Im Fokus
US-Wahlen: Was passiert nach dem 8. November?
Alle Umfragen deuten auf einen klaren Sieg der
Demokraten am 8. November 2016 hin – dies stellt
auch unser Basis-Szenario dar. Die Bedeutung der USPräsidentschaftswahlen wird unserer Meinung nach
aber überschätzt. Die tatsächlichen Herausforderungen für Investoren liegen derzeit eher in China und
Klaus Mudra
Leiter
Europa. Dennoch lohnt sich ein genauerer Blick auf
Anlagestrategie
die Programme der beiden US-Kandidaten und deren
mögliche Auswirkungen auf bestimmte Anlagesegmente.
(Mehrbelastung ca. US-$ 200 Mrd. ) für den Haushalt eingeschätzt,
die Schuldenquote würde dennoch auf ca. 86% des BIP steigen. Ein
Sieg der Demokraten würde der US-Regierung mehr Freiraum für zusätzliche staatliche Investitionen lassen.
Welthandel
Die anstehenden US-Wahlen, so scheint es, haben das Potenzial, die
US-Politik der nächsten Jahre radikal zu verändern. Zu viele Skandale
und Unsicherheiten über seine Eignung als US-Präsident belasten
allerdings Trump, als dass politische Beobachter ernsthaft von einem Sieg des Republikaners ausgehen. Überraschend und bezeichnend für die «Anti-Establishment»-Stimmung der US-Amerikaner ist
die nach Umfragen überwiegende Ablehnung beider Kandidaten
durch die Wähler.
Beide Kandidaten stehen dem freien Handel und entsprechenden
Abkommen eher skeptisch gegenüber. Trump hat immer wieder den
Austritt aus der Welthandelsorganisation (WTO) und dem nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) ins Spiel gebracht. Die
tatsächlichen Auswirkungen sollten sich aber in engen Grenzen halten, da Studien die Effekte z.B. der von beiden Kandidaten kritisch
gesehenen «Trans-Pacific Partnership» auf nur ca. 0.5% des BIP, über
mehrere Jahre akkumuliert, veranschlagen. Ein Austritt der USA aus
der WTO, wie von Trump angedacht, mit einem sich anschliessenden
Handelskrieg würde allerdings die amerikanische Wirtschaftskraft
deutlich schwächen.
Grösste Herausforderungen liegen in China und Europa
Steuern
1. «Hard landing» China
Ein Scheitern Chinas beim Umbau der Wirtschaft («hard landing»)
hätte grossen Einfluss auf die wirtschaftliche und politische Stabilität der Region sowie den Welthandel. Die USA und Europa als auch
Rohstoffe exportierende Schwellenländer müssten ihre Wachstumsprognosen in diesem Fall deutlich korrigieren.
2. Entwicklung Europa
Die wirtschaftlich wichtigsten Länder Europas stehen in den nächsten Monaten vor grossen Herausforderungen: Grossbritannien muss
den «Brexit» managen, Italiens Ministerpräsident Renzi ein Referendum über eine Verfassungsänderung überstehen und Frankreich
sowie Deutschland im Jahr 2017 neue, möglichst stabile Regierungen
wählen. In fast allen europäischen Staaten gibt es inzwischen starke
Anti Establishment- und Anti-Europa-Parteien (z.B. «Cinque Stelle»,
«Front National» und «Alternative für Deutschland»), die künftig direkt oder indirekt mitregieren könnten. Ein Auseinanderbrechen Europas und/oder des Euro als Gemeinschaftswährung ist als mittelfristig durchaus mögliches Szenario anzusehen.
Im Gegensatz dazu würde ein Sieg Trumps aufgrund des ausgeklügelten US-Systems von «checks and balances» zwischen Kongress
(Senat und Repräsentantenhaus), Präsident und Federal Supreme
Court wohl nicht zu radikalen Veränderungen führen, selbst wenn
Senat und Repräsentantenhaus ebenfalls von Republikanern dominiert würden.
Trotz dieser Relativierung hat die Wahl einer neuen Führung der militärisch und wirtschaftlich gesehen mächtigsten Nation der Welt
Auswirkungen auf Investment-Entscheidungen, die wir nachstehend kurz skizzieren.
