemächtigt, meinten, selbst im Besitz des Glaubenslichtes zu sein, und wollten andere
im Dunkel der Unmündigkeit und im Schatten von Schuld und Sünde klein halten.
Unter diesen Umständen konnte das Licht nicht überleben, musste es Unruhe in Form
neuer Einsicht und größerer Freiheit bringen. Denn die Reformation entspringt der
Urkraft des Lichtes, das Wandlung und Veränderung bewirkt. Und: Licht lässt sich nicht
einsperren; niemand kann sein Licht unter einen Eimer stellen, sagt schon das
Evangelium.
Von daher sind Christen aufgerufen, Leben, Lebensformen, Glaubensleben ins richtige
Licht zu stellen. Leben will sich zeigen, will sich sehen lassen und gesehen werden.
Wenn durch gesellschaftliche und historische Umstände, durch Machterhalt und Angst
der Mächtigen, Menschen das Licht des Glaubens verweigert oder verdunkelt wird,
lässt das Licht als Kraft zur Wandlung keine Ruhe. Es dringt durch die kleinste Ritze,
sucht den offenen Spalt, um sich seinen Weg in die Herzen der Menschen zu bahnen.
Kein Mensch kann das göttliche Licht aufhalten, so wie keiner dem göttlichen Licht
davonlaufen kann.
Echte Veränderung, die Kraft der Reformationen, liegt nicht im Dunkeln verborgen,
sondern drängt ans Licht – früher oder später, Zeit ist dabei relativ, denn das Licht
kennt keine Zeit. Deshalb ist es in der Lichtgeschwindigkeit so ungemein schnell.
Veränderung, Reformation geschieht, indem Gott den Menschen neu ins Licht stellt.
Das nicht wirklich zu achten, scheint mir die Tragik der Kirchen zu sein. Sie meinen, im
Dunkeln allein gelassen zu sein und sich mit aller Macht Sicherheit verschaffen zu
müssen. Im Glauben an das Evangelium sind Christen jedoch ins Licht gestellt. Nicht
sie stellen sich ins Licht, sondern Gott stellt den Menschen ins Licht. Hinzu kommt die
Einsicht, dass Licht sich nicht spalten lässt. Statt an die Trennung zu glauben und sich
darin zu verfestigen, können sich Christen in das eine Licht stellen. Im wirklichen Licht
gesehen, gibt es keine Trennung, nur verschiedene Weisen, wie das Licht reflektiert
wird, um indirekt sichtbar zu sein.
Das Licht kann zudem an vielen verschiedenen Orten gleichzeitig sein. Und auch der
Mensch kann im Bewusstsein an vielen Orten sein, kann Utopien entwerfen. Diese
Fähigkeit, an Zukunft zu glauben, an die Zukunft des eigenen Lebens, an eine große,
weite Gemeinschaft, kommt dem Christen im Hochfest Allerheiligen entgegen.
Sprecherin:
Das Fest hat seinen Ursprung im Osten. Ältestes Beispiel ist der bei Johannes
Chrysostomos für Antiochien im 4. Jahrhundert bezeugte „Herrentag aller Heiligen“
am Oktavtag von Pfingsten. Noch heute gilt im byzantinischen Ritus der Sonntag nach
Pfingsten als der Sonntag aller Heiligen.
Die lateinische Kirche hat dieses Datum zunächst übernommen. In Rom wird im 7.
Jahrhundert das jährliche Kirchweihfest des Pantheons zu Ehren der Jungfrau Maria
und aller Märtyrer als Allerheiligenfest begangen.
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Das Datum 1. November ist zuerst für England und Irland in der Mitte des 8. Jahrhunderts bezeugt und hängt mit der Errichtung einer Kapelle zur Ehre aller Heiligen in
St. Peter in Rom zusammen. Im Mittelpunkt dieses Festes steht der Gedanke von einer
großen Sammlung, auf dass die ganze Menschheit im Licht gesehen werde, im
geheimnisvollen Licht Gottes.
Autor:
Die Lehre von den Heiligen ist eine menschliche Lehre. Heilige sind Menschen, die auf
zum Teil bizarren und skurrilen, zum Teil dunklen und schweren Wegen ins Licht
gefunden haben, die sich vom Licht haben finden lassen und so bereits erleuchtet im
weiten Kreis des göttlichen Lebens angekommen sind.
