K - Chrischona Lenzburg

Erben der Verheissung (Hebräer 11,8-16)
℘ Einstieg
Letzthin waren wir in einem christlichen Buchladen und Noemi hat eine Postkarte
entdeckt auf der Folgendes stand: ‚No Risk no Faith‘ (Hebräer 11). Mich interessierte
diese Karte natürlich sofort, da wir uns ja den ganzen Monat mit Hebräer 11 und dem
Thema ‚Voll Glauben‘ beschäftigen. Die Aussage kann man in etwas so übersetzten:
„Ohne Wagnis (oder Risiko), kein Glauben“. Das bedeutet also: Erst wenn wir Wagnisse
oder Risiken eingehen, zeigt sich unser Glaube. Und umgekehrt: Glaube bedeutet auch
immer, dass wir Wagnisse eingehen. Stimmt das?
Wenn ich über Wagnisse nachdenke, merke ich immer wieder, dass ich im Grunde kein
speziell mutiger Mensch bin. Das wurde mir wieder einmal bewusst, als wir letzten
Monat mit einigen Männern der Gemeinde beim Kart-fahren waren. Schon im Voraus
war ich etwas nervös und sagte zu Noemi, dass mich das schon etwas Überwindung
kostet und dass ich ganz bestimmt keine Chance hätte gegen die anderen Männer. Es
war erst das zweite Mal, dass ich Kart-fahren ging. Und es kam auch so, ich wurde am
Ende 14. von 20. Die anderen waren einfach viel schneller und ich nehme auch an
mutiger. Jemand aus der Gruppe sagte am Ende zu mir: Du, hast du unterwegs noch
die nächste Predigt vorbereitet?! Das sagt wohl alles aus über mein Tempo…
Und trotzdem wenn wir die Glaubenshelden aus Hebräer 11 anschauen, wie zum
Beispiel Noah von letzter Woche, dann wird klar: Der Glauben an Gott zeigt sich gerade
dann, wenn wir Wagnisse eingehen. Der Glaube zeigt sich gerade dann, wenn wir Dinge
aushalten müssen und das Ende einer Sache nicht wissen können. Bei der Person, über die wir heute sprechen, nämlich Abraham wird noch ein weiterer
Zusammenhang deutlich: Nicht nur ohne Wagnis, keinen Glauben, sondern auch ohne
Glauben, keinen Segen. Also: ohne Wagnis, keinen Segen. Es geht heute darum, dass
wir durch den Glauben, der eben oftmals auch mit einem Wagnis verbunden ist, den
Segen Gottes bekommen werden. Das Wort ‚Segen‘ ruft in mir gemischte Gefühle
hervor. Es ist eines jener Worte, das Christ so oft benutzen, dass sie kaum noch wissen,
was es bedeutet. Und gleichzeitig sehnen wir uns nach dem Segen, also allem Guten
und der Zuwendung, die Gott schenken möchte. Zudem glauben viele Christen, dass
der Segen Gottes einfach bedingungslos und im Überfluss zu haben ist. Aber die
Geschichte von Abraham wird uns heute zeigen, dass Segen nicht bedingungslos ist.
Im Gegensatz zur Gnade und Vergebung, die wir von Jesus Christus geschenkt
bekommen. Beim Segen ist es etwas anders: Gott sucht Menschen, denen er seinen
Segen und all das Gute schenken kann. Er sucht Erben seiner Verheissungen. Und so
einer war Abraham. Aber wenn wir genau hinschauen, ist sein Leben eine grosse
Herausforderung an die Menschen von heute. Der Autor des Hebräerbriefs erwähnt drei wichtige Stationen im Leben von Abraham: Er
verliess sein Heimatland, er wartete jahrelang auf seinen verheissenen und
langersehnten Sohn und Gott forderte ihn auf diesen Sohn zu opfern, wobei es Gott im
letzten Moment dann verhinderte.
℘ 1. Herausforderung: Alles aufgeben
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Erben der Verheissung (Hebräer 11,8-16)
Die erste Herausforderung die Gott Abraham gab, war gleich massiv: Er sollte alles
aufgeben, was er bisher hatte. Im Hebräerbrief steht es so: Wie kam es, dass Abraham
dem Ruf Gottes gehorchte, seine Heimat verließ und an einen Ort zog, der ´nach
Gottes Zusage` einmal sein Erbbesitz sein würde? Warum machte er sich auf den
Weg, obwohl er nicht wusste, wohin er kommen würde? Der Grund dafür war sein
Glaube. 9 Im Vertrauen auf Gott ließ er sich in dem ihm zugesagten Land nieder,
auch wenn er dort zunächst nichts weiter war als ein Gast in einem fremden Land
und zusammen mit Isaak und Jakob, denen Gott dasselbe Erbe in Aussicht gestellt
hatte, in Zelten wohnte (Hebräer 11,8-9 NGÜ).
