PRESSEHEFT - Sächsische Akademie der Künste

PRESSEHEFT
PRESSEHEFT
REGIE
ANDREAS DRESEN
DREHBUCH
WOLFGANG KOHLHAASE
NACH DEM ROMAN VON
CLEMENS MEYER
IM WETTBEWERB DER 65. INTERNATIONALE FILMFESTSPIELE BERLIN, 2015
MIT
MERLIN ROSE • JULIUS NITSCHKOFF • JOEL BASMAN
MARCEL HEUPERMAN • FREDERIC HASELON • RUBY O. FEE
W W W.AL SWIRTR AEUMTEN.DE
Verleih:
Pressekontakt:
PANDORA FILM VERLEIH
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SYNOPSIS UND PRESSENOTIZ
ALS WIR TRÄUMTEN war der Stadtrand von Leipzig die Welt.
Die DDR war weg und wir waren noch da. Pitbull war noch kein Dealer.
Mark war noch nicht tot. Rico war der größte Boxer und Sternchen war
das schönste Mädchen, doch sie hat mich nicht so geliebt, wie ich sie.
Alles kam anders. Aber es war unsere schönste Zeit.
PRESSENOTIZ:
Dani, Mark, Rico, Pitbull und Paul leben im Rausch einer besonderen Zeit.
Jahre, in denen Gesellschaften und Systeme aufeinander prallen und alles, wirklich alles
möglich scheint. Die Jungs sind dreizehn, als die Geschichte in der DDR beginnt, siebzehn,
als sie im neuen Deutschland endet. Kraftvoll, wild und zärtlich verfilmte Regisseur Andreas
Dresen mit ALS WIR TRÄUMTEN den gleichnamigen Erfolgsroman von Clemens Meyer.
Das Drehbuch schrieb Wolfgang Kohlhaase. Nach » Sommer vorm Balkon « und » Whisky
mit Wodka « ist es die dritte Zusammenarbeit mit Andreas Dresen. ALS WIR TRÄUMTEN ist
offizieller Wettbewerbsbeitrag der 65. Internationalen Filmfestspiele Berlin 2015.
INTERVIEW MIT ANDREAS DRESEN UND PETER ROMMEL
INTERVIEW MIT ANDREAS DRESEN
UND PETER ROMMEL
Andreas Dresen, wovon haben Sie Anfang der Neunziger Jahre geträumt?
Herbst 1989 zur Dok-Woche in Leipzig zum
ersten Mal getroffen.
ANDREAS DRESEN: Es war nicht die Zeit großer Träume. Ich fühlte mich bodenlos, fast
entwurzelt, wollte einfach nur irgendwo
ankommen. Vor allem in politischer Hinsicht
war es eine Zeit der Desillusionierung, denn
ich kam aus der Wendezeit ziemlich enttäuscht heraus. Wir hatten ja die Hoffnung
gehabt, dass die Wiedervereinigung mehr
sein könnte, als nur eine schlichte Übernahme. Statt wie andere dann einfach die Welt
zu entdecken und vielleicht an einem anderen Ort zu leben, bot sich allerdings, und
glücklicherweise für mich, die Chance, ins
Berufsleben einzusteigen. Schon 1991/92
habe ich mit Stilles Land meinen ersten
Film gedreht. Da ging, wenn man so will, ein
Traum in Erfüllung.
Gab es für Sie ähnliche Momente der
Desillusionierung?
Heute scheint es, als seien Träume in
diesen Jahren nur ein »Ostding« gewesen…
P.R.: Natürlich, weil die gleichen Leute, die
uns schon in den 80ern verarscht hatten,
nun die Brüder und Schwestern im Osten
verarschten. Desillusioniert war ich vor
allem, weil ich spürte, dass durch die rasante Fahrt des Kapitalismus Solidarität,
Menschlichkeit und der soziale Gedanke auf
der Strecke bleiben werden.
Ist diese Zeit durch die Beschäftigung
mit ALS WIR TRÄUMTEN wieder präsenter geworden?
A.D.: Bei mir war sie sofort abrufbar. Ich
hatte mich zuvor nur noch nicht damit beschäftigt, wie es der jüngeren Generation
damals ergangen war.
P.R.: Bei mir war der Roman das Entschei-
PETER ROMMEL: Für uns Westler hatte sich
ja nicht so viel verändert. Die alte Welt war
noch da, all die neuen Begegnungen waren
eher ein Zugewinn. Ich bin schon zuvor immer gern im Osten gewesen und habe mich
über den Dokumentarfilm mit dem Ostblock
beschäftigt. Auch Andreas habe ich im
dende. Die Wucht von Clemens Meyer, der
genau weiß, wovon er erzählt, seine Affinität zu Fußball und Boxen, zur Kraft der
Gruppe, diese gelebte Anarchie in einem
System, das noch nicht wieder zu sich gekommen ist, all das hat mich schwer angesprochen. Ich dachte mir: Gut, dass er es
so rauskotzt. Eine interessante Parallele
fällt mir noch ein: Auch wir waren damals
viel nachts in den illegalen Clubs von Berlin
unterwegs. Dass all die Sicherheitsbestimmungen nicht befolgt worden sind, fanden
wir einfach stark. Wir sind sozusagen vom
Westen in den Osten geflüchtet, der neuen
Freiheit entgegen.
Wäre für Sie ein Ziel erreicht, wenn sich
der Zuschauer im Kino eher selbst reflektiert und in seine eigene Biografie
zurückfallen lässt?
P.R.: Es wäre wunderbar, wenn beim Zuschauer all die nicht gestellten Fragen
wieder hochgepumpt werden und er über
Emotionen wieder in einen träumerischen
Zustand gerät. Erklärt hat man diese Zeit
längst genug, vor allem aus der Perspektive
des Westens.
A.D.: Ich mag das Ideologiefreie in ALS WIR
TRÄUMTEN. Wir haben ja bislang vor allem
über die Fragen von Schuld und Verstrickung debattiert, die großen Stasi-Dramen
sind gezeigt. Mit den riesigen Möglichkeiten dieser Tage, der ungeheuren Kraft von
Anarchie, haben wir uns viel zu wenig beschäftigt. Mit dem Vakuum, wenn die Gesellschaft noch nach ihren Fundamenten
sucht, kommt die Zeit der Abenteurer und
INTERVIEW MIT ANDREAS DRESEN UND PETER ROMMEL
Cowboys. Sollte mit dem Film ein Gefühl
dafür entstehen, welche Möglichkeiten
jenseits gesellschaftlicher Regeln schlummern, würde mich das sehr freuen. Der Film
wird vielleicht aber auch an Chancen erinnern, die man persönlich verpasst hat.
Mussten vielleicht über zwanzig Jahre vergehen, um über den Beginn der
1990er zu erzählen?
P.R.: Auf jeden Fall. Weil wir die Hoffnung
haben, der jüngeren Generation heute eine
Vision der inneren Kraft mitzugeben, die
größer ist als alles andere, größer als jedes System, egal, ob es da oder schon zusammengekracht ist. Eine Generation, der
oft Orientierung fehlt, und darauf getrimmt
wird, Oberflächenstrukturen zu bedienen.
Häufig fehlt es ihr auch an Impulsen, selbst
das Heft in die Hand zu nehmen. Ich bin gespannt, ob sie unsere Anregung annehmen
kann und daraus Kraft schöpfen wird.
Blickwinkel. Die Jungs wiederum haben
sich diese Zeit mit einer ganz anderen Neugier angeeignet, dabei ihren eigenen heutigen Gestus eingebracht und daraus Ideen
entwickelt. Es gibt jetzt Situationen, die
nicht von mir sind und auch nicht im Roman vorkommen. Ein historischer Film mit
einem möglichst korrekten Abbild hat mich
eh nicht interessiert. Es ist unsere Sicht,
unsere Wahrheit, was eben gerade nicht
heißt, dass die Zeit genauso gewesen ist.
P.R.: Ich empfand die Konstellation Meyer-
Kohlhaase-Dresen
hochspannend
und
ideal. Wegen ihrer unterschiedlichen Charaktere und Interpretationen des Begriffs
Anarchie.
ALS WIR TRÄUMTEN wird von »Nachtgestalten« dominiert. Es fällt auf, dass
viele Figuren und Schauplätze auch
ohne diese Buchvorlage aus einem Dresen-Film stammen könnten …
der Komplementärfarbe. Ich will durchaus
härteres Kino machen, weil es besser der
Welt entspricht, in der wir leben.
Der Roman ALS WIR TRÄUMTEN widersetzt sich jeder Gefälligkeit. Was war
wichtig für Form und Struktur des Films?
A.D.: Die Perspektive einer Adaption resultiert aus einem Substrat entscheidender
Dinge und starker Momente, an die man
sich nach dem Lesen erinnert, ohne gleich
eine Struktur im Kopf zu haben. Es geht vor
allem darum, den gemeinsamen Grundton
und den Herzschlag aufzuspüren. Darüber haben Wolfgang Kohlhaase und ich die
längsten Gespräche geführt. Der Rest war
Handwerk.
Buch wie Film liefern keinen Panoramablick auf die Zeit, eher einen engen Ausschnitt. War das ein besonderer Reiz?
A.D.: Geschichten zu erzählen, hat für mich
Wie hat die enorme Spannweite im Lebensalter der Beteiligten das Projekt
beeinflusst? Wolfgang Kohlhaase ist
Jahrgang 1931, die Darsteller der Jugendlichen wurden zumeist erst in jener
Zeit geboren, in der ALS WIR TRÄUMTEN
spielt …
A.D.: Ein Romanautor, der mit Ende 20 ein
solches Buch geschrieben hat, Wolfgang
Kohlhaase mit seiner Nachkriegserfahrung
und ich mit meinem Lebensalter quasi mittendrin ergeben drei völlig verschiedene
A.D.: Auch ich hatte mich in den Roman
verguckt, mochte die Tonlage sehr und
natürlich die Art, wie Clemens Meyer mit
aller Härte und auch Zärtlichkeit erzählt.
Das hat mich berührt und an der Gurgel gepackt, weil es sich mit meiner persönlichen
Weltsicht trifft. Auf der anderen Seite hat
der Roman etwas, das ich nicht einbringen
kann: Er bringt das grundsätzlich Anarchisch-Böse mit. Ich bin gegenüber diesen
Jungs ein kleinbürgerlicher Spießer. Man
sucht also einerseits nach dem, was einem
selbst entspricht und andererseits nach
immer mit Ausschnitt zu tun. Du nimmst ein
kleines Segment und sagst: Das ist für mich
die Welt. Für die Jungs aus ALS WIR TRÄUMTEN spielen Stasi-Verstrickungen keine Rolle. Die Schutzräume oder Geländer der alten
Ideologie sind weg. Sie haben ihre eigenen
Baustellen, und sei es nur der Kampf um den
Platz im Leben, damit sie nicht aus dem System fallen. Nimm dir, was du kriegen kannst,
ist ihr Motto. Neue Werte sind noch nicht
in Sicht, nutzen wir also die Möglichkeiten!
Dass sich daraus der Duktus der ganzen
Gruppe erklärt, finde ich spannend.
Wie schmerzlich war es, sich von Handlungssträngen aus dem Buch verabschieden zu müssen? Clemens Meyer
beschreibt zum Beispiel sehr schön, wie
spielerisch sich die Jungs den Montagsdemonstrationen in Leipzig widmen...
A.D.: Sich vom Wendekapitel zu trennen,
war für mich ein Leichtes. Ich hatte regelrecht Horror davor, Demonstrationen nachzustellen. Das hätte schnell peinlich werden
können, jeder kennt doch die Bilder aus
dem Fernsehen. Warum soll sich die vollzogene Wende nicht allein über den Kauf
einer Mikrowelle erzählen? Ich finde das
charmant. Vielen wird dazu ihre eigene Mikrowelle einfallen oder ihr erster gekaufter
Radiowecker.
Hatten Sie Scheu, die DDR-Szenen zu
inszenieren?
A.D.: Nein, überhaupt nicht. Es ist eine Welt,
die mir sehr vertraut ist. Die Idee, die Kinder Pioniergedichte aufsagen zu lassen,
stand nicht im Drehbuch, sie kam mir erst
während der Arbeit. Das hat mich sehr berührt, denn es beschreibt den Raum, aus
dem die Jungs kommen.
ALS WIR TRÄUMTEN erzählt auch von
extremer Brutalität. Der Film konnte diese Härte nicht ausblenden …
P.R.: Nein, wir wollten einen räudigen Film
machen, um der Vorlage zu entsprechen.
Andreas musste sich dem realen Bild stel-
len und filmisch noch weiter aufmachen,
um optisch und akustisch Situationen zu
forcieren, die der Zuschauer vor allem gefühlsmäßig mitgehen soll.
A.D.: Wo die Chance für größere Wildheit
war, habe ich sie genutzt. Ich bin den bösen
Momenten des Romans durchaus gefolgt.
Haben Sie sich im Vorfeld Momente gestattet, Dani und seine Clique auch mal
nicht zu mögen? Es sind junge Männer,
die sich und andere schlagen, Drogen
nehmen, fremdes Eigentum zerstören...
War es schwierig, die Schauspielerriege
zu besetzen?