Heilig- und Seligsprechungen sind in letzter Zeit bei der römisch-offiziellen Kirche „in“.
Doch bei allem Respekt vor den rechtlichen Formen und wissenschaftlichen Prüfungen
einer Heiligsprechung bleibt ein Vorbehalt, ob Menschen darüber befinden können,
wer von Gott ins Licht oder nicht ins Licht gestellt ist. Denn wir verfügen nicht über das
Licht, wir können es uns nur schenken lassen.
Am Hochfest Allerheiligen werden in den katholischen Kirchen die Seligpreisungen aus
dem Matthäusevangelium, aus der Bergpredigt, gelesen. Die Seligpreisungen, nicht in
einem dunklen Winkel, sondern auf einem weithin sichtbaren Berg gesprochen,
künden eine Zukunft des Lichtes und des Glückes an. Die Theologie hat dieses
Geheimnis unter dem Begriff der „Herrlichkeit“ erfasst. Für heutige Menschen scheint
dieser Begriff fern und unverständlich. Doch auch, wenn Schwächen und Eigenwilligkeit der Theologen diesen Begriff verdunkelt haben, so besitzt er im Kern eine
Botschaft, die alle anrührt. Sagt sie doch, dass am Ende alles Leben reich an Licht ist.
Jesus, so glauben Christen, wusste um dieses Licht, vertraute ihm voll und ganz bis in
das Dunkel des Todes. Das lassen die Seligpreisungen erahnen, die auch GlücklichPreisungen genannt werden. Sie sammeln uns ein, lassen keinen außerhalb dieses
Glückes stehen, sondern erfassen unser Leben im Jetzt und im Morgen. Selig sind –
jetzt schon – in diesem Augenblick, und so auch morgen und in aller Zukunft
Menschen, die im Lichte handeln; davon sind gläubige Christen überzeugt.
Allerheiligen ist kein Fest, an dem es um die Berühmtesten, Reichsten oder Schönsten
geht. Allerheiligen ist für Christen die Erinnerung daran, dass alle Menschen als Kinder
Gottes ins Licht gestellt sind. Heilige sind in diesem Sinne der Lichtstrahl Gottes, der
sich mit seinen vielen unterschiedlichen Lebenslichtungen zeigt. Und jeder hat damit
die Wahl, sich an die Seite eines besonderen Heiligen zu stellen, sich daran auf- und
auszurichten; und wenn es nur der Name ist, den wir uns anziehen.
Heilige sind eine Vergegenwärtigung des Lichtes, das wir nicht verhindern können. Bei
Lichte besehen können wir uns freuen, dass wir das Licht nicht überholen können,
sonst hätten wir keine Zukunft. Wir können nicht von Morgen sprechen, ohne dass
Licht aufgeht!
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Sprecherin:
„Und das Ewige Licht leuchte ihnen!“ Die Gebetsbitte aus dem Requiem, viele Male
vertont, schafft die Verbindung vom Lichtfest Allerheiligen zum Gedenktag Allerseelen
am Tag darauf, am 2. November; ein Tag, an dem auf vielen Friedhöfen die
Angehörigen von Verstorbenen ein Licht entzünden auf den Gräbern. In Mexiko
dagegen winken an diesem Tag auf den riesigen Friedhöfen bunte Fahnen und
tummeln sich fröhliche Menschen. Sie feiern an den Gräbern ihrer Angehörigen ein
bizarr anmutendes Fest mit Speisen und Getränken – und kleinen und großen
Totenköpfen aus den verschiedensten Materialien. Allerseelen, ein Lebensfest
zwischen Toten und Lebenden.
Autor:
Licht gibt sich weiter, macht auch vor dem Tod nicht Halt. Daran erinnert Allerseelen,
ein Tag dessen Licht wir nicht so ohne weiteres erkennen. Zu sehr verbinden wir
dieses Fest mit Tod und Sterben. Im Schlepptau von Allerheiligen ist es vielleicht
erträglicher, ist der Schatten durch das Licht des Vortages gemildert. Dabei birgt
Allerseelen einen Reichtum, der in nichts hinter dem Allerheiligenfest zurücksteht.