Schauen wir kurz das Original in 1. Mose 12 an: Dann befahl der Herr Abram: »Verlass
deine Heimat, deine Verwandten und die Familie deines Vaters und geh in das Land,
das ich dir zeigen werde! 2 Von dir wird ein großes Volk abstammen. Ich will dich
segnen und du sollst in der ganzen Welt bekannt sein. Ich will dich zum Segen für
andere machen. 3 Wer dich segnet, den werde ich auch segnen. Wer dich verflucht,
den werde ich auch verfluchen. Alle Völker der Erde werden durch dich gesegnet
werden (Vers 1-3, NLB). Der Auftrag Gottes hier ist schon etwas verrückt. Er sagt
Abraham im Grunde: Verlasse all das, was du bisher gekannt hast und dir wichtig war:
Deine Familie (ausser deine Frau), dein Heimatland und deine Kultur. Und geh an einen
Ort, den ich dir noch gar nicht sage. Abraham soll das tun, nicht weil er weiss wohin ihn
die Reise führt, sondern alleine aus dem Grund, dass er Gott kennt und ihm vertraut.
Das ist Glauben: Alles aufgeben. Und hier wird eben deutlich, dass Segen nicht
bedingungslos ist. Gott verspricht zwar Abraham, dass er ihn unglaublich segnen wird
und ihn zum grossen Volk machen wird. Aber Gott sagt ihm auch: Du bist noch am
falschen Platz für diesen Segen. Erst wenn du mir folgst in ein neues Abenteuer und
Geheimnis, wirst du das verheissene Land finden und zum grossen Volk werden. Auch wir kommen an dieser Herausforderung nicht vorbei: Der Glaube an Gott fordert
uns heraus, alles aufzugeben, so wie Abraham das getan hat. Oftmals sehen wir uns
nach einem Leben in dem der Segen Gottes fliesst oder nach einem Leben in Fülle.
Aber dieses Leben ist erst dort zu finden, wo wir bereit sind alles aufzugeben. Die
Gefahr ist, wenn ich das so sage, dass wir sofort an Missionare denken, die ihr Land
verlassen und ein grosses Wagnis eingehen. Aber wir müssen nicht unbedingt unser
Heimatland verlassen, um alles aufzugeben. Es gibt andere Sicherheiten, unser Job,
unsere Finanzen, die wir vielleicht aufgeben sollen. Aber es können auch Dinge sein,
wie ein Hobby oder eine Haltung in unserem Inneren, die im Weg stehen können und
die wir aufgeben sollen. Eines muss uns bewusst sein, wir können unser Leben auch als Christen an einem
Platz leben, wo wir die Verheissungen und den Segen Gottes nicht erleben. Nämlich
dort wo wir ein normales und durchschnittliches Leben wählen. Wir sind nicht
geschaffen für ein solches Leben, sondern für eines, das gefüllt ist vom Segen und den
Verheissungen Gottes. Und vielleicht fragst du dich: Was bedeutet es für ich alles
aufzugeben? Schau nicht rechts oder links, sondern frag Gott und du darfst gespannt
sein, was er sagen wird…
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Erben der Verheissung (Hebräer 11,8-16)
Und dann heisst es in Vers 9, dass Abraham als Gast, als Fremder in diesem Land lebte
und in Zelten wohnte. Und ich kann mir gut vorstellen, dass Abraham ab und zu am
Morgen aus seinem Zelt kam, sich umschaute und dachte: Echt jetzt? Habe ich für eine
solche Sandwüste alles aufgegeben? Wo ist jetzt der Segen Gottes? Wo ist jetzt die
grosse Erfüllung all dieser Verheissungen? Von wegen grosses Volk und eigenes Land…
℘ 2. Herausforderung: Unnachgiebig das Ziel verfolgen
Letzten Samstag habe ich also wirklich den 10km-Lauf am Hallwilerseelauf gemacht
und auch überlebt. Es hat mich gefreut, dass einige aus der Gemeinde nachgefragt
haben, wie es ging. Obwohl ich mich auch fragte, ob sich der eine oder andere Sorge
machte, ob ich das überlegen würde :-). Vor allem die Startphase lief super. Es ging
sogar etwas bergab auf einer breiten Strasse und es lief einfach von selbst. Ich hatte
ein gutes Tempo drauf und überholte einige. Doch dann kam der mittlere Teil und der
Weg wurde eben uns sehr schmal. Ich hatte eine Krise, weil mich die Kraft verliess. Ich
musste ziemlich auf die Zähne beissen. Und während dem Lauf wurde mir bewusst:
Das ist doch ein Bild für unser Glaubensleben. Zu Beginn und wenn alles gut läuft, dann
ist unser Glaube nicht so gefordert. Wenn wir eine Gebetserhörung nach der anderen
erleben und Rückenwind haben, dann brauchen wir nicht wirklich glauben. Erst wenn
es streng und eng wird, dann zeigt sich unser Glaube und unsere Fähigkeit trotz
Widerstand das Ziel unnachgiebig zu verfolgen.