A.D.: Das Schwierigste war der Zeitfaktor.
Wir hatten insgesamt nur drei Monate. Eines war klar: Finden wir in dieser Zeit nicht
die Richtigen für die Clique, würde der gesamte Film scheitern. Es waren über neunzig Rollen zu besetzen, so viele wie noch in
keinem meiner Filme und ich habe mich sehr
schnell dazu entschlossen, keinen einzigen
Schauspieler zu nehmen, mit dem ich schon
einmal gearbeitet habe.
War Leipzig als Drehort gesetzt?
A.D.: Ach, ich mochte die Jungs schon im
Roman. Es gibt sehr schöne Momente rührender Fürsorge zwischen ihnen und in
Interaktion mit anderen. Sie trösten ihren
Kumpel, wenn er Liebeskummer hat. Sie
wenden sich der Oma zu, auch wenn sie
sie beklauen. Sie gehen dazwischen, wenn
ein Mann seine Frau blutig schlägt. Wenn
man sich diese Momente greift, kann man
die Jungs schnell sehr gern haben, auch
wenn sie einem zunächst mitsamt ihrer Lebenswelt fremd erscheinen mögen. Es sind
Jungs, die aus dem Nest gefallen sind. Ich
weiß aber auch, dass die gezeigte Härte für
viele Zuschauer eine Hürde sein kann.
P.R.: Ich denke bei den Jungs schnell an
meine eigene Jugend. Die war eben auch
geprägt von Drogen, Gewalt und Blödsinn.
Trotzdem hat das Leben im entscheidenden
Moment zugepackt. Diese Hoffnung habe
ich auch für diese Jungs.
P.R.: Unbedingt. Und es war ein Geschenk.
Wir wurden sehr gut aufgenommen dort.
A.D.: Trotz der vielen Straßensperren… Wir
haben im Vorfeld viele Städte abgegrast.
Leipzig aber hat eine spezielle Architektur,
die nicht ohne Weiteres übersetzbar ist.
Hatten Sie zunächst den Anspruch, auch
den Leipziger Dialekt zu beachten?
A.D.: Für wichtige Nebenrollen schon. Bei
den Hauptrollen war klar, dass es nicht zu
leisten sein wird. Ich stehe auch inhaltlich
hinter der Entscheidung, nicht auf Sächsisch gedreht zu haben. Es hätte zu schnell
etwas Niedliches bekommen, zu viel volkstümelnden Dialektcharme. Trotzdem kommt
die Leipziger Tonlage vor, flankierend in
kleinen Rollen, beispielsweise bei der Lehrerin oder dem Kneiper.
INTERVIEW MIT ANDREAS DRESEN UND PETER ROMMEL
Andreas Dresen, in einem früheren Gespräch haben Sie gesagt, dass Sie stets
bestrebt sind, mit Ihrem erlernten Handwerk frei umzugehen. Was bedeutet das
für ALS WIR TRÄUMTEN?
A.D.: Man will mit jedem Film etwas mehr
über sich erfahren. Dieser hier hat extrem
viel Handwerk von mir verlangt. Ich habe
noch nie so viele Schubladen öffnen müssen. Es sind Laien dabei, gestandene Profis, Kinder. Jeder von ihnen erfordert in der
Arbeit eine andere Kommunikation. Es gibt
gepfefferte Zwischentitel, Genreelemente
ohne Ende, Boxkämpfe, wilde Autofahrten,
Prügeleien. Viele Szenen also, die schwer
zu managen sind und filmisch einiges erfordern, noch dazu historisch und in verschiedenen Zeitebenen. Dann gibt es wiederum
so viele zärtliche Momente, kleine Inseln
mit merkwürdigen Annäherungen, etwas
ganz und gar Entrücktes.
…ein Wechsel zwischen Wirklichkeit und
Träumen.
A.D.: Genau, es ist ein permanentes Spiel
mit Realem und Unrealem. Das alles war
anspruchsvoll wie nie und für mich der
Versuch, eine neue Stufe zu erklimmen,
weil es die Geschichte verlangt hat. ALS
WIR TRÄUMTEN erzählt von Anarchie. Warum soll dann nicht auch der Regisseur ein
wenig anarchisch erzählen? Es ist auch ein
kleines Epos, ich habe noch nie ein Epos
gemacht. Es sollte aber nicht getragen sein,
sondern schnell und ruppig.
P.R.: Es ist ein Dresen! Andreas ist behutsam und mutig den nächsten Schritt gegangen, ohne sich zu verraten. Er hat seinen
kontinuierlich aufgebauten Weg nicht verlassen und trotzdem eine mächtige Schippe
draufgelegt.
diese Treue zu erleben. Das alles verleiht
mir Glaube, Zuversicht und Hoffnung. Niemals ist es klar, dass der nächste gemeinsame Film entstehen kann. Ich kann nie
etwas versprechen, es gab immer wieder
kritische Momente, in denen irrwitzige Entscheidungen zu treffen waren. Aber da ist
dann Andreas, der sagt: Lass‘ es uns versuchen! Kunst und Arbeit, wie das Leben an
sich, sind immer ein Sich-Behaupten.
A.D.: Es gibt einfach bedingungsloses Ver-
Peter Rommel, durch ihre Filmographie
zieht sich vor allem ein Wort: Wagnis.
Woraus bestand das Wagnis bei ALS
WIR TRÄUMTEN?
P.R.: Inhaltlich gab es keins. Da war nur
Lust, sich der Kraft und Ehrlichkeit dieses
Buches hinzugeben und das filmisch rüberzubringen. Ein Wagnis waren eher die Kurzfristigkeit und die finanziellen Herausforderungen eines solchen Projekts.
Es ist das achte gemeinsame Dresen/
Rommel-Projekt. Was musste zwischen
Ihnen bestehen bleiben oder sich vielleicht neu entwickeln, um es zu realisieren?
P.R.: Freundschaft, tiefe Verbundenheit,
ich würde fast schon von Liebe sprechen.
Es ist ein Geschenk, nach so vielen Jahren
trauen zwischen uns. So als ob man auf die
Tanzfläche geht und es kommt ein geiles
Stück, das einen irgendwie trägt. Vielleicht
haben wir auch in vielen Jahren gelernt, uns
einige Fragen nicht zu stellen, sie einfach
nicht zuzulassen. Wir gehen miteinander
an Grenzbereiche und wenn wir sie spüren,
gehen wir trotzdem weiter, immer mit dem
Wissen, dass es auch scheitern kann.
P.R.: Wir hatten bislang Glück.
A.D.: Und sind eingebettet in eine Gruppe
von Menschen, die ähnlich herangehen, die
sich gestatten zu sagen, dass es eigentlich nicht zu schaffen ist und es trotzdem
machen. Sechzehn Stunden am Tag, wenn
es sein muss, mit dicken Augenrändern als
Lohn.
ALS ICH TRÄUMTE PERSÖNLICHE ERINNERUNG
ALS ICH TRÄUMTE + +
EINFACH JUNG - ALLES GETAN:
DIE GRENZENLOSE
Anna Lebahn, (45), Schauspielerin
Ich habe die Nacht des Mauerfalls in Wittenau verschlafen. So
ging‘s schon mal los. Und dann sah ich mit Schrecken die Massen an Ostbürgern, die Westberlin stürmten und jeden Grabbeltisch bei Woole klar machten, als ob es kein Morgen gäbe.
Wie die Tiere in der Sahara am Wasserloch, aber bei denen ist
es verständlich, weil, die haben wirklich Durst.
Dann bin ich mit meiner Freundin zusammen auf der Potsdamer Straße ins erstbeste Reisebüro gestürzt, um die Flucht
nach Südamerika fortzusetzten und buchte eine One-Way-Reise. Da blieb ich dann drei Monate, bis sich der erste Ansturm
gelegt hatte. Nach Ecuador kam noch kein Ostler, zum Glück.
In den 90er Jahren war ich jung und habe fast alles getan, was
ich wollte. Nee, alles getan, ist richtiger. Gefeiert, ausprobiert,
aufgehört, angefangen, und Geld war ja noch vorhanden, damals, zumindest war es nicht so teuer wie heute. Im Rückblick
war vieles leicht und ungezwungen. Vielleicht war ich auch
einfach jung.
INTERVIEW WOLFGANG KOHLHAASE + CLEMENS MEYER
INTERVIEW MIT WOLFGANG KOHLHAASE
UND CLEMENS MEYER
Beim Blick auf Ihre Biographien fällt
eines sofort auf: Sie sind beide im fast
gleichen Alter durch ein Land gelaufen,
das gerade ein System abgeworfen
hatte. Herr Kohlhaase, Sie waren vierzehn, als der Zweite Weltkrieg zu Ende
war, Herr Meyer, Sie waren zwölf beim
Fall der Mauer in der DDR…
WOLFGANG KOHLHAASE: Die Umstände sind
natürlich nicht platt vergleichbar. Aber als
ich ALS WIR TRÄUMTEN gelesen habe, fiel
mir ins Auge, dass es da gewisse Parallelen
gibt. Für mein Lebensgefühl war 1989 eine
Wendezeit, 1945 war es eine Zeitenwende.
Das kann nicht dasselbe sein. Dennoch:
Verhältnisse wurden völlig neu geordnet,
und alte Regeln galten nicht mehr. Pubertät
und Weltgeschichte fielen zusammen. Das
ist eine große und bleibende Erfahrung
gewesen. Alles, was danach kam, bis zum
heutigen Tag, kann ich nicht trennen von
diesem Frühling ’45.
CLEMENS MEYER: Es wäre vermessen zu
sagen, wir hätten 1989 eine ähnliche Zeitenwende erlebt. 1945 lag größeres Grauen hinter dem Land. Alles, was danach
kam, war erbaut auf den Knochen von Millionen. Das Zusammentreffen von Pubertät
und Geschichte aber, die eigene physische und psychische Umbruchsituation,
das war ähnlich. Darin habe ich auch eine
Chance gesehen, ALS WIR TRÄUMTEN von
einem erfahrenen Drehbuchautor in einen
Film umwandeln zu lassen. Von einem, der
eine solche Extremsituation selbst so oder
sogar noch besser kennt. Ich hatte Wolfgangs Arbeiten wie Berlin, Ecke Schönhauser gesehen, in denen auch besondere
Milieus beschrieben werden, obwohl ich
dieses Wort nur ungern benutze. Es sind
darin Figuren und Situationen zu finden, an
die ich mich erinnert fühlte: Jugendbanden, Haltlosigkeit, Mechanismen von Gewalt und Kleinkriminalität. Wolfgang könnte
ja mein Großvater sein, also hat er einen
ganz anderen Blick auf die Geschichte, er
hat die nötige Distanz und kann sich gleichzeitig in die Figuren einfühlen.
Ist das verbindende Element vielleicht
auch eine ungefilterte Gier nach Leben?
W.K.: Die Gier nach Leben habe ich nicht
als Gier reflektiert. Ich habe überhaupt
sehr wenig reflektiert, man fängt einfach an zu leben. Das Staunen nahm kein
Ende. Am 24. April 1945 kamen die Russen
nach Adlershof, die Berliner Ecke, in der
wir wohnten. Ich war vierzehn und hatte
an diesem Tag ein tausendjähriges Reich
überlebt. Uns war der Weltuntergang prophezeit worden, aber nach drei Tagen war
klar: Hier hört nichts auf, hier fängt etwas
an. Was vor mir lag, erschien mir unendlich. Die Normalität kam leise.
Was war »normal« in diesen Tagen und
Wochen?
W.K.: Das Tanzen beispielsweise. Es gab
bei uns einen Tanzsaal, aus dessen Fenstern Licht strömte. Menschen berührten
sich, es roch nach Frauen, denn meistens
tanzten Frauen mit Frauen, Männer gab es
ja kaum. Ich stand verwundert draußen.
Zwei oder drei Gleichaltrige konnten tanzen. Dass man das fürs Leben brauchen
würde, hatte ich nicht geahnt. Ich dachte
bestürzt: Bin ich jetzt verloren, nur weil ich
nicht tanzen kann? Und warum können es
die anderen? Weil sie eine ältere Schwester hatten und ich nicht! Das mit den vier
Sektoren in Berlin, dem Schwarzmarkt,
all das war fortan eher normal. Man passt
sich an mit vierzehn. Man kann aus allem
etwas machen.
Wobei das ja wieder eine direkte Parallele zu ALS WIR TRÄUMTEN wäre.
W.K.: Ja, das sprunghafte Freisetzen von
Lebensenergie.
C.M.: Wolfgang sprach vom unreflektierten
Wahrnehmen. Genau das tun die Figuren im
Roman ja auch. Plötzlich sind die Jungs von
INTERVIEW WOLFGANG KOHLHAASE + CLEMENS MEYER
Möglichkeiten umgeben, die sie einfach nur
mitnehmen. Es ist viel zu viel auf einmal,
aber sie machen es. Sie wollen Spaß haben, so profan es klingen mag. Man raucht,
man trinkt, probiert sich aus, will Frauen
imponieren. Geschwindigkeit reizt, da sind
plötzlich Autos, also werden sie aufgebrochen. Aber schon bald fällt in die Jugend
auch der Tod ein. Durch die Unfälle mit diesen Autos, durch Drogen. Trotzdem würden diese Jungs immer wieder sagen, dass
es ihre schönste Zeit gewesen ist.
