oktober 2016

BASF
/
Springer & Jacoby
/
Hyperloop
/
Luxus-Spezial
OKTOBER 2016 / 3. JAHRGANG
OKTOBER 2016
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KLAUS BOLDT / Chefredakteur
„Wieder einmal
kommt eine
INNOVATION aus
den USA.
Und nicht aus
Düsseldorf
oder Dresden.
Wir sollten
uns nicht daran
gewöhnen.“
Der aus Südafrika stammende und heute in
den USA lebende Unternehmer Elon Musk,
liebe Leser, gehört mit seinen Gründungen
Paypal, Tesla und Space X zu den inspirie­
rendsten und erfolgreichsten Figuren der
Wirtschaftswelt. Vor drei Jahren hat er in
einem Thesenpapier die Idee vom Hyper­
loop in die Welt gesetzt: seine Fantasie vom
überschallschnellen Transportmittel der
Zukunft – von einem Passagierflugzeug
ohne Flügel, das mit 1.220 Stundenkilome­
tern durch eine Vakuumröhre jagt und für
die Strecke von Hamburg nach Berlin eine
Viertelstunde braucht.
Wir haben uns gefragt, wie es heute um die­
se buchstäblich abenteuerliche Idee steht,
und uns vor Ort in Los Angeles bei den
Betreibern des Musk­Projekts umgesehen:
Ist der Hyperloop technisch machbar und,
wenn ja, auch wirtschaftlich sinnvoll? Die
BILANZ­Leute Jürgen Schönstein und Vol­
ker ter Haseborg sind dem nachgegangen
und haben die aufregende Geschichte vom Duell zweier Männer aufge­
schrieben, die entschlossen sind, den Hyperloop zu verwirklichen – nicht
eines fernen Tages, sondern in drei, spätestens vier Jahren.
Dass der Kampf um diese Innovation wieder einmal an der US­Westküste
­
­Westküste
ausgefochten wird und nicht in Düsseldorf oder Dresden, halten wir weder
für naturgegeben noch schicksalhaft. Auch deshalb haben wir den Grün­
derwettbewerb „Start me up!“ ins Leben gerufen. Er geht jetzt in seine
zweite Saison: Wer sagt denn, dass nicht ein hiesiger Gründer oder eine
Gründerin das Rennen um den Hyperloop noch für sich entscheiden kann?
Die BILANZ ist ab sofort auch im Abonnement erhältlich für 49 Euro
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BILANZ
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INHALT
NAMEN & NACHRICHTEN
8
BDI
Irrungen und Wirrungen: Der
scheidende BDI-Präsident
Grillo vermasselt die wichtigsten
Personalentscheidungen.
10
COMMERZBANK
So wird das nichts: Aufsichtsratsvorsitzender Müller sorgt für
Kontinuität – der Existenzkrise.
10
PRO SIEBEN SAT 1
Die Sendergruppe bekommt
einen Head of Cosmetics – und das
hat nichts mit der Bilanz zu tun.
10
Zwei Firmen im
Duell. Oben: die
Zentrale von HTT.
S. 50
TOP-ARBEITGEBER:
Der Führungsnachwuchs mag Institute
wie Fraunhofer. S. 20
4
BILANZ / OKTOBER / 2016
Prominente Neuzugänge beim
Investmentfonds von ExStanley-Morgan-Deutschlandchef
Dirk Notheis.
FAST WIE APPLE:
Sir James Dyson
und seine Strategie
von morgen. S. 28
12
HAUSBESUCH:
16
Beim Kaschmirkönig
Brunello Cucinelli in
Solomeo. S. 78
AUF EIN WORT
Merck-Vorstand Kai Beckmann
erklärt, warum er 300.000 Euro
für Namensrechte am Stadion
von Darmstadt 98 zahlt und die
Sportstätte trotzdem ganz anders
heißt.
MACHTNETZ
Rolf Buch führt ein Dax-Unternehmen, das mehr wert ist als
die Deutsche Bank, gleichwohl
kaum jemand kennt: den Immobilienkonzern Vonovia. Der Erfolgsmensch hat ein paar mächtige
Gegner.
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AUS DER REDAKTION
UNTERNEHMEN &
MÄRKTE
IDEEN &
INNOVATIONEN
20
50
Das Geldgewerbe ist out:
10.000 Nachwuchskräfte urteilen
über Deutschlands beliebteste
Unternehmen. Alle Namen von
Platz 1 bis 101.
26
60
TEMPO, TEMPO!
36
64
68
70
42
46
78
82
Eine Tasche als Fetisch:
die „Birkin Bag“
Häuser über 100 Mio.
Besuch in Bangkoks
„Mandarin Oriental“
Sunny Side Up!
Oldtimer-Mekka Pebble
Beach
Cucinelli, König Kaschmir
84
NEUES VOM GRÖSSTEN
84
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JÜRGEN SCHÖNSTEIN
S. 50
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GELDANLAGE AUF VIER BEINEN
Siegerkranz statt Nullzins:
Beteiligungen an Rennpferden.
Illy ist Kult unter Espresso-Trinkern. Der Chef erklärt, warum.
... Heinz Dürr und Hilmar Kopper?
BAADERS BESTE
Sein Tipp: Luxusstullen auf Sylt.
THOMAS SCHRÖDERS
FLASCHENPOST
Ein legendärer Kalifornier.
105 REGISTER, IMPRESSUM
106 BILANZ-GEWINNERIN
JULIA JÄKEL
DIE NÄCHSTE BILANZ ERSCHEINT AM 4. NOVEMBER 2016
6
„Als Kanadier hasst der Hyperloop-Boss
Rob Lloyd Verspätungen. Der Grund,
warum er uns trotzdem warten ließ, bot
uns gleich den passenden Gesprächsstoff.“
WELTBESTER KAFFEE
Zu Trump ist alles gesagt, aber
noch nicht von jedem. PulitzerPreisträger Neil Barsky
kennt noch andere Facetten.
48
74
76
BILANZ UNDERCOVER
Das Gute an eigenen
Investment-Entscheidungen?
Sie zahlen sich aus.
LUXUS-SPEZIAL
64
TREFFEN SICH DREI WERBER ...
Streng geheim: Ein Mittelständler
packt aus, wie die Autokonzerne
mit ihm umgehen.
KOWALSKYS CRASHTEST
PRIVAT
Kein Witz: Werbemann Fred
Baader interviewt Reinhard
Springer und Konstantin Jacoby,
die Werbehelden der 90er-Jahre.
40
FRED BAADER
Unser Technik-Guru probiert
drahtlose Kopfhörer aus.
SIR JAMES WILL’S WISSEN
Kreativtechniker James Dyson
kann viel mehr als Staubsauger.
Die rasenden Zeitläufe verunsichern viele Menschen und führen
zu allerlei Übel. BILANZ-Kolumnist Wolfgang Kaden über
„Change“ als Überlebensweisheit.
„Reinhard Springer und Konstantin Jacoby haben seit 15 Jahren kein Interview
gegeben. Für mich (M.), ihren Exkonkurrenten, machten sie eine Ausnahme.“
S. 36
63
32
START ME UP! –
ES GEHT WIEDER LOS
Der Gründerwettbewerb
von BILANZ sucht junge
Neckermänner und Daimlers.
TRANSPARENZ IST TRUMPF
Inhalt vor Schönheit: Die Wissenschaftler in der BILANZ-Jury kürten den besten Geschäftsbericht.
28
JETS OHNE FLÜGEL
Der Hyperloop soll schneller als
der Schall Menschen und Fracht
befördern. Besuch bei zwei Teams,
die um die Wette entwickeln.
„Auch Dirk Ahlborn will in L. A . den
Hyperloop bauen – mit freien Mitarbeitern aus aller Welt, die übers Internet
kooperieren. Ich traf Ahlborn in Berlin.“
VOLKER TER HASEBORG
S. 55
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BILANZ / OKTOBER / 2016
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Prämie
NAMEN UND NACHRICHTEN
NAMEN & NACHRICHTEN
na an die Presse durchgeflüstert haben.
Doch statt in Ruhe eine gütliche Einigung
mit dem beziehungsreichen BDI-Mann
Schweer zu suchen, wie es Mitarbeiter
empfahlen, verlor Grillo die Nerven und
bestand auf einer Brachial-Aktion.
Was unangenehme Folgen mit sich
bringt: Denn weder verließ Schweer den
Verband „auf eigenen Wunsch“, noch
hatte ihm der BDI den üblichen Dank für
vergangene Dienste abgestattet.
Schweer ist nun vor das Berliner Arbeitsgericht gezogen (Aktenzeichen: 23
Za 11 591/16). Die BDI-Verteidiger spielen
auf Zeit und wollen erst einmal feststellen lassen, ob das Arbeits- oder doch das
Landgericht zuständig ist. Das dauert.
Vermutlich länger als ein Jahr.
Dass die Trennung für den notorisch
finanzschwachen BDI, der sich noch von
einem „Förderkreis“ mit drei bis vier Millionen Euro im Jahr bezuschussen lässt, dadurch billiger wird, ist unwahrscheinlich.
Allein Grillo, obwohl er ein Ehrenamt be-
BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN INDUSTRIE
ENDE MIT
SCHRECKEN
Ausgerechnet zum Ende seiner Amtszeit vermasselt der scheidende BDI-Präsident wichtige
Personalien. Seinem Nachfolger hinterlässt er einen Spitzenverband im Niedergang.
offenkundig verschlüsselte Signale.
Ulrich Grillo (57), Präsident des Bundes­
verbands der Deutschen Industrie (BDI),
sorgt kurz vor dem Ende seiner Amtszeit
am 31. Dezember für Unruhe. Der BDI,
8
BILANZ / OKTOBER / 2016
Zuerst meldeten sich seine Vize­Prä­
sidenten. Sie nahmen Anstoß daran, dass
sie, erstens, nicht in die Suche nach ei­
nem Kerber­Nachfolger eingebunden
worden waren und dass ihnen Grillo,
zweitens, den Neuen kurzfristig per Te­
lefonanruf serviert habe. Dabei erfuhren
sie, drittens, zum ersten Mal, dass Grillo,
viertens, schon seit Monaten von der Ent­
scheidung des geschätzten Kerbers, den
Verband zu verlassen, gewusst habe.
Doch damit nicht genug, verkündete
der BDI am 15. August auch noch, dass
Dieter Schweer (63), Kerbers Stellvertre­
ter, „auf eigenen Wunsch“ ausscheide.
Von einem Wunsche Schweers konn­
te indes keine Rede sein: Es war ein Raus­
schmiss klassischen Stils. Präsident Gril­
lo verdächtigt Schweer der Ruch­ und
Treuelosigkeit: Der ehemalige Journalist
(„Wirtschaftswoche“) soll BDI­Inter­
ganisation wie dem BDI überfordert sei.
Wie Grillos bestallter Nachfolger Dieter
Kempf mit dieser Truppe den Bedeutungsverlust des Industrieverbands auf
aufhalten will, ist schleierhaft. Der künftige
Präsident, ehedem Chef der Datev und
der IT-Branchenvereinigung Bitcom,
verfügt zwar über Verbandserfahrung.
Er steht als Steuerberater und Genosse
im Ruhestand aber nicht im Ruf, ein politisches Schwergewicht zu sein, und ein
Industrieller ist er schon einmal gar nicht.
Kempfs Nominierung belegt auch,
dass kaum ein Unternehmer noch bereit
ist, sich öffentlich für die soziale Marktwirtschaft ins Zeug zu legen: Die vielen
Absagen, die sich Grillo einhandelte, als
er einen Nachfolger für den Präsidentenposten suchte, belegen dies eindrucksvoll.
Obendrein muss sich Kempf noch darauf einstellen, das Budget zu kürzen: Der
Baukonzern Hochtief tritt zum Ende des
Jahres aus dem Verband aus. Beitragseinbuße: mehr als 700.000 Euro.
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HORCH: BDI-Präsident Grillo hört
der als einflussreichste Unternehmer­
organisation des Landes gilt, vertritt mit
rund 180 Mitarbeitern die Interessen von
38 Wirtschaftsverbänden. Das Jahres­
budget liegt bei knapp 27 Millionen Euro.
Doch im Hause herrscht eine gewisse
Desorganisation.
Mitte August hatte Grillo zur allge­
meinen Verblüffung bekannt gemacht,
dass der BDI­Hauptgeschäftsführer Mar­
kus Kerber, eine joviale Natur, sein Amt
im kommenden Jahr niederlegen und im
April 2017 durch den Eon­Manager Joa­
chim Lang (49) ersetzt werde.
Die Personalie sorgte für Aufruhr in
der Berliner Pressure Group. Grillo, der
seine Schaffens­ und Leistungskraft ab
Januar wieder den Duisburger Grillo­
Werken zur Verfügung stellen kann, was
diese bitter nötig haben, musste viele Be­
schwerden entgegennehmen.
kleidet, lässt sich vom BDI 180.000 Euro
im Jahr alimentieren. Als Entschädigung
dafür, dass er als Verbandsfunktionär keine Zeit habe, um Aufsichtsratsmandate
wahrzunehmen.
Auch die Qualität der Verbandsarbeit dürfte leiden: Schweer zog bei vielen BDI-Streichen die Fäden und galt als
grauer Kardinal des Verbands. Einflussreiche BDI-Mitglieder bezweifeln zudem,
dass Lang die richtige Wahl als Hauptgeschäftsführer ist. Der Jurist arbeitet seit
2007 für Eon-Chef Johannes Teyssen
(der auch dem BDI-Förderkreis vorsitzt)
als Berlin-Repräsentant und hat sich in
der Rolle dessen, der gegen den Atomausstieg agitierte, wenig Freunde im Kabinett gemacht.
Wieder andere geben zu bedenken,
dass Lang (einst Referent der CDU-Bundestagsfraktion und Koordinator für Europapolitik im Kanzleramt) bisher kaum
Management-Erfahrungen sammeln
konnte und mit einer vielschichtigen Or-
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BILANZ
FORD PRÄSENTIERT
NAMEN & NACHRICHTEN
DAUERKRISE
Warum Oberaufseher KlausPeter Müller die größte Altlast
des Instituts ist.
VERLAUFEN: Müller (r., mit Zielke) hat
die Bank in den Schlamassel geführt.
Das ganze Elend des deutschen Geldgewerbes lässt sich derzeit am besten an
der Commerzbank besichtigen: An die
10.000 (von ca. 50.000) Arbeitsplätze
will Vorstandschef Martin Zielke (53)
streichen, die Kosten um eine Milliarde
Euro senken – eine Operation, mit der
fallende Erträge ausgeglichen und die
Talfahrt der Aktie gestoppt werden sollte.
Der Reaktion der Börse auf den Rettungsplan war verheerend: Die Aktie
verlor mehr als fünf Prozent. Gewiss,
Altlasten und die Nullzinspolitik der
Europäischen Zentralbank machen das
Geldverdienen mühsam. Das erlebt auch
die Deutsche Bank. Allerdings gibt es einen Unterschied: Die Deutsche Bank verbraucht dafür „nur“ das Geld ihrer Aktionäre, die Commerzbank vergeudet auch
noch das Geld der Steuerzahler.
Dies hat Oberaufseher Klaus-Peter
Müller (72) offenkundig nie daran gehindert, der Bank seine Strategie des
Durchwurschtelns aufzudrücken, zum
Wohle des Machterhalts, und wenn’s sein
10
muss, dafür auch die Regeln guter Unternehmensführung zu schleifen.
Jüngstes Beispiel: die Personalie Markus Beumer (52). Vor wenigen Monaten
noch hatte Müller dem Vorstand versprochen, ihn zum Nachfolger des zur
UBS desertierten Institutsleiters Martin
Blessing (53) zu befördern, wenig später
hievte er dann Zielke auf den Posten.
Auslöser für Müllers Wende
waren nicht etwa Vorbehalte
aus dem Aufsichtsrat, dem
für Vorstandspersonalien
zuständigen Gremium. Vielmehr hatte der Bund, der die
Bank mit Milliarden aus der
Steuerkasse gerettet hat und
ca. 15 Prozent der Aktien hält,
Einspruch eingelegt.
Nicht einmal jetzt, bei
der Trennung von Beumer,
traut sich Müller, jene Macht
auszuüben, die das Aktiengesetz dem Aufsichtsrat
gibt. Beumers Vertrag lief
noch bis 2020. Bei jeder normalen Aktiengesellschaft hätte der Aufsichtsrat die
Personalie alleine entscheiden, doch Müller unterschreibt keinen Scheck ohne den
Segen aus Berlin.
Eine solche Peinlichkeit leistete sich
die Bank nicht zum ersten Mal. 2013, als
die Manager Ulrich Sieber und Jochen
Klösges gehen mussten, verweigerte sie
auf Anweisung Berlins die zustehende
Abfindung. Im Fall Siebert musste das
Arbeitsgericht die Bank überzeugen, deutlich mehr als die vom Bund bewilligte Million zu zahlen. Plus die happigen Honorare für die Anwaltskanzlei Hengeler, die für
Müller den Fall übernommen hatte.
Wer glaubt, die Praxis eines ferngesteuerten Aufsichtsratsvorsitzenden gehe
mit Müllers Ausscheiden 2018 zu Ende,
wird sich wohl täuschen. Sein designierter Nachfolger steht vor allem für Kontinuität: der ehemalige Commerzbank-Vorstand Stefan Schmittmann (59), der Ende
2015 in den Vorruhestand wechselte.
Ehrlicher wäre es, wenn ein Vertreter
des Bundes in das Gremium eingezogen
wäre. Andererseits: Warum soll ein Politiker sich das antun, wenn er auch so seinen
Willen bekommt?
PRO SIEBEN SAT 1
GESCHAFFEN,
UM IHRE ZEIT
ZU VEREDELN.
FACELIFTING
Ein Head of Cosmetics für
die Sendergruppe.
Was macht ein Head of Cosmetics bei einem TV-Sender? Mit dieser Bezeichnung
steht jetzt Susanne Cornelius (46) im
Organigramm von Pro Sieben Sat 1. Die
Marketing-Expertin leitete bei Henkel
bislang die Vermarktung von Klebstoffen.
Bei P7S1 soll Cornelius das Kosmetikgeschäft in Schwung bringen – nach
Art des Hauses. Die Sendergruppe bietet jungen Internetfirmen, die auf den
Massenmarkt zielen, Werbezeiten gegen
Umsatz- oder Kapitalbeteiligung an. In
der Reisebranche hat das mit Weg.de
gut geklappt, auch das Vergleichsportal
Verivox floriert. Kosmetik soll das nächste große Geschäft für Internetfirmen und
TV-Vermarkter werden, hofft P7S1.
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RANTUM CAPITAL
NEUE BEI NOTHEIS
Die Ex-Manager Kley und
Eberhardt finden Arbeit.
Der ehemalige Merck-Chef Karl-Ludwig
Kley (65) und der langjährige Rheinmetaller Klaus Eberhardt (68) sind
bei der Frankfurter Fondsgesellschaft
Rantum Capital eingestiegen. Die prominent besetzte Truppe stellt Mittelständlern Geld zur Verfügung, wenn
Bankenfinanzierungen nicht ausreichen.
Organisationsleiter ist der frühere
Morgan-Stanley-Deutschland-Chef Dirk
Notheis, namhaft sekundiert von früheren Anführungskräften wie Rainer Hunold (Ex-Air-Berlin-) und Michael Rogowski (Ex-Voith- und -BDI-Boss). Auch
Thomas Ebeling von Pro Sieben Sat 1
findet sich unter den Akteuren. Kley und
Eberhardt sollen in der Pharmazie- bzw.
Autobranche für Wirbel sorgen.
FOTO: PICTURE ALLIANCE
COMMERZBANK
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AUF EIN WORT
Erlebnis über das Ergebnis“. Ist das
die Einstellung, mit der die Firma
Merck assoziiert werden soll?
Kai Beckmann (51), Vorstand
des Pharmaunternehmens
Merck (12,8 Mrd. Euro
Umsatz), über den Stadionnamen des SV Darmstadt 98.
Herr Beckmann, der SV Darmstadt
spielt in dieser Saison nicht mehr
im „Merck-Stadion am Böllenfalltor“, sondern im „Jonathan-HeimesStadion am Böllenfalltor“, benannt
nach dem an Krebs verstorbenen
Darmstadt-Fan. Was versprechen
Sie sich von dem Verzicht auf das
Namensrecht, das Sie 300.000
Euro im Jahr kostet?
U nser Ziel ist es, die Initiative „Du musst
kämpfen“ noch bekannter zu machen,
eine von Heimes und der Tennisspielerin
Andrea Petković gegründete Initiative zur
Unterstützung krebskranker Kinder. Jonathan Heimes war ein besonderer Mensch,
der sich trotz seiner Erkrankung unermüdlich für Krebskranke eingesetzt und Tausende Menschen inspiriert hat. Zudem ist
der Ideengeber der Umbenennung Jonathan Heimes’ Vater, Martin Heimes, seit
fast 25 Jahren Merck-Mitarbeiter. Diese
Konstellation ist eine besondere: Merck
hat ohne Zögern die Gelegenheit genutzt,
Jonathans Lebenswerk zu würdigen.
Mannschaft, Fans, der ganze Fußball in
Darmstadt – da ist eine Verbundenheit
zu spüren, die über Ergebnisse hinausgeht. Vor dem Hintergrund des Bundesliga-Aufstiegs und des Schicksals von
Jonathan Heimes ist klar, dass hier ganz
andere Tugenden eine Rolle spielen: Tradition, Leidenschaft, Kampfeswille. An
diese Begriffe kann Merck anknüpfen.
Schließlich feiern wir 2018 unser 350-jähriges Jubiläum.
B
B
Wird Merck in der nächsten Saison
wieder vom seinem Namensrecht
Gebrauch machen?
Die Umbenennung ist eine einmalige
Sache, sie ist auf die Saison 2016/17 beschränkt. Während dieser Saison soll die
Aufmerksamkeit auf die Initiative gelenkt
werden, damit sie einen richtigen Schub
bekommt, um so viele Spenden wie möglich zu sammeln.