Und genau das war auch in der Geschichte von Abraham so. Er hatte die grosse
Verheissung, dass aus ihm ein Volk werden würde und jetzt haperte es bereits beim
ersten Sohn! Aber in Vers 10 lesen wir: Er wartete auf die Stadt, die auf festen
Fundamenten steht und deren Gründer und Erbauer Gott selbst ist. Das Wort warten
ist hier etwas unglücklich und tönt zu passiv. Eigentlich heisst es dort: Er erwartete die
Stadt. Aber was für eine Stadt? Im Vers vorhin lasen wir von den Zelten. Abraham war
ein Nomade, noch nicht am Ziel angelangt. Und Abraham erwartete, dass Gott ein
festes Ziel, also eine Art Stadt bauen würde. Er erwartete immer noch fest, dass Gott
seine Verheissungen erfüllen würde. Doch du sagst jetzt vielleicht: Aber da war doch was. Die Magd von Abraham bekam
doch ein Kind von ihm und dann gab es Streit zwischen Hagar, dieser Magd und Sarah.
Genau! Abraham wollte etwas nachhelfen. Das zeigt uns, dass auch Abraham der
grosse Glaubensheld, Fehler machte. Das ist nicht das Kriterium für den Glauben. Denn
Abraham verfolgte das Ziel trotzdem unnachgiebig. Wie kam es, dass Abraham noch
in einem Alter, in dem man eigentlich nicht mehr Vater werden kann, die Kraft erhielt,
mit seiner Frau Sara, die selbst unfruchtbar war, ein Kind zu zeugen? Auch dafür war
sein Glaube der Grund. Abraham war überzeugt, dass der, der ihm ´einen Sohn`
versprochen hatte, vertrauenswürdig ist. 12 So stammt also von einem einzigen
Mann – noch dazu von einem, dessen Zeugungskraft erloschen war – eine
unermesslich große Nachkommenschaft ab, so unzählbar wie die Sterne am Himmel
und der Sand am Ufer des Meeres (Hebräer 11,11-12). Der Glaubensschritt von diesen
beiden war also, dass sie auch mit fast hundert Jahren noch zusammen schliefen und
erwarteten, dass Sarah schwanger werden würde. Abraham gab die Verheissung nicht
auf, sondern verfolgte das Ziel unnachgiebig.
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Erben der Verheissung (Hebräer 11,8-16)
Und das ist auch für uns die zweite Herausforderung: Nicht nur alles aufgeben, sondern
dann auch das Ziel weiterverfolgen, auch dann, wenn es unmöglich erscheint. Mir
gefällt es, dass Gott versprach, dass er Abraham zum grossen Volk machen würde.
Gott ist nicht mickrig in seinen Verheissungen und seinem Segen. Es gibt diese Szene
bei Abraham, wo er eines Nachts nach draussen geht und die unendlich vielen Sterne
sieht. Gott sagt ihm dann: So viele Nachkommen sollst du einmal haben. Und Abraham
antwortet nur: Aber ich habe ja gar keinen Sohn! Ich frage mich, ob Gott auch dir und
mir manchmal ein Universum zeigen möchte und wir uns um den Sohn sorgen machen,
den wir nicht haben. Könnte es sein, dass Gott uns noch viel mehr Segen geben
möchte, aber wir so sehr mit unserem Alltag beschäftigt sind, dass wir das verpassen?