US-Wirtschaft und Verschuldung
Trump steht für Steuerkürzungen bei Unternehmen und Privatpersonen, die nicht gegenfinanziert sind und die Verschuldung der USA
substanziell erhöhen würden. Das «Committee for a Responsible Federal Budget» schätzt, dass die Trump-Pläne in den nächsten 10 Jahren zu einer Mehr-Verschuldung von ca. US-$ 5.3 Bio. gegenüber den
bisherigen Schätzungen (Defizitausweitung von ca. US-$ 10 Bio.) und
zu einem Verschuldungsgrad von ca. 105% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) führt. Die Pläne von Clinton werden als deutlich neutraler
Die breite Senkung von Einkommens- und Gewerbesteuern (TrumpPlan) würde unmittelbar zu einer Belebung der Wirtschaft und des
Konsums führen. Auch Clinton würde Steuern teils senken, aber die
Belastung für Vermögende erhöhen. Kurzfristig könnten für die Kapitalmärkte jedoch zwei Aspekte relevanter sein:
•
Steuerreformpläne, die eine Repatriierung von US-Anlagen von
Firmen im Ausland fördern (und fordern), und
•
Veränderungen der Besteuerung von Kapitalgewinnen («capital
gains»), die nach der Konstituierung der neuen Führung Anfang
2017 auf den Weg gebracht werden könnten. Die Demokraten
planen, die Steuerbelastung auf Kapitalgewinne zu erhöhen
und Haltefristen für bisher begünstigte langfristige Kapitalgewinne zu verlängern. Dies könnte bei einem demokratischen
Sieg zu Gewinnmitnahmen bei Aktien vor dem Jahresende und
damit zu Verkaufsdruck auf den Markt führen.
Unternehmenssektoren
Insbesondere in den Branchen Energie, Banken, Verteidigung und
Gesundheit stehen beide Kandidaten für unterschiedliche Programme, die einen direkten Einfluss auf Gewinne und Zukunftschancen
der Unternehmen haben.
Energie: Ein Sieg der Republikaner wäre positiv für Titel aus diesen
Branchen, da Trump weiterhin auf Öl und Gas aus nationalen Quellen setzt. Ein Sieg von Clinton wäre eher neutral zu werten (falls der
Kongress republikanisch bleibt), da die von Demokraten gewünschte
Hinwendung zu regenerativen Energien und Abschaffung von Steuervergünstigungen für Öl- und Gasfirmen bereits seit Jahren im (republikanischen) Kongress blockiert wird.
Banken: Clintons Sieg wäre tendenziell positiv für die grossen USBanken, da diese gelernt haben, mit den verstärkten Auflagen nach
der Finanzkrise umzugehen. Mittlere und kleine Banken hingegen
haben es sehr viel schwerer, den hohen Aufwand der Regulierung zu
finanzieren, und würden eher von einer De-Regulierung des Bankensystems nach einem republikanischen Sieg profitieren.
Verteidigung: Beide Kandidaten planen höhere Ausgaben im Verteidigungssektor. Unter republikanischer Führung wären diese aber
deutlich höher und würden zu verbesserten Gewinnaussichten des
Sektors führen.
Im Fokus
Gesundheitswesen: Um eine grundlegende Änderung im US-Gesundheitssystem zu erreichen, bedarf es einer gemeinsamen Linie von
Kongress und Präsident. Diese ist nach derzeitigen Umfragen nicht
zu erwarten. Sollte es wider Erwarten zu einem Sieg einer Partei sowohl bei der Präsidentschaft als auch im Kongress kommen, drohen
unter beiden Parteien neue Regulierungen, die Pharmatitel belasten
würden.
Schwellenländer
Schwellenländeraktien wären bei einem Sieg der Demokraten weiterhin interessant, Clintons Pläne sehen keine protektionistische Abschottung der USA vor. Vor dem Hintergrund höherer Wachstumsraten in den «Emerging Markets» im Vergleich zu den entwickelten
Staaten ist das Potenzial ausgewählter Titel trotz jüngster Kurssteigerungen attraktiv.
Ideen zur Positionierung
Unser Basis-Szenario ist ein Sieg Clintons bei einem ebenfalls demokratischen Senat und einer republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus. In diesem Fall scheinen uns untenstehende Positionierungen sinnvoll.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass «politische» Börsen
meist kurzfristiger Natur sind und sich daraus Chancen für länger
orientierte Anleger ergeben. Auch wenn die Nervosität bis zum
8. November hoch bleiben wird, sehen wir mittelfristig mehr Chancen als Risiken in den USA und freuen uns, individuelle Strategien mit
Ihnen zu diskutieren.
