Stutenmilch für die Schönheit

st.galler bauer 42 – 2016betriebswirtschaft
Kosmetik-Projekt bringt innovative Partner zusammen
Stutenmilch für die Schönheit
Königin Kleopatra badete in
Eselsmilch, die Frau von heute
verlässt sich in Sachen
Schönheit auf Stutenmilch.
Das hoffen jedenfalls ein Thurgauer Tüftler und seine beiden
neuen Partner, das Pferdezüchter-Ehepaar Kuster aus
Schönholzerswilen.
Text und Bild: Daniela Huijser, Wil
Roman Kalberer ist ein Zahlenmensch. Aber nicht nur. Zwar studierte der Thurgauer in St. Gallen
Wirtschaft, bildete sich im Finanzbereich weiter und beschäftigt sich
heute beruflich vorwiegend mit
Zahlen. Doch Roman Kalberer ist
auch ein Pferdefan, ein Tüftler, ein
Mann, der gerne pröbelt und so etwas Besonderes erfindet: Hautpflegeprodukte aus Stutenmilch. Die
Idee dazu kam von seiner Frau Karin, die Pferde liebt und mit ihnen
Sport betreibt.
Lange Versuchsphase
Eine Gesichtscreme aus Stutenmilch? Leichter gesagt als getan.
Drei Jahre dauerte es, bis ein Aargauer Fachbetrieb zusammen mit
Roman Kalberer ein zufriedenstellendes Produkt entwickelt hatte.
«Stutenmilch-Creme ist bezüglich
Konsistenz nicht einfach», sagt
der 44-Jährige. «Doch besonders
schwierig war es, einen Duft zu finden, der nicht aufdringlich ist, und
dennoch den Geruch von Gelée
Royal und der Stutenmilch überdeckt.» Der Unternehmer ging den
direkten, aber aufwendigen Weg: Er
machte Feldtests, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war.
Soweit, so gut. Alles war bereit für
die Produktion. Doch wo die Stu-
tenmilch in ausreichender Menge
finden? Importe aus einem deutschen Massenbetrieb kamen für
Roman Kalberer nicht in Frage. Die
eigenen Pferde auch nicht, denn
mit ihnen züchten Kalberers nicht.
Der Tüftler versuchte es mittels Inseraten. Die brachten zwar einige
Interessenten, doch seine Ansprüche sind hoch: Gemolken werden
dürfen nur kleine Mengen, die dem
Fohlen nicht fehlen. Und diese Fohlen dürfen nicht der Milch wegen
gezüchtet werden, sondern sollen
an gute Plätze verkauft werden.
Engagierte Pferdefans
Dann ergibt sich alles fast von selber. Karin Kalberer kennt vom Reitverein Albert Kuster, der gemeinsam
mit seiner Frau einen Zucht- und
Reitstall führt, und erzählt ihm vom
Kosmetikprojekt. Kuster ist interessiert und bespricht sich gleich mit
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seiner Frau Manuela. Den beiden
gehört seit vier Jahren ein Hof am
Rande von Schönholzerswilen, wo
mittlerweile 50 bis 60 eigene und
eingestellte Freibergerpferde leben.
Das junge Ehepaar ist innovativ und
engagiert und setzt gerne eigene
Ideen um, ohne auf skeptische Bemerkungen zu hören. Das war
schon so, als Kusters ihren Hof kauften. Als «Lottosechser» bezeichnen
es die zwei, dass sie den gemeinsamen Traum vom eigenen Betrieb im
Thurgau verwirklichen konnten. Bekannte und Nachbarn belächelten
zwar ihr Projekt, als sie 2012 mit
sechs Pferden anfingen. «Doch
heute zündet uns niemand mehr
an», sagt Manuela Kuster und lacht
ihrem Mann zu. Längst kommen
viele Kinder zur Reitstunde, junge
Pferde werden ausgebildet und die
Freibergerzucht gedeiht.
Derzeit sind fünf rund halbjährige
Fohlen auf dem Hof. Sie ermöglichen es Kusters, Stutenmilch für Roman Kalberer zu gewinnen. Was im
Juni erst eine Idee war, ist nun bereits Routine. Morgens um sechs
kommen die Fohlen zusammen ins
«Kindergartenabteil». Drei Stunden
später werden die Stuten gemolken. Albert und Manuela Kuster haben einen Melkstand entwickelt
und eine kleine Melkmaschine eingerichtet. «Zuerst schlug man uns
vor, doch mal von Hand zu melken.
Doch wir wollten es gleich richtig
machen und die Stuten mit der Maschine melken», sagt der 33-Jährige. Seine Frau führt derweil eine
Stute aus der Box in den Melkstand,
wo eine Portion Futter bereit steht.
Der Stute gegenüber ist der «Kindergarten»; die Fohlen strecken ihr
neugierig die Köpfe entgegen. Manuela Kuster setzt die Maschine an,
melkt einige Liter und führt die
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Roman Kalberer (Mitte) hat mit Manuela und Albert Kuster engagierte
Partner für sein Projekt gefunden.