Herr Kohlhaase, von Ihnen stammt das
Zitat: »Was man in den ersten zehn Lebensjahren aus dem Küchenfenster
sieht, bleibt immer wichtig.« Stimmt das
auch für Sie, Herr Meyer?
C.M.: Natürlich! Kindheit ist absolut prägend. Da laufen biochemische Prozesse
ab, die wir gar nicht steuern können: Wie
etwas roch oder sich anfühlte, was wir
schlussendlich davon mitgenommen haben. Ich kann mich an unglaublich vieles
erinnern, das zwischen meinem achten
und zwölften Lebensjahr passiert ist. Auch
deshalb bin ich Schriftsteller geworden.
Ging es beim Schreiben von ALS WIR
TRÄUMTEN vor allem um die literarische
Form, weil Sie vieles davon selbst erlebt
hatten und große Recherche nicht nötig
war?
C.M.: Ich würde nicht sagen, dass ich vie-
les unbedingt selbst erlebt habe. Dieser
Rausch von 1990 bis 1995 war aber auch
für mich eine prägende Zeit. So habe ich
ALS WIR TRÄUMTEN immer als große
Chance gesehen, die unreflektierten Wahrnehmungen von damals, all das Rohe, aber
gleichzeitig auch das Zärtliche einzufangen, diesen speziellen Mikrokosmos der
Jungs im Makrokosmos, diese sehr eigenen Energien. Es ging in den Jahren von
1999 bis 2005, als ich am Roman gearbeitet habe, wirklich um das Fundament für
die literarische Form und das Konstruieren
von Figuren. Solch ein Buch schöpft aus
vielen Elementen, einiges hat man gehört,
anderes gesehen. Einige Fragmente hat
es wirklich gegeben: Zeit und Umstände,
das Viertel, Interieur. Trotzdem muss ein
Roman universell funktionieren. Es ist kein
»Ost-Buch«, das man nur dort versteht,
sondern eine Geschichte über Freundschaft, Liebe und Verrat nach großen gesellschaftlichen Umwälzungen.
Herr Kohlhaase, kannten Sie ALS WIR
TRÄUMTEN schon vor der Arbeit am
Drehbuch?
W.K.: Gelesen habe ich das Buch, als ich
wusste, dass Andreas Dresen und Peter
Rommel darüber nachdachten, einen Film
daraus zu machen. Vorher hatte ich davon
nur gehört.
Was war für Sie die Essenz des Romans?
W.K.: Interessiert haben mich die Figuren
und die Sprache. Nicht nur im Thema, auch
in der Erzählweise herrscht kunstvolle Anarchie. Motive schoben sich in- und übereinander, es gab Rückblenden, Zeitsprünge,
ganze Komplexe, die nicht eindeutig zu gliedern waren. Mit einer braven Erzählweise
hätte man im Film die Wildheit des Romans
verloren. Es gibt ja Prosa, die kinoähnlich
strukturiert ist, andere Prosa achtet darauf, nicht verfilmbar zu sein, und sie ist
keinesfalls die schlechtere.
Es gibt für Sie also die Unverfilmbarkeit von Literatur?
W.K.: Ja, das könnte sein. Sprache ist eine
eigene Nachricht. Es gibt Prosa, die so
wunderbar verschränkt einen Vorgang beschreibt, dass ich sagen würde: Lass‘ die
Finger davon, es kann nicht besser werden, als es ist! Wer ein Buch liest, nimmt
das Gelesene mit in die Fantasie. Man kann
vor- und zurückblättern. Im Kino will der
Zuschauer, wenn das Licht wieder angeht,
wissen, was er soeben gesehen hat. Ein
Film muss einen verbindlichen Vorschlag
machen, er muss sich in einem vorgegebenen Zeitmaß dem eigens dafür erschienenen Publikum verständlich machen. Das
waren Schwierigkeit wie Reiz bei ALS WIR
TRÄUMTEN. Was leicht zu verstehen ist,
muss kurz erzählt werden, damit man sich
nicht langweilt. Was schwerer zu verstehen ist, muss so ausführlich wie nötig erzählt werden. Clemens Meyers Tonlagen
schienen mir manchmal auch amerikanisches Kino zu zitieren.
Herr Meyer, stimmt das?
C.M.: Natürlich, ich bin ja großer Filmfan.
Film ist für mich, nach der Literatur, die
zweite große Kunstform, die ich bewunde-
re: Rocco und seine Brüder von Visconti,
Mean Streets von Scorsese, Es war einmal
in Amerika von Leone, aber auch US-amerikanischer B-Film noir, all die Boxerfilme –
vieles dieser Art wird im Buch nur skizziert
oder ist Rahmen im Rahmen.
Wann haben Sie beide sich persönlich
kennengelernt?
C.M.: Als das Drehbuch schon relativ weit
fortgeschritten war. Ich habe schnell gespürt, dass Wolfgang diese, wie er sagt,
kunstvolle Anarchie erhalten wollte. Da
war ich guter Dinge, er ist ja einer der besten Drehbuchautoren im Land. Ich wusste,
man muss einen Rausch an Motiven und
Bildern erzeugen, die zusammengehören,
alles muss offen sein und gleichzeitig stringent. Es ist eine Gratwanderung, weil man
immer wieder radikale Entscheidungen
treffen muss, um den Roman zu verlassen
und sich voll und ganz auf das Drehbuch zu
konzentrieren. Ich kann nach dem Sichten
des Films sagen, dass meine Hoffnungen
nicht enttäuscht wurden.
Hat es in Ihnen trotzdem rumort, dieses Drehbuch selbst zu schreiben?
Gab es zuvor andere Versuche, eine Kinoversion des Buches zu erschaffen?
C.M.: Ja, aber sie haben mich alle nicht
überzeugt. Bei Kohlhaase und Dresen habe
ich sofort gespürt, dass es um den Geist
des Romans und um eine echte Transformation fürs Kino geht. Eher lustigerweise
habe ich manchmal schon beim Schreiben
daran gedacht, wie es wohl wäre, wenn
das Buch verfilmt werden würde. Ich habe
tatsächlich eine Mappe mit der Aufschrift
»Als wir träumten – Kino-Ideen« daheim.
Da ist aber nur ein einziger Zettel drin mit
drei Sätzen drauf…
Wie geht es Ihnen mit Strängen, die im
Film fehlen? Der Fußball zum Beispiel,
Chemie Leipzig?
C.M.: Fußball ist ja irgendwie doch drin,
sei es mit einem Tattoo oder einem Wimpel! Es mussten radikale Entscheidungen
her, was das Kürzen betrifft, das war mir
von vornherein klar. Im Buch kann ich mir
schnell mal 30 Seiten Zeit nehmen, um
auszuerzählen. Das geht im Film nicht, und
vielleicht ist es für die Leitmotive auch gar
nicht wichtig. Entscheidend ist nicht, was
fehlt, sondern was drin ist.
C.M.: Bei ALS WIR TRÄUMTEN komischer-
weise nicht, an anderen Drehbüchern habe
ich ja schon gearbeitet. Ich dachte immer,
dass ich hier noch zu nah dran bin, dass ich
mehr Distanz brauche, weil es mir noch zu
schwerfallen würde, Figuren zu verändern,
an denen ich hänge. Ich habe es eher als
Chance gesehen loszulassen und von außen zu sehen, ob der Stoff stark genug ist.
Wolfgang Kohlhaase, Sie haben wiederum auch Szenen geschrieben, die es
im Buch nicht gibt. Was braucht man
dafür? Besonderen Respekt, Mut zum
Risiko?
W.K.: Respekt habe ich vor dem Roman insgesamt. Wenn der Schluss aber nicht fürs
Kino taugt, nur beispielsweise, dann suche
ich nach einem neuen. Dialoge sind eine
Mischung aus Gefundenem und Erdachtem.
Ich muss an die Chance des Schauspielers
denken, Figuren müssen Rollen sein. Ich
muss mich im Material frei bewegen können. Das macht man ja nicht, um die Vorlage zu verraten, sondern um ihr auf einem
anderen Weg nahezukommen. Als wir uns
mit Clemens trafen, baten wir ihn, glaube
ich, uns seine Hoffnungen mitzuteilen – und
die Befürchtungen zu verbergen (lacht)…
C.M.: Ich erwarte regelrecht, dass jemand,
der ein Buch transformiert, dort reinhaut
und umbaut. Alles andere wäre uninteressant. Durch meine Arbeit am Theater
kenne ich das. Voraussetzung ist, dass der
Stoff stark genug ist, um es auszuhalten.
Schlimm wäre die reine Illustration.
Wie sehen Sie beide ALS WIR TRÄUMTEN
in der Reihe der Andreas-Dresen-Filme?
C.M.: Ich kenne Andreas und seine Filme schon lange. Er ist einer der wenigen
Regisseure im deutschen Kino, der eine
Handschrift hat. Mit ALS WIR TRÄUMTEN
hat er aber, glaube ich, noch einmal etwas
ganz Eigenes erschaffen. Das wird Spuren
hinterlassen, da bin ich mir sicher.
W.K.: Der Kontrast zwischen Laut und Leise
ist radikaler als sonst. ALS WIR TRÄUMTEN
hat die genauen, stillen Momente, die immer da sind bei Andi. Und er ist voller Bewegung und Gewalt.
ALS ICH TRÄUMTE PERSÖNLICHE ERINNERUNG
ALS ICH TRÄUMTE + +
DIE ZEIT STAND STILL
DIE HOFFENDE
Franka Kühn (46), Pressesprecherin
Ein Land hatte sich selber abgeschafft und hinterließ seine Menschen ohne einen Abschiedsgruß.
Beinahe nichts blieb. Außer Erinnerungen. Millionen
hatten die DDR verlassen. Getrieben von einer tiefen Hoffnungslosigkeit. Zurück blieb die Leere. Der
Staub des Zerfalls lag über dem Land wie ein grauer
Schleier. Es konnte nur besser werden. Die Zukunft
lag westwärts. Im Osten stand die Zeit still. Und niemand konnte sich vorstellen, dass dieser Zustand
nicht von Dauer sein würde.
JENS QUANDT - MUSIKBERATUNG
Music-Supervisors, zu Deutsch: Musikberater, sind ja so etwas wie die musikalischen Trüffelschweine und manchmal auch
Fettabscheider in einem Film. Sie suchen,
finden, filtern und klären die passenden
Musiktitel, wobei eine enge Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Regisseur und Produzenten unerlässlich ist.
DIE FILMMUSIK
Das Schöne an der Konstellation mit
Andreas, wie auch Peter Rommel, ist in
dieser Hinsicht die große Vertrautheit. Wir
wissen recht genau, wie der jeweils andere
tickt, nicht zuletzt musikalisch. Schön ist
aber auch, dass die musikalische Witterung bei Filmen mit Andreas stets frühzeitig
vor Beginn der Dreharbeiten aufgenommen
wird. Nicht nur der Musik direkt in Szenen
wegen, die ja beim Dreh immer schon klar
sein muss (diesmal beispielsweise die beim
Strip, im Supermarkt oder auf dem Schulhof), sondern auch, weil Andreas gern bereits mit einem »ersten Klang des Films«
zum Drehort fährt.
»In den Neunzigern ist Techno komplett an mir
vorbei gegangen, ich war mehr so der Gitarren-Typ. Die ganze Clubszene habe ich erst
mit einiger Verzögerung für mich entdeckt.
Deswegen war gerade die musikalische
Ebene unseres Filmes für mich die größte
Herausforderung. Ich habe jede Menge tolle
Tracks gehört, auch durch meine Freundin,
die sich in der Szene sehr gut auskennt. Die
Musik im Film ist nur dort historisch, wo sie
›innerszenisch‹ benutzt wird, ansonsten haben wir uns die Freiheit genommen, auch modernere Stücke und Sounds zu verwenden,
wie beispielsweise den wunderbaren Track
›A New Error‹ von Moderat, der ja fast etwas
Psychedelisches hat.«
ANDREAS DRESEN
Nach dem Lesen von Clemens‘ Roman und
Wolfgangs Drehbuch wurden bei mir natürlich eigene musikalische Erinnerungen
wach. Zwar bin auch ich eher der frei gespielten Stromgitarre als dem fest programmierten Beat zugetan, gleichzeitig aber fiel
mein eigener Start ins Berufsleben genau
in jene Zeit, in der Techno durch die Decke
ging. Noch als Musikwissenschaftsstudent
an der Humboldt-Uni war ich gleichzeitig
bereits Moderator und Musikredakteur bei
DT64, dem reichweiten-stärksten Jugendradio Deutschlands. Einer meiner damals
Wirklichkeit gewordenen Träume!
Um Andreas für den Film »einzugrooven«,
gab ich ihm für sein Auto ein paar Vortex-Mixtapes aus dem »Eastside« mit. Die
hatte ich von Mario Giebel, bekannt als DJ
Begbie und in den Neunzigern im »Eastside« das, was man den »Resident-DJ« eines Clubs nennt. Mario und ich empfahlen
uns gegenseitig Tracks und fachsimpelten
selbstverständlich endlos. Gleichzeitig rief
ich bei Marusha an. Wir kennen uns seit
dem Start ihrer eigenen Show »Dancehall«
im November 1990 bei DT64, der ersten
regulären Techno-Sendung im deutschen
Radio. Mit ihr über jene Zeit und Musik zu
reden ist so, als lege man einen Schalter
von schwarz-weiß auf bunt um.