Währungen
Volatilität
Für europäische Anleger bieten sich Long-Positionen in US-$ an,
da eine Repatriierung von Auslandsguthaben (im Zuge neuer
Steuergesetzgebung) zu verstärkter Nachfrage des US-$ führen
sollte. Das Zinsdifferential zwischen den USA und Europa und
die politischen Spannungen in Europa sollten ebenfalls für eine
Stärkung des US-$ vs. EUR sorgen.
Die derzeit niedrige Volatilität z.B. des S&P 500 kann zum Kauf
von Call-Optionen mit längeren Laufzeiten genutzt werden.
Alternativ könnten kurzfristige Absicherungen des US-Aktienindexes S&P, die derzeit günstig erwerbbar sind, nach der Wahl in
einem kurzfristig volatil erwarteten Markt wieder verkauft werden.
Aktien
Schwellenländer
US-Anleger könnten die Zeit bis zur Konstituierung der neuen
Regierung (Anfang 2017) in Erwartung höherer Besteuerung
von Kapitalgewinnen für Verkäufe nutzen. Die im Umfeld der
Wahlen möglicherweise stärker schwankenden Kurse können
für günstige Einstandskurse bei US-Qualitätsaktien genutzt
werden. Hier würden wir Käufe mit Limit im Markt platzieren.
Die zu beobachtenden Nettozuflüsse in Schwellenländer-Aktien
und -Anleihen könnten sich noch einmal verstärken. Die Gefahr
einer (zu) starken Zinsanhebung der US-Notenbank FED scheint
überschaubar und bereits eingepreist. Länder wie China, die
«ASEAN»-Staaten oder Mexiko könnten von einem demokratischen Wahlsieg profitieren. Dies würden wir aber zunächst als taktischen Trade ansehen, da die Gewinnsituation vieler Unternehmen noch weit von zuvor erreichten Niveaus entfernt ist und sich
für eine längerfristige Positionierung noch stabilisieren muss.
Haben Sie Fragen?
[email protected] +41-44-267 67 67
www.bellevue.ch Folgen Sie uns auf Linked In
Rechtlicher Hinweis
Dieses Dokument ist nicht für die Verteilung an oder die Verwendung durch Personen oder Einheiten bestimmt, die die Staatsangehörigkeit oder den Wohn- oder Geschäftssitz an einem Ort, Staat,
Land oder Gerichtskreis haben, in denen eine solche Verteilung, Veröffentlichung, Bereitstellung oder Verwendung gegen Gesetze oder andere Bestimmungen verstösst. Die im vorliegenden Dokument
enthaltenen Informationen und Daten stellen in keinem Fall ein Kauf- oder Verkaufsangebot oder eine Aufforderung zur Zeichnung von Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar. Die im vorliegenden Dokument enthaltenen Informationen, Meinungen und Einschätzungen geben eine Beurteilung zum Zeitpunkt der Ausgabe wieder und können jederzeit ohne entsprechende Mitteilung geändert
werden. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhaltes wird keine Haftung übernommen. Diese Informationen berücksichtigen weder die spezifischen noch künftigen Anlageziele noch die finanzielle oder steuerrechtliche Lage oder die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Empfängers. Dieses Dokument kann nicht als Ersatz einer unabhängigen Beurteilung dienen. Interessierten Investoren
wird empfohlen, sich vor jeder Anlageentscheidung professionell beraten zu lassen. Die Angaben in diesem Dokument werden ohne jegliche Garantie oder Zusicherung zur Verfügung gestellt, dienen
ausschliesslich zu Informationszwecken und sind lediglich zum persönlichen Gebrauch des Empfängers bestimmt. Mit jeder Anlage sind Risiken, insbesondere diejenigen von Wert- und Ertragsschwankungen, verbunden. Bei Fremdwährungen besteht zusätzlich das Risiko, dass die Fremdwährung gegenüber der Referenzwährung des Anlegers an Wert verliert. In diesem Dokument werden nicht alle
möglichen Risikofaktoren im Zusammenhang mit einer Anlage in die erwähnten Wertpapiere oder Finanzinstrumente wiedergegeben. Historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind
keine Garantie oder Indikator für laufende und zukünftige Ergebnisse.