Gibt es in deinem Leben eine Verheissung, die du unnachgiebig verfolgst?
℘ 3. Herausforderung: Vertrauensvoll leben
Und dann finden wir noch eine dritte Herausforderung in der Geschichte von Abraham:
Vertrauensvoll zu leben, gerade dann wenn wir die Erfüllung unserer Gebete und den
verheissenen Segen nicht erleben. Es heisst im Vers 13: Sie alle, von denen wir jetzt
gesprochen haben, haben Gott bis zu ihrem Tod vertraut, obwohl das, was er ihnen
zugesagt hatte, dann noch nicht eingetroffen war. Sie erblickten es nur aus der
Ferne, aber sie sahen der Erfüllung voller Freude entgegen; denn sie waren auf
dieser Erde nur Gäste und Fremde und sprachen das auch offen aus. Unser Glaube
zeigt sich erst dann wirklich, wenn wir die Erfüllung noch nicht sehen. Auch Abraham
erlebte die eigentliche Erfüllung der Verheissung nicht. Er bekam zwar einen Sohn, aber
er sah nicht, dass ein grosses Volk aus ihm wurde, oder dass das verheissene Land
eingenommen und zum Besitz wurde. Das lag alles noch in ferner Zukunft. Aber er
vertraute Gott und war ihm treu. Auch wir müssen damit rechnen, dass sich wir nicht den ganzen Segen und die
Erfüllung aller Verheissungen auf dieser Welt miterleben werden. Wir sind nur Nomaden,
so wie es Abraham war. Das kann uns eine neue Lockerheit gegenüber dem Besitz auf
dieser Welt geben. Wir werden nichts mitnehmen können. Wir haben eine Hoffnung und
eine Perspektive, die weit über diese Welt hinausgeht. Und das macht uns frei. Wir
müssen uns nicht von Besitz und Geld und Materiellem abhängig machen. Das
bedeutet es, zu glauben und Gott treu zu sein, dass wir wie Nomaden auf dieser Welt
leben, unabhängig und frei vom Besitz. Es gibt eine Gefahr in dieser Zeit in der wir den Segen Gottes erwarten, nämlich dass
wir uns unter den Segen anderer stellen und denken, es wäre unser Verdienst. Ich
beobachte vor allem bei jungen Menschen, dass sie an alle diese Orte reisen, wo Gott
gerade Erweckung schenkt oder Segen fliesst. Aber das geschieht dort, weil Menschen
bereit waren, alles aufzugeben und ein Ziel unnachgiebig zu verfolgen. Es geht nicht
darum, sich unter den Segen anderer zu stellen, so schön sich das auch anfühlt. Die
Herausforderung ist hier wo man jetzt ist, hier und heute den Segen Gottes zu erwarten.
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Erben der Verheissung (Hebräer 11,8-16)
℘ Schluss
Zum Schluss seines Lebens verlangt dann Gott nochmals alles ab von Abraham. Er
fordert ihn auf seinen Sohn Isaak ihm zu opfern und Abraham hätte es gemacht, wenn
Gott ihn nicht im letzten Moment aufgehalten hätte. Gott wollte ihm mit diesem Test
etwas klar machen. Er sagte zu Abraham: Schau, sogar wenn ich dir deine grössten
Wünsche erfülle und dich segne, ist das nicht das Ziel. Das Ziel ist nie der Segen,
sondern Gott. Gott möchte deine Gott sein und deine Erfüllung, deine Freude und
Hoffnung. Und das Ziel ist auch nie, dass der Segen nur für uns ist. Wir sollen den
Segen nicht horten, sondern wiederum zu Segen werden für die Welt.
Gott sucht dich. Er möchte dich zum Erben, zum Empfänger seines Segens machen,
aber das verlangt von uns, dass wir alles aufgeben und seinen Segen unnachgiebig
verfolgen in unserem Leben.
Was könnte das in deinem Leben bedeuten, alles für Gott aufzugeben? Frag ihn! Und
wenn du das schon gemacht hast und alles aufgegeben hast und jetzt an dem Punkt
stehst, wo du denkst: Echt jetzt? Wo bleibt denn der Segen? Ich sehen nichts davon.
Dir möchte ich sagen: Gib nicht auf. Verfolg das Ziel, den Segen weiter, unnachgiebig.
Halte an Gott fest. Er ist treu!
Amen.
Beni Leuenberger, 23.10.2016
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