Parallel dazu - und immer noch vor dem Beginn der Dreharbeiten - hörte Andreas erste aktuellere Elektro-Tracks, darunter » A
New Error « von Moderat. Dieser gefiel ihm
so gut, dass ich beschloss nachzulegen.
So gerieten unter anderem Trentemøllers
» Nightwalker « oder auch der Remix von
Josh Winks Techno-Klassiker » Higher State of Consciousness « ins Rennen. Bereits
in dieser Phase begann der Film auf interessante Art musikalisch zu changieren. Am
Ende stimmen alle »innerszenischen« Ebenen historisch, gleichzeitig gibt es durch
die Verwendung aktueller Elektro-Tracks
als Score fließende Übergänge hinein ins
»Außerszenische«. Am deutlichsten wird
dies anhand von zwei Marusha-Tracks:
ihrer ersten Single » Rave Channel « von
1992, und » Club Arrest «, dem Title-Track
ihres 2012er Albums. Beide Stücke hört
man in »Eastside«-Szenen, den einen »innerszenisch«, den anderen als Score, also
»außerszenisch«. Für mich ein schöner
Brückenschlag letztendlich über zwanzig
Jahre, aus der Vergangenheit bis in die
Gegenwart. ALS WIR TRÄUMTEN bleibt so
nicht nur in seiner Zeit. Vielleicht ein wenig
platt, aber: Auch heute wird (musikalisch)
geträumt!
Noch während der Dreharbeiten meinte
Andreas, dass wir vermutlich auch mit einem Score-Komponisten arbeiten müssten. Es schwirrten erste Namen durch den
Raum. Am Ende blieb es jedoch ein weiteres Mal bei seinem Prinzip: Lieber nichts
auf die Bilder komponieren lassen, sondern
Bestehendes suchen, was durch einen
eigenen Charakter dem Gedrehten souverän entgegentritt. Diese Musik fand er auf
verschiedenen CDs des britischen Komponisten Max Richter, der seit Jahren selbst
immer wieder interessante klangvoll-farbige, gefühlvoll-musikalische Verbindungen
zwischen klassischen und elektronischen
Elementen schafft. Nichts anderes hätte
gepasst.
»ES WAR WIRKLICH DIE SCHÖNSTE ZEIT«
MARIO GIEBEL, ALS DJ BEGBIE MITGRÜNDER
DES ECHTEN LEIPZIGER »EASTSIDE«
DIE FILMMUSIK
Wie haben Sie die »Wendezeit« wahrgenommen?
Ich war mit meinen Eltern oft in Ungarn,
auch im Sommer 1989. Wir hatten Westbekannte, mit denen wir uns dort getroffen
haben, und die haben gesagt: »Macht euch
keine Sorgen, im nächsten Sommer könnt
ihr uns besuchen.« Dann ist noch mein Onkel abgehauen, das alles war also in unserer Familie ein Thema. Meine Eltern haben
mich im Herbst auch zu den Montagsdemos mitgenommen.
Welche Erinnerungen haben Sie daran?
Vor allem eine: Ich sah die Leuchtwerbung
für die Zeitung »Neues Deutschland« am
Leipziger Augustusplatz. Die fing an zu
blinken, während die Reden gehalten wurden. Und die Leute riefen: »Ja, das wollen
wir! Ein neues Deutschland!« Als 13-Jähriger habe ich kapiert, dass hier etwas Großes passiert.
Wie ging es in den Neunzigern mit Ihnen
weiter?
auf der Straße befragt, also die Zeit ziemlich gut reflektiert und die Freiheit genossen.
Wie wurden Sie zu DJ Begbie?
Seit 1992 habe ich mich mit Techno beschäftigt und war sofort davon begeistert. Ein Jahr später las ich in der Zeitung,
dass es in Leipzig zwei Techno-Clubs gibt.
Da habe ich natürlich aufgehorcht, bin zu
meinem Vater und hab‘ gesagt: »Papa, ich
muss mir das mal ansehen!« Ich war fünfzehn. Mein Vater sprach: »Gut, geh‘ da hin,
aber ich hole dich um zwei ab!« Er ist Taxi
gefahren …
Wie sah es in diesem Club aus?
Mein Kumpel und ich sind erst mal gegen
eine Nebelwand gelaufen. Dann sahen wir
all die zuckenden Leiber, das Stroboskop,
den DJ mitten auf dem Dancefloor – wir
waren absolut hin und weg. Ich wollte sofort DJ werden, habe mir dann nach und
nach Platten und die Technik besorgt.
Wann wurde das »Eastside« gegründet?
Ich war ja mit Clemens (Meyer) seit der 1.
Klasse zusammen in der Schule. Zu zweit
haben wir eine Schülerzeitung gegründet
und sie »DAS« genannt, »Die andere Schülerzeitung«. Wir haben vor allem die Leute
Im November 1994. Wir haben uns im Gelände einer alten Getriebefabrik die Location herausgesucht, Anlage und Plattenspieler für diesen einen Abend ausgeliehen und
losgelegt. Es waren nur 30 Mann da, aber
es hat funktioniert. Das lief bis 1997. Die
Polizei kam zwar ab und an, doch sie unternahm nichts. Nach 2000 haben wir noch
ein paar legale Revivals gestartet, aber die
illegale Zeit im »Eastside« war wirklich die
schönste. Viele Leipziger erinnern sich
noch heute daran.
ALS WIR TRÄUMTEN thematisiert auch
Drogen und die rechte Szene. Wie lief
das »in echt«?
Den Zwischenfall mit den so genannten
Glatzen gab es. Die wollten wirklich ihr Geld
zurück, weil es ihnen nicht gefallen hatte
und sagten nur: Wir kommen wieder! Was
sie dann auch taten. Der DJ ist mitsamt
seinen Platten abgehauen, wir haben uns
hinter den Boxen versteckt. Es gab Randale, sie haben uns die Bar umgeschmissen,
Flaschen kaputtgehauen. Das war aber
nur einmalig. Und Drogen? Probleme damit
gab es natürlich. Auch wir haben einen aus
unserer Clique verloren. Selbst ich habe
einiges genommen, wir sind schließlich
am Wochenende immer unterwegs gewesen, sind von Party zu Party gezogen. Aber
auch das war eine schöne Zeit, ich kann
es nicht anders sagen. Denn dabei sind
Freundschaften entstanden, die bis heute
Bestand haben.
ALS ICH TRÄUMTE PERSÖNLICHE ERINNERUNG
ALS ICH TRÄUMTE + +
WESSI SEIN AUF KRAMPF:
DER AUSGEREISTE
Ivo-Alexander Beck (50), Filmproduzent
Nach meiner Flucht aus der DDR, wo ich in Jena Germanistik und Kunstwissenschaften studierte, war die
Zeit extrem zwiegespalten. Bis zur Wende wurde ich
als ehemaliger Ossi im Westen neugierig befragt und
vielfach unterstützt, ich genoss die Zeit einer scheinbar
unbegrenzten Freiheit und bin bis heute dankbar dafür.
Nach dem Fall der Mauer wurde meine Herkunft skeptischer hinterfragt. Bei mir äußerte sich das schließlich
in Verleugnung meiner DDR-Vergangenheit. Ich wollte krampfhaft Wessi sein. So gewöhnte ich mir meinen Berliner Dialekt ab, weil ich dachte, sonst sofort
als Ostdeutscher erkennbar zu werden. Aus der DDR
zu kommen, hatte auf einmal einen Makel, den ich am
liebsten verschwiegen hätte. Es hat eine Zeit gedauert,
bis ich mich davon freimachen konnte.
ANDREAS DRESEN – REGIE
Andreas Dresen, 1963 in Gera geboren,
kommt aus einer Theaterfamilie und drehte
bereits ab 1979 erste Amateurfilme. 1984/85
war er Tontechniker am Schweriner Theater,
anschließend absolvierte er ein Volontariat im DEFA-Studio für Spielfilme. Er arbeitete als Regieassistent bei Günter Reisch.
1986-1991 studierte Dresen Regie an der
Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad
Wolf« in Potsdam-Babelsberg. Seit 1992 arbeitet er als freier Autor und Regisseur. Er
lebt in Potsdam und ist Mitglied der Akademie der Künste, der Europäischen Filmakademie sowie Gründungsmitglied der Deutschen Filmakademie.
FILMOGRAPHIE (AUSWAHL)
2015
ALS WIR TRÄUMTEN
2013 16 X DEUTSCHLAND – (EPISODE: BRANDENBURG)
2012 HERR WICHMANN AUS DER DRITTEN REIHE
2011 HALT AUF FREIER STRECKE
2009 WHISKY MIT WODKA
2008 WOLKE 9
2005
SOMMER VORM BALKON
2005WILLENBROCK
2002 HERR WICHMANN VON DER CDU
2002 HALBE TREPPE
1999NACHTGESTALTEN
1997 RAUS AUS DER HAUT
1994 DAS ANDERE LEBEN DES HERRN KREINS
1992 STILLES LAND
Sein Spielfilmdebüt Stilles Land (1992), eine
Tragikomödie über die Wendeereignisse
in der ostdeutschen Provinz, brachte ihm
bereits den Hessischen Filmpreis und den
Deutschen Kritikerpreis ein. Es folgten einige preisgekrönte TV-Arbeiten, darunter
das Aufsehen erregende Drama Raus aus
der Haut (1997) über zwei Schüler, die ihren
parteihörigen Direktor entführen. Mit seinem
Episodenfilm Nachtgestalten erlebte Dresen
auf der Berlinale 1999 seinen Durchbruch –
der Film wurde unter anderem mit dem Deutschen Filmpreis in Silber ausgezeichnet. Für
seinen nächsten Film Die Polizistin (2000),
der den Weg einer jungen, idealistischen Polizeianwärterin in Rostock nachzeichnet, bekam Dresen den Grimme-Preis in Gold.
Seinen bis dahin größten Erfolg konnte er
zwei Jahre später mit Halbe Treppe feiern:
Die komplett improvisierte Tragikomödie
über zwei Paare in Frankfurt Oder wurde zu
einem weltweiten Publikumsliebling und gewann zahlreiche Auszeichnungen – darunter
der Silberne Bär bei den Berliner Filmfestspielen, der Bayerische Filmpreis sowie der
Deutsche Filmpreis in Silber. Seinem Dokumentarfilm Herr Wichmann von der CDU
(2003) folgte im März 2005 Willenbrock,
Dresens Leinwand-Adaption des gleichnamigen Romans von Christoph Hein. Im Januar
2006 kam die Tragikomödie Sommer vorm
Balkon ins Kino, die im selben Jahr mit dem
Ernst-Lubitsch-Preis ausgezeichnet wurde.
Dresen erhielt unter anderem den Bayerischen Filmpreis als bester Regisseur, und
Autor Wolfgang Kohlhaase wurde bei den
Filmfestspielen von San Sebastián für das
Beste Drehbuch ausgezeichnet.
2011 war Andreas Dresen mit Halt auf freier
Strecke bei den internationalen Filmfestspielen von Cannes vertreten. Das Drama
um einen Familienvater, der unheilbar an
Krebs erkrankt, wurde dort mit dem Hauptpreis der Sektion, dem Prix Un Certain Regard, ausgezeichnet. Die Deutsche Filmakademie zeichnete Halt auf freier Strecke
mit vier Lolas in den Kategorien Bester Film
(Lola in Gold), Bester Hauptdarsteller (Milan
Peschel), Bester Nebendarsteller (Otto Mellies) und Beste Regie aus. Ferner erhielt er
den Bayerischen Filmpreis in den Kategorien
Schauspiel (Milan Peschel und Steffi Kühnert) und den Produzentenpreis (Peter Rommel) sowie den Preis der deutschen Filmkritik in den Kategorien Bester Film und Bester
Darsteller (Milan Peschel).
Wolke 9, ein improvisiertes Drama über Liebe und Sexualität im Alter, lief 2008 in den
deutschen Kinos. Der Film gewann unter anderem den Jurypreis Coup de Coeur in der
Reihe Un Certain Regard bei den Filmfestspielen in Cannes und den Hauptpreis des
Festivals in Trieste. Bei der Verleihung des
Deutschen Filmpreises wurden Ursula Werner als Beste Hauptdarstellerin und Andreas
Dresen als Bester Regisseur ausgezeichnet.
Wolke 9 erhielt zudem beim Deutschen Filmpreis die Lola in Bronze in der Hauptkategorie Bester Film.
Am Theater inszenierte Andreas Dresen
zum ersten Mal 1996: Goethes Urfaust am
Staatstheater Cottbus. Es folgten weitere
Theaterarbeiten, unter anderem am Schauspiel Leipzig sowie am Deutschen Theater
Berlin, wo der Regisseur im Jahr 2002 die
Uraufführung seines eigenen Theaterstücks
Zeugenstand sowie im April 2006 Horvaths
Kasimir und Karoline inszenierte. Im Februar 2006 feierte in Basel seine erste Opernregie erfolgreich Premiere: Mozarts Don
Giovanni.
