Merkblatt zu Praxisvertretungen

Merkblatt zu Praxisvertretungen für Vertragsärzte
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Grundsätzlich gilt: Vertreten dürfen nur Ärzte mit deutscher Approbation und
abgeschlossener Weiterbildung; Vertretungen mit einer Berufserlaubnis sind nur
in Einzelfällen nach vorheriger Genehmigung des Regierungspräsidenten möglich.
1. „Echte“ Vertretung durch einen „externen“ Vertreter:
a. Ein Vertragsarzt hat eine Abwesenheit von mehr als einer Woche der für ihn
zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nach § 32 Abs. 1 Satz 4
Ärzte-ZV mitzuteilen, es sei denn es findet eine „unechte“ Vertretung durch einen Praxispartner innerhalb einer BAG oder eines MVZ statt (dazu siehe unten 2.).
b. Der Vertreter kann ein Vertragsarzt aus demselben oder einem anderen KVBereich sein oder ein nicht vertragsärztlich tätiger Arzt.
c. Ein nicht vertragsärztlich tätiger Arzt muss in dem Zulassungsgebiet des
vertretenen Vertragsarztes eine vollständig abgeschlossene Weiterbildung
besitzen.
d. Qualifikationsgebundene Leistungen dürfen nur abgerechnet werden, wenn der
Vertreter die erforderliche Qualifikation besitzt, d. h. bei Vertragsärzten über
die entsprechende qualifikationsgebundene Abrechnungsgenehmigung oder
als Nicht-Vertragsarzt über ein von einer KV ausgestelltes sog. Qualifikationstestat verfügt. Ein solches Qualifikationstestat stellt ab sofort der Geschäftsbereich Versorgungsqualität der KVWL auf Antrag aus. Es werden
aber auch die Nachweise anderer KVen anerkannt.
e. Der Vertretene hat sicherzustellen, dass sein Vertreter dem gleichen Zulassungsfachgebiet angehört wie er selbst. Soll der Vertreter qualifikationsgebundene Leistungen erbringen, muss er die Qualifikation des Vertreters nach § 14
BMV-Ä überprüfen, d. h. er muss sich die erforderlichen Genehmigungen oder
ein Qualifikationstestat vorlegen lassen. Eine entsprechende Erklärung des
Vertretenen zur Prüfung der Qualifikation wird zukünftig in die Vierteljahreserklärung aufgenommen.
f. Für die Leistungskennzeichnung gilt Folgendes:
• Bei einer Vertretung in der Praxis des Vertretenen werden die Leistungen unter dessen LANR abgerechnet, unabhängig davon, ob es sich
um einen Vertragsarzt oder Nicht-Vertragsarzt handelt.
• Bei einer Vertretung in einer anderen Vertragsarztpraxis werden die
Leistungen – wie bisher – auf einem Vertretungsschein mit der LANR
des Vertreters abgerechnet.
2. „Unechte“ Vertretung durch einen Vertragsarzt der BAG oder des MVZ:
a. Da es sich bei einer „unechten“ Vertretung durch einen Vertragsarzt der eigenen BAG oder des eigenen MVZ nicht um eine Vertretung i. S. d. BMV-Ä handelt, muss die Abwesenheit eines Vertragsarztes der KVWL nach Überschreiten
der 90-Tage angezeigt werden.
b. Die Versorgungsbereichsgrenzen sind ebenso wie die Qualifikationsanforderungen uneingeschränkt wie bei der „echten“ Vertretung zu beachten. Es gelten keine Besonderheiten.
c. Die Leistungen, die für einen abwesenden Praxispartner in einer BAG oder einem MVZ erbracht werden, sind mit der eigenen LANR des Leistungserbringers zu kennzeichnen. Dies gilt auch für fachgleiche BAG und Vertretung
fachgleicher Kollegen im MVZ.
Wichtig:
Bitte beachten Sie, dass diese Regelungen ab dem 1. Quartal 2014 uneingeschränkt
gelten und von Ihnen bei einer Praxisabwesenheit berücksichtigt werden müssen. Es
gibt keine weiteren Übergangsregelungen, da Ihnen diese Änderungen mit einem
Vorlauf von mehr als einem Quartal bekannt gemacht worden sind (KVWL kompakt
08/2013).
Erläuterungen:
Die Verwaltungspraxis für die Leistungserbringung durch Vertreter war bisher bei der
KVWL eher von Praktikabilität als von Formalismus geprägt. So war beispielweise
bisher eine versorgungsbereichsübergreifende Vertretung durchaus möglich. Auch
bezüglich des bei dem Vertreter erforderlichen Weiterbildungsumfangs wurden eher
großzügige Maßstäbe angelegt, denn hier wurde vielfach bereits das Vorhandensein
einer hälftigen Facharztweiterbildung als ausreichend angesehen.
Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. Dezember 2011 (AZ.:
B6 KA 31/10 R) ist dies jedoch nicht mehr zulässig. Das BSG hatte die Frage zu entscheiden, ob in einer versorgungsbereichsübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Praxispartner
fachärztliche Leistungen „in Vertretung“ für den abwesenden, an der fachärztlichen
Versorgung teilnehmenden Praxispartner, erbringen und abrechnen durfte.
Das BSG hat zunächst klargestellt, dass eine Behandlung durch einen anderen Arzt
einer BAG (oder eines MVZ) nicht als „Vertretung“ im Sinne der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) anzusehen ist. Darüber hinaus hat es Grundsätze für die
fach- und versorgungsbereichsübergreifende Versorgung und Leistungserbringung
innerhalb (und außerhalb) von BAG bei Abwesenheit eines Praxispartners aufgestellt.
Nach dem BSG-Urteil ist auch innerhalb einer BAG das gesetzlich vorgeschriebene Prinzip der Trennung zwischen hausärztlichem und fachärztlichem Versorgungsbereich (§ 73 Abs. 1 SGB V) uneingeschränkt zu beachten. In einer
versorgungsbereichsübergreifenden BAG darf daher der anwesende Praxispartner keine Leistungen aus dem Versorgungsbereich des abwesenden
Praxispartners erbringen, wenn er selbst diesem nicht angehört. Dies gilt auch
für Leistungen, die eine besondere Qualifikation erfordern, wenn er über diese
nicht verfügt. Eine versorgungsbereichsübergreifende Leistungserbringung ist
daher auch in Abwesenheit rechtswidrig.
Eine Ausnahme gilt nur für Leistungen der Drogensubstitution, die jeder Arzt mit der
Zusatzweiterbildung „Suchtmedizinische Grundversorgung“ erbringen darf, unabhängig von dem Zulassungsfachgebiet. Soweit nach der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung eine Vertretung ohne Nachweis der Zusatzweiterbildung zulässig
ist, gilt diese Ausnahme auch für das Vertragsarztrecht.
Die KVWL hat die Auswirkungen der vom BSG aufgestellten Grundsätze auf die
Verwaltungspraxis umfassend geprüft und wird sie ab Quartal 1/2014 umsetzen.
Stand: Oktober 2016