Stute­zurück in ihre Box. Alles ist
ganz entspannt, jedes Tier kennt
den Ablauf, ist weder gestresst noch
ungehalten. Sobald alle Stuten gemolken sind, dürfen die Fohlen wieder zu ihren Müttern und beginnen
auch gleich zu saugen. Danach geht
es gemeinsam auf die Weide.
Faire Behandlung
Auch Roman Kalberer, der ja an diesem Morgen nicht zum ersten Mal
zuschaut, ist immer noch beeindruckt, wie gut Kusters diesen Ablauf entwickelt haben. Die Milch
wird im Nebenraum gleich gekühlt
und später tiefgefroren. Letztlich
entsteht daraus ein gefriergetrocknetes Pulver, das zu einem beliebigen Zeitpunkt für die Kosmetikproduktion verwendet werden kann.
Gemolken werden nur wenige Liter
– das Fohlen kommt nicht zu kurz.
Das Wohlbefinden von Mutter- und
Jungtier garantiert Roman Kalberer
mit dem von ihm gegründeten Label «Fair Horse». Ihm sei es ein persönliches Anliegen, doch das Tierwohl sei auch ein Verkaufsargument, sagt der Geschäftsmann, der
das Marketing für seine Kosmetik­
linie Karoka (Karin und Roman Kalberer) selber betreibt. Kalberer informiert an Messen, besucht Naturärzte, Apotheken und Drogerien
und findet immer mehr Verkaufsstellen für seine Produkte. Das Interesse sei noch grösser geworden,
seit sich herausgestellt hat, dass die
Cremes bei Neurodermitis helfen
können. Der Unternehmer hat übrigens alles selber finanziert, was ihm
Ähnlich wie Muttermilch
Stutenmilch ähnelt stark der menschlichen Muttermilch. Sie ist sehr
nahrhaft und enthält neben Vitamin A, B, B2, B6, B12, C und E auch
Mineralstoffe, ungesättigte Fettsäuren, Proteine, Eisen sowie Spurenelemente. Die Eiweisse in der Stutenmilch entlasten den Stoffwechsel der Haut und sorgen dafür, dass diese mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Stutenmilch wirkt beruhigend, entzündungshemmend
und leicht antibiotisch.
dh.
www.karoka-wellness.ch
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An den Melkstand haben sich die Stuten rasch gewöhnt.
Albert Kuster füllt die Milch ab.
auch die Freiheit gebe, alles genau
nach seinen Vorstellungen umzusetzen. An einen Verkauf der Kosmetiklinie denkt er nicht. «Ich will
dieses Projekt behalten und selber
weiterentwickeln», sagt er.
und Bio-Mostobst zum 20 Hektar
grossen Betrieb. Dem Ehepaar zur
Seite stehen zwei Angestellte, ein
Vollzeitmitarbeiter und eine Halbtagsmitarbeiterin. Letztere entlastet vor allem die hochschwangere
Manuela Kuster beim Ausbilden
der Pferde.
Kusters teilen sich diese Arbeit auf:
Sein Schwerpunkt ist das Fahren,
sie reitet. Beide haben die gleiche
Philosophie: Jedes Pferd wird schonend und ruhig ausgebildet und hat
ständigen Kontakt mit Menschen
und Artgenossen. Eine Philosophie,
die nicht nur während des Melkens
der Stuten spürbar ist, sondern in
jedem Bereich des Hofs.
Pferdeliebe verbindet
Das hören Kusters gern. Sie freuen
sich, dass sich alles gut entwickelt
hat und hoffen, auch nächstes Jahr
wieder viel Stutenmilch zu erhalten. Die «Saison» dauert nun noch
etwa bis Ende Oktober, danach
werden die Fohlen abgesetzt. Das
Melken beginnt dann wieder im
Juni, wenn die nächsten Fohlen drei
Monate alt sind. Auch dann wer-
den es lauter Freiberger sein, denn
Manuela Kuster und ihr Mann sind
von der Rasse begeistert. Albert
Kuster hatte sich seinen ersten Freiberger, die Stute Mona Lisa, im Militär gekauft. Manuela Kuster besass damals ein Pony; so lernten
sich die beiden vor zwölf Jahren
kennen. Gefunkt hatte es allerdings
erst 2009; 2012 war Hochzeit und
im November werden Kusters Eltern. Für einen Bauernhofbetrieb
hatten übrigens weder der gelernte
Forstwart noch die Detailhandelsangestellte eine fundierte Ausbildung. Doch heute läuft der Hof
sehr gut. Neben der Pferdezucht
gehört auch noch etwas Ackerbau
Nach dem Melken kommen die Fohlen zum Trinken.
Die Kosmetiklinie «Karoka» wird laufend ausgebaut.
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