In Whisky mit Wodka (2009) beleuchtete
Andreas Dresen auf komödiantische Weise
das Filmmetier und die Eigenheiten und Eitelkeiten der Branche. Der Film wurde auf dem
Filmfestival Karlovy Vary mit dem Preis für
die Beste Regie ausgezeichnet.
Seit Ende 2012 ist Andreas Dresen auch
Verfassungsrichter im Land Brandenburg.
2015 wird Dresen mit seinem neuen Film ALS
WIR TRÄUMTEN nach 1999 (Nachtgestalten)
und 2002 (Halbe Treppe) zum dritten Mal im
Wettbewerb der Berlinale vertreten sein.
PETER ROMMEL – PRODUKTION
FILMOGRAPHIE (AUSWAHL)
2015
2013
2013
2013
2012
2012
2011
2011
2008
2006
2006
2005
2003
2003
2002
2001
2001
1999
1998
1995
ALS WIR TRÄUMTEN (Regie: Andreas Dresen)
FEUCHTGEBIETE (Regie: David Wnendt)
ALPHABET ( Regie: Erwin Wagenhofer)
LA TERCERA ORILLA (Regie: Celina Murga)
UND WENN WIR ALLE ZUSAMMENZIEHEN (Regie: Stéphane Robelin)
SOHNEMÄNNER (Regie: Ingo Haeb)
HALT AUF FREIER STRECKE (Regie: Andreas Dresen)
STUTTGART 21 – DENK MAL! (Regie: Lisa Sperling & Florian Kläger)
WOLKE 9 (Regie: Andreas Dresen)
SEHNSUCHT (Regie: Valeska Grisebach)
OPEN WATER 2 (Regie: Hans Horn)
SOMMER VORM BALKON (Regie: Andreas Dresen)
SIE HABEN KNUT (Regie: Stefan Krohmer)
ISLANDFALKEN (Regie: Fridrik Thór Fridriksson)
HALBE TREPPE (Regie: Andreas Dresen)
ENGEL DES UNIVERSUMS (Regie: Fridrik Thór Fridriksson)
LOST KILLERS (Regie: Dito Tsintsadze)
NACHTGESTALTEN (Regie: Andreas Dresen)
DEVIL’S ISLAND (Regie: Fridrik Thór Fridriksson
MOVIE DAYS (Regie: Fridrik Thór Fridriksson)
Peter Rommel, geboren 1956 in Stuttgart,
arbeitete nach seiner Buchhändlerlehre
sechs Jahre lang beim Berliner Weltvertrieb und Verleih Ex Picturis. 1993 wechselte er mit der Gründung von Peter Rommel Productions (jetzt Rommel Film) auf
die Produzentenseite, um zunächst internationale Kino-Koproduktionen wie z.B.
Movie Days (1994), Sweety Barrett (1998)
und Devil’s Island (1998) herzustellen.
Der Spielfilm Nachtgestalten von Regisseur Andreas Dresen war 1999 Rommels
erste eigenentwickelte Kinoproduktion,
aus deren Referenzmitteln er im Jahr 2002
Halbe Treppe produzierte. Beide Arbeiten
mit Andreas Dresen erhielten den Silbernen Bären der Berlinale, den Deutschen
Filmpreis sowie zahlreiche weitere, internationale Auszeichnungen. In dritter
Zusammenarbeit mit Dresen entstand im
Jahr 2005 Sommer vorm Balkon. Der Film
wurde in San Sebastian mit dem Preis der
Jury für das Beste Drehbuch prämiert und
erhielt den Bayerischen Filmpreis für Beste Regie sowie den Silver Hugo Award für
Beste Hauptdarstellerinnen beim internationalen Filmfest von Chicago. 2008 folgte
Wolke 9, der unter anderem mit dem Prix
Un Certain Regard / Coup de Coeur beim
Festival de Cannes ausgezeichnet wurde.
Der Film gewann außerdem den Bayerischen Filmpreis in den Kategorien Beste
Darstellerin und Bildgestaltung sowie drei
Deutsche Filmpreise für Besten Film, Beste Regie und Beste Hauptdarstellerin. 2011
feierte Dresens Halt auf freier Strecke
seine Welt-Uraufführung auf dem Filmfestival in Cannes und wurde dort mit dem
Hauptpreis der Sektion Un Certain Regard
ausgezeichnet. Außerdem erhielt der Film
gleich vier Deutsche Filmpreise in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bester
Hauptdarsteller und Bester Nebendarsteller.
2013 wurde die Verfilmung des Romanbestsellers Feuchtgebiete von Charlotte
Roche (Regie: David Wnendt) im Wettbewerb des Locarno Filmfestivals uraufgeführt und anschliessend in die World Cinema Dramatic Competition des Sundance
Film Festivals eingeladen. Mit über 1 Millionen Zuschauern allein im deutschsprachigen Raum, wurde der Film zu einem veritablen BoxOffice-Hit.
Im selben Jahr feierte die deutsch-österreichische Koproduktion Alphabet von Erwin Wagenhofer auf dem Dokumentarfilm-
festival in Amsterdam seine Weltpremiere
und erwies sich besonders in Deutschland
und Österreich auch an der Kinokasse als
Erfolg. 2014 wurde die argentinisch-deutsche Koproduktion La tercera orilla (Regie: Celina Murga) im Rahmen der Wettbewerbssektion der Berlinale uraufgeführt.
1996 gründete Peter Rommel zudem die
Stuttgarter Filmproduktion Home Run Pictures, mit der unter anderem die Kino-Koproduktionen Drei Herren (1999, Regie:
Nikolaus Leytner), Henker (2005, Regie:
Simon Aeby) und federführend Lost Killers
(2001, Regie: Dito Tsintsadze) sowie Stefan Krohmers Kinodebüt Sie haben Knut
(2003) und Valeska Grisebachs Sehnsucht
(Wettbewerbsteilnehmer der Berlinale
2006) realisiert wurden. Unter Beteiligung
von Home Run Pictures und Rommel Film
entstand die französisch-deutsche Koproduktion Und wenn wir alle zusammenziehen (2012, Regie: Stéphane Robelin) mit
Daniel Brühl, Pierre Richard, Geraldine
Chaplin und Jane Fonda.
Peter Rommel ist leitender Dozent für das
Fach Produktion an der Deutschen Filmund Fernsehakademie Berlin.
WOLFGANG KOHLHAASE – DREHBUCH
FILMOGRAPHIE (AUSWAHL)
2015
2011 2009 2006 2000 1991
1989
1985
1984
1983 1980 1968 1961 1956 ALS WIR TRÄUMTEN (Regie: Andreas Dresen)
I PHONE YOU (Regie: Don Tang)
WHISKY MIT WODKA (Regie: Andreas Dresen)
SOMMER VORM BALKON (Regie: Andreas Dresen)
DIE STILLE NACH DEM SCHUSS (Regie: Volker Schlöndorff)
BEGRÄBNIS EINER GRÄFIN (Regie: Heiner Carow)
DER BRUCH (Regie: Frank Beyer)
DIE ZEIT, DIE BLEIBT (Regie: Lew Hohmann)
DIE GRÜNSTEIN-VARIANTE (Regie: Bernhard Wicki)
DER AUFENTHALT (Regie: Frank Beyer)
SOLO SUNNY (Regie: Konrad Wolf, Wolfgang Kohlhaase)
ICH WAR NEUNZEHN (Regie: Konrad Wolf)
DER FALL GLEIWITZ (Regie: Gerhard Klein)
BERLIN – ECKE SCHÖNHAUSER (Regie: Gerhard Klein)
Wolfgang Kohlhaase wurde 1931 in Berlin geboren. 1947 begann er als Volontär
und Redakteur bei der Jugendzeitschrift
»Start« und der Tageszeitung »Junge
Welt«. Von 1950 bis 1952 arbeitete er als
Dramaturg bei der DEFA, danach als freischaffender Schriftsteller, Drehbuchautor
und Regisseur. Bereits für seinen zweiten Film arbeitete
er mit dem Regisseur Gerhard Klein zusammen. Eine kreative Verbindung aus der
unter anderem Berlin – Ecke Schönhauser
(1956) entstand, einer der wichtigsten DEFA-Filme der 1950er Jahre. Mit den Drehbüchern für Kleins Berlin-Filme, aber auch
für Filme von Konrad Wolf und Frank Beyer,
hat Wolfgang Kohlhaase das Filmschaffen
der DEFA entscheidend geprägt. Der Film
Solo Sunny (1980), für den Kohlhaase auch
die Co-Regie übernahm, erhielt den Silbernen Bären bei der Berlinale 1980 und wurde zum Kultfilm der DDR.
(2005) war der Beginn einer langjährigen
Zusammenarbeit der beiden. 2009 verfasste Kohlhaase das Drehbuch zu Whisky mit Wodka , 2015 folgt mit ALS WIR
TRÄUMTEN nun die dritte gemeinsame
Arbeit.
Auch nach dem Fall der Mauer haben Kohlhaases Werke nicht an Bedeutung verloren. So schrieb er unter anderem das
Drehbuch zu Volker Schlöndorffs RAF-Drama Die Stille nach dem Schuss , das im
Jahr 2000 seine Premiere im Wettbewerb
der Berlinale feierte.
Wolfgang Kohlhaase erhielt zahlreiche
Auszeichnungen, unter anderem drei Nationalpreise der DDR, den Prix Italia, den
Drehbuchpreis des Chicago-Filmfestivals,
den Helmut-Käutner-Preis, den Ernst-Lubitsch-Preis, den Goldenen Ehrenbären der
Berlinale und die LOLA der Deutschen Filmakademie für sein Lebenswerk. Seit 1972
ist er Mitglied der Akademie der Künste. Er
lebt und arbeitet in der Nähe von Berlin.
Kohlhaases Drehbuch zu Andreas Dresens
Berlin-Komödie Sommer vorm Balkon
CLEMENS MEYER - ROMANVORLAGE
BIBLIOGRAPHIE (AUSWAHL)
2013
2010
2008
2006
IM STEIN
GEWALTEN. EIN TAGEBUCH
DIE NACHT, DIE LICHTER. STORIES
ALS WIR TRÄUMTEN
Clemens Meyer wurde 1977 in Halle an der
Saale geboren und wuchs in Leipzig auf.
Nach dem Abitur arbeitete er als Bauhelfer, Möbelträger und Wachmann. Ab 1998
studierte er am Deutschen Literaturinstitut
in Leipzig. Bereits während des Studiums
veröffentlichte er seine Texte in Zeitschriften und Anthologien, darunter eine Erzählung in »Der wilde Osten« (2002).
ßer Wucht vom Alltag einer Jungenclique
im Leipzig der Nachwendezeit erzählt. Das
Werk war für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert und wurde unter anderem
mit dem Rheingau-Literatur-Preis und dem
Mara-Cassens-Preis ausgezeichnet. Armin
Petras adaptierte den Stoff für das Leipziger Centraltheater und das Gorki-Theater
in Berlin.
2002 erhielt Meyer ein Literatur-Stipendium des Sächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, 2001 gewann er den
MDR-Literaturwettbewerb, 2003 belegte
er dort den 2. Platz.
Für Die Nacht, die Lichter. Stories (2008)
erhielt Meyer den Preis der Leipziger
Buchmesse, Seine Erzählung Von Hunden
und Pferden wurde für einen Kurzfilm und
für die Bühne adaptiert.
2006 erschien Meyers Debütroman ALS
WIR TRÄUMTEN, in dem der Autor mit gro-
2010 erschien Gewalten, Ein Tagebuch.
2013 folgte mit Im Stein Meyers zweiter
großer Roman. Das Gesellschaftsepos
schaffte es auf die Shortlist für den Deutschen Buchpreis und wurde mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichnet.
Gemeinsam mit Thomas Stuber verfasste Clemens Meyer das Drehbuch zu dem
Spielfilm Herbert, das 2014 für den Deutschen Drehbuchpreis nominiert war. Das
Drehbuch nach der Erzählung In den Gängen, das Meyer und Stuber ebenfalls gemeinsam schrieben, ist für den Deutschen
Drehbuchpreis 2015 nominiert.
Gemeinsam mit dem Galeristen Uwe-Karsten Günther arbeitet Meyer unter dem
Pseudonym Günther Meyer als bildender
Künstler. Clemens Meyer lebt in Leipzig.
ALS ICH TRÄUMTE PERSÖNLICHE ERINNERUNG
ALS ICH TRÄUMTE + +
DAS VERSÄUMTE NACHHOLEN:
DER WORTARBEITER
Armin Koch (56) - damals wie heute freiberuflicher Redakteur
Ich war ein In-den-Tag-Träumer, zu mehr reichte es
nicht. Meine »Ente« mit dem Aufkleber »Nicht hupen! Fahrer träumt vom HSV!« stand längst in einer
anderen Garage. Das Studium hatte ich gerade abgeschlossen, es folgten erste Schritte in den Beruf
und damit verbunden sehr persönliche Entscheidungen, die manchen »großen« Traum schon früh
zu Grabe trugen.
