Gamesmarkt - Stiftung Digitale Spielekultur

MAGAZIN | EVENTS
DCPLER ZEIGEN IN
INDONESIEN FLAGGE
A N FA N G N OV E M B E R B E G A B E N S I C H N O M I N I E RT E U N D G E W I N N E R D E S D E U TS C H E N CO M P U T E R S P I E L P R E I S E S AU F E I N L A D U N G D E S G O E T H E - I N ST I T U TS N AC H I N D O N E S I E N . D O RT B R AC H T E S I C H D I E D C P - G E M E I N D E M I T D E M KO O P E R AT I O N S P R OJ E K T „ G A M E M I X E R “ I N D I E
V E R A N STA LT U N G S R E I H E „ D E U TS C H E S A I S O N “ E I N . E I N R E I S E B E R I C H T VO N B E N JA M I N R OSTA L S K I , ST I F T U N G D I G I TA L E S P I E L E K U LT U R .
1 Studenten der Binus University in Jakarta spielen
den DCP-GewinnerTitel „Rules!“ Probe, im
Hintergrund: Frank Holz
(GAWOONI)
2 Beim Creative Camp in
der Bibliothek des
Goethe-Instituts Jakarta
3 Vorstellung des Deutschen
Computerspielpreises
beim Showcase der Gewinner im Audimax der
Binus University in Jakarta
1
Unsicher stakst der deutsche Besucher über die mehrspurige Straße.
Ein Indonesier eilt zu Hilfe, stellt sich
den nahenden Autos in den Weg, um
dem Besucher eine Schneise zu
bahnen.
Das ist zwar nicht weit entfernt von
der Realität im alltäglichen Verkehrschaos der indonesischen Hauptstadt, findet aber diesmal nur virtuell
statt. Das kooperative Minigame
„JaCARta“ haben sechs befreundete
Entwickler aus Deutschland und Indonesien im Rahmen eines GameJams entwickelt. Denn Peer-toPeer-Lernen für Gamesentwickler,
das funktioniert am besten per
Game-Jam! In nur zwei Tagen erstellen die gemischten Teams spielbare
Prototypen, in denen Indonesier und
Deutsche zusammenarbeiten müssen, um ans Ziel zu gelangen. Multikulturelle Multiplayer, sozusagen.
Der Game-Jam an der Telkom University in der javanischen Millionenstadt Bandung ist der krönende
Abschluss des Programms „Game
Mixer“.
Anfang November folgten Nominierte und Gewinner des Deutschen
Computerspielpreises der Einladung
des Goethe-Instituts nach Indonesien. Unterstützt wird das einwöchige Programm „Game Mixer“ vom
Branchennetzwerk BIU.Dev und der
Stiftung Digitale Spielekultur. Bereits
seit Mitte des Jahres kooperiert die
Stiftung, bei der das Awardbüro des
DCP angesiedelt ist, mit dem Goethe-Institut. Dadurch sind mittlerweile die diesjährigen DCP-Gewin-
2
3
ner in Goethe-Instituten auf sechs
Kontinenten spielbar. In Jakarta ist
man dem Vorschlag der Stiftung nun
gefolgt, statt Autoren, Bands und Filmemacher auch einmal deutsche
Gamesentwickler als Kulturbotschafter einzuladen. Die Stiftung hat
das Goethe-Institut bei der Zusammenstellung der Delegation unterstützt.
Noch viel Potenzial
Indonesien ist einer der dynamischsten Märkte Asiens. Die rund
250 Mio. Einwohner des Landes verfügen über mehr als 300 Mio. Mobilfunkanschlüsse und nutzen ihre
Geräte zunehmend zum Spielen.
Konsolenspiele sind den meisten
Indonesiern zu teuer, Internetcafés
sind vor allem abends und nachts
gut besucht.
Gleichwohl steckt die einheimische
Gamesindustrie noch in den Kinderschuhen. Das zeigt sich deutlich am
Game Developers Gathering (GDG)
in Bandung, einer Art Mini-gamescom mit angeschlossener Fach-
Die deutschen TeilnehmerInnen am abschließenden
Game-Jam in Bandung
(v. l.): Wolf Lang (Threaks),
Benjamin Rostalski (Stiftung
Digitale Spielekultur, Awardbüro DCP), Evelyn Hriberšek
(O.R.pheus), Mark Aldrup
(Headup Games), Tahsin Avci
(Pop Rocket Studios), Kristin
Heitmann (appp Media), Florian Smolka (Mimimi Productions), Robin Kocaurek (Klonk
Games), Frederic Schimmelpfennig, Riad Djemili (Maschinen Mensch), Linda Kruse (The
Good Evil), Martin Pittenauer
(The Coding Monkeys), Patrick
Rau (kunst-stoff)
konferenz, die bequem in eine große
Halle passt. Organisiert hat die
Gamesmesse der indonesische
Entwicklerverband AGI (Asosiasi
Game Indonesia).