B
12
Fußballfans meiden häufig die
of f iziellen, meist von Sponsoren gekauf ten Stadionnamen. Hat
Merck bewusst den Namenszusatz
„am Böllenfalltor“ beibehalten, um
etwaigen Zorn der Anhängerschaf t
entgegenzuwirken?
B
IM STADION: Merck-Vorstand
Kai Beckmann mit der Tennisspielerin
Andrea Petković, Mitgründerin
der Initiative zur Unterstützung von
krebskranken Kindern.
Für die Fans war und ist es das Stadion
„am Böllenfalltor“. Diese Verbundenheit
zum Standort hat Merck 2014 gespürt
und umgesetzt. Die Entscheidung, den
Zusatz beizubehalten, war damals und
diesmal sehr bewusst gewählt. Auch für
Jonathan Heimes war es das „Bölle“. Die
letzten Wochen haben gezeigt, dass die
Lilien-Fans den neuen Stadionnamen
nicht nur in ihren Sprachgebrauch einfließen lassen – sondern ihn mit Stolz
verwenden.
B
Welchen Effekt hat die Namensrechte-Partnerschaft auf das Image
des Unternehmens Merck?
Die gute Sache steht im Vordergrund.
Uns interessiert mehr, wie viele Spenden
die Initiative erzielen kann. Merck ist ein
werteverbundenes Unternehmen, wir
messen daher eine konkrete Wirkung
nicht, diese Umbenennung passt einfach
zu uns. Das haben wir an den bisherigen
Rückmeldungen direkt mitbekommen.
B
Der SV Darmstadt ist nur mittelprächtig in die Saison gestartet:
ein Sieg, ein Unentschieden, drei
Niederlagen. Die „SZ“ schrieb: Dem
Darmstadt-Fan gehe „erkennbar das
FOTO: J. FERREIRA/MERCK
NAMEN & NACHRICHTEN
Mehr Privatsphäre
geht nicht.
Wie häufig besuchen Sie das Bölle
und wie erleben Sie die Stimmung?
Ich versuche, mit meiner privaten Dauerkarte möglichst oft im Jonathan-Heimes-Stadion am Böllenfalltor zu sein. Es
ist schön zu sehen, wie eine ganze Stadt
hinter diesem Verein steht. Und ich bin
mir sicher: Auch in der kommenden Saison wird es Erstliga-Fußball in Darmstadt
zu sehen geben.
„Auf ein Wort“ ist eine Gesprächsreihe von
BILANZ-Online. Das ungekürzte Interview
mit Kai Beckmann finden Sie ab 4. November
auf: www.bilanz.de/redaktion/kai-beckmann
Und trotzdem kennt
man mich persönlich.
Gegendarstellung
SWISS First
Sie schreiben in der BILANZ vom 03.06.2016
auf Seite 12 unter der Überschrift „WACKELKANDIDAT“ in Bezug auf meine
Person und eine Klage meiner Cousinen:
„Vor zwei Jahren hatten sie Klage gegen
Koepff, ...erhoben. Sie verlangen Schadenersatz in Höhe von 40 Millionen Euro.“
Hierzu stelle ich fest:
Diese Klage wurde nicht gegen mich erhoben.
München, den 12. Juli 2016
Dr. Klaus-Philipp Koepff
Anm. der Red.: Herr Koepff hat Recht. Es
wurde allerdings ein Rechtsanwalt damit
beauftragt, entsprechende Schadensersatzansprüche auch gegen ihn zu prüfen
und ggf. geltend zu machen.
swiss.com/rst
BILANZ / OKTOBER / 2016
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Wunschkonzert. Was aber, wenn doch?
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Willkommen am Ort, wo alles so läuft,
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otte von
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Gäste schätzen den
Flughafen Zürich
wegen seiner kurzen
Umsteigezeiten,
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Infrastruktur und
der außergewöhnlichen SWISS Lounge
im Dock E.
Auch die Zeit kann iegen:
SWISS First Lounge.
Zugegeben, der Flughafen ist in der
Regel nicht der Ort, wo man zu viel Zeit
verbringen möchte. Aber die SWISS
First Lounge im Dock E ist die berühmte
Ausnahme der Regel. Auf einer Fläche von
750 Quadratmetern eröff
ffnet sich hier eine
kleine Luxuswelt für Sie. Mit großzügigen
Lounges, Gourmet-Restaurants,
Bistros, modernen Arbeitsplätzen,
Konferenzräumen, Entspannungsbereichen
und Hotelzimmern mit Duschen. Und da
wäre noch dieser Weinhumidor mit über
1000 Flaschen Wein aus aller Welt ... Zum
Glück geht der Topservice in der SWISS
First nahtlos auch im Flugzeug weiter.
Zur Auswahl stehen mehrere Vorspeisen,
Hauptgänge, edle Weine, Champagner
und Desserts. Darunter auch zahlreiche
Schweizer Spezialitäten aus regionalen
Produkten, die von Spitzenköchen zubereitet wurden. Wie auch immer Sie sich
Ihren Flug vorstellen, in SWISS First dreht
sich alles nur um Sie.
swiss.com/rst
Made of Switzerland.
© Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung
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NAMEN UND NACHRICHTEN
MACHTNETZ
WANDERFREUND
ROLF BUCH
RALPH HECK (59)
Mit Glück kann man Buch und McKinsey-Veteran Heck beim Wandern in den Bergen treffen. Dann reden sie über Gott und die Welt,
bisweilen aber auch über Geschäftliches. Das geht mit Heck gut,
weil er für McKinsey-Verhältnisse ein ausgesprochener Freigeist ist.
Der Chef des Immobilienkonzerns Vonovia hat sein Handwerk bei Bertelsmann gelernt.
Zur Reife kam es erst, nachdem er den Familienbetrieb verlassen hatte.
GESCHÄFTSFREUND
JÜRGEN GERDES (52)
Buch und Gerdes haben viele
Geschäfte miteinander gemacht
– und sind dabei gemeinsam
aufgestiegen, Buch bei der
Bertelsmann-Servicetochter
Arvato, Gerdes bei der Deutschen Post, bis in den Vorstand.
Das verbindet.
COACH
WULF BERNOTAT (68)
Seinen Aufsichtsratsvorsitzenden bei Vonovia hat Buch mal als
„größten Glücksfall“ bezeichnet.
Das Führungsduo des Immobilienkonzerns gilt als ideale
Ergänzung: ein Vorstandschef
voller Tatendrang und ein
unabhängiger Oberaufseher, der
ihm den Rücken freihält.
MENTOR
HARTMUT OSTROWSKI (58)
Der frühere Bertelsmann-Primus
(2008 bis 2011) förderte in dem
Gütersloher Medienhaus Rolf Buchs
Karriere wie kein Zweiter. Nach
Ostrowskis frühem Ausstieg ist
daraus eine echte Männerfreundschaft geworden.
BARBARA HENDRICKS (64)
Hauswirt Buch schätzt an der
Bundesministerin, die unter
anderem für den Wohnungsbau
zuständig ist, Pragmatismus
und Berechenbarkeit. Die
gemeinsamen NRW-Wurzeln
fördern das wechselseitige
Verständnis wohl auch noch.
16
UNTER DEN CHEFS der Dax-Konzerne geben derzeit die Abflauer und Schrumpfer den
Ton an, in Banken und Energieunternehmen
etwa. Doch es gibt aber auch noch Dynamiker, die Tempo bolzen, so wie Rolf Buch (51).
Als der Ingenieur vor drei Jahren den
Immobilienkrösus Deutsche Annington
übernahm, hatte der 190.000 Wohnungen
im Bestand. Heute managt der in Vonovia
umfirmierte Konzern fast die doppelte Anzahl. Eine feine Erfolgsgeschichte.
Demnächst will Buch für knapp drei Milliarden Euro noch das Wiener Wohnungsun-
ternehmen Conwert konfiszieren. Bei seinem
Ex-Arbeitgeber Bertelsmann wachsen angesichts von Buchs Darbietungen (Vonovia hat
einen höheren Börsenwert als die Deutsche
Bank) die Zweifel, ob man den Mann nicht
doch hätte befördern sollen – statt ihn hinauszudrängen (sein Nachfolger hat das Medienhaus schon wieder verlassen). Dabei hätten die Gütersloher wissen müssen, was er
taugt: Von 2003 bis 2007 gewann Buch fünf
fünfmal hintereinander den Bertelsmann-Unternehmerpreis. Als er in den Vorstand berufen
wurde, durfte er nicht mehr teilnehmen.
FOTOS: PICTURE ALLIANCE (6), BERTELSMANN STIFTUNG, HANSEVENTURES
BAUHERRIN
GEGNER I
GEGNER II
THOMAS RABE (51)
HEIKO MAAS (50)
Der frühere Punkmusiker und
heutige Trockenruderer und
Bertelsmann-Chef (auf dem Bild
mit Eigentümerin Liz Mohn)
drängte Buch aus dem Unternehmen. Das Verhältnis zwischen
beiden gilt als „professionell,
aber sehr kühl“.
Mit den Darbietungen des
Bundesjustizministers
kann Buch nicht immer zufrieden sein. Das gilt besonders
für die Mietpreisbremse: Sie
wirkt für den Vonovia-Primus
wie eine Baubremse.
BILANZ / OKTOBER / 2016
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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17
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”
ERKLÄRT
Ein Ziel von
Deutsche Post DHL:
die CO2-freie Zustellung
Wir nehmen unsere Verantwortung für den
Umweltschutz ernst und weiten die CO2-freie
Paketzustellung schrittweise aus.
LOGISTIK BR AUCHT
NACHHALTIGE MOBILITÄT
Jürgen Gerdes, Konzernvorstand
Post – eCommerce – Parcel
von Deutsche Post DHL Group
Es geht nicht nur um Image, sondern
auch um zukünftigen Erfolg
Das enorme Wachstum des
Online-Shoppings stellt für die
Deutsche Post eine große logistische Herausforderung dar.
Täglich müssen Millionen Briefund Paketsendungen zugestellt
werden. Vor diesem Hintergrund
setzt sich der Bonner Konzern
ein ambitioniertes Ziel: die Verbesserung der eigenen CO2-Effizienz um 30 Prozent bis 2020
im Vergleich zu 2007. Der Bau
Z AHL DER WOCHE
10.000
eigener Elektrofahrzeuge für eine
emissionsfreie Zustellung ist da
ein folgerichtiger Schritt. Der in
Eigenregie entwickelte und gebaute StreetScooter mit vollelektrischem Antrieb ist bereits in
mehreren Städten wie zum Beispiel Bonn, Köln und Bochum im
Einsatz. Auf der „IAA Nutzfahrzeuge“ feierte gerade das größere
Modell Work L – mit doppelt so
großem Laderaum – Premiere.
Ab 2017 will die Deutsche Post DHL jährlich 10.000 StreetScooter produzieren.
Mittelfristig will der Logistikkonzern seine Zustellflotte in Deutschland komplett
durch die Elektrofahrzeuge ersetzen.
DEUTSCHE POST PRODUZIERT
STREETSCOOTER IN EIGENREGIE
„ E- M OB I L I T Y A L S
W E T T BE W E R B S VO RT E I L
T L IC H
„ L E I SE , S AU BE R , W I RT S C H A F
Der StreetScooter
schnell
Das Fahrzeug fähr t bis zu 80 km/ h
dem
auf
ng
tellu
Zus
die
und ist sowohl für
städ
im
ng
tellu
Zus
die
für
Land als auch
zu
bis
:
tischen Raum ausgelegt. Leistung
rt
50 kW. Die notwendige Energie liefe
ium
Lith
rke
ssta
ung
eine besonders leist
e.
Ionen-Batteri
E-Bikes und E-Trikes
Zusteller fahren mit E-Power: Das
E-Bike von StreetScooter erlaubt eine
Nut zlast bis zu 50 kg, das E-Tr ike hat
sogar Plat z für sechs Briefbehälter mit
bis zu 90 kg Nut zlast.
Zustellung per Drohnen
Der Paketkopter 3.0 kann vollautoma.
tisiert Pakete aufnehmen und zustellen
den
Post
die
obt
erpr
3
Bereits seit 201
in
Transpor t von Waren per Paketkopter
ieten
Geb
en
geografisch schwer zugänglich
unter realen Bedingungen.
Elektrisch fahren, weniger fahren
llung
Packstation, Paketkasten, Abendzuste
die
n,
ione
Opt
tellZus
he
und Co.: Zahlreic
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sind
lich
mög
auf Wunsch
die
bei, Sendungen rasch auszuliefern und
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Anzahl von Fahrten deu
Interview mit
Jürgen Gerdes,
”
Konzernvorstand
Post – eCommerce – Parcel
von Deutsche Post DHL Group
Mit unseren StreetScootern realisieren
wir das bislang größte
E-Mobilitätsprojekt
in Deutschland.
Frage: Herr Gerdes, mit Ihrem StreetScooter nehmen Sie in Sachen E-Mobilität eine Vorreiterrolle ein. Was treibt
Sie an?
Jürgen Gerdes: Mir ist klar, dass wir
als Marktführer in der Logistik auch
der Umwelt gegenüber eine besondere
Verantwortung haben. Der kommen
wir bei der Brief- und Paketzustellung
jetzt mit zeitgemäßen E-Fahrzeugen
nach, bei denen auch die Wirtschaftlichkeit stimmt.
Frage: Welche Resonanz hat diese
Entwicklung gebracht?
Jürgen Gerdes: Ausschließlich positive! Dort, wo die StreetScooter bereits
im Einsatz sind, hören wir von Kommunen wie Kunden nur Anerkennung.
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Und unsere Zusteller lieben dieses neue
Betriebsmittel, mit dem sie emissionsfrei zustellen. Kein Wunder – sie haben
es ja auch maßgeblich mitentwickelt.
Frage: Wie wird sich die E-Mobilität in
der Logistik insgesamt entwickeln?
Jürgen Gerdes: Ich bin fest davon
überzeugt, dass unsere Initiative da
wichtige neue Impulse setzen kann.
Denn ob Sie Handwerker nehmen,
Lieferdienste oder städtische Betriebe:
Für all diese Einsatzgebiete ist ein Fahrzeug
wie der StreetScooter
wie geschaffen. Und jedes einzelne Fahrzeug
kommt der Umweltbilanz zugute.
Der StreetScooter der Deutschen Post
wurde von der Aachener Konzerntochter
StreetScooter GmbH speziell für die vielseitigen Anforderungen der Brief- und Paketzustellung entwickelt. Dazu muss das Fahrzeug unter anderem bis zu 300 Stopps und
Anfahrvorgänge bewältigen und äußerst
robust sein.
www.deutschepost.de
Sehen Sie sich online mehr zum Thema an. Mit dem
schwarz-weißen QR-Code gelangen Sie ganz einfach zur
weiterführenden Internetseite. Sie benötigen dafür ein
Handy oder Smartphone mit eingebauter Kamera und ein
entsprechendes Leseprogramm („QR-Reader“).
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
BMW TOP,
POST FLOP
Die Autoindustrie – außer VW – lockt, Forschungsinstitute
sind attraktiv, Post und Bertelsmann nicht: Der Führungsnachwuchs beurteilt Deutschlands Arbeitgeber.
TEXT / MICHAEL GATERMANN
20
erns und Feuerns in den USA abgeschaut
haben, schwören auch hiesige Nachwuchskräfte nicht länger Firmentreue
bis zur Rente. Neun von zehn jungen Berufstätigen sind grundsätzlich offen für
Angebote, jeder fünfte ist sogar aktiv auf
der Suche nach einem neuen Arbeitgeber.
Besonders wechselwillig sind die
jungen Leute nach drei bis fünf Jahren
im Job, viele Abwanderungswillige kommen vor allem aus den Branchen Medien
und Werbung sowie Banken und Versicherungen.
Chancen gibt es genug, zwei Drittel
der Nachwuchskräfte haben im vergangenen Jahr mindestens ein Wechselangebot erhalten, im Schnitt bekam jeder
3,6 Anfragen. Vor zehn Jahren lag der
Durchschnittswert bei 2,7 Anfragen pro
Jahr – der Nachwuchs wird knapper, die
Nachfrage steigt.
Anton Wolf sei in seinen zwei Jahren
bei BMW noch nicht angesprochen worden, sagt er: „Mir gefällt’s hier.“ Immerhin
hat er schon Karriere gemacht, ist vom
ARBEITET, WO VIELE HINWOLLEN: BMW-Entwickler Anton Wolf freut sich über „komplett flexible Arbeitszeiten“.
Entwickler zum Product Owner aufgestiegen: So nennt BMW diejenigen, die für ein
Entwicklungsteam von drei bis neun Köpfen die Aufgaben planen, das Projekt organisieren und die Abnahmekriterien definieren – Projektmanager, aber ohne disziplinarische Verantwortung für die Mitarbeiter. Wolf kann sich zurzeit keine reine
Managementkarriere vorstellen: „Ich will
nicht weg von der Technik.“ BMW bietet
dafür eigens konzipierte Fachlaufbahnen
(s. Interview auf Seite 24).
FOTO: ELIAS HASSOS
D
er Mann hat täglich oder
wöchentlich Erfolgserlebnisse, kein Wunder,
dass Anton Wolf (29) sagt:
„Meine Arbeit macht mir
Spaß.“ Die schnell getakteten Erfolge
sind typisch für die Abteilung, in der
Wolf werkelt: Er ist Ingenieur mit Abschluss in Elektrotechnik, beschäftigt
in der Vorserienentwicklung bei BMW,
Deutschlands beliebtestem Arbeitgeber
beim Fach- und Führungsnachwuchs.
Rund 10.000 Berufseinsteiger hat das
Berliner Forschungsinstitut Trendence
nach ihren Erfahrungen und Wunscharbeitgebern (s. Tabelle auf Seite 22)
befragt, aber auch erhoben, aus welchen
Branchen sich die meisten absetzen wollen, wann junge Leute am empfänglichsten für Abwerbeangebote sind und was
sie im Job besonders zufrieden oder unzufrieden macht.
Auffällig ist die geringe Bindung an
den Arbeitgeber: Seit Deutschlands Unternehmen sich die Mentalität des Heu-
Mit der Arbeitsbelastung kommt der
Mann zurecht: Er versucht, im Schnitt bei
40 Stunden pro Woche zu bleiben. „Wir
haben komplett flexible Arbeitszeiten,
ohne Kernzeit, und können auch von zu
Hause aus arbeiten.“
Arbeit bedeutet den Jungen nicht
notwendig Last: „Die Belastung und die
Verantwortung sind zwar hoch, aber
sehr spannend“, sagt Christina Haxter
(28), „wir kommen frisch von der Uni und
übernehmen hier die Verantwortung für
BILANZ / OKTOBER / 2016
Personal und große Geldsummen in unseren Projekten.“ Haxter ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Hannoveraner Anwendungszentrum Holzfaserforschung
der Fraunhofer-Gesellschaft. Fraunhofer
rangiert weit oben auf Platz sieben – bei
den Frauen sogar auf Platz zwei – der
Rangliste der beliebtesten Arbeitgeber,
noch vor McKinsey oder Siemens.
„Wir sind an der Schnittstelle zwischen Universität, Forschung und Wirtschaft“, erklärt Antje Kückemanns, Che-
fin des Talentmanagements bei Fraunhofer, die Beliebtheit der Gesellschaft, deren
24.000 Mitarbeiter anwendungsorientierte Forschung betreiben. „Das Gute ist:
Wir müssen sehr nahe am Markt sein.“
Nachwuchskräfte könnten sich bei
Fraunhofer orientieren, ob sie dort eine
Karriere im Management oder als Forscher machen wollen, ob sie lieber in die
Industrie wechseln, die sie aus den Projekten kennenlernen, oder ob sie sich mit
einem Start-up selbstständig machen.
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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21
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
Die 101 beliebtesten Arbeitgeber
Das Image der Unternehmen
Die Ergebnisse der Trendence-Umfrage beim Führungsnachwuchs: Autobauer liegen vorn, nur VW ist dank
Dieselkrise auf Platz 31 abgestürzt. Das Geldgewerbe gilt als unattraktiv: Deutsche Bank rangiert nur auf Platz 61,
die Commerzbank schafft es gar nicht in die Liste.
BMW steht für hohes Gehalt, McKinsey für sehr viel Arbeit:
Welche Vorstellungen die Befragten von bestimmten Firmen haben.
ARBEITGEBER
positive Gedankenverbindung
%
1,00
BMW
Gutes Geld, schicke Autos, aber immer
noch männerdominiert: das Bild von BMW.
BOSCH
Einfallsreich sind sie, die Schwaben, aber
nach Stuttgart geht man nicht gern.
0,95
Hohes Gehalt
Innovationskraft
Hochtief
0,90
Attraktive Produkte
Hohes Gehalt
J. P. Morgan
0,90
Arbeitsaufgaben
Karriereperspektiven
1
BMW Group
8,56
35
Festo
1,79
68
Merck
1,00
2
Bosch-Gruppe
8,02
36
EY (Ernst & Young)
1,74
68
Pro Sieben Sat 1
3
Audi
7,71
37
Beiersdorf
1,67
71
General Electric
4
Google
6,40
38
KfW-Bankengruppe
1,56
72
5
Daimler/Mercedes-Benz
5,80
39
Bain & Company
1,53
72
6
Porsche
5,68
40
ARD
1,48
72
Lufthansa Informationstechnik 0,90
7
Fraunhofer-Gesellschaft
5,21
40
RWE
1,48
75
Deutsche Telekom
0,87
8
McKinsey
4,44
42
KPMG
1,47
75
Münchener Rück
0,87
9
Siemens
4,43
43
Henkel
1,40
75
SMA Solar Technology
0,87
10
Boston Consulting
4,25
44
ZDF
1,38
78
Voith
0,86
11
Continental
4,18
45
Deutsche Bahn
1,35
79
Rewe
0,83
12
Max-Planck-Gesellschaft
4,13
46
Deloitte
1,34
80
Liebherr
0,82
13
Zentrum f. Luft- u. Raumfahrt
3,70
46
Johnson & Johnson
1,34
81
Vattenfall
0,81
14
IBM
3,60
48
Roland Berger
1,32
82
MAN
15
Apple
3,41
49
Novartis
1,30
83
B. Braun Melsungen
16
ABB
3,35
50
Amazon
1,27
83
Bundesnachrichtendienst
-2
-1
Attraktiver Standort
Chancengleichheit
Arbeit-Privat-Balance
Eigenverantwortung
Chancengleichheit
Attraktiver Standort
0
1
2
-2
-1
0
1
0,79
GOOGLE
Hier entsteht stürmisch Neues, aber wie
steht es um Ethik und Verantwortung?
