BLICKPUNKT FOTO: BETTO RODRIGUES/SHUTTERSTOCK Mit Hilfe von VR-Brillen können ihre Träger komplett in die virtuelle Welt eintauchen. Virtuell gegen Komplexität Erweiterte Realitäten erleichtern das Leben Datenbrillen wie Google Glass sind gefragt wie nie. Virtuelle Realität scheint in der Wirklichkeit angekommen zu sein. Doch wie kann sie den Unternehmen nützen? VON ANDREA PRZYKLENK UND PROF. DR. STEFAN HENG D würde. Sieht man durch diese Brille, so erscheint auf der Stirn der betrachteten Menschen der Buchstabe „G“ für „good“ oder das „E“ für „evil“. Ein anderes Beispiel war das Holodeck der USS-Enterprise in Gene Roddenberrys legendärer Star-Trek-Fiktion, die nun auch schon vor 50 Jahren abhob. Neben den Künstlern und Literaten beschäftigten sich auch Ingenieure schon lange mit neuen Realitäten – freilich ohne diesen Begriff zu verwenden. Beispielsweise stellte Morton Heilig 1956 das Sensorama-Verfahren vor. Dabei saß ein Zuschauer auf einem beweglichen Stuhl, den Kopf in einer Kabine und erlebte so eine simulierte Motorradfahrt durch New York mitsamt Vibrationen, Fahrtwind und Geruch. Ende der 1960erJahre baute Ivan Sutherland von der Harvard-Universität einen ersten Augmented-Reality-Helm. Weil dieser Helm so unhandlich und schwer war, dass er über dem Kopf des Nutzers an der Decke befestigt werden musste, wurde er auch als „Damokles-Schwert“ tituliert. Anfang der 1990er-Jahre entwickelten dann Boeing-Techniker eine Augmented-Reality-Software für die Flugzeugwartung. Diese Software sollte die Qualität der Arbeit steigern, indem sie die richtige Lage eines auszutauschenden Bauteils am Objekt genau zeigte. Heute haben mit Brillen wie Google Glass, Oculus Rift oder Hololens von Microsoft, zusammen mit Apps und Software, die Möglichkeiten virtueller Technologie einen neuen Level erreicht. Virtuelle Technik ist wertvolles Werkzeug Die Anwendungsgebiete in Unternehmen reichen von Prototyping über Design Reviews bis hin zu Simulationen und zur Verwendung in Marketing, Training und Fortbildung. Besonders dort, wo komplexe Produkte in geringen Stückzahlen hergestellt werden wie im Maschinen- und Anlagenbau, lohnt sich der Einsatz der virtuellen Techniken. Sie können physische Prototypen einsparen, bieten mehr Planungsqualität und -sicherheit, reduzieren die Feedback-Schleifen, die Fehler und damit auch die Kosten. Darüber hinaus dienen sie der besseren Kommunikation und verbessern den Kundendialog. Ein Sondermaschinenbauer zum Beispiel profitiert davon, wenn im Nachhinein weniger Änderungen anfallen. Eine VR-Anlage ist zugegebenermaßen auch heute noch teuer, aber es gibt bereits „Rent VR“, Dienstleister, die die Infrastruktur eines VR-Zentrums zur Verfügung stellen. VR-Hardware wie Headsets, Brillen und Trackingsysteme lohnen sich mittlerweile schon für KMU, denn mit Mixed Reality werden Arbeitsprozesse effektiver und Know-how wird direkt abrufbar. Gemeinsames Arbeiten von unterschiedlichen Standorten aus wird einfacher und in ferner Zukunft muss vielleicht nicht einmal mehr ein Servicemitarbeiter vor Ort sein, weil er und der Kunde über Mixed Reality dasselbe sehen und der Kunde den eingespielten, sichtbaren Anweisungen folgen kann. Der Laie ist in der Lage, auch ohne Spezialkenntnisse Probleme zu begreifen und Lösungen herbeizuführen. Dr. Bettina Horster, Direktorin Mobile in Eco – Verband für die Internetwirtschaft, ist überzeugt: „Die Anreicherung der Wahrnehmung der realen Welt durch Zusatzinformationen wird sich als ein Megatrend entpuppen.“ ie Computerwissenschaft verortet Augmented und Virtual Reality im so genannten „Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum“ als Mixed Reality oder Enhanced Reality. Im Gegensatz zu Virtual Reality, bei der der Nutzer komplett in eine virtuelle Welt eintaucht, wird bei Augmented Reality und auch Mixed Reality die reale Welt um zusätzliche Informationen erweitert. Tatsächlich steht Augmented Reality aber für einen umfassenden Ansatz im Umgang mit der Komplexität unseres Alltags. Hierbei wird die reale Welt mit virtuellen Informationen angereichert, um die Kommunikation zu unterstützen und den Informationsfluss zu kanalisieren. Diese Kombination aus realer und virtueller Welt birgt sehr große Potenziale. Virtual Reality eignet sich mehr, um Emotionen durch außergewöhnliche Erlebnisse zu wecken – man denke nur ans Kino oder den Erlebnispark – oder um (noch) nicht vorhandene Dinge entstehen zu lassen und vorstellbar zu machen wie Häuser, Innenräume, Autos mit einer bestimmten Ausstattung und ähnliches mehr. Vom Holodeck zur Hololens Tatsächlich jedoch ist die grundsätzliche Idee der virtuellen Realität nicht neu und wabert schon lange durch die Köpfe der Menschen, was auch Kunst und Literatur dokumentieren. Man denke beispielsweise an Lyman Frank Baum, den Autor des Zauberers von Oz. In seinem 1901 erschienen Kinderbuch „The Master Key“ findet der Protagonist Rob eine Brille, die man heute als Daten-Brille bezeichnen 006_DIE NEWS 11/2016 DIE NEWS 11/2016_000
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