Institutskolloquium Psychologie

Professur Forschungsmethodik und Evaluation in der
Psychologie
Institut für Psychologie
Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften
Institutskolloquium Psychologie
Einladung zum Vortrag
Zeit:
Dienstag, 08.11.2016 | 11:00–12:30 Uhr
Ort:
Institut für Psychologie, Wilhelm-Raabe-Str. 43, Raum 202
Dr. rer. nat. Frank Renkewitz
Sozial-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie,Universität Erfurt
Die Replikationskrise in der Psychologie: Der neueste Stand
Die Psychologie befindet sich in einer „empirischen Krise“, die primär im mangelnden Vertrauen von
wissenschaftlichen Psychologen und Laien in empirisch-psychologische Befunde kenntlich wird. Diese Krise hat
etwa seit 2011 nicht nur zu einer intensiven innerfachlichen Debatte der gängigen methodischen Standards geführt,
sondern wird inzwischen auch von starker öffentlich-medialer Resonanz begleitet. Das mangelnde Vertrauen in
psychologische Befunde begründet sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher Fakten und Phänomene, die im
Forschungs- und Publikationsprozess allerdings oftmals in schädlicher Weise zusammenwirken. Dazu zählen: Ein
Mangel an veröffentlichten Replikationsversuchen, diverse scheiternde Replikationen höchst prominenter Befunde,
„Voodoo-Korrelationen“ und falsch-positive Befunde aus chronisch unterpowerten Studien, „untote“ Theorien,
offenbar allgegenwärtiger Publikations- und Confirmation-Bias, diverse fragwürdige Forschungspraktiken bis hin zum
Wissenschaftsbetrug.
Ich werde zunächst einen Überblick über derartige Probleme, empirische Befunde zu ihrer Verbreitung und den
aktuellen Stand der Debatte geben. Der Vortrag soll zudem eine offenkundige Gemeinsamkeit aller benannten
Probleme thematisieren: Die methodischen wie statistischen Kriterien der Evidenzbewertung in der Psychologie sind
systematisch ungenügend und fehlerhaft. Dies begünstigt das Auftreten und die Publikation vermeintlich
hypothesen-bestätigender Ergebnisse. Eine kritische Überprüfung solcher Resultate unterbleibt in der Regel gänzlich.
Schließlich werde ich auf notwendige Änderungen im Forschungs- und Publikationsprozess eingehen, die sich aktuell
abzeichnen und verschiedentlich bereits durch veränderte Richtlinien zur Forschungsförderung, zur
Publikationspraxis und zum Umgang mit Daten umgesetzt werden.