McKINSEY
Kohle und Karriere top, das Kollegiale und
die Arbeitszeiten nicht.
0,78
Innovationskraft
Hohes Gehalt
0,78
Arbeitsaufgaben
Karriereperspektiven
Internat. Umfeld
Internat. Umfeld
17
BASF
3,21
51
Adidas
1,24
83
Vestas
0,78
18
Bayer
2,81
51
Helmholtz-Gemeinschaft
1,24
86
Diakonie
0,77
19
Auswärtiges Amt
2,64
51
Solarworld
1,24
87
Caritas
0,74
20
Lufthansa Group
2,51
54
Schaeffler
1,21
87
Procter & Gamble
0,74
21
Accenture
2,48
55
Goldman Sachs
1,19
87
Thyssen-Krupp
0,74
22
Eon
2,30
56
Linde
1,18
90
Bilfinger
0,73
23
Microsoft
2,29
57
Dm-Drogerie Markt
1,15
90
Fresenius
0,73
24
Ges. f. Intern. Zusammenarbeit 2,22
58
Lufthansa Technik
1,14
90
Trumpf
0,73
25
Roche
2,14
59
Capgemini
1,13
93
Strategy&
0,72
26
Airbus Group
2,12
60
Kuka
1,12
94
Rolls-Royce
27
ESA
2,05
61
Deutsche Bank
1,10
95
28
Allianz-Gruppe
2,04
62
Deutsche Bundesbank
1,09
29
Bosch Rexroth
2,01
62
Ferchau Engineering
30
Price Waterhouse Coopers
1,99
64
31
Volkswagen
1,93
32
Europäische Zentralbank
33
33
-2
-1
CSR*
Sichere Anstellung
Kollegialität
CSR*
Arbeit-Privat-Balance
0
1
2
-2
-1
0
1
0,70
FRAUNHOFER-GESELLSCHAFT
Hier kann man sich selbst sowie neue
Technik entwickeln.
Bertelsmann
0,67
Internation. Umfeld
Innovationskraft
95
Hugo Boss
0,67
Hohes Gehalt
Arbeitsaufgaben
1,09
97
Freudenberg
0,66
Arbeit-Privat-Balance
Eigenverantwortung
Boehringer Ingelheim
1,08
98
Enercon
0,64
65
Rheinmetall
1,06
99
Deutsche Post DHL
0,59
1,90
66
EnBW
1,04
99
Kienbaum
0,59
SAP
1,82
66
Shell
1,04
99
Morgan Stanley
0,59
ZF Friedrichshafen
1,82
68
Evonik Industries
1,00
-2
-1
2
Attraktiver Standort
VOLKSWAGEN
Geld ist nicht alles: Der Dieselbetrug hat
das Image beim Nachwuchs ruiniert.
Quelle: Trendence; Umfrage unter 10.000 Nachwuchskräften der deutschen Wirtschaft, Frühjahr 2016
22
negative Gedankenverbindung
2
Attraktiver Standort
Unternehmenserfolg
Guter Führungsstil
Dienstleistungen
CSR*
Hohes Gehalt
0
1
2
-2
-1
*CSR: Corporate Social Responsibility, gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens
BILANZ / OKTOBER / 2016
0
1
2
„Wir begleiten viele Ausgründungen“,
sagt Antje Kückemanns, „das startet in
der Regel mit den ersten Schritten noch
während der Tätigkeit bei Fraunhofer.“
Die Selbstständigkeit ist für viele junge
Arbeitnehmer ein Thema. Sechs Prozent
der von Trendence Befragten gaben an,
sich damit zu beschäftigen, drei Viertel
von ihnen haben auch schon eine ganz
konkrete Idee.
Christina Haxter forscht bei Fraun­
hofer, auch für ihre Promotion, in ei­
nem Projekt mit Volkswagen am The­
ma „Großserienfähiger Leichtbau“. Die
Ingenieurin will bei Fraunhofer bleiben:
„Auf längere Sicht möchte ich die Ver­
antwortung für bestimmte Themenbe­
reiche und auch Personalverantwortung
übernehmen.“
Anders als die populäre Forschungs­
branche ist das Geldgewerbe neuerdings
deutlich unbeliebt. Die Deutsche Bank
rangiert nur auf Platz 61 der begehrten
Arbeitgeber, die Commerzbank schafft
es gar nicht unter die Top 100, in denen
immerhin Exoten wie der Bundesnach­
richtendienst (Rang 83) und die Diakonie
(86) Platz finden. Am besten schneidet
noch die Allianz (Platz 28) ab.
„Hier ist es gar nicht, wie man es sich
bei einer Versicherung vorstellt“, sagt
Lucija Tomsic (27) und rühmt die Inter­
nationalität des Hauses, „ich bin positiv
überrascht, wie cool ich das finde.“ Die
Betriebswirtin arbeitet als Executive
Assistant beim Chef von Allianz Global
Benefits, wo betriebliche Vorsorgepro­
gramme konzipiert und vermarktet wer­
den. Mittelfristig will Tomsic auf jeden
Fall eine Station im Ausland machen,
langfristig will sie ins Management. „Da
muss ich schauen, dass die Karriere mit
einem Familienleben vereinbar ist“, sagt
die junge Frau, „aber da tut sich was,
daran wird kräftig gearbeitet bei der
Allianz.“
Sylvain Newton, im Personalwesen
der Allianz auch für das Recruiting und
Talentmanagement verantwortlich, gibt
da selbst ein Beispiel. Er arbeitet in einem
80­Prozent­Job.
­­Job. „So kann ich zweimal
pro Woche die Kinder von der Schule
abholen und mich um sie kümmern“, sagt
Newton. „Hohe Flexibilität für ganz indi­
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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23
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
150 Arbeitszeitmodelle
im Einsatz
BMW-Personalvorstand Milagros Caiña Carreiro-Andree erklärt,
was der beliebte Autobauer zu bieten hat.
FLEXIBILITÄT IM ANGEBOT: BMW-
Personalvorstand Carreiro-Andree.
B
BMW ist beliebtester Arbeitgeber
beim deutschen Führungsnachwuchs. Wie erklären Sie sich
das?
Ich sehe mehrere Gründe: Ein wesentlicher Faktor sind unsere attraktiven
und hochemotionalen Produkte. Mindestens ebenso wichtig sind die spannenden Aufgaben, die wir als BMW
Group bieten: vom Elektroantrieb
bis zum autonomen Fahren – bei uns
arbeitet man an der Mobilität der Zukunft. Der dritte Faktor ist unsere besondere Unternehmenskultur – trotz
der Größe haben wir uns etwas vom
Familienbetrieb bewahrt, das merken
Sie, wenn Sie durch unsere Werke oder
das Entwicklungszentrum gehen.
24
Was machen Sie besser als die
anderen Konzerne der Branche?
BMW hat frühzeitig mutige strategische Entscheidungen getroffen. So
haben wir uns aus der Formel 1 verabschiedet und uns in Richtung nachhaltige Mobilität entwickelt. Nicht nur mit
dem Elektroauto-Pionier „I3“, sondern
auch in seiner Produktion, wo wir den
Wasserverbrauch deutlich reduziert
haben, unseren Strom aus Windkraft
selbst erzeugen, den Einsatz des recycelbaren Werkstoffs Karbon voranbringen und Sitze einbauen, bei denen
das Leder umweltverträglich mit Olivenblättern gegerbt wird. Das kommt
auch bei unseren Mitarbeitern an.
B
Was antworten Sie?
Wir machen deutlich, dass wir bei BMW
an Lösungen arbeiten, die weltweit die
Zukunft der individuellen Mobilität betref
betreffen: vom elektrischen Antrieb bis zum
autonomen Fahren. Daran mitgestalten zu
können finden junge Menschen rund um
den Globus spannend – wir bekommen
auch viele Bewerbungen aus dem Silicon
Valley.
B
Nein, ganz und gar nicht. Mobilität
spielt für die Jungen eine tragende Rolle, auch wenn es heute nicht immer um
den Besitz eines eigenen Autos geht.
Die jüngeren Generationen möchten vor
allem eins: Individualität. Jeder einzelne
möchte Leben und Arbeiten auf seine
Art verbinden. Dem kommen wir mit einer größtmöglichen Flexibilität entgegen,
zum Beispiel mit der Möglichkeit, mobil
von überall zu arbeiten. Wir haben über
150 Arbeitszeitmodelle im Einsatz und
orientieren uns an den Lebensphasen der
Mitarbeiter: Voll- oder Teilzeit, Sabbatical
oder zusätzliche Urlaubstage – es ist für
jeden etwas dabei.
B
B
B
Die junge Generation gilt doch als
weniger autobegeistert – spüren
Sie das nicht?
Ist die klassische Karriere, also
hierarchischer Aufstieg Richtung
Vorstand, noch das vorherrschende Ziel?
Früher wollte ja auch nicht jeder Vorstand werden. Aber heute streben mehr
junge Menschen eine Fachkarriere an. Sie
fragen: Was sind die Aufgaben und wie
wirkt sich das auf die Gesellschaft aus?
KARRIERE BEI FRAUNHOFER: Christina Haxter forscht an Leichtbaukonzepten für Automobile.
Wie wichtig ist das Thema WorkLife-Balance?
Was kommt bei Ihren regelmäßigen
Mitarbeiterbefragungen heraus?
90 Prozent der befragten Mitarbeiter sagen, dass sie stolz sind, bei BMW zu arbeiten. Ebenso viele attestieren uns, dass
das Unternehmen verantwortungsvoll
handelt. Spielraum für Verbesserungen
gibt es offensichtlich beim Thema Prozesse und Strukturen. Wir arbeiten dran.
FOTO: MARIO WEZEL, BOMMI SCHWIERZ
B
viduelle Karrieremodelle“, verspricht der
Personalmanager. Alte Vorstellungen von
der Laufbahn sind obsolet, beobachtet er:
„Heute ändert sich alles sehr schnell, wir
suchen nach Kandidaten für Jobs, die es
vor drei Jahren noch gar nicht gab.“
„Das Umfeld ändert sich rasend
schnell“, registriert auch Theresa Best
(26), die am Junior Managers-Programm
von Bosch, der Nummer zwei unter den
beliebtesten Arbeitgebern, teilnimmt.
Deshalb mag sie kein Karriereziel anvisieren: „Jedenfalls habe ich keine hierarchische Position auf Dauer im Sinn. Wichtig ist, dass ich in spannenden Projekten
arbeite und ich mich entwickle, nicht
stehen bleibe.“
Theresa Best ruft aus Singapur an, der
vierten Station ihrer Management-Ausbildung. Hier arbeitet die Wirtschaftsinformatikerin an den Computernetzwerken
des Konzerns für Asien. Ihr Programm
soll sie zur Führungskraft machen.
Nach sechs bis acht Jahren soll sie eine
BILANZ / OKTOBER / 2016
Abteilung leiten. Warum hat sich Best
für Bosch als Arbeitgeber entschieden?
„Das Gesamtpaket stimmt“, sagt sie und
zählt auf: „Schon der Bewerbungsprozess lief sehr gut, und das Junior Managers-Programm bietet viele Möglichkeiten – Auslandsstationen, Vielfalt und eine
gute Perspektive.“
„Bei uns können Sie die Branche
wechseln und trotzdem im Unternehmen
bleiben“, rühmt Daniela Lohre, weltweite
Leiterin Talent Relationship Management
bei Bosch, „das finden viele spannend.“
Die Produktpalette der Schwaben reicht
vom internetfähigen Backofen bis zum
Fahrassistenzsystem. „Sinnstiftende
Arbeit“ suche der Nachwuchs mehr als
die klassische Karriere, beobachtet Lohre. Damit das Privatleben nicht zu kurz
kommt, gibt es bei Bosch mehr als 100
Arbeitszeitmodelle, zudem lässt sich
Heimarbeit flexibel verabreden. So werden auch Hobbys oder Familienpflichten
für Führungskräfte nicht zur Karriere-
bremse, sagt Daniela Lohre: „Zum einen
lässt sich viel Arbeit problemlos von zu
Hause erledigen, zum anderen haben wir
auch Chefs, die sich ihren Job teilen.“
Beides kein Thema für die Nachwuchskraft Theresa Best. „Ich arbeite
gern“, sagt sie auf die Frage nach dem
Gleichgewicht von Arbeits- und Privatleben: „Work und Life sind für mich kein
Gegensatz; wenn man mal etwas mehr
arbeitet, kann man das sehr gut wieder
ausgleichen.“
Auch bei ihren Altersgenossen in der
Trendence-Umfrage taucht hohe Arbeitsbelastung nicht prominent auf, wenn
nach Gründen für Unzufriedenheit und
damit verbundenen Abwanderungswünschen gefragt wird.
Da führt ein Klassiker die Liste an,
dem auch mit den schönsten Personalentwicklungsplänen nicht beizukommen ist:
Häufigster Auslöser von Unzufriedenheit
ist der unmittelbare Vorgesetzte – Stromberg lässt grüßen.
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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25
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
GALA DER SIEGER
Adidas schafft beim Wettbewerb „Der beste Geschäftsbericht“ das Triple.
Männer
im
OLYMP
SCHNELLER, WEITER,
HÖHER – UND
TRANS PARENTER:
A
didas’ Vorstandschef Herbert
Hainer (62) wundert sich nicht:
„In den Jahren mit Olympischen Spielen sind wir offenbar
besonders fit.“ Im Rio-Jahr 2016 gewann
der Sportartikelkonzern aus Herzogenaurach zum dritten Mal das Gesamtclassement beim „Besten Geschäftsbericht“ wie
in den Olympia-Jahren 2008 und 2012.
Mehr als 100 Gäste aus Industrie, Finanzwelt und Medien feierten das Triple
von Adidas-Meistertrainer Hainer in der
Alten Börse zu Frankfurt. Der Sieg in der
Disziplin „Wer informiert seine Aktionäre am besten?“ hat in der Finanzgemeinde
26
besonderes Gewicht, zumal unter Börsenfachleuten und Fondsmanagern.
Ein Team unter Leitung von Professor Jörg Baetge sowie Benedikt Wünsche
von der west fä lischen Wil helms-Universität in Münster hat die Geschäftsberichte der 100 größten deutschen börsennotierten Aktiengesellschaften anhand von
300 Kriterien auf seine inhaltliche Qualität geprüft (zur Methode siehe Baetgeanalyse.de).
Der Wettbewerb, gefördert von
Evonik, dem Aktionärsforum und der
Deutschen Börse, offenbart schonungslos, welche Unternehmen tricksen oder
verschleiern und welche ihre Investoren
offen und umfassend informieren.
Wie wichtig eine ehrliche Kommunikation der Börsenfirmen mit ihren Aktionären ist, machte Carson Block, Chef
des US-Hedgefonds Muddy Waters Capital, in seiner Grundsatzrede deutlich:
„Inhaltlich gute Geschäftsberichte sind
die Basis der Kapitalmarktkultur und Voraussetzung für einen funktionierenden
Börsenmarkt“ (ein Podcast der Rede ist
abrufbar unter Bilanz.de).
A ktionärsaktivist Block deckt
Missmanagement und Berichterstattungs-Schmu bei Unternehmen auf und
FOTOS: JOPPEN, ADIDAS
Der Geschäftsbericht
des Sportartikelherstellers Adidas ist
Qualitätsführer
unter den deutschen
Börsenunternehmen.
BILANZ / OKTOBER / 2016
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Bügelfrei. Knitterfrei.
100 % Baumwolle.
Comfort fit oder modern fit.
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Reine Seide.
Fleckabweisend.
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OLYMP Level Five
Comfort Stretch.
Body fit.
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OLYMP Level Five
Comfort Stretch.
Body fit.
OLYMP FACHHÄNDLER BUSINESS
LUXEMBURG Bertrange Bram Diekirch Calliste Wemperhardt Calliste DEUTSCHLAND Aachen Galeria Kaufhof • Männersache •
Sinn Leffers Aalen Funk • Modepark Röther • Saturn Achern Pfeiffer Ahaus Render Ahrensburg Nessler Alzey Schönenberger Amberg
Wöhrl Andernach Der Mann Annaberg-Buchholz Marius Ansbach TC I. Buckenmaier Asbach Anton Limbach Augsburg Modepark
Röther • Peek & Cloppenburg • Rübsamen • Wöhrl Backnang Modepark Röther Bad Birnbach Mode Feminin Bad Hersfeld Sauer Bad
Homburg Karstadt Bad Kötzting Schödlbauer Bad Mergentheim Kuhn Bad Schwartau Matzen Baden-Baden Wagener Balingen
Bugatti-Shop • Gühring Bamberg Karstadt • Wöhrl Bassum Lammers Bayreuth Wöhrl Bergisch Gladbach Peek & Cloppenburg
Berlin Anson’s • Galeria Kaufhof • Karstadt • Peek & Cloppenburg • Wöhrl Biberach Kolesch Bielefeld Peek & Cloppenburg Billerbeck
Bruns Bocholt Peek & Cloppenburg Bochum Baltz • Karstadt • Sinn Leffers Bonn Anson’s • Galeria Kaufhof • Karstadt • Sinn Leffers
Borken Cohausz Braunschweig Karstadt • Peek & Cloppenburg Bremen Anson’s • Karstadt • Leffers • Peek & Cloppenburg Bretten
Modepark Röther Bühl Pfeiffer Bünde Bünder Kaufhaus Buxtehude Stackmann Chemnitz Peek & Cloppenburg Cloppenburg Schwarte
Coburg Wöhrl Cottbus Code 911 Crailsheim TC I. Buckenmaier • Woha Darmstadt Henschel • Karstadt Deggendorf Wöhrl DessauRoßlau Karstadt Dillingen Hertle Donauwörth Woha Dortmund Anson’s • Karstadt • Peek & Cloppenburg Dresden Karstadt • Peek &
Cloppenburg • Sinn Leffers • Wöhrl Düsseldorf Anson’s • Galeria Kaufhof • Karstadt • Peek & Cloppenburg Eberbach Müller Ehingen
Modepark Röther Eisenach Schwager Elsfleth Mode W Emmendingen MODEBOX Emmerich Alexander Erding Gewandhaus Gruber
Erfurt Breuninger Erlangen Peek & Cloppenburg • Wöhrl Eschwege Blumenstiel Essen Anson’s • Karstadt • Peek & Cloppenburg
Esslingen Karstadt • Kögel Euerdorf Mützel Flensburg Peek & Cloppenburg Frankfurt am Main Anson’s • Galeria Kaufhof • Karstadt •
Peek & Cloppenburg Freiburg Breuninger • Galeria Kaufhof • Karstadt Freudenstadt Peters Friedrichshafen HEKA Fulda Hohmann +
Heil Fürstenfeldbruck Fuchsweber Fürth Wöhrl Geilenkirchen Stamm Geislingen Rösch Gießen Karstadt • Köhler Goch Alexander
Göppingen Metzmeier Göttingen Karstadt Greven Ahlert Großostheim AUBI Günthersdorf Peek & Cloppenburg Günzburg Schild
Hagen Sinn Leffers Hamburg Anson’s • Galeria Kaufhof • Karstadt • Peek & Cloppenburg • Sinn Leffers Hameln Wellner Hamm Peek &
Cloppenburg Hanau Peek & Cloppenburg Hannover Galeria Kaufhof • Karstadt • Peek & Cloppenburg Haslach Giesler Heidelberg Kraus
Heidenheim Hail • Steingass Heilbronn Galeria Kaufhof • Modepark Röther Heinsberg Stamm Hilden Peek & Cloppenburg Hildesheim
Adamski Hof Wöhrl Hohenthann Kirner Hürth Peek & Cloppenburg Husum C. J. Schmidt Ingolstadt Wöhrl Jena Sinn Leffers Jestetten
MM Fashion Kaltenkirchen Dodenhof Kandel Meier Karlsruhe Anson’s • Breuninger • Karstadt • Peek & Cloppenburg Kassel Galeria
Kaufhof • Peek & Cloppenburg • Sinn Leffers Kaufbeuren Modepark Röther Kempten Reischmann Kerpen Modepark Röther Kiel
Anson’s • Peek & Cloppenburg Kirchheim unter Teck Eck am Markt • Fischer Koblenz Sinn Leffers Köln Anson’s • Galeria Kaufhof •
Karstadt • Peek & Cloppenburg • Weingarten Konstanz Bachstein • Karstadt • Zwicker Krefeld Anson’s Lage Schlichting Landshut J. N.
