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Die Hirschhausen-Kolumne
Lieber Helmut, liebe ∫-Leser,
stellen Sie sich vor, ein Wunderheiler stellt sich
ans Meer und sagt: „Ich habe magische Kräfte.
Ich kann dafür sorgen, dass sich das Wasser
des Ozeans dem Ufer nähert. Geben Sie mir
sechs Stunden!“ Wären Sie beeindruckt? Nicht
wenn Sie den natürlichen Verlauf kennen:
Dann würden Sie keinen ernst nehmen, der
behauptet, Urheber von Ebbe und Flut zu sein.
Was das mit Erkältungen zu tun hat? Eine Menge! Sie kommen und gehen wie die
Gezeiten. Nur kennen wir nicht ihren zeitlichen
Verlauf. Mal bleibt es beim Kribbeln in der Nase oder dem Kratzen im Hals, mal sind wir drei
Tage schlapp, mal zwei Wochen. Da die auslösenden Viren sich ständig ändern, kann kein
Arzt der Welt im Einzelfall vorhersagen, wie
lange die Episode dauern wird. Weil Menschen
aber ungerne abwarten und lieber etwas tun,
blüht der Markt der Wundermittel.
Sie haben das letzte Mal sieben Tage flach
gelegen, bekommen diesmal einen Virus, der
Sie nur drei Tage krank macht. Nach den ersten beiden Leidenstagen nehmen Sie an Tag
drei Mittel XY, weil Ihre Kollegin damit gute Erfahrungen gemacht hat. An Tag vier sind Sie
wieder fit. Was denken Sie? Hätte ich XY nicht
genommen, wäre ich noch krank. Wären Sie
nicht. Aber Sie können es nicht überprüfen.
Doch jeder, der so ein kleines Wunder erlebt
Dr. Eckart von Hirschhausen –
ist Arzt, Kabarettist, TV-Moderator und Bestseller-Autor. Er schreibt hier
exklusiv für ∫-Leser. Sie wollen ihn live auf der Bühne sehen? Alle
Termine und mehr Infos finden Sie im
Internet auf www.hirschhausen.com
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hat, wird dermaßen überzeugt sein, dass er mit
missionarischem Eifer der Welt erzählt, sie
müssen XY auch nehmen.
Es gibt nichts, was allen hilft. Es hätte
sich herumgesprochen. Darum braucht es systematische Studien, wo viele Menschen unter
klaren Spielregeln eingeteilt werden: die einen
bekommen das echte Mittel, die anderen das
Scheinpräparat. Hier zeigt sich, dass es bei Erkältungen bis heute nichts gibt, was wesentlichen Einfluss auf den Verlauf nimmt. Klar kann
man Schmerzen dämpfen, die Nase mit Spray
freihalten, etwas lutschen und inhalieren. Das
tut alles gut, aber kürzer wird die Leidenszeit
davon nicht, nur ein wenig angenehmer.
Ein letzter ernster Hinweis: Einige pflanzliche Präparate, die stark in der Apotheke beworben werden, schädigen im Einzelfall die Leber. Wenn Sie etwas ohne klaren Nutzen einnehmen wollen, sollten Sie darauf achten, dass
es keinen Schaden anrichten kann. Auch eine
Überdosis Paracetamol ist ungünstig, wie man
heute weiß. Es tut mir leid, Sie zu enttäuschen,
aber bei Erkältungen wirken Abwarten, Teetrinken und Hühnersuppe am besten. Was mich
wundert: Warum gibt es Hühnersuppe nicht
als Lutschtablette oder Zäpfchen?
Bis zum nächsten Mal, herzlich Ihr
Dr. Eckart von Hirschhausen
Ausschnitte aus der aktuellen
Wunderheiler-Tour und ein
tolles Gewinnspiel finden
Sie bei uns im Netz. Einfach QR-Code scannen
oder auf www.aok.de/
bleibgesundaktiv gehen.
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„Wunderheilung“, Postfach 2551, 61352
Bad Homburg. Oder per E-Mail an die
Adresse [email protected]
Foto: wdv/J. Lauer
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Wenn ich erkältet bin, empfehlen mir Kollegen und Freunde
oft ein „Wundermittel“, das ihnen immer hilft. Ich habe schon
alles Mögliche ausprobiert, irgendwie funktioniert es bei mir
nicht. Woran könnte das liegen? fragt Helmut S. aus U.