Eine zarte Liebe endet, die große weite Welt wird
plötzlich klein und der Alltag übernimmt das Regiment. Wer träumen will, muss sich Zeit dafür nehmen, die hatte ich nicht. Erst viele Jahre später hole
ich das Versäumte nach, beginne die Träume der
Vergangenheit zu träumen und diese – soweit noch
möglich – zu leben.
DIE BESETZUNG
MERLIN ROSE - DANI
Merlin Rose, 1993 geboren, profilierte sich
bereits in zahlreichen TV-Filmen als vielversprechendes Nachwuchstalent. 2011 stand
er für insgesamt 13 Folgen der TV-Serie
Die Stein vor der Kamera und überzeugte
in Niki Steins bemerkenswerten ZDF-Krimi Vater Mutter Mörder . Den Sprung auf
die Kinoleinwand schaffte er 2013 mit einer Nebenrolle in der Bestsellerverfilmung
Feuchtgebiete (Regie: David Wnendt). 2014
wurde er durch die Rolle des schüchternen
Andi in der Teeniekomödie Doktorspiele (Regie: Marco Petry) schließlich einem
breiteren Publikum bekannt. Merlin Rose
lebt in Berlin.
JOEL BASMAN - MARK
Joel Basman wurde 1990 in Zürich geboren,
wo er im Alter von 16 Jahren das Schauspielstudium an der European Film Actor
School aufnahm. Bereits ab 2004 stand er
für verschiedene TV- und Kinofilme vor der
Kamera und wirkte an Jugendtheaterprojekten am Schauspielhaus Zürich mit. Für
seine Leistung in Tausend Ozeane (Regie:
Luki Frieden, 2007) erhielt Joel Basman auf
dem Internationalen Filmfest Emden-Norderney den Public’s Choice Award sowie
den Berner Filmpreis und für Jimmie (Regie: Tobais Ineichen, 2007) den Schweizer Fernsehpreis. 2008 wurde er auf der
Berlinale für seine Rolle im Kinodrama
Luftbusines s (Regie: Dominique de Rivaz)
als Shooting Star des Jahres ausgezeichnet. Seit dem war er im Fernsehen u.a. in
den Krimireihen Rosa Roth (2008), Tatort
(2010, 2012) und Polizeiruf (2012) zu sehen
und spielte 2012 im viel gelobten und preisgekrönten Dreiteiler Unsere Mütter, unsere Väter unter der Regie von Philipp Kadelbach. Im Kino spielte er unter anderem in
Picco (Regie: Philip Koch ,2009), wofür er
den Günter-Strack-Fernsehpreis als Bester
Newcomer erhielt. 2014 war er in George
Clooneys Monuments Men und im Kinofilm
Vielen Dank für nichts von Oliver Paulus
und Stefan Hillebrand zu sehen. 2013 stand
er unter anderem für Wir sind jung. Wir
sind stark (Regie: Burhan Qurbani) vor der
Kamera, der 2014 auf dem Filmfest Hof Premiere feierte. 2015 glänzte Basman im Tatort » Borowski und der Himmel über Kiel«
unter der Regie von Christian Schwochow.
Für die Darstellung des Pascal Sanier im
TV-Film Ziellos (Regie: Nick Halber) erhielt
er Anfang 2015 den Schweizer Fernsehfilmpreis. Außerdem drehte er die dänische
Produktion Unter Dem Sand unter der
Regie von Martin Zandfliet und mit Barbet
Schroeder an der Seite von Max Riemelt
und Bruno Ganz Amnesia . Im März 2015
kommt seine neue Modekollektion »Joel
Basman« raus.
RUBY O. FEE - STERNCHEN
Ruby O. Fee kam 1996 in Costa Rica zur
Welt. Sie lebte mit ihrer Mutter in Brasilien und anderen Ländern bis sie 2008 nach
Berlin zog. Im Alter von 11 Jahren war sie
als die junge Rebecca (als Erwachsene verkörpert von Eva Green) in der internationalen Kinoproduktion Womb (Regie: Benedek
Fliegauf, 2010) zu sehen. Ab 2009 stand sie
für zwei Jahre als Sophie Kellermann in der
für einen internationalen Emmy nominierten
Serie Allein gegen die Zeit vor der Kamera.
In den folgenden Jahren spielte sie in zahlreichen Kinofilmen und TV-Produktionen,
wobei sie meist eine Hauptrolle übernahm.
Im Dezember 2013 machte sie durch ihre
Darstellung der Titelrolle Sarah in der gefeierten Stuttgarter Tatort-Episode Happy
Birthday, Sarah (Regie: Oliver Kienle) auf
sich aufmerksam. Ruby O. Fee wurde 2014
mit dem »Jupiter Award« als beste Schauspielerin, einem Günter-Strack-Fernsehpreis als beste Nachwuchsschauspielerin
sowie dem »Goldenen Spatz« als beste
Schauspielerin des Jahres ausgezeichnet.
2015 wird sie unter anderem in Seitenwechsel von Vivian Naefe, Rockabilly Requiem von Tillmann Edeborn und Tobi Baumanns Ghost Hunters zu sehen sein.
JULIUS NITSCHKOFF - RICO
Julius Nitschkoff wurde 1995 in Berlin geboren. Im Alter von 13 Jahren stand er
erstmals vor der Kamera, 2009 gab er sein
Fernsehdebüt im TV-Film Der Typ, 13 Kinder & Ich (Regie: Josh Broecker). Seine
Darstellung des Floh in der Episode Rechte
Freunde (Regie: Christoph Eichhorn, 2009)
der für den Fernsehsender produzierten
Krimireihe » Krimi.de« wurde beim Kinderfernsehpreis 2010 besonders gewürdigt.
2011 verkörperte Nitschkoff einen traumatisierten Jugendlichen im ZDF-Fernsehfilm
Die Lehrerin (Regie: Tim Trageser) und
übernahm eine erste kleine Kinorolle in der
internationalen Koproduktion Vier Tage im
Mai (Regie: Achim von Borries). Es folgten
weitere Auftritte in verschiedenen TV-Serien und -Filmen ( Stubbe – von Fall zu Fall,
Notruf Hafenkante ) sowie eine Hauptrolle
im Fernsehfilm Komasaufen (Regie: Bodo
Fürneisen).
FREDERIC HASELON - PAUL
Frederic Haselon, geboren 1995, wuchs
in Hamburg auf. Erste Bühnenerfahrung
sammelte er am Hamburger Thalia Theater. Dort war er in den Inszenierungen
von Ibsens Nora und Thomas Manns Bud-
denbrocks zu sehen. Außerdem wirkte er
bei verschiedenen Theater-Projekten am
Thalia Theater und dem deutschen Schauspielhaus Hamburg mit und übernahm eine
Hauptrolle im Kurzfilm 12 Likes (Regie:
Anne Chlosta), der an der Hamburg Media
School entstand. Für ALS WIR TRÄUMTEN
übernahm Frederic Haselon erstmals eine
Hauptrolle in einem Kinofilm.
MARCEL HEUPERMAN - PITBULL
Marcel Heuperman, Jahrgang 1994, spielte
bereits im Alter von 13 Jahren in der Inszenierung Emil und die Detektive von Frank
Castorf an der Volksbühne in Berlin. Es
folgten mehrere Engagements am Deutschen Theater in Berlin, darunter Frank Wedekinds Frühlingserwachen (Regie: Marc
Prätsch). In der Spielzeit 2011/2012 war
er in Henrik Ibsens John Gabriel Borkman
(Regie: Vegard Vinge) an der Volksbühne
Berlin zu sehen. Im Frühjahr 2012 begann
Marcel Heuperman sein Schauspielstudium
am »Thomas Bernhard« Institut des Mozarteum Salzburg.
DER STAB
PETER HARTWIG - PRODUKTIONSLEITUNG
Peter Hartwig wurde 1964 in Babelsberg
geboren und studierte an der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf« in
Potsdam-Babelsberg. Seit Abschluss seines
Studiums war er als Produktionsleiter, Herstellungsleiter und Ausführender Produzent
an über 55 Filmen beteiligt. Zusammen mit
Andreas Dresen realisierte er unter anderem Nachtgestalten (1999), Die Polizistin
(2000), Halbe Treppe (2002), Willenbrock
(2005), Sommer vorm Balkon (2005), Wolke 9 (2008) Whisky mit Wodka (2009) und
Halt auf freier Strecke (2011). Zu seinen
weiteren wichtigen Arbeiten gehören die Kinofilme alaska.de (2001, Regie: Esther Gronenborn), Was nützt die Liebe in Gedanken
(2002, Regie: Achim von Borries), Der alte
Affe Angst (2003, Regie: Oskar Roehler), Die
Blindgänger (2004, Regie: Bernd Sahling),
Mein Führer ( 2007, Regie: Dani Levy) und
Goethe! (2009, Regie: Philipp Stölzl) sowie
zahlreiche preisgekrönte Fernsehfilme.
Mit seinem eigenen Label »kineo« produzierte Peter Hartwig u.a. 1993 Das Andere
Leben Des Herrn Kreins (Regie: Andreas
Dresen) und 2008 nach einem Drehbuch
von Wolfgang Kohlhaase die mit dem Fernsehfilmpreis Baden-Baden ausgezeichnete
Produktion Haus Und Kind (Regie: Andreas
Kleinert).
2011 war er Co-Produzent für Denis Dercourt`s Zum Geburtstag. Es folgten 2013
Tim Trageser Film Neufeld, Mitkommen! sowie 2014 Der Fall Bruckner in der Regie von
Urs Egger – beide nominiert für den Grimme-Preis 2015. 2010 wurde Peter Hartwig
als »Fairster Produzent« für die Produktion
Goethe! ausgezeichnet.
Bloch: Ein krankes Herz (2004), sowie der
Dokumentarfilm GOLD - Du kannst mehr als
Du denkst, der auf der Berlinale 2013 seine
Uraufführung feierte.
Außerdem ist Peter Hartwig als Fotograf tätig und absolvierte im Fachbereich Portrait
die Ostkreuzschule Berlin.
JÖRG HAUSCHILD - SCHNITT
MICHAEL HAMMON - KAMERA
Michael Hammon wurde 1955 in Johannesburg, Südafrika geboren und studierte an
der Kunstakademie von Kapstadt Malerei
und Fotografie. Von 1985 bis 1991 setzte er
sein Studium an der Deutschen Film- und
Fernsehakademie Berlin (dffb) fort. Als Kameramann zeichnet er u.a. für Höllentour
(Regie: Pepe Danquart & Werner Schweizer, 2004) und Nach Saison (Regie: Miriam
Quinte & Pepe Danquart, 1997) verantwortlich, für den er 1998 den Deutschen Kamerapreis erhielt. Preisgekrönt ist auch seine
Zusammenarbeit mit Andreas Dresen: Für
Die Polizistin (2000) erhielt Michael Hammon 2001 den Deutschen Kamerapreis, für
Willenbrock (2005) wurde er nach einer
erneuten Auszeichnung mit dem Deutschen
Kamerapreis 2005 zudem für den Deutschen
Filmpreis 2006 nominiert. 2008 fotografierte
er Wolke 9, 2011 Halt auf freier Strecke.
Erfolgreich ist Michael Hammon auch als
Regisseur. Für Wheels & Deals (1991) erhielt er den Adolf-Grimme-Preis. Es folgte die Dokumentation Hilbrow Kids (1999)
über Südafrikanische Straßenkinder, Gehen
oder Bleiben (2001) und sein TV-Regiedebüt
Nach dem Abitur startete Jörg Hauschild
1987 seine Karriere als Tontechniker, bevor
er zwei Jahre später sein Studium an der
Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf« in Potsdam-Babelsberg begann.
Nach seinem erfolgreichen Abschluss gründete Hauschild 1993 mit zwei Kommilitonen
die »Kaspar-Hauschild Filmgesellschaft für
Filmproduktion und Avid-Schnitt«. Seit 1995
ist Hauschild als freiberuflicher Cutter und
Komponist tätig.
Jörg Hauschild war unter anderem verantwortlich für die Montage der Andreas Dresen
Filme Kuckuckskinder (1994), Halbe Treppe (2002), Herr Wichmann von der CDU
(2003), Willenbrock (2005), Sommer vorm
Balkon (2005), Wolke 9 (2008), Whisky mit
Wodka (2009) und Halt auf freier Strecke
(2011). Zu seinen weiteren Arbeiten zählen
unter anderem Faust (2010) von Alexander
Sokurov und Vaterlandsverräter (2011) von
Annekatrin Hendel.
SUSANNE HOPF - SZENENBILD
Susanne Hopf wurde 1965 in Dresden geboren. Nach erfolgreichem Abschluss der Studienfächer Kostümgestaltung und Bühnenbild an der Hochschule für Bildende Künste
Dresden, studierte Hopf an der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf«
in Potsdam-Babelsberg Szenografie. Mit
Andreas Dresen verbindet sie bereits eine
lange Zusammenarbeit, so gestaltete sie das
Szenenbild bei Die Polizistin (2000), Halbe
Treppe (2002), Willenbrock (2005), Sommer vorm Balkon (2005), Wolke 9 (2008),
Whisky mit Wodka (2009) und Halt auf freier Strecke (2011). Zu ihren weiteren Arbeiten
gehören unter anderem Volker Schlöndorffs
Die Stille Nach Dem Schuss (2000) und Die
Friseuse (2010) von Doris Dörrie.