Oberpaur • Wöhrl Langen Braun Lauchringen Banholzer Leer Leffers Leipzig Breuninger • Karstadt • Peek & Cloppenburg Lennestadt
Fischer Leonberg Karstadt • Schmidt Leuna-Günthersdorf Wöhrl Leverkusen Peek & Cloppenburg Lippstadt Lott Lohne Lammers
Lörrach Karstadt • Kilian • Reichert Lübeck Peek & Cloppenburg Lüdenscheid Sinn Leffers Ludwigsburg Breuninger • J. N. Oberpaur
Lüneburg Peek & Cloppenburg Magdeburg Karstadt • Wöhrl Mainz Galeria Kaufhof • Peek & Cloppenburg Mannheim Engelhorn • Peek
& Cloppenburg Marburg Ahrens • Begro Marienberg Modisto Mayen Hiebel-Weingart Metzingen Bugatti-Shop Michelfeld Modepark
Röther Michelstadt Henschel Minden Hagemeyer Moers Braun Mönchengladbach Peek & Cloppenburg • Sinn Leffers Mühlacker
Sämann Mühldorf Modepark Röther Mülheim Anson’s München Galeria Kaufhof • Hirmer • Karstadt • Konen • Oberpollinger • Peek &
Cloppenburg • Wöhrl Münster Galeria Kaufhof • Karstadt • Peek & Cloppenburg Neubrandenburg OMEGA-Männermoden Neumarkt
M + K Neumünster Nortex Neunkirchen Peek & Cloppenburg Norderstedt Peek & Cloppenburg Nördlingen Steingass Nürnberg
Anson’s • Breuninger • Karstadt • Wöhrl Oberhausen Galeria Kaufhof • Peek & Cloppenburg • Sinn Leffers Oberndorf Hoffmeyer Oelde
Sudholt Offenburg Zinser Öhringen Bär Oldenburg Bruns • Leffers Ortrand Die Hemden Osnabrück Lengermann & Trieschmann • Peek
& Cloppenburg Ottersberg Dodenhof Paderborn Klingenthal • Peek & Cloppenburg Passau Wöhrl Pforzheim Galeria Kaufhof Plauen
Wöhrl Potsdam Peek & Cloppenburg Ravensburg Bredl • Reischmann Recklinghausen Peek & Cloppenburg Regensburg Peek &
Cloppenburg • Wöhrl Reutlingen Breuninger Rheine Mensing Rheinhausen meierfashion Rosenheim Karstadt • Peek & Cloppenburg
Rostock Peek & Cloppenburg Saarbrücken Anson’s • Karstadt • Peek & Cloppenburg Saarlouis Pieper Schorndorf Bantel Schwabach
Modepark Röther Schwäbisch Gmünd Dieterich • Modepark Röther • Röttele Schwäbisch Hall Woha Schweinfurt Haus der Mode • Wöhrl
Senden Schmid Sindelfingen Breuninger Singen Heikorn • Zinser Sinsheim Hütter Stadtlohn Berken Steinfeld Hartke Stralsund Peek
& Cloppenburg Straubing Hafner • Wöhrl Stuttgart Breitling • Breuninger • Galeria Kaufhof • Gessler • HSG Flughafen • Modepark Röther • Peek
& Cloppenburg Sulzbach Anson’s • Breuninger • Galeria Kaufhof • Karstadt • Peek & Cloppenburg Trier Sinn Leffers Tübingen Zinser
Tuttlingen Modepark Röther Uhingen Frey Ulm Galeria Kaufhof • Peek & Cloppenburg • Wöhrl Unkel Anton Limbach Unterföhring
Wöhrl Vechta Leffers Viernheim Peek & Cloppenburg Villingen-Schwenningen Broghammer • Götz • Modepark Röther Waldkirchen
Garhammer Waldshut-Tiengen May Weiden Turban • Wöhrl Weinstadt Modepark Röther Weiterstadt Peek & Cloppenburg Wetzlar
Mohr Wiesbaden Peek & Cloppenburg Wildau Peek & Cloppenburg Wilhelmshaven Leffers Winnenden HAR.DY Winterbach Raithle
Wittlich Bungert Wolfsburg Hempel Wuppertal Peek & Cloppenburg Würzburg Galeria Kaufhof • Götz • Schlier • Severin • Wöhrl Zell
Trendhouse Zwickau Kress
OLYMP GROSSE GRÖSSEN
Bad Kötzting Schödlbauer Berlin Hirmer Bremen Hirmer Dresden Hirmer Frankfurt am Main Hirmer Hamburg Hirmer Hannover
Hirmer Karlsruhe Hirmer Köln Hirmer • Weingarten Leipzig Hirmer Mannheim Hirmer München Hirmer Münster Hirmer Neumünster
Nortex Nürnberg Hirmer Stuttgart Hirmer
OLYMP STORES
Aachen Aquis Plaza Aschaffenburg City Galerie Augsburg City-Galerie Bamberg Grüner Markt 1 Berlin ALEXA • Mall of Berlin Bielefeld
Niedernstraße 18 Bonn Markt 39 Braunschweig Schloss-Arkaden Bremen Waterfront Dortmund Thier-Galerie Dresden AltmarktGalerie Düsseldorf Düsseldorf Arcaden Erlangen Erlangen Arcaden Essen Limbecker Platz Frankfurt am Main Schillerstraße 14 •
Skyline Plaza Freiburg Kaiser-Joseph-Straße 250 Graz (Österreich) Shoppingcity Seiersberg Hamburg Alstertal-Einkaufszentrum • ElbeEinkaufszentrum • Europa Passage • Flughafen Airside Hameln Stadt-Galerie Hannover Ernst-August-Galerie Heidelberg Hauptstraße 90
Heilbronn Stadtgalerie Ingolstadt Westpark Karlsruhe Ettlinger Tor Kassel Königs-Galerie Kempten Forum Allgäu Koblenz Löhr-Center
Köln Rhein-Center Konstanz LAGO Laatzen Leine-Center Leipzig Höfe am Brühl Leverkusen Rathaus-Galerie Linz (Österreich) Haid
Center Ludwigshafen Rhein-Galerie Lüneburg Kleine Bäckerstraße 8 Mülheim an der Ruhr Rhein-Ruhr-Zentrum München Flughafen
Airport Center (Landside) • Olympia-Einkaufszentrum • Pasing Arcaden • PEP Einkaufszentrum • Riem Arcaden Münster Münster Arkaden
Neu-Isenburg Isenburg-Zentrum Neuss Rheinpark-Center Nürnberg City-Point Pforzheim Schlössle-Galerie Regensburg Regensburg
Arcaden Salzburg (Österreich) Europark Schweinfurt Stadtgalerie Siegen City-Galerie Stuttgart Königsbau Passagen • Milaneo Sulzbach
Main-Taunus-Zentrum Trier Trier Galerie Ulm Blautal-Center Viernheim Rhein-Neckar-Zentrum Weiterstadt LOOP5 Wiesbaden LuisenForum
OLYMP ONLINE
breuninger.com • businesshemden.com • excellent-hemd.de • FashionID.de • galeria-kaufhof.de • hemden.de • hemdenbox.de
hemden-meister.de • herrenausstatter.de • hirmer.de • hirmer-grosse-groessen.de • just4men.de • mode-schoedlbauer.de • modeweingarten.de
modomoto.de • outfittery.de • vangraaf.com • woehrl.de • zalando.de
Alle Produkte, Bezugsquellen und Informationen unter:
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OLYMP Level Five Casual
Hemden, Polos, Strick.
Body fit.
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Hemden, Polos, Strick.
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UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
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Kötzting Schödlbauer Balingen Bugatti-Shop Berlin Anson’s • Peek & Cloppenburg Biberach
Kolesch Bocholt Peek & Cloppenburg Bonn Anson’s Bremen Anson’s Dortmund Anson’s
Düsseldorf Anson’s Emmendingen MODEBOX Erfurt Breuninger Erlangen Peek & Cloppenburg
Essen Anson’s Esslingen Kögel Frankfurt am Main Anson’s Freiburg Breuninger Geislingen
Rösch Großostheim AUBI Hamburg Anson’s Hannover I.G. von der Linde Karlsruhe Anson’s •
Breuninger Kempten Reischmann Kiel Anson’s Kirchheim unter Teck Eck am Markt Kleve
Alexander Köln Anson’s • Peek & Cloppenburg Krefeld Anson’s Landshut J. N. Oberpaur
Lauchringen Banholzer Leipzig Breuninger Ludwigsburg Breuninger • J. N. Oberpaur Mannheim
Engelhorn Mülheim Anson’s München Hirmer Nürnberg Anson’s • Breuninger Oberhausen
Peek & Cloppenburg Offenburg Zinser Öhringen Bär Ortrand Die Hemden Ravensburg Bredl •
Reischmann Rees Alexander Regensburg Peek & Cloppenburg Reutlingen Breuninger Rottenburg
am Neckar Weippert Saarbrücken Anson’s Saarlouis Pieper Schorndorf Bantel Schwäbisch
Gmünd Röttele Sindelfingen Breuninger Singen Heikorn • Zinser Straubing Hafner Stuttgart
Breitling • Breuninger • HSG Flughafen • Peek & Cloppenburg Sulzbach Anson’s • Breuninger
Tübingen Zinser Villingen-Schwenningen Broghammer • Götz Waldshut-Tiengen May
Winnenden HAR.DY Winterbach Raithle
OLYMP GROSSE GRÖSSEN
Bad Kötzting Schödlbauer Berlin Hirmer Bremen Hirmer Dresden Hirmer Frankfurt am Main
Hirmer Hamburg Hirmer Hannover Hirmer Karlsruhe Hirmer Köln Hirmer • Weingarten
Leipzig Hirmer Mannheim Hirmer München Hirmer Münster Hirmer Nürnberg Hirmer
Stuttgart Hirmer
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Aachen Aquis Plaza Aschaffenburg City Galerie Augsburg City-Galerie Bamberg Grüner
Markt 1 Berlin ALEXA • Mall of Berlin Bielefeld Niedernstraße 18 Bonn Markt 39 Braunschweig
Schloss-Arkaden Bremen Waterfront Dortmund Thier-Galerie Dresden Altmarkt-Galerie
Düsseldorf Düsseldorf Arcaden Erlangen Erlangen Arcaden Essen Limbecker Platz Frankfurt
am Main Schillerstraße 14 • Skyline Plaza Freiburg Kaiser-Joseph-Straße 250 Graz (Österreich)
Shoppingcity Seiersberg Hamburg Alstertal-Einkaufszentrum • Elbe-Einkaufszentrum • Europa
Passage • Flughafen Airside Hameln Stadt-Galerie Hannover Ernst-August-Galerie Heidelberg
Hauptstraße 90 Heilbronn Stadtgalerie Ingolstadt Westpark Karlsruhe Ettlinger Tor Kassel
Königs-Galerie Kempten Forum Allgäu Koblenz Löhr-Center Köln Rhein-Center Konstanz
LAGO Laatzen Leine-Center Leipzig Höfe am Brühl Leverkusen Rathaus-Galerie Linz
(Österreich) Haid Center Ludwigshafen Rhein-Galerie Lüneburg Kleine Bäckerstraße 8
Mülheim an der Ruhr Rhein-Ruhr-Zentrum München Flughafen Airport Center (Landside) •
Olympia-Einkaufszentrum • Pasing Arcaden • PEP Einkaufszentrum • Riem Arcaden Münster Münster
Arkaden Neu-Isenburg Isenburg-Zentrum Neuss Rheinpark-Center Nürnberg City-Point
Pforzheim Schlössle-Galerie Regensburg Regensburg Arcaden Salzburg (Österreich)
Europark Schweinfurt Stadtgalerie Siegen City-Galerie Stuttgart Königsbau Passagen • Milaneo
Sulzbach Main-Taunus-Zentrum Trier Trier Galerie Ulm Blautal-Center Viernheim Rhein-NeckarZentrum Weiterstadt LOOP5 Wiesbaden LuisenForum
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SO SEHEN SIEGER AUS: Das gilt zumindest für Adidas-Chef Herbert Hainer (oben, Mitte). Gute gelaunt präsentierten sich
aber auch Aktionärsaktivist Carson Block (o. r.), Börsenvorstand Gregor Pottmeyer (u. r.), Forschungsleiter Jörg Baetge und
Benedikt Wünsche (im Bild mit Moderatorin Annette Pawlu), Chefredakteur Klaus Boldt (o. l .) sowie Herausgeber Arno Balzer.
schlägt mit Leerverkaufsattacken sein
Kapital daraus. Nicht alle Börsenfirmen
nehmen die Kommunikation mit dem
Kapitalmarkt so ernst, wie es sich gehört.
DIE GEWINNER
Ausgerechnet ein vermeintlicher Vorzei­
gekonzern wie Siemens hat seine Erläu­
terungen zu Forschung und Entwicklung
sowie zur Strategie auf ein Minimum zu­
sammengestrichen. Und auf einen „Brief
des Vorstandsvorsitzenden an die Aktio­
näre“, Standardelement jedes Reports,
verzichten die Münchener gleich ganz.
Welche Börsenkonzerne ihre Aktionäre am besten informieren*
DAX
M-DAX
TEC-DAX
S-DAX
1 / Adidas 67,69**
2 / Deutsche Telekom 66,52
3 / Pro Sieben Sat 1 66,29
1 / DMG Mori 66,72
2 / Wacker Chemie 65,70
3 / Norma Group 65,11
1 / United Internet 50,88
2 / Software 50,67
3 / Freenet 48,12
1 / Wüstenrot & Württembergische 47,77
2 / Puma 46,19
3 / Rational 44,88
* aufgeteilt nach Aktienindizes
** von 100 erreichbaren Punkten / Quelle: Baetge Analyse
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
FAST WIE APPLE
Einerseits Öffnung, andererseits
Omertà: Gewiss, Dyson war nie ein besonders mitteilsamer Charakter und hat
auch selten über geplante Produkte oder
Projekte geplaudert, aber mittlerweile
haben die Engländer bei der Geheimniskrämerei mit Apple gleichgezogen.
Wie steht es mit dem geplanten Elektroauto, dessen Finanzierung angeblich
mit Staatsgeldern unterstützt wird, wie
der „Guardian“ berichtete? Welche Haushaltsgeräte nach Staubsauger, Ventilator
und Föhn könnten als Nächstes dysonifiziert werden? Der Robotertechnik und
Rechnerprogrammen will sich Dyson
verstärkt widmen. Doch was steht an?
Aussagen und Geständnisse? Von
den Dyson-Leuten nicht zu bekommen.
Selbst dann nicht, wenn man sie mit ins
Hinterzimmer nimmt, wo die großen
Jungs mit den Murmeln spielen.
Wie sind die Schreibtische im neuen
Gebäude in Malmesbury angeordnet?
Keine Antwort. Was bedeuten die Kennziffern auf jenen schwarz-roten Skizzenbüchern, die jeder Neuling bei der Einstellung bekommt? No comment. Nach
welchen Kriterien archiviert Dyson diese
„Sketchbooks“? Alles streng vertraulich,
Betriebsgeheimnis.
Staubsauger sind längst nicht mehr der einzige Artikel im Sortiment
des britischen Milliardärs: Sir James Dyson strebt nach Höherem.
TEXT / DIRK RUSCHMANN
HERZSTÜCKE: Der digitalgesteuerte Kleinmotor schnurrt in den neuesten Dyson-Modellen und treibt das Geschäft voran.
Der Impeller dreht sich 110.000-mal pro Minute. Auf dem rechten Foto: der neue Konzern-Campus in Malmesbury.
28
Saugroboter über Fliesen, Parkett und
Teppichboden und schlürft die Teilchen
weg. Dyson steht für Technik, und Dyson
steht für: teuer.
Der neue Fön, „Supersonic“, kostet
399 Euro und ist damit der teuerste Vertreter seiner Art auf Erden. Sein Herzstück ist der kleinste, leichteste und fortschrittlichste Dyson-Antrieb aller Zeiten:
achtmal schneller und nur halb so schwer
wie alles Bisher-Dagewesene. Entwicklungskosten: 64 Millionen Euro. Vier Jahre lang waren 103 Ingenieure mit der Erschaffung des „Supersonics“ beschäftigt.
Zwei Stunden Autofahrt westlich von
London: das friedvolle, mittelalterliche
Malmesbury. Am Ortsrand, hinter Pflanzenwall und Pförtnertor gesichert wie
das Spionageministerium, steht ein Glasbau mit wellenförmigem Dach.
Hier erfindet Sir James Dyson, 69 Jahre alt und fünfeinhalbfacher Milliardär,
biedere Haushaltsgeräte neu oder überarbeitet sie von Grund auf, verpasst ihnen
eine neuartige Gestalt und verkauft sie zu
unchristlichen Preisen – der „Cinetic Big
Ball“-Staubsauger, bei Dyson wie immer
beutellos, kostet 529 Euro.
En passant, wenn auch nicht gerade
im Vorbeigehen, hat er vor einem Jahr für
90 Millionen Dollar den Batterie-Hersteller Sakti 3 annektiert, dessen Erzeugnisse
von Amts wegen für Akkus genutzt werden sollen, um die Leistungskraft kabelloser Sauger zu erhöhen. Inoffiziös aber
könnte die Übernahme auch den Weg ins
Elektroauto-Geschäft ebnen.
Neu ist schließlich auch die direkte
Ansprache der kaufkräftigen Kundschaft
in eigenen Niederlassungen, von denen
es bislang freilich erst deren zwei gibt.
Neben der Filiale in London, eine zweite
in Tokio, an der exquisiten Omotesando
Avenue.
MULTITALENT James
Dyson: Designer,
Entwickler, Unternehmer, Mitglied der
Royal Society. Hier
mit Digitalmotoren
für künftige Robotik-Anwendungen.
FOTOS: DYSON
L
ondons Oxford Street, zwischen Rolex und Omega, gegenüber dem Feinkaufhaus
Selfridges und gleich neben
Self
Tesla: Hier öffnete im Juli
ein Laden, so modernistisch
und gelackt wie ein Apple Store.
Hier jedoch wuseln keine Jünglinge
in blauen T-Shirts um Holztische herum,
hier trägt die Angestelltenschaft weiße
Oberhemden und serviert Orangensaft.
Futuristisch anmutende Geräte thronen auf schneeweißen Podesten oder
hängen, in Einzelteile zerlegt, an Erklärtafeln. An den Wänden: bombastische Videoschirme. In einem Glaskasten streicht
eine mechanische Hand durch ein Bündel
Haare, das von einem Föhn belüftet wird.
Dekorativ sind 64 Versionen von
Schmutzpartikeln wie Mehl, Sand oder
Nüsse in Gläschen mit Schraubverschluss
auf Regalen verteilt, darunter fährt ein
BILANZ / OKTOBER / 2016
DER ERFOLG gibt dem Briten recht. Seit
der Firmengründung marschiert Dyson
voran, vom Staubsauger (1993) über den
Händetrockner (2006) und den Ventilator (2009) zum Heizlüfter, zum Luftbefeuchter, zum Luftreiniger mit Geruchsneutralisation – zum „Supersonic“-Fön.
Dysons Hauptprodukt ist jedoch
nach wie vor der Staubsauger. In
Deutschland beansprucht er seit dem
vergangenen Jahr die Marktführerschaft
mit einem Anteil von 19,5 Prozent. Miele
und Bosch-Siemens liegen auf den Rängen. Der Sprung an die Tabellenspitze gelang vor allem dank der schnurlosen, Akku-betriebenen Staubsauger, von denen
jeder kluge Hausmann einen verlangt.
1979 hatte der damals 32-jährige
James in einer zugigen Werkstatt erste
Experimente mit Fliehkraftabscheidern
angestellt, deren er in Sägewerken zufälligerweise ansichtig geworden war: Ohne
Filter trennte ein mit Rohren verbundeOKTOBER / 2016 / BILANZ
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UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
AHNENTAFEL: Im Foyer der Zentrale hat Dyson die Ahnengalerie
seiner Staubsauger ausgestellt. Die Reihe ist acht Meter lang.
KANTINE: An der Decke hängt ein britisches Überschallkampfflugzeug aus dem Kalten Krieg, ein großer Salat an der Theke kostet
2,30 Euro. Nebenan befindet sich das mit Reflektorglas beplankte Haus D9, wo Geheimprojekte entwickelt werden.
DER CHEF: Max Conze in seinem Glaskasten-Büro.
ner Metallbehälter, ein sogenannter Zyklon, Holzspäne aus der Luft.
5.127 (sic!) Prototypen später, die er
aus Messingblechen gelötet, getrennt
und neu verlötet hatte, fand Dyson für
seine Entwicklung endlich einen Lizenznehmer: In Japan kam 1990 sein Sauger
schließlich unter dem Namen „G Force“
auf den Markt. Mit den Lizenzeinnahmen
baute er in Malmesbury eine eigene Fabrikationsanlage auf. 1993 dann etablierte
er die Dyson Company, eine britische Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Die Zahl der Sauger-Weiterentwicklungen dürfte heute bei mehr als 50 liegen.
Zum Erfolg trägt die hohe Erneuerungsfrequenz bei. Sein deutscher Vorstandschef Max Conze, ehedem bei Procter &
Gamble unter Vertrag, nennt das „sich
selber überholen“. Mehr als die Hälfte der
aktuellen Produkte, sagt Conze, „hat vor
18 Monaten noch nicht existiert“.
Conze, 47 Jahre alt, stieß 201o zu
Dyson und übernahm Anfang 2013 die
Führung. Er kümmert sich um Marketing, Verwaltung und Überwachung der
Firmenprozesse – damit James Dyson
und die mehr als 700 Ingenieure und
Wissenschaftler weiterhin tun können,
Geschäft aufgebaut. 2015 holte Sir James
dann Jake und dessen Leuchtenfirma in
den Konzern, um ihn als Nachfolger auf
aufzubauen. Tochter Emily entwirft Mode
in ihrem hippen Laden „Couverture“ in
Notting Hill, Sohn Sam ist Gitarrist bei
den Chemists und betreibt das Musiklabel Distiller Records. „Ich werde niemals
verkaufen oder die Firma an die Börse
bringen“, sagt James Dyson.
Vor dem Firmengebäude steht heute ein „Sea Truck“, flankiert von einem
Senkrechtstarter-Kampfjet „Harrier“, einem Helikopter und einem in der Mitte
aufgeschnittenen Austin Mini – die Ingenieure auf dem Campus sollen sich von
der Technik inspirieren lassen.