Sprecherin:
Abt Odilo von Cluny führte im Jahre 998 eine Gedächtnisfeier für die Verstorbenen der
ihm untergebenen Klöster ein. Schon 300 Jahre zuvor, im 7. Jahrhundert, gab es für
alle Verstorbenen jährlich wiederkehrende Gedenktage, die im Frühling unmittelbar
nach der Osterzeit angesetzt wurden. Noch für Papst Johannes XXIII. war Ostern das
„Fest aller Toten“. Denn das Allerseelenfest ist für Gläubige immer verbunden gewesen
mit dem Willen, den Verstorbenen zur endgültigen Erlösung zu verhelfen. Vor allem
durch sogenannte gute Werke an den Armen im Diesseits wollte man den armen
Seelen im Jenseits helfen. Im Mittelalter erhielten deshalb Bettler, Kranke, Schüler,
Mönche und Nonnen an diesem Tage besondere Zuwendungen. Im spirituellen Sinne
wurde den Verstorbenen mit Gebet, Weihwasser und Licht Hilfe angeboten. Davon
zeugen noch viele gotische Lichtnischen und Lichtsäulen sowie Weihwasserschalen
auf den Friedhöfen.
Autor:
Indem sich glaubende Menschen zu den Vorübergegangenen umdrehen, wenden sie
sich in ihrer sozialen Praxis den Lebenden zu. Und: Die Zerrbilder zwischen Leben und
Himmel, gezeichnet in den Bildern des Fegefeuers, der Hölle, des Verlorenseins, die
diesen Tag in der Wahrnehmung vieler Menschen dunkel erscheinen lassen, reichen
nicht aus, um das Licht zu löschen. Licht lässt sich nicht wirklich einfangen. Es sucht
sich einen Weg. Sein Geheimnis ist universal, gilt über alle Grenzen hinaus.
Hinzu kommt, dass Licht nicht gespalten ist. In ihm verbindet sich alles Leben zu
einem, sind Tod und Leben zu einem verbunden. Und - Licht ist schneller als alles
andere, schneller als der Tod. Im wirklichen Licht gesehen kann deshalb keiner
verloren gehen. Und so reicht – theologisch betrachtet - der Lichtfunke jedes einzelnen
Lebens aus, dass das große Licht Gottes diesen Lebensfunken wiederfindet, mag er
sich selbst als verloren meinen oder sich aus Übermut vor dem einen Licht verstecken.
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Wer davon überzeugt ist, dass alle Menschen vom Licht Gottes gefunden werden, feiert
„Allerseelen“ als Fest „Allermenschen“!
Mittlerweile allerdings entwickelt das Spiel mit dem Licht, das die Menschen treiben
und das von Christen meisterhaft geübt wird, neue, skurrile Züge.
Sprecherin:
Am Reformationstag, am Vorabend von Allerheiligen, trifft man auch hierzulande auf
Menschen im Skelettkostüm und auf hohle Kürbisköpfe, die von innen leuchten.
Ähnlich wie die karnevalistischen Allerseelenfeiern auf den Friedhöfen in Mexico
begehen immer mehr Menschen Halloween, den „Vorabend von Allerheiligen“,
ursprünglich im Rückgriff auf keltische Traditionen in katholisch gebliebenen Gebieten
der britischen Inseln gefeiert. Von dort kam es mit den vielen irischen Auswanderern
in die Vereinigten Staaten.
Autor:
Auch diese Tradition kommt nicht ohne Licht aus. Doch im Lichte gesehen sollten
Kürbisse und Skelette nichts anderes sein als das, was sie sind – hohl und klapprig.
Erst die Phantasie des Menschen nutzt das Dunkle, um daraus farbiges, flimmerndes
oder ungewohntes Licht zu formen. Bei Lichte besehen, im wirklichen und nicht im
künstlichen, ist dieses Licht doch auch nur dem Menschen gegeben, wächst ihm durch
die Sonne vom Himmel entgegen.
Menschen verbindet die Suche nach Licht. Mit den Kerzen - auf Gräbern und hier und
da in Kürbissen entzündet – sind sie bewußt oder unbewußt auf der Suche nach dem
göttlichen Licht, in dem alles Leben gesehen werden kann - und auch Blinde sehen
können.
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Zum Autor:
Dr. Dieter Haite, Seelsorger der kath. Hochschulgemeinde; 1988-2012 Leiter der Cella St. Benedikt in Hannover;
verantwortete u.a. das Programm im Christuspavillon auf der Expo 2000 und arbeitet in einer Praxis für
Coaching, Supervision und Beratung