PETER SCHMIDT - TON
Seit 1991 ist Peter Schmidt als Tonmeister
bei Film- und Fernsehproduktionen tätig. Mit
Andreas Dresen realisierte er unter anderem Halt auf freier Strecke (2011), Whisky
mit Wodka (2009), Wolke 9 (2008) Sommer
vorm Balkon (2005), Willenbrock (2005),
Halbe Treppe (2002), Die Polizistin (2000)
und Nachtgestalten (1999). Weiterhin war
Peter Schmidt als Tonmeister unter anderem verantwortlich für Matthias Glasners
Fandango (1998), Sylke Enders Mondkalb
(2007) und Armin Völkers Leroy (2007), der
2008 in der Kategorie Bester Kinder- und Jugendfilm und Beste Filmmusik mit einer Lola
ausgezeichnet wurde.
SABINE GREUNIG - KOSTÜM
Sabine Greunig absolvierte ihr Studium im
Fach Theaterkostüm an der Hochschule für
Bildende Künste Dresden. Im Anschluss daran studierte sie Modedesign an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und Fotografie an der École Nationale Supérieure des
Beaux-Arts in Paris.
Seit Stilles Land verbindet die 1964 geborene Potsdamerin und Andreas Dresen
eine enge Zusammenarbeit. So gestaltete
Greunig u.a. das Kostümbild der Dresen
Filme Nachtgestalten (1999), Die Polizistin
(2000), Halbe Treppe (2002), Willenbrock
(2005), für den sie den »Femina« Filmpreis
für das beste Kostümbild auf der 55. Berlinale erhielt, Sommer Vorm Balkon (2005),
Wolke 9 (2008), Whisky mit Wodka (2009)
und Halt auf freier Strecke (2011). Ebenso
gehören die Inszenierung von Kasimir und
Karoline (2006) am Deutschen Theater und
die Oper Don Giovanni (2006) am Theater
Basel zu ihren gemeinsamen Projekten.
Zudem hat Sabine Greunig Kostümbilder
für zahlreiche Kino- und TV-Produktionen
entworfen, unter anderem für Sebastian
Petersons Helden wie wir (1999), Bernd
Sahling Die Blindgänger (2003) und Doris
Dörries Kirschblüten – Hanami (2008),
für das Greunig mit dem Deutschen Filmpreis in der Kategorie Bestes Kostümbild
ausgezeichnet wurde. Zu ihren weiteren
Arbeiten gehören Doris Dorries Die Friseuse (2010), die deutsch-chinesiche
Koproduktion I Phone You (2011) von Dan
Tang, Hannes Stöhrs Global Player (2012)
und die ungarisch-deutsch-schwedische
Koproduktion White God (2014) von Kornél
Mondruczo, die mit dem Prix Un Certain
Regard auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes ausgezeichnet wurde.
2013 folgte u.a. die Gestaltung des Kostümbildes für die Theaterproduktion der
Toneelgroep Amsterdam Die Möwe in der
Regie von Thomas Ostermeier.
GRIT KOSSE - MASKE
Grit Kosse wurde 1967 in Potsdam geboren.
Nach der Schule absolvierte sie dort eine
Friseurausbildung bevor sie im damaligen
DEFA Studio die Möglichkeit bekam, als
Maskenbildnerin erste Schritte zu tätigen.
1986 begann sie an der HfBK in Dresden
ein Studium im Bereich Maskenbild, das sie
1989 abschloss. Danach war sie 2 Jahre
im DEFA Studio als Maskenbildnerin angestellt, seit 1991 ist sie freiberuflich tätig.
1992 begleitete sie die Eröffnung des Theaterhauses Jena, wo sie bis 1995 arbeitete. Neben der Arbeit für zahlreiche TV- und
Kinofilme verschiedener Regisseure ist Grit
Kosse auch fester Bestandteil im Team von
Andreas Dresen: Sie war verantwortlich für
das Maskenbild in Nachtgestalten (1999),
Die Polizistin (2000), Willenbrock (2004),
Sommer vorm Balkon (2005), Whisky mit
Wodka (2009) und Halt auf freier Strecke
(2011).
UTA SPIKERMANN - MASKE
Uta Spikermann wurde 1963 in Cottbus
geboren. Nach Ihrer Friseurlehre war sie
bei den DEFA Studios als Maskenbildnerassistentin angestellt und absolvierte ein
Fachhochschulstudium zur Diplomdesignerin. Seither hat sie an zahlreichen TVund Kinoproduktionen mitgewirkt. Bereits
seit 1991 ist Uta Spikermann immer wieder an den Kino- und TV-Produktionen von
Andreas Dresen beteiligt. So war sie u.a. für
das Maskenbild in Stilles Land (1991), Die
Polizistin (2000), Willenbrock (2004) und
Whisky mit Wodka (2007) zuständig.
ALS ICH TRÄUMTE PERSÖNLICHE ERINNERUNG
ALS ICH TRÄUMTE + +
TROTZDEM GLÜCKLICH:
DIE STOLZE
Ursula Paugstadt (49), Angestellte
Die politische Dimension des Mauerfalls war mir schon
damals klar. Die auf die armen Ostler reduzierte Berichterstattung in den Medien hat mich aber gekränkt
und ich habe überall erzählt, dass ich eine sehr schöne
Kindheit hatte und trotzdem glücklich war, als die Mauer fiel. Ich war immer stolz sagen zu können, dass ich
bei diesem historischen Ereignis dabei war, aber an den
goldenen Westen habe ich nie geglaubt. 1989 war ich 24
Jahre alt. Als die DDR endlich unterging, brauchte ich
keinen Mut mehr, um daran zu glauben, dass die Welt
mir nun zu Füßen liegt.
ALS ICH TRÄUMTE PERSÖNLICHE ERINNERUNGEN
ALS ICH TRÄUMTE
PERSÖNLICHE ERINNERUNGEN AN
EINE BESONDERE ZEIT
ALS ICH TRÄUMTE + +
VON ERDACHTER WAHRHEIT
UND OFFENEN RÄUMEN:
DAS OST /WEST-PAAR
Michael Bormann (46), damals gerade
fertig mit dem Zivildienst, betreibt heute mit seiner Partnerin Susanne Dagen
(42), damals Studentin, ein BuchHaus.
Susanne Dagen: Als die Mauer fiel, war ich
siebzehn. Süße siebzehn mit dem Wunsch,
Sängerin zu werden. Große Oper natürlich –
in einem kleinen Land. Und plötzlich war die
Welt weiter. Da war nicht mehr Berlin nur die
Metropole, da rückten Mailand, New York
und Bayreuth in greifbare Nähe.
Die ersten zwei Jahre nach dem Mauerfall
erschienen uns wie Seifenblasen an einem
neuen, sauberen Himmel. Die Tage waren
bunt und voll, die Nächte schillerten in allen
Farben der neuen Kneipen und Clubs.
Der erste Traum zerplatzte schnell.
Die mondän glitzernde Blase wurde
schwarzweiß, trug tausend Buchseiten, ließ
mich lesen, was der Westen schon immer
las, und verhieß nun einen weiteren Traum
– eine eigene Buchhandlung!
Ein Ort des freien Geistes sollte es sein,
wo Gespräche geführt werden, schillernd
wie die der Nacht, nur wahrer und auch am
nächsten Morgen noch nachvollziehbar.
Geträumt habe ich von Romananfängen eines Joseph Roth, von Schnipseln aus Gedichten Ernst Jandls, von Fluchtgeschichten
Wolfgang Leonhardts und Liebesschwüren
der Alma Mahler. Selig schlummernd in Hallenser Abrisshäusern, auf der Schulbank in
Leipzig, auf den Elbwiesen Dresdens und im
Rostocker Neubaublock – sechster Stock,
ohne Fahrstuhl. Meine Welt war und ist nun
größer denn je mit ihren erdachten wahren
Geschichten, die zu Literatur werden können, wenn sie nur gelebt sind. Im Traum.
Michael Bormann: Als die Mauer fiel, lümmelte ich bei einem Freund in einer Münchener Hochhaussiedlung vor dem Fernseher
und glotzte Tennis. Als Untertitel wurde
plötzlich eingeblendet: »DDR-Grenzsoldaten
haben mit dem Abbau der Berliner Mauer
begonnen«. Wir standen auf und umarmten
uns. Der Spuk war vorbei. Das Spiel ging
weiter. Ich wollte mir das ansehen. Ohne Visum und Grenzkontrollschikane. Für mich als
Kind von Republikflüchtlingen unvorstellbar:
Ungehindert zur Verwandtschaft nach Leipzig zu reisen – davon hatte man nach all den
Mauerjahren nicht einmal mehr geträumt.
Der Raum öffnete sich. Europa hatte plötzlich wieder vier Himmelsrichtungen.
Unfassbar.
Ich war der erste Wessi, der im Osten eine
Lehre machte. Man musste Anfang der
Neunziger nicht träumen, die Zeit war Traum
genug. Das Verschwinden der Alpträume,
das Ineinanderkippen zweier Systeme – eine
biographische Sternstunde.
Nun musste man aufwachen, sich seiner
eigenen, herkunftsbedingten Prägungen bewusst werden. Sich neu definieren – jenseits
von Ost und West. Glücklich, wer fähig dazu
war.
Und natürlich Aufklärung. Im klassischen
Sinne des Wortes. Stalin und Mao endlich
als Massenmörder und nicht länger als politische Vorbilder der West-68er tituliert zu
sehen. Davon träumte ich tief im Osten.
Aber der Westen schläft noch immer und
träumt.
ALS ICH TRÄUMTE + +
LIEGEN GELERNT UND AUFGESTANDEN: DER KINOBETREIBER
ALS ICH TRÄUMTE PERSÖNLICHE ERINNERUNGEN
Dirk Hennings (52), damals Kinoleiter,
heute Hilfsbuchhalter und gelegentlich
Autor
Merkwürdigerweise muss ich zuerst an eine
Geschichte denken, in der ein Schuster über
die seinerzeit hochgeschätzte Gabe verfügte, blitzschnell aus dem dicken Kursbuch
der Deutschen Reichsbahn Verbindungen zu
entlegenen Orten heraussuchen zu können.
Diese Fähigkeit büßt er jedoch ein, als er
selbst zu reisen beginnt. Wenn ich mich nicht
irre, stand diese lehrreiche Epistel in unse-
ALS ICH TRÄUMTE + +
GRENZENLOS IN ALLEM:
DER DOPPELGLEISIGE
Carsten Becker, damals Angestellter
des Zentralinstituts für Kernforschung,
Bandmanager,
Szenekneipenkellner,
heute: Fachkraft für radioaktive Abfallwirtschaft und Konzertveranstalter
Die ersten Jahre nach dem Mauerfall empfand ich als eine unfassbar grenzenlose
Zeit. Grenzenlos in allem. Soeben noch lief
ich weder richtig legal, noch illegal, eher
scheißegal durch die Straßen einer mir wohl
für immer fremdbleibenden, meinungsmonopolisierten, bis ins kleinste reglementierten
Welt, in der ich mich zwar geduldet, verwaltet, im oft beschriebenen Nischenleben gut
aufgeräumt, will sagen: weggeräumt, fühlte,
aber spätestens von Jugend an immer irgendwie auch deplatziert. Ein Leben im fal-
rem Lesebuch. Im Nachhinein kommt es mir
vor, als hätte ich einen Großteil meiner Zeit
in der DDR liegend verbracht. Ich lümmelte
zu Hause auf der Couch, las, stellte mir allerhand vor, hörte Musik, oft viele Stunden
hintereinander. Damals arbeitete ich als
Leiter eines Kinos am Stadtrand. Ich wurde
als Vollbeschäftigter bezahlt. Spielbetrieb
war aber nur an drei Tagen. In der übrigen
Zeit bewachte ich das Objekt, ging spazieren
oder lag, wie schon erwähnt, auf dem Sofa.
Nach der Wende kam Bewegung in mein Leben, zuerst als Leiter eines Teils, später – für
kurze Zeit – als Leiter des gesamten Großkinos. Gemeinsam mit anderen Enthusiasten
organisierte ich ein großes Filmfest. Mit zwei
Freunden träumte ich vom eigenen Kinoun-
ternehmen. Ich fragte mich, ob ich nicht
doch beginnen sollte, in Babelsberg Filmwissenschaften zu studieren. Schließlich hatte
ich bereits die relativ aufwendige Eignungsprüfung bestanden. Vergeblich versuchte
ich mir vorzustellen, ich wäre der Verfasser
eines Werkes wie »Die Tiefenstruktur des
Filmkunstwerks«. Das Buch von Peter Wuss
hatte ich mehrfach gelesen und nicht einmal
halb verstanden. Die Vielzahl der Möglichkeiten verwirrte mich. Mein Sofa blieb in dieser
Zeit verwaist. Es kam dann alles ganz anders.