„Wir wollen unsere Ingenieure und
Wissenschaftler ermuntern, alles anders
zu machen“, sagt Dyson – anders als die
anderen. Das heißt auch, nicht auf Erfahrungswissen zu setzen: „Erfahrung kann
ein Hemmschuh sein.“
Also gibt es bei Dyson zahllose hochfliegende Ideen, das Ausprobieren noch
der abseitigsten Theorien und viel Versuch & Irrtum im täglichen Betrieb: Für
den neuen Föhn war der Weltmarkt für
Echthaar zeitweise leergekauft, weil Dy-
30
UMSATZ
3 Mrd. Euro
2,2
2
1,6
1,8
1
2013
14
15
EBITDA
300 Mio. Euro
573
483
400
415
200
2013
14
15
SEINE LEIDENSCHAFT hat er an seinen
Sohn Jacob vererbt, genannt Jake. Der hat
sich mit ausgeklügelten LED-Lampen ein
FOTOS: DYSON
AUF ERFOLG
GETRIMMT
was sie am liebsten tun: tüfteln, forschen,
ausprobieren.
Der Umsatz, erzielt in 75 Ländern,
sprang 2015 um Olympia-hafte 26 Prozent auf 2,2 Milliarden, der Gewinn um
19 Prozent auf 573 Millionen Euro. In China haben sich Einnahmen zuletzt verdreifacht. „2020 könnte China unser größter
Markt sein“, sagt Conze. „Chinesen mögen moderne Technik.“
Bei der Entwicklung neuer Ideen
setzt Dyson am liebsten auf junge Leute,
die gerade ihren Abschluss erworben haben – so, wie er selber es bei seinem Förderer Jeremy Fry erfahren hatte.
Dyson, noch Student für Möbeldesign
und Innenarchitektur am Royal College
of Art und voller Ideen, hatte Fry um ein
Darlehen zur Firmengründung gebeten –
doch der gab ihm stattdessen einen Job bei
seiner Technikfirma Rotork. Dort entwickelte der junge Mann den Wassertransporter „Sea Truck“, für den ihm die Hochschule ein Diplom verlieh. Fortan verlegte
er sich vom Design auf die Technik.
BILANZ / OKTOBER / 2016
son über 1.600 Kilometer Haare aller Farben und Kräuselstufen auf alle möglichen
Arten beföhnte und bearbeitete.
Die Versuch-macht-klug-Methode
brachte auch den Händetrockner hervor, die Techniker experimentierten mit
beschleunigter Luft für eine andere Anwendung, an der immer noch geforscht
wird; welche, will Conze natürlich nicht
sagen. Als sie feststellten, dass das Luftschild einen Scheibenwischer-Effekt auf
nasse Flächen ausübt, habe ein Ingenieur
bemerkt, dies könne „die Lösung“ für die
bis dahin recht nutzlosen Lufttrockner
sein, erzählt Conze – so sei der „Airblade“
entstanden.
Wenn sich Sir James in seiner Firma
aufhält, kann jeder durch die offene Tür
sein Büro betreten. Bei Besprechungen
bittet er Neulinge wie Chefingenieure,
ihm ihre Ideen zu präsentieren. Er gilt
als streng beim Nachfragen, man könne
schließlich immer weiterarbeiten, Dinge besser machen – aber es mache Spaß,
sagen Jungingenieure in Malmesbury,
wo das Durchschnittsalter 26 Jahre beträgt. Bei Apple schlotterten allen die
Knie, wenn Steve Jobs nur in Sichtweite
kam.
James Dyson lässt sich sein Geschäft
etwas kosten. Für wichtige Projekte hält er
die Kasse offen. 18 Jahre habe die Entwicklung der aktuellen Generation von Elektromotoren gedauert. „James hat immer
wieder neu investiert“, sagt Conze. Jetzt
seien die Digitalantriebe mit diversen Patenten geschützt: Ein nur noch pflaumengroßer Elektromotor, der auf rund 110.000
Umdrehungen pro Minute kommt und
neue, leichtgewichtige Geräte wie den
Staubsauger und den Haartrockner erst
möglich macht, bildet heute die Kerntechnik des Konzerns, nicht mehr der Zyklon.
James Dyson ist nicht mehr Mister Staubsauger, sondern Mister Digitalmotor.
In die Batterietechnik soll in den
kommenden fünf Jahren über eine Milliarde Euro fließen. Sakti 3 forscht an der
Solid State Battery, die ohne Flüssigkeiten
auskommt. „Wenn es gelingt, dann sprechen wir, grob gesagt, von doppelt so viel
Leistung bei doppelter Ausdauer“, sagt
Conze. Damit täte sich eine neue Welt an
möglichen Anwendungen auf.
Teuerste Produkte, tadellose Technik und unverwechselbares Design. Dazu elegante Geschäfte in bester Lage, ein
Gründer, auf den sich alle Blicke richten,
eine verschwiegene Firmenkultur – und
Spekulationen über ein Elektroauto: Die
Parallelen zu Apple sind unübersehbar,
auch wenn James Dyson abwinkt. „Es ist
ein Kompliment, mit Apple verglichen zu
werden, aber wir sind anders.“
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AUF KURS MIT KADEN
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
Immer schneller dreht sich in der
Unternehmenswelt das Rad der Veränderung.
Zu schnell für viele Zeitgenossen.
S
o genau kann wohl kaum ein
Siemens-Angestellter überblicken, wie viele Neuorganisationen der Münchener Konzern
in den vergangenen zwei Jahrzehnten
hinter sich gebracht hat. Unternehmensteile wurden losgeschlagen, andere
zugekauft, Abteilungen neu geschnitten oder gleich aufgelöst, Zuständigkeiten wechselten in immer kürzeren
Abständen.
Das vorerst letzte dieser ehrgeizigen
Programme, die stets alles besser machen sollten, legte der neue Vorstandschef Josef Käser vor zwei Jahren auf,
kurz nach Dienstantritt. Und siehe, mit
der diesjährigen Halbjahresbilanz konnte
er erste Erfolge vermelden: den höchsten
Auftragsbestand aller Zeiten, fast sieben
Prozent Plus beim Umsatz.
32
Heißt das für die Mitarbeiter, dass
sie endlich in geordneten Bahnen arbeiten können? Von wegen. Als Käser die
schönen Zahlen verlautbarte, warnte er
Aktionäre und Mitarbeiter vor neuen
Erschütterungen. Schnelligkeit, Anpassungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft seien mehr denn je gefordert.
„Unordnung ist die neue Weltordnung“,
vernahm die Belegschaft von ihrem
obersten Chef.
Siemens ist überall. „Change“ heißt
im Manager-Denglisch die alles beherrschende Überlebensweisheit der Wirtschaftswelt. Während in früheren Zeiten,
bis in die Siebziger des vorigen Jahrhunderts hinein, die Unternehmen vielleicht
alle zehn Jahre ein Reformprogramm
durchliefen, löst heutzutage eine Umorganisation die nächste ab.
ILLUSTRATION / STEPHEN WILSON
„Never stop reorganizing“ nennt man
das. Die Veränderungsgeschwindigkeit
und -häufigkeit wird wie ein Naturgesetz vorgegeben – vom Wettbewerb,
von der Technik, von der Beraterzunft.
Und kaum einer fragt, ob die unmittelbar Betroffenen, die Mitarbeiter, dieses
Tempo mitgehen können und wollen; ob
die Turbomaschine der modernen Unternehmenswelt nicht viele, womöglich die
meisten Menschen überfordert.
Der Mitarbeiter der Zukunft, so war
kürzlich einer Studie der OECD (zitiert
in der „FAZ“) zu entnehmen, werde „sich
schneller anpassen müssen an das Tempo, das Roboter und Algorithmen in der
Arbeitswelt 4.0 unerbittlich vorgeben“.
Schneller als bisher schon? Wer soll da
mithalten? Die solchermaßen gehetzte
Gesellschaft wird noch mehr Erschöp-
fungs-Diagnosen produzieren, noch
mehr Enttäuschung, Verängstigung und
Orientierungslosigkeit. Mit politischen
Folgen: Der Widerstand, der sich derzeit
im Zulauf zu vermeintlichen Heilsbringern aus populistischen Parteien niederschlägt, dürfte weiter wachsen.
Nationalismus und Regionalismus
erblühen, weil die Menschen die Vielschichtigkeit und das Veränderungstempo der globalen Wirtschaft nicht (mehr)
verstehen – und sich in eine überschaubare Welt zurücksehnen. Das Freihandelsabkommen TTIP, das den Warenaustausch über den Atlantik fördern soll,
halten hierzulande nur noch 17 Prozent
für eine „gute Sache“ – und das in einem
Land, das wie kaum ein anderes in der
Welt seinen Wohlstand auf dem Export
gründet. Sogar der deutsche Industrie-
BILANZ / OKTOBER / 2016
verbandschef Ulrich Grillo muss einräumen: „Die Reaktion, sich ins Schneckenhaus zurückzuziehen, ist nachvollziehbar.“
Zu besichtigen sei eine „Gesellschaft
der Angst“, wie der Soziologe Heinz Bude es formuliert. 55 Prozent der Deutschen blicken angstvoll in die Zukunft,
ermittelte die Stiftung Zukunftsfragen.
Es ist die Sorge ums eigene Wohlergehen, um den sozialen Status. Aber auch
„die Angst um den Kollaps des ganzen Systems“ (Bude) angesichts einer
höchst labilen Weltwährungsordnung,
unaufhörlich steigender privater und
staat licher Verschuldung, entfesselter
Finanzmärkte.
Bude registriert einen „Zustand zermürbender Gereiztheit“, eine „riesige
Stimmungsirritation“, „Statuspanik in
der gesellschaftlichen Mitte“. Das allgegenwärtige hohe Tempo der Veränderung habe dafür gesorgt, dass es keine
„verlässlichen Lebensmodelle“ mehr gibt.
Dass sich das Rad immer schneller
dreht, dafür sorgt vom allem der scheinbar unaufhaltsame Vormarsch der digitalen Technik und des Silicon-Valley-Kapitalismus. Gordon Moore hat recht
behalten. Der ehemalige Chef des Chipherstellers Intel sagte 1965 voraus, dass
sich die Leistung von Computerchips jedes Jahr verdoppeln würde. Und so kam
es – wenn es auch im Schnitt anderthalb
Jahre wurden.
Das Tempo, das die Informationstechnik vorgibt, revolutionierte das gesamte Wirtschaftsgeschehen. Zeit ist
seitdem mehr als je zuvor das wichtigste
Wettbewerbselement: Wer zuerst mit
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UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
34
„Nationalismus
und
Regionalismus
erblühen,
weil die
Menschen das
TEMPO DER
VERÄNDERUNG
in der globalen
Wirtschaft
nicht (mehr)
verstehen.“
in einem festgelegten Tempo umgesetzt
werden sollen – und welche nicht. Doch
erstens will kein vernünftiger Mensch eine solche Abkehr von einer freiheitlichen
Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung,
und zweitens würde die Mehrheit gewiss
auch keinen damit verbundenen Verzicht
auf Wohlstand akzeptieren.
So bleiben nur die kleinen Stellschrauben. Zunächst bei jedem Einzelnen. Jeder kann versuchen, aus seinem
Leben das Tempo etwas rauszunehmen,
die Ansprüche an die Mehrung materieller Güter zurückzuschrauben, sich
der Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit zu
entziehen.
Alsdann, auch der Staat ist gefordert.
Die Beseitigung obrigkeitlicher Regularien am Ende des vorigen Jahrhunderts hat
viele Kräfte in der Wirtschaft freigesetzt,
und sie hat mit mehr Wettbewerb für sinkende Preise gesorgt. Aber in manchen
Bereichen wurde auch offenkundig zu
heftig dereguliert. Die Mehrheit der Bürger wünscht, dass der Gesetzgeber den
Wettbewerb wieder mehr einhegt. Da ist
sicherlich einiges machbar. Etwa auf den
Finanzmärkten, die nicht unwesentlich
zur Tempoverschärfung und zu der verbreiteten Unsicherheit beitragen.
Schließlich und nicht zuletzt: die Unternehmen. Jene Institutionen, die das
Tempo des Wandels im Wesentlichen
vorgeben. Natürlich sind auch dort die
Führungskräfte Getriebene. Doch nicht
selten drängt sich mir der Eindruck auf,
dass viel häufiger als sachlich geboten
umorganisiert, verändert, reformiert
wird. Und das, ohne die Mitarbeiter einzubeziehen. „Change“ als Selbstzweck.
Vor allem, wenn ein neues Management antritt (was auch immer häufiger
geschieht), das unbedingt seine eigene
Duftmarke setzen möchte.
Industrieweit sei ein „unproduktiver, krankmachender Aktionismus“
anzutreffen, vermerkt der Münchener
Professor Thomas Hutzschenreuter.
„Verändern müssen sich alle“, schreibt
er, „doch nicht alle müssen alles verändern.“ Der Betriebswirt schätzt, dass 70
bis 80 Prozent der Veränderungsprozesse scheitern. Das Fachmagazin „Harvard
Business Manager“ überschrieb einen
Beitrag, der sich mit den Fehlern beim
sogenannten Change-Management beschäftigte, mit der schönen Zeile „Lost in
Transformation“.
Wir selbst also, der Staat, die Unternehmen – alle drei könnten ja gemeinsam
versuchen, mal ganz anders zu verändern:
diesmal zurück zu menschlichem Maß.
WOLFGANG KADEN Der ehemalige
Chefredakteur des „Spiegels“ und des
„Manager Magazins“ gehört zu den
renommiertesten Wirtschaftsjournalisten
des Landes.
HAT KADEN RECHT? IHRE MEINUNG IST GEFRAGT AUF
WWW.BILANZ.DE/IHRE-MEINUNG/KADEN
ILLUSTRATION: ALEXANDRA COMPAIN-TISSIER FÜR BILANZ
einem Produkt oder einer Dienstleistung
antritt, wird großartig belohnt; wer zu
spät kommt, den straft der Markt unbarmherzig ab. „Rapid prototyping“ heißt
es heute: so schnell wie möglich von der
Idee zur Testversion und zum Produkt.
Moores Gesetz soll nun allmählich
auslaufen, ist zu lesen. Doch ruhiger wird
es deswegen nicht zugehen. Mit der Industrie 4.0, der Vernetzung aller Dinge in
der Wirtschaft, startet gerade die nächste
große Umwälzung.
Seit einigen Jahrzehnten verschärft
sich stetig der globale Kampf um die
Gunst der Kunden – seit die Japaner vor
rund 40 Jahren zum Großangriff auf die
westlichen Hersteller bliesen und überfallartig ganze Industrien hinwegfegten.
1994 erschien das Buch „Hyperwettbewerb“ des amerikanischen Betriebswirtschafts-Professors Richard
A. D’Aveni. Er lehrte, dass die Ära eines
rücksichtslosen Konkurrenzkampfs angebrochen und die Zeit der Besitzstandswahrung in der Unternehmenswelt ein
für allemal abgelaufen sei: „Vornehmer
Wettbewerb durch stillschweigende
Übereinkunft und Vermeidung direkter
Wettbewerbsschlachten gehört nun der
Vergangenheit an. Es gilt nicht mehr als
unfein, den Konkurrenten zu ruinieren.“
Die „cut-throat competition“, wie man
in den USA sagt, dieser Halsabschneider-Wettbewerb, ist heute Realität in nahezu allen Bereichen des Wirtschaftslebens.
Das nutzt fraglos dem Verbraucher. Doch
der ist zumeist auch Arbeitnehmer oder
Gewerbetreibender. Und in dieser Eigenschaft sieht er sich einem Veränderungsdruck ausgesetzt, den die überwiegende
Mehrheit der Menschen als deutlich zu
hoch empfindet und unter dem sie leidet.
Was tun? Es fällt mir, offen gestanden,
schwer, ein realistisches Ausstiegsprogramm zu skizzieren. Wahrscheinlich hat
Richard Koo von Nomura recht, wenn er
sagt: „Wir können nicht zurückkehren in
eine Welt, in der uns niemand jagt.“
Der technische Fortschritt – der uns
das Leben so viel angenehmer macht,
als es für unsere Vorfahren war – lässt
sich nicht bremsen. Nur eine Behörde
in einer Zentralverwaltungswirtschaft
könnte bestimmen, welche Neuerungen
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UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
„UMSATZ IST
EITELKEIT...
... Ertrag ist Vernunft.“ Gespräch mit den Werbehelden der 80er- und
90er-Jahre: Reinhard Springer und Konstantin Jacoby.
ÜBER IHNEN NUR DER HIMMEL, UM SIE HERUM NUR DER WIND. REINHARD SPRINGER (L.) UND KONSTANTIN JACOBY: „Burn Rate!
INTERVIEW / FRED BAADER
FOTOS / GIANNI OCCHIPINTI
Ich hörte ein Wort wie „Burn Rate“! Was soll das heißen? Das heißt doch nix anderes als „Loch in der Tasche! Die Kohle fließt raus!“.
J / Frauen.
S / Man könnte sogar etwas klagen: „Wir
haben zu D-Mark-Zeiten verkauft!“ Hätten wir noch etwas gewartet, wären
Euros geflossen. Der Vollständigkeit
halber muss ich aber sagen: Es kommt
natürlich darauf an, was man mit dem
Geld gemacht hat. Glücklicherweise ist
unser Geld weitestgehend in Immobilien angelegt. Und dadurch sind wir eher
durch Zufall im Fahrstuhl der Immobilien-Explosion mitgefahren.
B
B
B
Die große Zeit der Werbeagenturen
ist vorbei, richtig?
Jacoby / Also, die geile Zeit der Werbeagenturen ist vorbei. Der Dream-Arbeitsplatz, wo die Leute unbedingt hinwollten – das ist definitiv vorbei.
B
Wer vor 30 Jahren auf eine Party
ging und sagte, er sei in der Werbung, der wurde umringt von …
… Menschen. Heute sind andere
Branchen interessanter.
Springer / Wenn du sagst, du bist ’ne große Nummer bei Facebook oder planst
eine neue Serie für Netflix, dann hat das
heute eine ganz andere Attraktion.
B
Also war es schlau von Ihnen, die
Agentur rechtzeitig verkauft zu
haben. Später wäre sie erheblich
billiger gewesen.
J / Weiß man nicht. Zumindest kann man
sagen, dass die Agentur nach unserem
Ausstieg im Jahr 2000 mehrere Jahre
weitergewachsen ist.
36
Haben Sie mit Immobilien mehr verdient als mit Werbung?
S / Nein, definitiv nicht. Man muss das ja
in Relation sehen: Wenn man bedenkt,
dass ich mal 50.000 Mark in eine Werbe-GmbH gezahlt habe, dann war der
prozentuale Gewinn natürlich viel größer. Ich persönlich habe meine IncomeZiele sowieso weit übererfüllt. Damit
hatte ich nie gerechnet, dass ich mal viel
Geld verdienen würde.
J / Das klingt jetzt so superschlau, dass
man auf den Immobilienzug gesetzt hat.
Aber das war ja nicht Cleverness, das
war reine Hosenscheißerei. Weil: Ak-
tien und Private Equity und das ganze
Börsengequatsche – davon hatten wir
beide keine Ahnung.
B
Das „nächste große Ding“ anzugehen und dort zu investieren – eine
solche Überlegung gab es nie?
S / Der liebe Gott gönnt einem einen
Schuss, ganz selten einen zweiten.
B
Etwas Neues im Mediengewerbe.
Das Filmgeschäft, hätte Sie das
nicht reizen können?
J / Wir haben immer gesagt: „Wir wollen
das mit der Werbung nicht ewig machen.“ Ich von mir aus hätte das vielleicht
noch ein paar Jahre länger machen können – aber da Reini fünf Jahre älter ist als
ich und wir immer gleich getaktet waren,
sollte der Ausstieg dann eben 2000 sein.
Und das haben wir bereits im Jahr 1994
kundgetan. „Wir geben jetzt 50 Prozent
der Agentur-Anteile den Mitarbeitern,
schenken sie ihnen quasi. Dann sind wir
noch fünf Jahre voll an Bord, und dann
sind wir frei.“ Das war der Plan, und das
haben wir auch so kommuniziert, auch
den Kunden. Für mich war klar: Wenn
wir da ausscheiden, dann mach’ ich Feierabend. Weil: Wir haben ja beide nicht
zu wenig gemacht im Arbeitsleben!
Wenn mich die Leute später auf Partys
angesprochen haben: „Wie, du machst
jetzt nichts mehr?“ – dann hab’ ich immer zurückgefragt: Hab’ ich vielleicht
zu wenig für die deutsche Wirtschaft
getan? Zu wenig für den Nachwuchs,
für die Entwicklung der Kreativität in
Deutschland? „Nein, nein“, hat da jeder
gesagt. Na also, warum soll ich da denn
jetzt weitermachen? Ich gehe nun mal
gerne Boot fahren oder segeln.
B
Okay, der Normalfall sieht anders
aus. Wer sich vorzeitig aus dem Job
verabschiedet, genießt eine Zeit
lang seine Unabhängigkeit und das
Dolce Vita, nach sechs Monaten
aber wird ihm langweilig. Sie, Herr
Springer, sind doch bis heute noch
in diversen Beiräten engagiert.
S / Ganz nach meiner Maxime „Es ergibt
sich“ bin ich durch Zufall in diesen und
jenen Beirat gekommen. Ich mache es
BILANZ / OKTOBER / 2016
gerne, weil es einen gewissen Unterhaltungswert bietet und weil es das Hirn
fordert. Fürs Hirn muss man ja was
tun. Das kann man auch durch Plauderei, aber die Plauderei wird ein bisschen
spicier, wenn es um konkrete Probleme
spicier
und Themen geht. Also, das ist alles prima. Aber das sind sechs Sitzungen im
Jahr, volumenmäßig nicht der Rede wert.
B
Sie könnten sich um weitere Mandate bemühen.
S / Ja, aber dazu habe ich keinen Bock.
Verstehen Sie, wir haben S & J vollblutmäßig betrieben, wir hatten Spaß daran,
wir haben uns gekümmert, haben jede
Fußleiste geputzt – wir haben das wirklich mit Vollgas gemacht. So, und wenn
Sie das dann mal ganz sein lassen und
in eine völlig andere Welt gehen – dann
ist das auch sehr interessant. Wenn Sie
zum Beispiel mal zu Fuß über die Alpen
laufen, dann ist das eine ganz andere Dimension. Dazu braucht man aber auch
Zeit und muss im Kopf frei sein. Sonst
stürzt man gleich ab. So was ist natürlich nicht die übliche Nummer nach dem
Motto: „Wenn du nicht hart arbeitest,
kommt kein Orgasmus.“
B
Sind Sie Freunde?
