Private Pieties. Neue Formen von Religiosität in muslimischen

Institut für Ethnologie und Afrikastudien
Institutskolloquium Wintersemester 2016/17
Leitung: Carola Lentz
Roman Loimeier (Göttingen)
Private Pieties. Neue Formen von Religiosität in muslimischen
Gesellschaften
In den vergangenen Jahren haben sich islamistische Bewegungen zur scheinbar
größten Bedrohung des Westens entwickelt – man denke an die Ereigniskette, die
im Wesentlichen mit dem 11. September 2001 und mit den Stichworten al-Qa‛ida
und Islamischer Staat verbunden ist. Seither starren westliche Medien, sogenannte
Terrorexperten und Geheimdienste wie hypnotisiert auf „den Islam“ und die
islamistischen Terrorbewegungen, die jederzeit wieder zu einem tödlichen Schlag
gegen den Westen oder die Verbündeten des Westens ausholen können. Dieser
Fokus auf die islamistische Bedrohung hat zur Folge, dass andere, gegenläufige
Entwicklungen in der islamischen Welt von Senegal bis Indonesien derzeit kaum
gesehen werden. Dabei haben sich in vielen Ländern Nordafrikas und Westasiens,
des subsaharischen Afrika und Südostasiens soziale und religiöse Bewegungen
entwickelt, die den islamistischen Gruppierungen die Deutungshoheit im
öffentlichen Raum bestreiten. Diese neuen sozialen Stimmen und Bewegungen
bestehen insbesondere darauf, dass Glaube Privatsache sei, eine Angelegenheit
jedes einzelnen Gläubigen. Im Vortrag geht es vor allem um diese Gruppierungen,
die sich gegen den Islamismus stellen und die Resultat eines langen
Entwicklungsprozesses in der islamischen Welt sind. Beleuchtet werden dabei
insbesondere neue Formen von Gläubigkeit von Muslimen, die sich von öffentlichen
Glaubenspraktiken ab- und privaten Glaubenspraktiken zuwenden.
Roman Loimeier ist Professor am Institut für Ethnologie der Georg-AugustUniversität Göttingen. Er hat in Senegal (1981, 1990–93), Nordnigeria (1986–88)
und Tansania (seit 2001) geforscht und mehrere Bücher über die Geschichte und
Entwicklung der muslimischen Gesellschaften in Afrika veröffentlicht, u. a. Islamic
Reform in 20th Century Africa, Edinburgh (2016); Muslim Societies in Africa: A
Historical Anthropology, Bloomington (2013); Eine Zeitlandschaft in der
Globalisierung: Das islamische Sansibar im 19. und 20. Jahrhundert, Bielefeld
(2012); Between Social Skills and Marketable Skills: The Politics of Islamic
Education in Zanzibar in the 20th Century, Leiden (2009); Säkularer Staat und
Islamische Gesellschaft – Die Beziehungen zwischen Staat, Sufi-Bruderschaften
und Islamischer Reformbewegung in Senegal im 20. Jahrhundert, Münster (2001);
und Islamic Reform and Political Change in Northern Nigeria, Evanston (1997).
Dienstag 08. November 2016, 18:15 − 19:45 Uhr
Hörsaal 14 (Raum 01-715), Forum 7, Becherweg 4, 1. Stock