20161017 – Zeitungsandacht MAZ Achtsam durchs Leben steuern Auf dem Weg von Wuthenow nach Neuruppin gibt es ein Stück Straße – zwischen Gildenhall und dem Seedamm – da darf man 80 km/h fahren. Heute aber sah ich, als ich schon am Beschleunigen war, dass die Ampel unten am anderen Ende des Wegabschnitts gerade auf „rot“ schaltete. Ich nahm also den Fuß vom Gas und ließ den Wagen gemütlich auf die Ampel zurollen. Nicht so mein Vordermann: Der blieb bei 80, um am Ende scharf zu bremsen. Leider musste ich das dann auch, denn ich hätte zwar gemütlich über die bei meinem Eintreffen bereits wieder auf „grün“ stehende Ampel rollen können, aber mein Vordermann musste ja erst wieder anfahren und bremste mich so dann doch noch aus. Diese kleine Episode erinnerte mich stark an den Artikel eines „Spritspar-‐Trainers“, den ich neulich in einem Automagazin gelesen hatte. „Vorausschauendes Fahren“, so der Trainer, spart Benzin, Bremsbeläge und lässt einen viel entspannter, aber selten viel später am Ziel ankommen. Doch dann drifteten meine Gedanken gleich noch ein Stückchen weiter. Eigentlich, so dachte ich, ich doch das ganze Leben wie eine Autofahrt. Zwar kann man nicht alles planen, und manchmal hat man so schön vorausgedacht, und dann bremst einen irgendwer doch noch auf den letzten Metern aus. Aber vorausschauend sollte man trotzdem durch das Leben steuern. „Wer geduldig ist, der ist weise; wer aber ungeduldig ist, offenbart seine Torheit,“ heißt es im Buch der Sprüche in der Bibel. Ein Satz, der wohl auf beides zutrifft: das Autofahren und das Leben. Ich muss zugeben, dass es mit – in beiden Feldern – oft daran mangelt; da hilft weder die Lektüre von Spritspartipps noch der Bibel. Aber immerhin habe ich inzwischen erkannt, dass das ein Manko ist. Mein Stoßgebet „Gott, schenke mir Geduld!“ endet nicht mehr jedes Mal mit dem Nachsatz „Aber bitte sofort!“ Wer mit Vollgas durch Leben rast, kommt nämlich im Zweifel auch nicht schneller, höchstens erschöpfter am Ziel an. Und die Gefahr, unterwegs schon liegen zu bleiben, erhöht sich auch. Eine weise Freundin von mir sagt immer: „Pass auf, dass Du Deine Lebenskerze nicht von beiden Seiten anzündest. Das mag heller wirken, ist aber arg kurzlebig.“ Recht hat sie. Nun fehlt es nur noch an der Umsetzung. Aber vielleicht können wir uns da gegenseitig helfen. Zu schnell erwarten wir heute im Beruf wie im Privatleben, dass alles ganz schnell geht. Stacheln einander zu immer höheren Geschwindigkeiten an: Handy und Smartphone und Tablet machen es möglich. Warum? Sind wir damit wirklich produktiver? Eine Kultur der Entschleunigung, der Bedachtheit und der Achtsamkeit bringt bessere Ergebnisse, wie schon die Alten wussten: „Eile mit Weile“, denn „Gut Ding will Weile haben!“. Also los, aber immer schon ruhig.
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