B
S & J hat rund 30 Jahre existiert, die
letzten neun Jahre ohne ihre Gründer. Was hat zur Insolvenz geführt?
S / Joa.
J / Joa ....... joa. Wir kamen ja aus sehr
unterschiedlichen Lebenskreisen. Ich
war Single, bin mit Holger Jung, Kempi (André Kemper, heute Chef der
Daimler-Werbeagentur Antoni), Lewi
(Hans-Jürgen Lewandowski, heute: Werbefilmregisseur) und einigen anderen,
ungebundenen Wahnsinnigen ’rumgezogen. Reini hatte Frau und kleine Kinder.
S / Ich sag’ das genauso umgekehrt: Wir
haben uns immer super verstanden! Von
Anfang an – bis heute. Und wir haben
uns wechselweise als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Noch Fragen?
J / Ich weiß einfach, Reini würde in allen
wichtigen Fragen ebenso reagieren wie
ich. Das war in der Firmenführung so
und ebenso im Privaten.
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UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
vom Hocker reißt. Media-Einkäufer, die
das können, kenne ich nicht.
B
S / Wir hätten ja sehr gerne gesehen,
wenn die Marke weitergelebt und prosperiert hätte. Aber man muss fairerweise
sagen: Es ist uns nicht gelungen, Leute
ins Cockpit zu setzen, die die Idee der
Firma, ihren Charakter, so aufgegriffen
hätten, dass sie weiter vorangetrieben
worden wäre.
J / Wenn ich mich noch an diese drei Jahre später im Beirat erinnere – schrecklich: Wir hatten ja nichts zu tun, waren
ja keine wirklichen Aufsichtsräte im
Sinne einer Aktiengesellschaft, die neuen Inhaber hatten nun mal das Sagen.
Und das Unerfreuliche in den Beiratssitzungen war, dass wir dauernd sagen
mussten: „Hey, Leute, was ist denn hier
los, das haben wir doch immer ganz,
ganz anders gemacht!“ Und dann hieß
es: „Die Zeiten haben sich geändert, und
jetzt gibt’s den Neuen Markt, wir müssen investieren.“ Da wurde so viel Geld
durch die Gegend geschoben, dass uns
schwarz vor Augen wurde. Wir beide
hatten doch immer gelehrt, dass man
ein bisschen mehr einnehmen muss, als
man ausgibt. Das war ja ein Prinzip, mit
dem wir hervorragend gefahren sind –
und das sollte jetzt nicht mehr gelten?
„Tja, man muss jetzt schnell sein“, hieß
es. Burn Rate! Ich hörte ein Wort wie
„Burn Rate“! Wie bitte? Was soll das
heißen? Das heißt doch nix anderes als
„Loch in der Tasche! Die Kohle fließt
raus“! Oder was heißt das, bitte? Solche
Worte wollte ich dann auch nicht mehr
lernen. Das heißt nicht, dass die neuen
Herren nicht ihre eigene Duftmarke setzen sollten. Aber man fragt sich, warum
Leute, die erfolgreich das Vaterunser
gelernt hatten, jetzt plötzlich Islam beteten?
38
B
Wer waren Ihre fünf besten Leute
bei S & J?
S / Na, das sind die, die bis heute überlebt
haben. 50 Prozent der Leute, die heute an
den Schaltstellen der Werbeagenturen
sitzen, waren bei S & J. Jean-Remy von
Matt, André Kemper, Hartwig Keuntje,
Michael Trautmann, Guido Heffels, Holger Jung – ich könnte sie alle aufzählen.
Auch die auf Industrieseite! Gerade habe
ich zum Beispiel gelesen: Claudia Crasemann, eine ehemalige S & J-Texterin, ist
heute die weltweit Marketingverantwortliche bei Ikea.
B
Warum hat die Internationalisierung
nicht geklappt?
S / Wir waren nur an Europa interessiert.
Wir hatten einfach keine Lust, weltweit
herumzufliegen.
B
Bis auf Serviceplan ist eine Internationalisierung noch keiner deutschen Agenturgruppe gelungen.
J / Ich sag’ jetzt mal ganz selbstbewusst:
Wenn wir beide wirklich scharf darauf
gewesen wären, dann hätten wir das
sicher hinbekommen. Waren wir aber
nicht.
S / Außerdem haben wir immer nach
alten, konservativen, hanseatischen
Grundsätzen gehandelt. Die moderne
Welt tickt ja so: Verschulde dich wie
blöd, kaufe zu, werde riesig! Und – wie
Air Berlin – bleibe dann immer ein Minusladen. Da waren wir auch nicht scharf
drauf. Bei uns galt die Regel: „Umsatz ist
Eitelkeit, Ertrag ist Vernunft.“
J / Die mangelnde Internationalisierung der deutschen Agenturen hängt
ja mit was sehr Einfachem zusammen
– mit den Nationalsozialisten. Die Deut-
schen haben durch den Nazi-Wahnsinn
die nationale Karte so unter den Stapel gesteckt, dass sie nicht mehr auf
den Tisch kommt. Sowohl bei Saatchi,
also den Engländern, als auch bei den
Franzosen, den Italienern, den Amerikanern und allen anderen – immer förderten die nationalen Unternehmen ihre
nationalen Werbeagenturen.Und das hat
in Deutschland null stattgefunden. Wird
vermutlich auch nicht mehr stattfinden.
B
Große Teile der Werbebudgets fließen heute ins Internet. Finden Sie
diese Entwicklung folgerichtig und
überzeugend?
S / Folgerichtig, ja. Eine große Dimension der Zukunft ist die Digitalisierung, zu
der auch das Internet gehört. Also wird
hier kommuniziert, also muss eine Marke auch auf diese Bühne. Aber Werbung
und Markenauftritte sind da fast immer
Single Shots. Die Herausforderung der
ungezählten Auftrittsmöglichkeiten
bleibt, in den Köpfen der Shopper Begehrlichkeit auf die Marke zu wecken. Nicht
nur auf das Angebot von drei Hämmern
zum Preis von zwei im Baumarkt.
B
Eine immer wichtigere Rolle spielen
die Mediaagenturen, die Anzeigen
und Werbespots in den verschiedenen Medien platzieren. Inzwischen
nehmen Mediamanager sogar Einfluss auf Werbeideen und -strategien.
S / Ach, daran liegt es, dass so viele Marken
unter Wert daherkommen oder dass Priceoff the Name of the Game ist?! Die Verteilung
von Werbemaßnahmen auf verschiedene
Werbeträger ist eine Brot-und-Butter-Fähigkeit. Die Marmelade bleibt, eine Geschichte erzählen zu können, die die Leute
Könnten Sie heute, mit über
60 Jahren, noch mal eine erfolgreiche Agentur gründen? Vor dem
Hintergrund der neu definierten,
sogenannten werberelevanten Zielgruppen von 20 bis 59 Jahren?
S / Sie meinen, mit über 60 versteht
man nicht, was einen Digital Native von
20 anmacht? Ich habe eine Tochter, die
ist zwölf. Und mit dem Online-Spiel
„Minecraft“ und allem, was es an Digitalem gibt, spielt sie besser als mit jedem
Klavier. Aber es gab bisher nichts, was
ich nicht auch verstehen würde, wenn
ich mir ein paar Minuten Zeit dafür nähme. Der Erfolg einer Werbeagentur liegt
nicht im Verständnis der Zeit. Sondern
in ihrer Struktur und der Führung der
Mitarbeiter. Und da stehen die Zeichen
– trotz Wikipedia und Google – auf
Alarm. Noch nie hatten die Menschen
so wenig Bock auf die Firmen, in denen
sie arbeiten, wie heute.
J / Wenn man sich die Vergreisung der
nördlichen Hemisphäre vor Augen
hält, sollte man besser eine Werbeagentur für die Zielgruppe 40 bis 80 gründen.
Oder besser gleich was anderes starten.
Ich schiebe lieber frischere Projekte an
und spende dort meine Erfahrung als
Oldtimer.
B
Sind Sie immer noch Esoteriker,
Herr Springer?
S / Was soll das denn sein, bitteschön?
B
Eine spezielle Sichtweise auf die
Welt in Bezug auf Philosophie, Spiritualität, Ernährung, Meditation,
Astrologie etc.
S / Also, ich denke gerne mal nach, so gut
es mir gegeben ist, aber sonst ...
B
… keinen Kaffee, keinen Alkohol?
S / Wissen Sie, warum ich keinen Kaffee
trinke? Weil ich Kaffee nicht mag, der
schmeckt mir nicht – tut mir leid. Und
Alkohol? Ich trinke hin und wieder Rotwein. Und wenn er mir schmeckt, dann
kann es schon mal vorkommen, dass ich
drei Glas trinke.
BILANZ / OKTOBER / 2016
B
Und Sie, Herr Jacoby, sind Sie denn
wenigstens immer noch Choleriker?
J / Nun, ich sage gern, wenn mir was nicht
passt, wie neulich im Nespresso-Geschäft: Ich wollte bloß schnell mal eine
Tüte Kapseln kaufen – ich trinke nämlich gern Kaffee! Da habe ich mich erst
mal in die übliche lange, lange Schlange
stellen müssen – obwohl zig schicke Damen herumliefen, die mir schnell hätten
etwas Kaffee verkaufen können. Taten
sie aber nicht. Weil sie mit der Erfassung
der Kundendaten, der Nespresso-Philosophie oder der superexklusiven Nespresso-Chat Platform oder sonst einem
Marketingscheiß beschäftigt waren.
Nach über 20 Minuten Warten für ein
bisschen Kaffee habe ich dann der Geschäftsführerin gesagt: „Verehrte Dame,
ich besitze diverse Nespresso-Maschinen an verschiedenen schönen Plätzen
– aber jetzt hole ich sie alle zusammen
und fahre sie mit meinem alten Mercedes-Geländewagen platt. Das Video
stelle ich dann auf Youtube und erzähle,
warum ich einfach kein Nespresso-Kunde mehr sein will. Weil man als Kunde
von Ihnen nur marketingverarscht und
exklusiv gefoltert wird.“
B
B
Was war der größte Irrweg im
Werbegeschäft der vergangenen
40 Jahre?
S / Sich zu wichtig zu nehmen und zu
denken, Werbung sei Kunst.
SPRINGER UND JACOBY
waren in den 80er- und 90er-Jahren
die Superstars der deutschen Werbung
und das Maß der Dinge. Ihre Hamburger Agentur stand für kluge, plakative,
unterhaltsame, fast britisch-exzentrische Werbung. Mit ihren Ideen überzeugten sie inhabergeführte Unternehmen (Sixt, Miele) ebenso wie Dax-Konzerne (Telekom, Mercedes-Benz).
Gegründet 1979, verschwand Springer & Jacoby 2010 schon wieder vom
Erdboden. Ein kurzes, wildes Leben.
Zwischen Anfang und Ende lagen Triumphe über Triumphe, der Ausstieg
der Gründer im Jahr 2000 und der spätere Verkauf und Bankrott der Firma.
Was, würden Sie sagen, ist der Gewinn, was der Verlust nach dem frühen Ausstieg aus dem Agenturleben?
Privatier und Autoenthusiast Konstantin Jacoby (62, Ferrari, Mercedes-Geländewagen) lebt in Palma, geht gern
segeln oder sitzt auf der Terrasse seines Stadtpalais, das er zusammen mit
seiner Lebenspartnerin und seinem
20-jährigen Sohn aus früherer Ehe bewohnt. Nachdenken über Kommunikation tut er gelegentlich auch noch. Unentgeltlich oder bezahlt. Auf Mallorca,
auf Sylt oder in Hamburg.
Empfinden Sie sich auch selbst als
bedeutungslos?
Reinhard Springer (68) wohnt abwechselnd in Hamburg, München, London oder auf Mallorca. Immer zusammen mit seiner Freundin, die Head of
Media einer großen Beratungsfirma ist.
Springer war zweimal verheiratet, er
hat zwei Töchter (12 und 30) und einen
Sohn (34). Auch Reinhard Springer ist
noch im Hintergrund aktiv, hat Beiratsmandate, hält Marken-Workshops ab,
berät, betreut. Aber immer nur, „wenn’s
sich ergibt“, wie seine magische Formel lautet.
J / Bedeutungslosigkeit – als Verlust und
gleichzeitig als Gewinn. Sie sind in dem
Augenblick, wo Sie Ihre Firma verkauft
haben und sich nicht noch in irgendwelchen Aufsichtsräten ’rumdrücken, einfach und schlicht: bedeutungslos.
B
Programm, dass ich sowieso nicht auf
den Gedanken käme: Was ist Gewinn,
was Verlust? Du wanderst über die Alpen, fliegst nach Hawaii, es ist einfach
so viel los!
J / Nein, ich beschreibe es nur. Ich empfinde keinerlei Verlust, ich fühle mich
keinen Millimeter mehr oder weniger
bedeutend als vor dem Ausstieg. Und
du, Reini?
S / Ich denke gerade darüber nach. Also,
der Gewinn überwiegt, der Gewinn ist
ja Freiheit. Und da ist es wieder so: Es
kommt drauf an, was man draus macht.
Meine jetzige Lebenspartnerin ist 42 –
da ist so viel Farbe und so viel Action im
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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39
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
In
den
Fängen
Ein Mittelständler hat für uns
protokolliert, wie Autokonzerne
mit Zulieferern umspringen.
Vorsicht, dies ist keine Satire!
des
Frettchens
TEXT / PETER A. NEUMAYER
D
urch die Glaswände des
BMW-Baus an der Bremer
Straße 6 in München knallt
die Sonne ins Foyer, und
wir schwitzen schon, bevor
es überhaupt losgeht.
Hier, im Zentrum Informationstechnik (ITZ), sitzt der Einkauf des Automobilkonzerns. Gleich mehrere Grüppchen
von Lieferanten warten vor der elektronischen Eingangskontrolle auf ihre Abfertigung. Man spricht mit gedämpfter Stimme, man lacht nervös, man späht unruhig
über die Schulter.
40
Wir warten auf den jungen Mann, den
wir „das Frettchen“ nennen: weil er sich
mit Vorliebe in den Details eines Angebots festbeißt. Für BMW geht es heute
um eine Petitesse, für uns um ein Drittel
unseres Jahresumsatzes.
Mit einiger Verspätung tänzelt das
Frettchen lächelnd die Treppe hinunter,
um uns abzuholen: einer von den Schmalhüftigen. Dreitagebart, Anfang 30, weißes
Hemd, offener Kragen, der blaue Anzug
modisch eng geschnitten.
Man führt uns in eine der ungezählten Besprechungszellen im dritten Stock,
die unter BMW-Leuten als „die Folterkammern“ bekannt sind.
DER ZWEITE MANN vom BMW-Einkauf
wartet bereits. Er hat den Dell-Rechner
aufgeklappt: Ende 40, Leiter der zuständigen Unterabteilung, braunbeige farbene Kombination von C & A , Krawatte.
Wir nennen ihn „Mäusegeier“, weil er mit
Vorliebe ruhig in der Thermik unserer
Zahlen kreist, um plötzlich auf eine von
ihnen niederzustoßen.
Zwei gegen zwei, Duell in der Hitze.
„Johnny Guitar – Wenn Frauen hassen“.
Auch wir packen unseren Laptop aus.
Zack. Vier Stühle, ein Tisch. Wie im
Knast mit grauer Kunststoffplatte. Die
Zelle ist so klein, dass wir Ellenbogen
an Ellenbogen sitzen, Knie an Knie. So
sieht’s aus, wenn ein Autokonzern mit
einem Zulieferer verhandelt.
In der Ecke lehnt aus unerfindlichem
Grunde ein Spaten mit rotem Blatt. Eine
stumme Drohung: Die wollen uns vergra­
ben, wenn sie mit uns fertig sind? Es ist
sehr heiß. Und die nächsten vier Stunden
bietet uns das Milliardenunternehmen
BMW nicht einmal einen Schluck Was­
ser an. Schließlich gehören wir zur nie­
drigsten Kategorie der Konzerndenke:
den kleinen Lieferanten.
Seit Wochen fordert das Frettchen
von uns immer weitere schriftliche Daten
und Details für unser Angebot an. Wir
füllen Hunderte sogenannter „Preisblät­
ter“ für jede Schraube aus, erstellen Mit­
arbeiterlisten mit Qualifikationsangaben
(„Skill 3B“), liefern Stundensätze für das
BMW­Projekt („9,85 Euro“), berechnen
Umlagen für unser Management, defi­
nieren die Anzahl der geplanten Meetings
und der vorgesehenen Abstimmungs­
schleifen mit den zuständigen Fachab­
teilungen des Konzerns und liefern
Begründungen aller Art zu jedem Detail,
in das sich das Frettchen schon in der
Vorbereitung verbissen hat.
Nun wollen wir die einzelnen Punkte
unseres Angebots mit den beiden Män­
BILANZ / OKTOBER / 2016
nern vom Einkauf durchgehen. Doch
der Geier schiebt seinen Computer fein
lächelnd wieder ein Stückchen von sich
weg. „Leider“ gebe es „seit gestern“ eine
neue „Vorgabe“ des Vorstands für den
Einkauf: Der „Kostendruck“ im Konzern
sei so hoch, dass alle Lieferanten „vorab“
einen Beitrag leisten müssten. Er denke
da an „mindestens 15 Prozent“ und schlage
vor, diesen Betrag schon einmal abzuzie­
hen, bevor man sich in weitere Einzelhei­
ten unseres Angebots vertiefe.
Sind unsere „Preisblätter“ und „Pro­
duktbeschreibungen“ Makulatur, bevor
die Verhandlungen überhaupt laufen? Ein
Hund kann riechen, wenn einem mulmig
wird – das Frettchen auch.
Die nächste Stunde sind wir damit
beschäftigt, den Angriff des Mäusegei­
ers abzuwehren und ihn zurück an den
Laptop zu zwingen. Widerwillig lässt er
nun das Frettchen los, damit es sich auf
die Zahlenkolonnen stürzt – und gleich
zum Auftakt die Streichung ganzer Kos­
tenpositionen verlangt.
WÄHRUNGSRISIKEN? Die habe natürlich
der Zulieferer zu tragen. Frachtkosten?
Das sei nicht die Sache von BMW, son­
dern unsere. Sorry. Bei anderen Posten
verlangt das Frettchen glatt Kürzungen
von 40 Prozent, obwohl wir unsere eige­
nen Ausgaben millimeterweise nachwei­
sen können. Der Geier lehnt sich zufrie­
den auf seinem Stuhl zurück, den Bauch
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
nach vorn gewölbt und die Daumen im
Hosenbund.
Bei einer Kostenposition blaffe ich
ehrenfest: „Das haben wir doch schon
vorab verhandelt und erheblich gekürzt.“
Nun hält es den Geier nicht mehr im Hin­
tergrund: „Ich werde dafür bezahlt, mir
heute jede Position noch einmal genau
anzuschauen. Die BMW AG verschenkt
kein Geld.“
Nach weiteren zwei Stunden, meh­
reren Drohungen und höhnischen Be­
merkungen („Uns kommen die Tränen“)
und immer neuen Abstrichen für uns
frage ich ermattet: „Sind wir durch?“ Das
Frettchen nickt. Aber der Geier, der in
der vergangenen halben Stunde mit fast
geschlossenen Lidern im Hintergrund
lauerte, stößt nun wieder aus der Sauer­
stoffarmut der Folterkammer herunter:
„Ich würde jetzt gern zum Schluss noch
auf die 15 Prozent Lieferantenbeitrag zu­
rückkommen.“ Es ist nie zu Ende. Nie.
Postskriptum: Zwei Wochen später
liegt die offizielle Bestellung der BMW
AG im Briefkasten mit dem Zusatz:
„Wenn wir innerhalb von 14 Tagen keine
schriftliche Antwort erhalten, gehen wir
davon aus, dass Sie unseren Auftrag im
vollen Umfang akzeptieren.“ Und wiede­
rum eine Woche später trifft eine Mail
eines hochrangigen BMW­Managers bei
uns ein: „Wir stehen beim Budget mit
dem Rücken an der Wand, und ALLES
kommt noch einmal auf den Prüfstand.“
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41
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
Unsere Vision:
der beste Kaffee
der Welt …
Superpremium …
weltweit nur
eine einzige
Mischung …
Qualitätskontrolle …
Glück in
der Nische …
pure
Magie
Im Kaffeemarkt geht es zu wie bei einer irischen Hochzeit: Fäuste fliegen,
Pfosten splittern, und Stuckbrocken pfeifen durch die Luft.
Doch Luxusröster Andrea Illy sucht keine Deckung: Der Tumult schert ihn nicht die Bohne.
TEXT / STEPHAN KNIEPS
FOTOS: ILLY, STEFANO GUIDANI
A
42
ndrea Illy (52) will gerade
etwas ausholen, du lieber
Himmel, und über den Börsengang sprechen, den er
nicht plane – er wiederhole:
nicht! –, als eine Nachlässigkeit, ein Versehen, nein: eine grobe Unbesonnenheit ihn
veranlasst, die Augenbrauen so langsam
hochzuziehen, als hingen Gewichte daran: „Ich empfehle, ihn heiß zu trinken.“ Illy
nickt zu meiner Espressotasse, die halb
voll auf seinem Teak-Schreibtisch steht.