Dass so wenige Blütenträume reiften, könnte auch daran gelegen haben, dass mir die
Zeit wenig zielführender Kontemplation doch
wichtiger war, als ich mir zunächst eingestehen wollte. Aber das ist nur eine Theorie.
schen Land. Schuld daran war sicherlich dieser »idiotisch latente Widerspruchsgeist«,
den mir einer jener Leitungskader-Bonzen
mal wutentbrannt attestierte. Folgerichtig
erlebte ich gerade die letzten Tage des real-existenten DDR-Sozialismus als »Tausend
Jahre Grönland«. So auch der Name meiner
Mitte der 80er gegründeten Band. Doch
nun? Zeitenwende. Wendezeit. Ein ganzes
Land verschwand. Das neue noch auf dem
Weg zu uns. In der Zwischenzeit zerbrachen
reihenweise Identitäten, Anarchie allerorten,
sowohl ganz »da oben«, als auch in den Verwaltungen und Betrieben und in quasi jeder
Familie.
lustängsten jener Zeit, aber um die materiellen Segnungen der sogenannten Marktwirtschaft ging es mir nur sekundär. Leute wie
ich waren eher von einer Art Alice-im-Wunderland-Syndrom befallen. Meine Wahrnehmungen verschoben sich. Wie halluzinierend
lief ich über die Großbaustelle Ostdeutschland. Alles schien nun möglich, wir mussten
nur wollen. Nahezu täglich entstanden neue
Spinnereien, Ideen, Projekte, Visionen in unseren Köpfen und schon die Möglichkeiten
versetzten uns in einen kreativen Dauerrausch.
Ich selbst gehöre nicht zu jenen, die auch
nach dem praktizierten Mauerfall noch lange nicht mit dem Demonstrieren aufhören
konnten oder erst dann auf die Straße gingen. Zwar war auch ich natürlich nicht frei
von reihum grassierenden Existenz-und Ver-
Denn zumindest die Kunst an sich und der
Wille, wenigstens einen Teil unserer abertausenden Gedankenspiele auch real umzusetzen, waren nun tatsächlich frei. Was ich
damals träumte? Was ich mir wünschte?
Wohl vor allem, genau jenes euphorisierende
Gefühl der plötzlichen Grenzenlosigkeit auf
nimmermehr zu verlieren.
ALS ICH TRÄUMTE + +
VON DENKWÜRDIGKEITEN:
DER BUSCHFUNKER
Dr. Klaus Koch (60), damals Kulturwissenschaftler, heute Chef eines Musikverlags
Geträumt? Wohl eher Schlafstörungen bis
Schlaflosigkeit! Ein implosives Moment erlebte ich am Berliner Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße: In meinem Trabi sitzend,
ungläubig zwischen Kopfschütteln und Hände abklatschen, ahnend, dass von nun an
nichts mehr so sein wird, wie es war.
Mein erster Weg führte mich nicht in eine
Umtauschstelle, sondern in die Kreuzberger
Gneisenaustraße, wo ich nach 25 Jahren
erstmals das Liedermacherduo Pannach &
Kunert treffen und zu einem Konzert in Leipzig überreden wollte. Als Siebzehnjähriger
ALS ICH TRÄUMTE + +
DAS SCHRÄGE IM GERADEN:
DER VERANSTALTER
Steffen Grosche (45), damals Elektronikfacharbeiter, heute Veranstalter
Aus der Nationalen Volksarmee unehrenhaft
entlassen, habe ich Zeitschriften-Abos auf
der Straße an Passanten vertickt, Kettensägen im Baumarkt an lokale Heimwerker
verkloppt und andere zeitfüllende Tätigkeiten zum Not-Brot-Erwerb, auf die ich nicht
stolz bin, absolviert. Alsbald war klar, dass
es Zeit für Visionen und Experimente war.
So gründete ich einen Verein für kulturelle
Tätigkeiten und die Achterbahn nahm Fahrt
auf. Nichts war unmöglich, jenseits von
gehörten sie zu meinen Helden. Noch im
Dezember 1989 gründeten wir ein »Büro für
zeitgenössische Kunst«. Das war damals der
hilflos wirkende Versuch, nicht unmittelbar
miterleben zu müssen, wie sich in der Akademie der Künste (Ost) die Mitarbeiter untereinander ihre persönlichen Ab- und Aufrechnungen um die Ohren warfen.
Heute, 25 Jahre später, zu unserem Jubiläum, immer noch in den gleichen Büroräumen
im Prenzlauer Berg sitzend, werten das einige als frühe Hell- und Weitsicht, andere als
Flexibilität im Umgang mit jähen Wendungen.
Es war nichts davon. Die Konzerte mit dem
Duo am ersten Weihnachtsfeiertag 1989 in
Leipzig-Lindenau waren rundum denkwürdig. Das zweite Konzert, das ich in Leipzig
im März 1990 organisierte, musste abgebrochen werden. Vom schnell umbenannten Augustusplatz versuchte rechter Pöbel direkt
nach der Abschlusskundgebung der »Alli-
anz für Deutschland« den unweit entfernten
Studentenklub »Moritzbastei« zu stürmen.
Man brauchte in den folgenden zwei Jahren
noch fast kein Geld, um über die Runden zu
kommen. Mit einigen Künstlern waren wir
seit langem bekannt oder gar befreundet.
Ein wenig hielten wir uns in dieser Zeit auch
aneinander. Mit dem Clowns-Duo Wenzel &
Mensching ging ich auf Tour. Weniger die oft
ausverkauften Theater an sich, wohl aber
deren analytische bis satirische Fähigkeiten,
bewahrten mich davor, dass Absturzängste
geringer und Gedanken an Höhenflüge größer wurden. Dann erscheint die erste Scheibe von Gerhard Gundermann und nicht wenige andere Künstler kommen, nun als neue
Randgruppe, wieder hervor. Ich machte
meinen ersten (und letzten) Last-Minute-Urlaub auf Mallorca und war froh, dass ich in
der DDR noch eine Fahrerlaubnis erworben
habe. So entdeckte ich das Landesinnere.
Bauverordnungen, Veranstaltungsrichtlinien und Solidaritätszu- und -abgaben, alles
war möglich… Eine Grauzone ohne Grenzen.
Kraft und Energie schienen sich täglich zu
vervielfältigen, der Tag hatte 24 Stunden und
nachts brannte Licht. Es war genau mein
Ding. Leere Häuser, leere Hallen und Unterschlüpfe waren fortan der Bewegungsraum
für Aktivitäten. Leute begeistern, Netzwerke
bilden, nicht fragen, machen! Klar, auch Fehler machen. Und schließlich besser machen,
neu machen, anders machen! Vor meinem
ersten eigenen großen Open-air-Konzert
fuhr ich mit der Vorkasse in der Tasche tief
Richtung Westen, um mir schließlich von einem arroganten Kleinwüchsigen erklären zu
lassen, was eigentlich die Mehrwertsteuer
ist. Bitter … (aber es waren nur 14 Prozent).
Die Erkenntnisse und Erfahrungen waren für
mich das Öl im Getriebe, der Erfolg war der
Treibstoff. Das Schrägste und Schrillste war
gerade gut genug, um einen Bogen zwischen
zensierter Konsumkultur und einer neuen
Subkultur zu schlagen. Es ging um Mut zu
Alternativen, jenseits der herkömmlichen
Kulturereignisse, es ging um das Leuchten in
den Augen, die Stille im Sturm, das Schräge
im Geraden, das Normale im Extremen. Und
umgekehrt. Angekommen im Abgefahrenen,
fand ich den Ausgleich im Aufregenden.
Die Entfaltung und das Erkennen der Möglichkeiten war die Kunst. Die Verteilung der
Gewichte zwischen Licht, Klang, Design und
Mensch ist die Balance. Das Ergebnis ist ein
Erlebnis. Eine Vision wird Wirklichkeit. Ein
Gedanke gelangt ans Ziel.
D a ni
Rico
M a rk
Pi t b u l l
Pa u l
S t ernc hen
MERLIN ROSE
JULIUS NITSCHKOFF
JOEL BASMAN
MARCEL HEUPERMAN
FREDERIC HASELON
RUBY O.FEE
D a ni
Ka t ja
Rico
M a rk
P i tb u l l
Pa u l
CHIRON ELIAS KRASE
LUNA RÖSNER
TOM VON HEYMANN
NICO RAMON KLEEMANN
KILIAN ENZWEILER
HENNING THADDÄUS BEECK
(1 3 )
(1 3 )
(1 3 )
(1 3 )
(1 3 )
(1 3 )
S ch u l di rekto r
Lehreri n
P ioni erl ei ter
Ob erst
Tr in ker T hi l o
Fre d
Die Ko hl eno ma
Ein s a me Fra u
Da ni s M u tt er
S ch n e e l e op a rd / Vog e ls c hei s s e
Kehl ma nn
Ma r ks M u tt er
Ma r ks Va t er
Ma r ks S c hwest er
Lo tt o fee
P it b u l l s Va ter
Ri c o s Oma
DJ Frog
Fre u n d in n e n DJ Fro g
Werner
J u nk i e
B ox tra i ner
E i s ma nn
Kra n ke n s c hwester
Fra u a m Jug e ndg eri c ht
S ch l ieß er J VA
Mit a r b ei ter J VA
Ge p r ü g e l t e E hef ra u
P r ü g e l n d e r E hema nn
G o l di e
Tri nkeri n
Tri nker
Pol iz ist Wa c he
RONALD KUKULIES
REGINE SEIDLER
ROMAN WELTZIEN
ANDREAS KELLER
PETER SCHNEIDER
PIT BUKOWSKI
DOROTHEA WALDA
ANJA SCHNEIDER
MELANIE STRAUB
THOMAS BRANDT
GERDY ZINT
DANNE SUCKEL
HENNING PEKER
KATRIN KASPAR
LYNN FEMME
JÖRG WESTPHAL
HANNELORE SCHUBERT
DAVID BERTON
ANNI MEIRA GREUNIG
IRENE KÜNZEL
LUISA SANCELEAN
FELIX MARIA ZEPPENFELD
DANIEL BEUTTER
JOACHIM NIMTZ
MAXIMILIAN BIRKNER
LENI WESSELMAN
RAMONA KUNZE-LIBNOW
BERND MICHAEL BAIER
HEIKO HEDLER
KAROLA PIONTKE
ANDREAS BRINSA
DETLEV SADRINNA
FRANZISKA PONITZ
ANDREAS STRISSEL
CLEMENS MEYER
STAB UND FILMDATEN
A lle Fo to s © Pe te r H a r twig a uß e r Fo to vo n P. H a r tw ig © Ru by O. Fe e | Au to r : A nd re a s K ör ner | A r twor k: Da r i u s G ha na i | Layou t : M ar t in E ichh o rn
Ge d i c h t R üc ks e i te : T h o m a s B ra s c h, D e r Pa p i e r tig e r i n : » D i e ne n ne n d a s S c hre i « - G es a m m el te G ed i chte. © S u hr ka m p Ver l ag Ber l in 2 0 1 3.
DIE FILMDATEN
DIE BESETZUNG
Reg i e
Dre h b uch
Nach d e m Rom an von
Prod uze n t
Kam e ra
S ch n i tt
Sze n e n b i ld
Kostüm b i ld
Maske n b i ld
Ton
Mi sch un g
Be se t zun g
Prod ukti on sle i tun g
Koprod uze n te n
Re d akti on
Ei n e Prod ukti on von
I n Koprod ukti on m i t
g e f örd e r t von
Ve rle i h
We ltve r t ri e b
Län g e
Format
Urauff üh run g
Ki n ost ar t (D )
ANDREAS DRESEN
WOLFGANG KOHLHAASE
CLEMENS MEYER
PETER ROMMEL
MICHAEL HAMMON
JÖRG HAUSCHILD
SUSANNE HOPF
SABINE GREUNIG
GRIT KOSSE
UTA SPIKERMANN
PETER SCHMIDT
RALF KRAUSE
DORIS BORKMANN
JACQUELINE RIETZ
PETER HARTWIG
ANDREAS DRESEN
ANDREAS LEUSINK
TOM DERCOURT
COOKY ZIESCHE
DR. CORNELIA ACKERS
WOLFGANG VOIGT
DAGMAR MIELKE
ANDREAS SCHREITMÜLLER
OLIVIER PÈRE
RÉMI BURAH
ROMMEL FILM
ISKREMAS FILMPRODUKTION
CINÉMA DEFACTO
RUNDFUNK BERLIN BRANDENBURG
BAYERISCHER RUNDFUNK
MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
ARTE FRANCE CINÉMA
MITTELDEUTSCHE MEDIENFÖRDERUNG
MEDIENBOARD BERLIN BRANDENBURG
DEUTSCHER FILMFÖRDERFONDS
DIE BEAUFTRAGTE DER BUNDESREGIERUNG
FÜR KULTUR UND MEDIEN
FILMFÖRDERUNGSANSTALT
PANDORA FILM VERLEIH
THE MATCH FACTORY
117 MIN
DCP / FARBE / 1:1.85 / DOLBY DIGITAL
65. INTERNATIONALE FILMFESTSPIELE BERLIN 2015
26.02.2015
Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber
wo ich bin will ich nicht bleiben, aber
die ich liebe will ich nicht verlassen, aber
die ich kenne will ich nicht mehr sehen, aber
wo ich lebe will ich nicht sterben, aber
wo ich sterbe, da will ich nicht hin
bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin.
THOMAS BRASCH