Verbandssprecher Arief Widhiyasa
lädt die deutschen Gäste in sein Studio Agaté in Bandung ein. Die etwa
30-köpfige Belegschaft verteilt sich
über ein eingeschossiges Wohnhaus. Manche der Entwickler leben
hier sogar mit ihren Familien, viele
verbringen ihre Freizeit bei Agaté.
Wer abends eine Partie DotA spielen
möchte, spart sich das Pendeln
durch den extremen Verkehr, spielt
gleich am Arbeitsplatz und schläft
im Bettenlager des Studios. Agaté
betreibt ein in Indonesien erfolgreiches Fußball-Management-Spiel
auf Smartphones und arbeitet an
einem Browser-basierten JRPG.
Spieleentwicklung in Indonesien ist
günstig. Coder und Artists mit Universitätsabschluss arbeiten für fünf
US-Dollar am Tag. So sind denn auch
Auftragsarbeiten bspw. für japanische Studios eine mögliche Finanzierungsquelle. Mit dem Projekt
„Winter Flame“ ist dem Studio Artoncode aus Jakarta ein erfolgreiches Crowdfunding per Kickstarter gelungen. Ansonsten dominiert
Bootstrapping als Finanzierungsmethode für Games-Start-ups. Hier
liegt auch eine Gemeinsamkeit: Die
deutschen Teilnehmer des Programms kommen mehrheitlich aus
der Indieszene und berichten auf
dem GDG vom oftmals steinigen
Weg zum eigenen Studio. Öffentliche Förderung – auf regionaler
oder Bundesebene durch DCPPreisgelder – ist dabei eine große
Hilfe, aber auch die lokale, regionale
und internationale Vernetzung
untereinander wird als Erfolgsfaktor
für Gründer genannt.
Mit dem GDG und dem Entwicklerverband AGI haben die Indonesier
den Grundstein hierfür gelegt. Triawan Munaf, Leiter der dem Präsidenten direkt unterstellten Agentur
für Kreativwirtschaft, setzt sich zudem für öffentliche Förderung von
vielversprechenden Projekten ein,
um die Branche in Indonesien nach
vorn zu bringen.
Fazit des Teilnehmers Wolf Lang von
Threaks: „Wir hatten das Privileg, für
zehn Tage Teil einer der aufstrebendsten asiatischen Spieleindustrien zu sein. Was mich am meisten
begeistert hat, ist wie ähnlich die
Sorgen und Wünsche unserer vermeintlich fremden Industrien sind.
Ich freue mich sehr, so viele inspirierende Entwickler kennengelernt
zu haben, mit denen wir nun gemeinsam an der Zukunft unseres
Mediums und unserer Industrien arbeiten. Wir hoffen nun, viele unserer
indonesischen Freunde auf der
gamescom 2016 begrüßen zu dürfen!“ Dann können sich die deutschen Entwickler revanchieren und
ihre neuen indonesischen Partner
durch den Kölner Verkehr und die
Besuchermassen auf der gamescom lotsen.
Benjamin Rostalski
Was ist „Game Mixer“?
Das Programm „Game Mixer“ findet im Rahmen der
„Deutschen Saison“ Deutschland-Indonesien statt, bei der
auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Länder
eine Rolle spielt. Die Handelskammer EKONID und die
deutsche Botschaft unterstützen die „Deutsche Saison“.
Auch Unternehmer mit bereits bestehenden Geschäftskontakten in die Region gehören der Delegation an. „Game
Mixer“ umfasste neben dem Game-Jam auch ein Creative
Camp, Showcases der DCP-Gewinner, Besuche bei einheimischen Studios, Vorträge auf einer Entwicklerkonferenz, Networking-Events und Industry-Talks. Das Programm wurde von BIU.Dev mit Unterstützung der Stiftung
Digitale Spielekultur im Austausch mit dem Goethe-Institut, Quinke Networks und dem indonesischen Entwicklerverband AGI gestaltet und kofinanziert.
GamesMarkt 24|2015 | 13