Der Eingriff in den Gesprächsverlauf
war erforderlich und unaufschiebbar, weil
er, Illy, die Ansicht vertritt, dass ein heißer Espresso „pure Magie“, ein lauwarmer aber ein Frevel, eine Übeltat, eine
Gottlosigkeit sei. „Für mich“, sagt Illy, „ist
Espresso ein Lebenselixier. Mein Tag beginnt mit einem Espresso. Ohne Milch
und Zucker. Es ist wahrscheinlich das
komplexeste Getränk der Welt.“
Illy ist il Presidente, der Verwaltungsratsvorsitzende von Illycaffè. Das Unternehmen, ein Ensemble von waschbetongrauen, zweistöckigen Nutzbauten
mit roten Fensterrahmen, hat seinen
Sitz am Rande der Hafenstadt Triest, in
der Via Flavia 110. Hinterm Firmengelände: Bahngleise. Vorm Firmengelände:
die vierspurige Nuova Sopraelevata, der
Neue Damm. Rechts geht’s nach Slowenien, links nach Triest. Die Sonne lacht, und
der Adria-Wind lacht mit und weht den
BILANZ / OKTOBER / 2016
Duft gerösteter Kaffeebohnen durch die
Zona industriale. Unter Illys Büro auf der
Wiese steht ein Rasenmäherroboter und
hört dem Gras beim Wachsen zu.
Illycaffè, 1933 von Großvater Francesco etabliert, hat sich einen Namen gemacht mit dem Illy-Blend, einem Mixtum
compositum von neun Arabica-Sorten.
Seit vielen Jahren bringt man auch von
der Kritik wohlwollend besprochene
Kaffee- und natürlich Espressomaschinen zum Verkauf. 2015 ließ Illy einen
neuen Umsatzrekord in die Register eintragen: 437 Millionen Euro.
Bei il Presidente im Büro hat sich eine
ganze Batterie Managementliteratur im
Regal verklemmt: „Eating the Big Fish“,
„Advanced Learner’s“, „The Luxury Stra-
STRENGE AUSLESE: Andrea Illy (Foto
links) prüft jede einzelne Bohne dreimal,
bevor er sie in seiner Fabrik rösten lässt.
tegy“, „Leading Change“ und dergleichen.
Im kleinen Kühlschrank lagern drei Flaschen Wasser und zwei Heineken. Auf seinem Brettrechner liest er Hermann Hesses
„Siddhartha“, einen Riemen, der im 6. Jahrhundert v. Chr. spielt, und zwar in Indien,
wo man lieber Tee trinkt als Kaffee.
Illy trägt einen dunkelblauen Anzug
von Loro Piana und schwarze Kniestrümpfe. Er sieht aus wie ein Mann, der
einen schönen Abend genießen will. An
den Kragenaufschlag hat er sich einen
silberfarbenen Anstecker genadelt, der
die Form einer Espressotasse hat. Er ist
überhaupt ein strenger, sachlicher Mann:
Er liest nicht nur schlechte Bücher, sondern hat auch Stil und weiß Bescheid und
leitet in seiner Freizeit folgerecht den nationalen Luxusgüterverband Altagamma.
Die Firma Illy, sagt der Gründerenkel,
„wurde geboren mit dem Traum, den besten Kaffee der Welt zu machen, und wir
arbeiten nach wie vor an dieser Vision“.
Da ist mal ein Mann, der eine Mission hat
im Leben!
Das stetig-standhafte Umsatzwachstum von Illycaffè ist in der Tat bemerkenswert angesichts des zähen und mit
wachsender Erbitterung geführten Konkurrenzkampfes auf dem Kaffeemarkt:
Am aggressivsten geht die deutsche Multimilliardärsfamilie Reimann (s. BILANZ
9/16) vor, die in den vergangenen drei Jahren u. a . das niederländische
sche Kaf
Kaffeehaus
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UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
44
1,5
Mrd.
LAVAZZA
Italiens größte Kaffeemarke Lavazza (Umsatz: 1,5 Mrd. Euro) aus Turin
feiert in diesem Jahr ihr 121-jähriges Bestehen. Präsident des Unternehmens ist Alberto Lavazza (75),
Nachfahre in dritter Generation des
Firmengründers Luigi Lavazza. Die
Geschäfte führt der frühere Fiat-Manager Antonio Baravalle.
Nach den gelungenen Übernahmen
der französischen Kaffeemarke „Carte Noir“ und des dänischen Kaffeerösters Merrild sollen die Einnahmen
bis 2021 auf zwei Mrd. Euro klettern.
Dass Starbucks 2017 die erste Italo-Filiale eröffnet, kommentierte
Antonio Baravalle mit den Worten:
„Sie kommen hier in eine Kultur des
Kaffees. Und ich spreche von Kaffee
– nicht von Erdbeer-Frappuccino.“
942
Mio.
SEGAFREDO
1973 übernahm der damals 25-jährige Massimo Zanetti die in Bologna
ansässige Kaffeerösterei Segafredo
und machte sie mit trickreichen und
blitzsauberen Offensivaktionen zum
heute (hinter Lavazza) zweitgrößten
Kaffeeunternehmen Italiens.
Heute in Treviso angesiedelt und
seit 2015 an der Börse immatrikuliert, dehnt sich Massimo-ZanettiBeverage mit Unerschrockenheit
aus: Im August eröffnete eine Segafredo-Espresso-Bar im Irak, und zwar
in Dohuk (falls Sie in der Nähe sind).
Zuvor hatte MZB die portugiesische
Firma Nutricafès niedergeworfen.
Der Umsatz wurde zuletzt mit 942
(Vorjahr: 781) Mio. Euro angegeben. Der Börsenwert beträgt ca.
250 Mio. Euro.
noch Bestand“ habe und wenn ja, „wie
groß unser Wachstumspotenzial ist“.
Denn ihre Unabhängigkeit will die Familie auf jeden Fall bewahren. Das Ergebnis stellte zufrieden: alles paletti. Illycaffè
könne „in den kommenden sieben bis zehn
Jahren substanziell wachsen: bis zu einem
Umsatz von einer Milliarde Euro“.
Dennoch nahmen die Illys die Umwälzung in der Branche zum Anlass,
einen Wechsel an der Spitze vorzunehmen: Andrea Illy, der bis dahin auch die
Geschäftsführung innegehabt hatte, beschränkt sich seit April auf die Presidenza.
Erstmals vertraute die Verwandtschaft einem Fremden die Firmenleitung an: Massimiliano Pogliani (50). Er kommt von Vertu,
einem Hersteller bizarrer Luxus-Mobiltelefone. Vorher hatte er für Saeco (Kaffeemaschinen) und Nestlé gewirtschaftet.
„Ich bin nicht der beste Manager auf
der Welt“, teilt il Presidente feierlich mit.
„Ich bin der Manager, der diese Firma an
diesen Punkt geführt hat. Aber jetzt habe
ich einen Manager gefunden, der besser
ist als ich: Massimiliano Pogliani ist ein
Kaffee- und Marketing-Experte und ein
guter Anführer. Ein Treffer.“
Gesten-, kenntnis-, vor allem aber
umfangreich kann er über die aktuellsten
Aufgaben, modernsten Kompetenzen
Und ihr hohes Ansehen lassen sich die
Italiener von der Kundschaft auch gut be­
zahlen: Ein halbes Pfund Illy kostet mehr
als acht Euro, ungefähr doppelt so viel
wie Lavazza oder Segafredo und dreimal
mehr als das Pulver, das Tchibo verkauft.
„Wenn es das Beste sein soll“, sagt Andrea
Illy, „dann kann es nur eine Mischung
geben.“ Im „Superpremium­Segment“ sei
seine Marke zu Hause.
O MANN, ER LIEBT DAS ZEUG (seinen ers­
ten Kaffee trank er mit vier, seinen letz­
ten Espresso vor fünf Minuten), er liebt
seine Würze, sein Odeur, seine Schwär­
ze, sein Arom. Jede Bohne lässt er vorm
Rösten dreimal umdrehen, zweimal an­
hauchen und einmal polieren.
Doch sein Qualitätsvorsprung
schmilzt. Und auch was die Wirtschaft­
lichkeit und das Haushalten angeht, sind
seine Möglichkeiten begrenzt. In den
90er­Jahren
­­Jahren stob Illy zwar einige Male
nach Japan und studierte die Fertigung
bei Toyota. Autobauer gelten ja als die
fortgeschrittensten Autoritäten in Sa­
chen Workflow und Wirksamkeit. 2009
nahm er die Dienste von Porsche­Consul­
ting in Anspruch, um ein paar Cent bei
der Fabrikation der 250­Gramm­Dose
einzusparen.
Aber weil selbst die sparsamste und
zweckmäßigste Herstellung, die Illy­
caffè ersinnt, von den Branchenführern
in null Komma nix nachgeäfft werden
kann (was praktisch nie vorkommt, da
sie bereits die ausgepichteste Haushäl­
terei betreiben), haben auch die besten
italienischen Häuser der Finanzkraft
und Gewaltbereitschaft der Super­ und
Siegermächte nur wenig mehr entgegen­
zusetzen als Raffinatezza und Resistenza.
Und so liefen in der Branche Gerüch­
te um, dass sich der Widerstandskämpfer
Andrea Illy neue Munition an der Börse
verschaffen wollte – wie vor ihm schon
„Segafredo“ Zanetti. Aber, wie gesagt:
kein Börsengang. „Assolutamente no.“
Allerdings habe er die Unternehmens­
beratung Roland Berger sicherheitshalber
beauftragt, die Firmenstrategie in Augen­
schein zu nehmen und einer Prüfung zu
unterziehen: ob sie „in Anbetracht der
Konsolidierungswelle im Kaffeemarkt
FOTO: ILLY
Jacobs Douwe Egberts („Senseo“, „Ja­
cobs“), die US­Firmen
men Peet’s Cof
Coffee &
Tea, Caribou Coffee und zuletzt den
Kaf
Kaffeerös
ter Keurig versklavt hat. Mehr
als 32 Milliarden Euro ließen sich die
Reimänner ihre Beutezüge kosten. Selbst
Marktführer Nestlé („Nescafé“, „Nespres­
so“) kommt langsam ins Schwitzen.
Aber auch in den unteren Abteilun­
gen vollziehen sich dramatisch­darwi­
nistische Eigentumstransformationen:
Lavazza (1,5 Mrd. Euro Umsatz) aus Tu­
rin, Italiens größte Kaffeefirma, stürmte
den französischen Marktführer Carte
Noir; kurz darauf vergriff sich Massimo
Zanetti („Segafredo“) an der portugiesi­
schen Nutricafés und an Club Coffee in
Kanada. Allenthalben wird gebündelt,
verdichtet, gerafft.
Ob die vergleichsweise schmal gebau­
ten Italiener auf längere Sicht ihren Spaß
mit den internationalen Großkraftwer­
ken Jacobs Douwe Egberts oder Nestlé
haben, muss man bezweifeln. Viel zu
lange, sagen Fachleute wie Jeffrey Young
von der Beratungsfirma Allegra World
Coffee, hätten sie sich auf die angeblich
Cof
überlegene Güte ihrer Marken verlassen.
Doch „Genuss, Gesundheit und
Nachhaltigkeit“, jene Winkelthemen, auf
die ein Qualitätsmanager wie Illy immer
gesetzt hat, beschäftigen heute selbst sol­
che Kaffeekonglomerate, denen es ehe­
dem immer nur um tiefe Preise und hohe
Werbebudgets gegangen war.
Nicht zuletzt Kaffeeketten wie Star­
bucks und ungezählte Regionalanbieter
haben die qualitative Vorrangstellung
von Edelröstern wie Illy längst untermi­
niert, indem sie einen Kult ums Koffein
inszenierten, für den sich inzwischen
schon 15­Jährige
­­Jährige begeistern. Leute, die
früher einfach nur eine Tasse Kaffee
tranken, befassen sich neuerdings mit
den Weisen und Arten des Röstens,
Mahlens, Brühens und Aufsetzens.
Gewiss, die Illy­Mischung gilt in
Fachkreisen als ganz noble Nummer: „Illy
ist ein Synonym für italienischen Spitzen­
kaffee“, flötet Holger Preibisch vom Deut­
schen Kaffeeverband. „Der Marktanteil in
Deutschland mag sehr gering sein, aber
Illy hat eine unglaubliche Strahlkraft, eine
tolle Reputation im Markt.“
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
und neuesten Unterschiede zwischen
Entrepreneur und Manager referieren und
dabei doch stets im entseelten Vokabularium der Managementliteratur bleiben.
Er hat seine Ratgeberbücher gelesen. Das
muss der Neid ihm lassen.
Dem neuen Chef steht ein Unternehmen zu Gebote, das traditionellerweise
den Modernisten der Gilde angehört.
Als die Konkurrenz ihren Kaffee noch
in Tüten füllte, presste Illy ihn schon in
Druckbehälter. Unlängst entwickelte das
Unternehmen eine Mobilanwendung, mit
der Kaffeetrinker Orte finden, wo sie einen Illy-Blend
Blend kaufen oder schlürfen können, und auch im Kapselgeschäft sind die
Triester tätig, sogar im Kapselland USA.
WACHSTUMSCHANCEN RECHNET sich
Illy vor allem im Endverbrauchergeschäft
aus. Bislang verdient das Unternehmen 80
Prozent seiner Einnahmen mit Großkunden: Weltweit beliefern die Italiener rund
100.000 Cafés, Bars und Restaurants (in
Deutschland etwa Vapiano) sowie Fluggesellschaften. Spätestens in zehn Jahren,
sagt Illy, werde ein Gleichgewicht hergestellt sein. Zustattenkommen sollen dabei
die 2004 eingeführten Illycafés, Espressobars nach italienischem Vorbild. Zuletzt
eröffnete man in Busan, Paris, San Fran-
cisco und Amsterdam. In Deutschland
(„ein Schlüsselmarkt“) kam im März in
der Düsseldorfer Kö-Galerie die sechste
Kaffeestube hinzu. Nächstes Jahr sind
München und Frankfurt an der Reihe. Bei
dem Tempo muss man freilich aufpassen,
dass einem die Füße nicht einschlafen.
Starbucks hat 144, Segafredo 76 Filialen.
Ob die Familie ihre Umsatzziele
erreicht, ist zwar noch nicht bekannt.
Dass sie aber geschäftstüchtig ist, weiß
man. So verfügt die Sippe 2004 unter
dem Dach der Gruppo Illy, ihrer Obergesellschaft (geleitet von Andrea Illys
Bruder Riccardo), über ein paar Firmen,
die Marmelade, Schokolade, Wein und
Eiscreme herstellen oder nur vertreiben.
Umsatz: 43 Millionen Euro.
Erstrangig ist für il Presidente, das
Unternehmen an die nächste und die
übernächste und die überübernächste
Generation weiterzugeben. Er selbst hat
drei Töchter. Es sieht also gut aus. Sein
langfristiges Ziel aber wird er wohl nicht
mehr erleben: die Aufnahme in den Klub
der Hénokiens – einer Organisation, die
nur Familienunternehmen aufnimmt, die
mindestens 200 Jahre alt sind. Die Firma
Illy könnte im Jahr 2133 Mitglied werden.
Aber es ist natürlich nicht ausgemacht,
dass es sie dann noch gibt.
STAPELWARE: Pro Monat verlassen jede Menge Kaffeesäcke das Illy-Werk in Triest.
BILANZ / OKTOBER / 2016
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
UNTERNEHMEN UND M RKTE
NEUER DONALDISMUS
Der Trump-Kenner Neil Barsky über seine Begegnungen mit dem republikanischen
Präsidentschaftskandidaten, Märchenerzähler und Katastrophenunternehmer.
INTERVIEW / JÜRGEN SCHÖNSTEIN
FOTOS / ALEX TREBUS
B
Herr Barsky, erzählen Sie uns mal
das Netteste, was Sie über Donald
Trump sagen können.
Er ist von sich überzeugt, und er ist zäh.
Als er Anfang der 90er-Jahre mit dem Rücken zur Wand stand, als er den Banken
ein paar Milliarden Dollar schuldete und
alles für ihn auf dem Spiel stand, gab er
nicht auf. Er hat gekämpft wie ein Wilder,
und wie man auch an seinem Wahlkampf
sehen kann, hat er ein beachtenswertes
Talent, die Schwächen seiner Gegner
aufzuspüren.
B
Das klingt mehr nach einer Liste
schlechter Eigenschaften.
Seine schlimmsten Eigenschaften sind ja
gar nicht sein Ego, sein Narzissmus oder
seine Überheblichkeit – sein schlechtester Charakterzug ist sein zynischer Opportunismus, seine Bereitschaft, alles und
jeden durch den Dreck zu ziehen.
B
Reden Sie hier von Trump als Poli­
tiker oder als Unternehmer?
Als Unternehmer steht der doch ganz
weit unten auf der Liste der Erfolgreichen
– aber er hat die Öffentlichkeit einseifen
können, ebenso wie er damals die Banken
eingeseift hatte.
B
NEIL BARSKY: Der 58-jährige frühere Reporter („Wall Street Journal“), Hedgefonds-Manager
und Dokumentarfilmer hat 2014 mit Bill Keller, dem Ex-Chefredakteur der „New York Times“,
das „Marshall Project“ gegründet, eine Enthüllungsplattform, die über Missstände im US-Straf
US-Strafjustizsystem berichtet. Im April erhielt das Marshall Project den Pulitzer-Preis.
46
Trump, der schlechte Unternehmer?
Ist er ein Unternehmer? Er ist ein Promoter, der eine Menge Geld mit einer
Realitäts-Fernsehschau verdient hat und
damit, seinen Namen für alle möglichen
Geschäfte herzugeben. Aber so weit ich
weiß, hätte er keine Chance, zum Beispiel
auf den Kapitalmärkten irgendwelche
Gelder zu mobilisieren, wie das ein echter, erfolgreicher Unternehmer könnte.
Ich glaube, dass die Geschäftswelt ihn nie
richtig für voll genommen hat.
B
LOB VOM ALLERWERTESTEN:
Gerahmte Trump-Beschwerde.
Ist das Trumps Masche: selbst die
absurdesten Dinge so lange zu wiederholen, bis man sie ihm glaubt?
Als Gerald Ford im Wahlkampf 1976 die
sowjetische Präsenz in Polen bagatellisiert hatte, wurde er zu Recht so behandelt wie ein Sitzenbleiber in der zweiten
Klasse. Heute ist der Preis, den man zahlen muss, wenn man die Öffentlichkeit belügt, so niedrig wie niemals zuvor. Leute
wie Trump, die es mit Tatbeständen nicht
so genau nehmen, kommen damit nicht
nur durch, es zahlt sich für sie sogar aus.
B
Seit den 90er-Jahren hat Trump bei
jeder Präsidentschaftswahl seine
Kandidatur angekündigt – ohne
dass je etwas daraus geworden
wäre. Was lief diesmal anders?
Den Republikanern ist acht Jahre lang jedes Mittel recht gewesen, um die Person
Barack Obama zu untergraben, nicht politisch, sondern als Mensch. Da war alles
drin: der Rassismus, das Ehrabschneidende, die komplette Ablehnung der Person –
das hat Trump den Weg geebnet. Und vor
vier oder fünf Jahren hat Trump dann den
Birther-Mythos vorangetrieben, mit der
Behauptung, er habe „aus zuverlässigen
Kreisen“ gehört, dass Obama von Geburt
gar kein Amerikaner sei. Das war eine Riesenlüge, und das war der Moment, an dem
die Republikaner ihre Chance verspielt
hatten, ihn in seine Schranken zu weisen.
B
Presse und Fernsehen haben seinen
Unfug eifrig weiterverbreitet.
Wenn Sie die Zeitungen lesen, dann sind
die schon ziemlich kritisch: Die „New
York Times“ oder die „Washington Post“
nehmen ihn ziemlich gründlich unter
die Lupe, überprüfen seine Behauptungen. Da kann man eigentlich nicht viel
rummäkeln. Beim Fernsehen sieht das
anders aus. CNN-Chef Jeff Zucker sagte
mal sinngemäß, dass er zwar nicht glaube,
dass Trump gut fürs Land sei, aber er sei
in jedem Fall gut für die Einschaltquoten.
B
Was war Ihre beste Story, die Sie je
über Trump geschrieben haben?
BILANZ / OKTOBER / 2016
Ja, ein Großteil der Amerikaner glaubt
immer noch, dass Trump ein goldenes
Händchen habe. Sie halten ihn für die
Verkörperung des Erfolgs, obwohl er
eine lange Reihe von Pleiten hingelegt hat
und eine lange Reihe von Klagen am Hals
hatte. Das ist wirklich eine merkwürdige Diskrepanz. Vor allem die politischen
Reporter haben lange gebraucht, bis sie
erkannt haben, dass er unternehmerisch
eine Katastrophe war.
B
Ich würde sagen: die Story, dass er nie der
Immobilienkönig gewesen war, für den er
sich ausgegeben hat. In den 80er-Jahren
wurde in New York ja enorm viel gebaut,
doch Trump hatte in der Zeit eigentlich
nur zwei oder drei Projekte verwirklicht.
Das war nichts im Vergleich zu anderen.
Aber es wurde so viel über ihn geschrieben, und er war geschickt darin, diese
Popularität in Kredite umzumünzen. Es
war sicher nicht alles schlecht, er hat auch
ein paar Mal gut investiert, aber meine
größte Story war, dass er nie so viel wert
war, wie er behauptete.
B
Wie hat Trump darauf reagiert?
B
Haben Sie den Brief noch?
B
Er wollte keine Gegendarstellung?
Er hat mir einen Brief geschrieben, in
dem er mich als eine „Schande“ für meinen Berufsstand bezeichnete.
Ich habe ihn eingerahmt und an die Wand
gehängt. Von Trump kommend, betrachte ich so etwas als eine Auszeichnung.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass
ich jemals etwas richtigstellen musste.
Und ich glaube nicht, dass Trump das
jemals gefordert hat.
B
Mythos Trump – ein Mythos?
Vielleicht liest man im Politikressort
den Wirtschaftsteil nicht?
Ich kapier’s nicht. Die Wirtschaftspresse
hat ihn ja immer ziemlich kritisch gesehen, da war ich nicht der Einzige. Auch
meine Konkurrenten von der „New York
Times“ oder dem „Philadelphia Enquirer“
sind ziemlich hart rangegangen – leicht
hatte es Trump jedenfalls nicht. Aber
seine große Stärke ist eben, dass er seine eigene Geschichte sehr gut verkaufen
kann. Und er weiß, dass man sie nur häufig genug erzählen muss, damit Leute sie
für wahr halten. Das macht die politische
Presse ganz verrückt, weil die es nicht
gewohnt ist, dass jemand so unverblümt,
schamlos und selbstbewusst Sachen frei
erfindet.
B
Was zum Beispiel?
B
Wie stellen Sie sich einen Präsidenten Trump vor? Was wird er tun?
Es musste immer alles großartiger sein.
Seine erste Frau Ivana war nicht nur eine
gute Skiläuferin – nein, sie musste eine
Olympia-Skiläuferin sein, obwohl es dafür keine Belege gab. Marla Maples, seine
zweite Frau, wurde für ihn zum Supermodel. Selbst seine Gegenspieler mussten
immer großartig sein. Von mir erzählte er,
ich sei ein Weltklasse-Pokerspieler. Wäre
ich sicher gern, aber ich habe keine Ahnung, wie er darauf kam. Doch es ging
ihm damit ja nur darum, dass ihn nicht
irgendein kleiner Schreiberling demontiert hatte. Er lebt da in seiner ganz eigenen Welt. In der ist er der Größte.
Das kann ich nicht sagen. Aber ich bin mir
sicher, dass Amerika und die Welt auch
einen Präsidenten Donald Trump überleben werden.
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UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
Wie geht’s
eigentlich ...?
UNTERNEHMEN UND MÄRKTE
EINST CHEF DER DEUTSCHEN BAHN
EINST CHEF DER DEUTSCHEN BANK
HEINZ DÜRR
HILMAR KOPPER
ein Lebenswerk erklärt niemand leichtfertig für voll„Die Texte müssen in ordentlichem Deutsch geschrieben sein,
endet, auch Unternehmer Heinz Dürr nicht. Deshalb
damit man die Schauspieler auch verstehen kann“, sagt der
beschäftigt sich der 83-Jährige auch drei Jahre nach
Schwabe Dürr. Eine andere Bühne, auf der der Mann mitspielt,
dem offiziellen Beginn seines Ruhestands noch täglich
ist die der Start-up-Welt. Sie erinnert ihn allerdings zuweilen auf
mit dem Dürr-Konzern, der unter anderem
etwas ungute Weise an seine Zeit als Chef
Lackieranlagen für die Automobil-Industrie
der Deutschen Bahn – immer dann, wenn
herstellt und 1895 von seinem Großvater Paul
Verluste nicht durch Gewinne, sondern
Dürr (1871 – 1936) gegründet wurde. Dürr ist
durch externe Geldgeber, damals war’s der
Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats, seine
Bund, in aller Bequemlichkeit ausgeglichen
Tochter Alexandra Mitglied im Aufsichtsrat,
werden.
und die Familie ist weiterhin Hauptaktionär.
Bei Ubitricity, das intelligente Ladeka„Die Firma ist keine Finanzanlage, die nur
bel für Elektroautos herstellt, hat er sich mit
Geld produzieren soll. Es geht darum, sich als
einer Millioneninvestition beteiligt. Seither
Weltmarktführer weiterzuentwickeln.“
führt er den Aufsichtsrat und gibt seine ErMit einem Teil des Geldes, das der Konfahrungen weiter. „Ich versuche den jungen
zern abwirft, finanziert der Ex-Chef die
Leuten beizubringen, dass die Einnahmen
HEINZ DÜRR
Heinz- und Heide-Dürr-Stiftung, die er mit
am Ende größer sein müssen als die AusgaF *16. Juli 1933 in Stuttgart
seiner Frau vom Berliner Gendarmenmarkt
ben und eine gute Idee allein nicht ausreicht.“
F Gelernter Schlosser, Maschinenaus leitet. Den Großteil der rund 2,5 MillioDürr lebt mit seiner Frau in Berlin. 1991,
baustudium
nen Euro investieren die Dürrs in Wissenals er die Führung bei der Bahn übernahm,
F 1969 Geschäftsführer Firma Dür r
schaft und Forschung, Bildung und Soziales
zog er in die Hauptstadt und blieb. Heute
F 1980 – 1990 Vorstandsvorsitzender
sowie Kunst und vor allem Kultur.
führt er in seinem Haus in Zehlendorf „ein
AEG (Foto: 1981 mit Kanzler Schmidt)
Sein „besonderes Anliegen“, sagt Dürr,
ganz normales Leben“, gelegentlich besucht
F 1991 – 1997 erster Vorstandssei das deutschsprachige Autorentheater.
von seinen Töchtern und Enkeln.
vk
vorsitzender der Deutschen Bahn
enn Hilmar Kopper (81) aus der Stube seines
Kopper freilich: Neben seinem Deutsche-Bank-Engagement
320 Jahre alten, denkmalgeschützten Fachwerk(nach seiner Ablösung 1997 durch Rolf E. Breuer leitete er bis
hauses schaut, dann sieht er „bis zum Horizont
2002 den Aufsichtsrat) kam er addiert auf mehr als 60 Mandate
kein menschliches Bauwerk, nur Wald und Wiein Kontrollgremien, zuletzt gab er Anfang 2013 die Oberaufsicht
sen – wunderschön“. Und wenn er Glück
bei der HSH Nordbank ab. Heute arbeite er
hat, schaut ein Hase zu ihm hinein oder ein
nur noch ehrenamtlich. Geld zu verdienen
Falke lässt sich auf einem seiner Terrassen„gehört sich für mein Alter nicht“.
stühle nieder: „Die Tiere kommen hier bis an
Kopper fördert und berät in Frankfurt
meine Tür.“ Seit 15 Jahren wohnt der frühere
gleich drei Kultureinrichtungen: das Städel,
Deutsche-Bank-Chef (1989 – 1997) mit seiner
das Karikatur- sowie das Historische MuseFrau, der Willy-Brandt-Witwe Brigitte Seeum; ferner unterstützt er die Kronberg-Acabacher, in diesem Haus im Westerwald bei
demy, eine Ausbildungsstätte für BratschisMontabaur.
ten und Violisten.
Die Lage sei ideal: Mit seiner S-Klasse
„Ich genieße es am meisten, das zu tun und
(„Wenn man 17 Jahre lang Daimler-Auf
Daimler-Aufzu sagen, was ich möchte. Das ist die größte
sichtsrat war, fährt man nichts anderes
Erleichterung.“ Zu Deutsche-Bank-Zeiten
HILMAR KOPPER
mehr“) gleitet er in einer Stunde sowohl
wurde Kopper seine Unbekümmertheit zum
F *13. März 1935 in Westpreußen
nach Frankfurt als auch nach Köln. In beiVerhängnis, als er jene 50 Millionen Mark
F 1954 Abitur in Köln
den Städten besucht das Ehepaar gern Oper
Schulden des Baulöwen Jürgen Schneider
F Lehre bei der Deutschen Bank
oder Museen; in Frankfurt besitzt Kopper
als „Peanuts“ bezeichnete; der Begriff wurde
F 1977 Berufung in den Vorstand
auch noch ein Büro. Zweimal die Woche
1994 zum Unwort des Jahres gewählt. Ärgert
F 1989 – 1997 Vorstandssprecher der
fährt er dorthin, „aber ich will nicht so tun,
ihn das noch? „Ach, Sie wollen ja nicht wissen,
Deutschen Bank (Foto: 1996 mit
als würden da Berge von Papier auf meinem
wie viele Manschettenknöpfe in ErdnussHelmut Kohl, Jürgen Sarrazin (r.))
Schreibtisch liegen“. Genug gearbeitet hat
form ich zugesandt bekommen habe.“
kni
F Mehr als 60 Aufsichtsratsmandate
W
48
FOTOS: ANDREAS FRIESE, BERND HARTUNG, ULLSTEIN, PRIVAT
S
BILANZ / OKTOBER / 2016
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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49
IDEEN UND INNOVATIONEN
IDEEN UND INNOVATIONEN
SCHWEBEN
MIT ÜBERSCHALL
Die Idee, es jetzt zu tun, sie jetzt zu bauen, hatte Tesla-Gründer
Elon Musk: Hyperloop, eine Magnetschwebebahn, die mit
1.220 Sachen durch die Finsternis einer luftleeren Röhre jagt.
Hyperloop One
setzt auf das
große Geld
aus dem
Silicon Valley.
TEXT / JÜRGEN SCHÖNSTEIN
50
BILANZ / OKTOBER / 2016
.
Rob Lloyd ist unrasiert. Und spät
dran. Und erkennbar unfroh darüber: Es
tue ihm leid, aber er komme „gerade vom
Flughafen: alle Straßen verstopft“, entschuldigt der 60-jährige Boss der Firma
Hyperloop One seine 45-minütige Verspätung. Wir haben während des Wartens seinen rund 200 Technikern und
Ingenieuren bei der Arbeit zugeschaut: in
einer ehemaligen Lagerhalle in Downtown
Los Angeles. Sie entwickeln ein Hochgeschwindigkeits-Verkehrsprojekt, das die
Welt mal wieder umkrempeln soll.
Das Tempo, das sie anschlagen, ist
entsprechend hoch: Obwohl vom Hyperloop-One-System noch nicht mal ein
Modell existiert oder eine einzige Trasse
auch nur vermessen wurde, soll in spätes-
tens vier Jahren die erste kommerzielle
Strecke in Betrieb genommen werden.
Die Idee für ein Transportmittel, das
sich in einer Röhre ohne Luftwiderstand
fortbewegen kann, reicht so weit zurück
wie die Geschichte der Eisenbahn selbst.
Zu Papier gebracht wurde die Invention
erstmals von dem englischen Ingenieur,
Erfinder und Druckluftexperten George
Medhurst anno Tobak 1812 – acht Jahre
nach Erfindung der Dampflokomotive, aber 13 Jahre bevor überhaupt die
erste Eisenbahnstrecke geschient worden war.
Doch zum Durchbruch der Idee oder
zumindest zu ihrer Inangriffnahme verhalf ihr erst der Internetmilliardär, Elektroauto-, Raumfahrt- und Kreativunter-
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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51
IDEEN UND INNOVATIONEN
DIE AMERIKANER nehmen das Projekt Hyperloop schon deshalb ernst, weil
Elon Musk es propagiert, der Mann, dem
nichts schiefgeht.
Noch sind die meisten Fragen freilich
unbeantwortet: Es ist weder beschlossen
noch besiegelt, weder ausgekocht noch abgemacht, ob zunächst Fracht oder Mensch
expediert, ob Großräume erschlossen und
verkehrsverknotet oder ob Fernziele verbunden und verknüpft werden sollen.
Noch sind Konstrukteure und Ingenieure sich nicht einig, ob die Kabinen durch
die Inhaltslosigkeit selbst oder durch extrem verdünnte Luft rasen und welche
Probleme dabei auftreten. Und schon gar
nicht steht fest, wie viele Strecken betrieben und wie sie bezahlt werden sollen.
Doch die Westküste der USA ist
das Land der Pioniere, Schausteller und
Traumtechniker. Ein Landstrich im Zustand der Dauererregung. Und so kam
es, dass die orthodoxen Risikokapitalisten im Siliziumtal, dessen Verkehrsadern
zwischen San Francisco und San José tagtäglich zur Stoßzeit verstopfen und versumpfen und sich sklerotisch verschließen, die Idee des Hin-und-her-Rasens mit
Gefallen betrachteten. Zumal der Name
„Musk“ lieblichen Wohlklang besitzt.
Folge ist, dass heute gleich zwei
Teams um die erste funktionstüchtige
Hyperloop-Strecke miteinander im Wettbewerb stehen: Keine 20 Kilometer von
Lloyds Hyperloop One entfernt, versucht
der deutsche Traumtänzer und Bankkaufmann Dirk Ahlborn (s. S. 55) mit seiner Firma Hyperloop Transportation Technologies, den vor ihm liegenden Konkurrenten
einzuholen. Doch der verfügt über einen
uneinholbaren Vorsprung.
Der Frage nach seiner Finanzierung
ausgesetzt, sieht sich Lloyd zu einem Eigenlob provoziert: „Wir haben in knapp
zwei Jahren 130 Millionen Dollar auftreiben können.“ Genug, um jeden Monat bis
zu 20 neue Ingenieure einzustellen – beachtlich für eine so junge Firma.
Der Risikofinanzier Shervin Pishevar
und der Ex-Space-X-Ingenieur Brogan
BamBrogan (inzwischen im Streit ausgeschieden) haben Hyperloop One 2013 in
die Register eingetragen, wenige Monate,
nachdem Musk sein Thesenpapier angeschlagen hatte. Im Beirat sitzen Autoritäten wie Jim Messina, einst Berater von
US-Präsident Obama, und der Raumfahrtunternehmer Peter Diamandis.
Im September 2015 verpflichteten sie
den Kanadier Lloyd als Geschäftsführer:
Er kommt vom Netzwerkausrüster Cisco, wo er mit einer Abfindung in Höhe
von elf Millionen Dollar außer Kraft gesetzt worden war, nachdem man ihn bei
der Nachfolge des Vorstandschefs John
Chambers leider übergehen musste.
Lloyd rückte schon bald von Elon
Musks Idee ab, eine Expressverbindung
zwischen L.¦A . und Frisco zu bauen. Ihm
schweben Kurzstrecken vor: „Wir könnten zuallererst mit einem Frachtsystem
anfangen, das eine Alternative zu überlasteten Verkehrsverbindungen wäre.“
Ganz nach seinem Geschmack wäre
„vielleicht eine 50 Kilometer lange Prototyp-Strecke in dicht besiedelten Großräumen, wo wir die Transportzeiten um
Stunden verkürzen könnten“. Ein derartiges Frachtsystem eigne sich sowohl für
Europa als auch für die Staaten am Golf.
Eine Vereinbarung mit DP World, dem
drittgrößten Hafenbetreiber der Welt mit
Sitz in Dubai, ist bereits unterschrieben.
Im Passagierverkehr ist ein System
aus innerstädtischen Knotenpunkten in
einem radialen Netz denkbar, das 200
Kilometer weit reicht. „Pendler könnten
trotz dieser Entfernung in elf Minuten an
ihrem Arbeitsplatz sein – das würde den
Arbeitsmarkt und die Idee eines Wirtschaftsraums ganz neu definieren.“
Zunächst jedoch müssen die Hyperloop-Leute die Technik ihres Superzuges definieren: Wollen sie beim passiven
Magnetschwebesystem bleiben, in dem
die Passagierkabine mit Dauermagneten
bestückt ist und die Röhre als ultralange
elektrische Spule wirkt? Oder lieber ein
aktives benutzen wie beim Transrapid?
Man denke über das eine wie das andere nach, sagt Andrea Vaccaro, der bei
60 PASSAGIERE PRO
POD: So heißen die
Waggons im pfeilschnellen Hyperloop –
der so wie im Bild
aussehen kann. Oder
ganz anders.
52
FOTOS: HYPERLOOP ONE, TOMAS MUSCIONICO
nehmer, Wirtschaftsweltstar sowie Allround-Weise
-Weise Elon Musk (45).
Musk hatte sich darüber er- und aufgeregt, dass der Bundesstaat Kalifornien
zwischen 40 und 70 Milliarden Dollar
in eine klassische Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitslinie von San Diego nach
Sacramento stecken will. Zu langsam, zu
altmodisch, zu teuer. Von verschleppten
Konzepten, stati schem Vorankommen
oder gar fatalen Kurzschlüssen gar nicht
zu reden. Musk war sehr unzufrieden.
Im August 2013 veröffentlichte er sein
„Hyperloop-Alpha-Thesenpapier“. Es entfachte noch im 3.700 Kilometer entfernten Weißen Haus eine Helle und Begeisterung, dass US-Präsident Barack Obama
eine Nacht lang keinen Schlaf fand.
Für ein Zehntel der veranschlagten
Baukosten versprach Musk ein Doppelröhrensystem, das Los Angeles und
San Francisco mit kleinen, rund 1.220
Stundenkilometer pfeilschnellen Passagierschlitten („Pods“) verbinden würde.
Keine geölten Blitze auf Rädern, sondern
rasende Schwebeteilchen: eine Kreuzung
aus Transrapid und Rohrpost.
ROB LLOYD IST SIEGESSICHER:
„ Deshalb heißen wir ja Hyperloop One.“
BILANZ / OKTOBER / 2016
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IDEEN
UND
INNOVATION
IDEEN
UND
INNOVATIONEN
IDEEN UND INNOVATIONEN
54
fahrenen Zeitvorteile nicht zu verspielen
– niemand weiß es.
Im Auftrag von Hyperloop One kalkulierte die Wirtschaftsprüfungsfirma
KPMG die Baukosten. Ergebnis der ersten Modellrechnungen: 33 bis 35 Millionen Euro pro Kilometer – ungefähr
so viel, wie die Deutsche Bahn für eine
ICE-Teilstrecke zwischen Berlin und
München für 1.000 Meter ausgab. „Aber
wir können dafür die drei- oder vierfache
Leistung erbringen“, sagt Lloyd. Und ein
Fahrtausweis werde am Ende nicht teurer sein als ein normales Bahn-Billett.
Natürlich hat der Mann vom deutschen System-Flop Transrapid gehört –
und verwahrt sich gegen einen Vergleich:
„Nein! Nein! Bei allem Respekt für deutsche Ingenieurskunst und Gründlichkeit:
Der Fehler des Transrapid war, dass er
zu lange brauchte, um den technischen
Erfolg auch in ein reales Verkehrsprojekt
umzumünzen.“ Er, Lloyd, arbeite eng mit
denkbaren Kunden zusammen. Ein Transrapid-Schicksal könne er ausschließen.
Die erste Magnetschlittenfahrt in der
Wüste Nevadas, die Hyperloop One im
Mai inszenierte, war eine nette Schau für
die Geldgeber, gab aber wenig Aufschluss
über das, was am Ende herauskommen
wird. Denn um Hyperloop zur Marktreife
zu bringen, bedarf es noch ein paar Hundert Millionen Dollar mehr.
Wirklich wahr: An diesem Punkt des
Gesprächs klingelt das Telefon. Ungelogen. „Ein wichtiger Anruf“, sagt Lloyd.
„Entschuldigen Sie mich einen Moment.“
Nach fünf Minuten ist er wieder zurück:
Ein lange umworbener Investor habe ihm
gerade die größte Einzelbeteiligung an
Hyperloop One zugesagt. Wer und wie
viel, das könne er leider nicht verraten –
doch es sei „eine enorme Menge Geld“.
Genug, um aufs Gas zu treten.
Radikal digital:
Ein Deutscher
entwickelt
den Hyperloop
ohne Geld.
TEXT / VOLKER TER HASEBORG
...
Dirk Ahlborn zeigt sich von
Hyperloop One unbeeindruckt. „Eine
typische Silicon-Valley-Firma: Da
geht’s darum, so viel Geld wie möglich aufzutreiben, es so schnell wie
möglich auszugeben und dabei so
groß wie möglich zu erscheinen.“
Und die Testfahrt im Frühjahr? „Kann
man bei jeder Achterbahn auf dem
Rummelplatz sehen.“
Hyperloop One, ausgestattet mit 130 Mio. Dollar,
beschäftigt 200 Techniker.
Hier arbeitet eine
„Bewegung”: HTT-Chef
Ahlborn mit Kollegen.
FOTOS: GOOGLE, TOMAS MUSCIONICO, HYPERLOOP TRANSPORTATION TECHNOLOGIES
Hyperloop One für die Betriebssicherheit
des Systems zuständig ist.
Fenster oder nicht? Beides möglich.
Überirdisch auf Pfeilern, wie von Musk
vorgeschlagen, oder unterirdisch in Röhren? Oder gar unter dem Meer? Werde
alles am Rechner durchgespielt.
Nicht einmal der Röhrendurchmesser
steht fest. Vaccaro sagt nur „etwa elf Fuß“,
also 3,65 Meter. In dieser Größe sind jedenfalls die Röhrensegmente ausgelegt,
die auf dem Hof in Los Angeles zusammengeschweißt werden für die Montage
auf der Teststrecke in Nevada.
Ja, alles sei noch ungeklärt, sagt Doug
Hart, Professor am MIT in Boston. Er hat
ein Hyperloop-Studentenprojekt betreut
und damit gegen 900 Hochschulteams
einen Wettbewerb gewonnen, den Elon
Musk über seine Weltraumfirma Space X
ausgelobt hatte.
Wenn es darum gehe, Magnetschwebetechnik in eine nahezu luftleere Röhre
zu packen, sagt Hart, „dann wissen wir
doch noch nicht einmal, welches Wissen
uns fehlt“. Musks Vorschlag, etwa ein Tausendstel des atmosphärischen Luftdrucks
beizubehalten und diese Restluft mittels
einer Turbine um die patronenförmige
Kabine herumzuleiten, löse immerhin ein
paar der Probleme.
Doch selbst geringster Luftdruck ruft
Widerstand hervor: Auch die dünnste
Luft erhitzt sich, wenn man sie zusammenpresst, und Strömungen können die
Kabine ins Rütteln bringen – Vibrationen,
die katastrophale Folgen haben.
Hyperloop One wisse noch nicht einmal, wie der Prototyp aussehen soll, der
2020 durch die erste kommerzielle Tunnelstrecke schießen soll. Von einer Marktreife seien die Konzepte weit entfernt:
„Wer da jetzt schon viel Geld hineinsteckt,
ist nicht bei Sinnen“, sagt Hart.
Bis zu 60 Personen sollen in einem
„Pod“ Platz finden. Mit zwei bis drei Pods
pro Minute hätte das System eine Transportkapazität von 173.000 bis 260.000
Passagieren am Tag – vorausgesetzt, man
bringt die schnell genug in die Röhre. Wie
solche „Bahnhöfe“ indes aussehen könnten, die ohne Bahnsteig auskommen und
wo Passagiere in Minutenschnelle einund aussteigen müssten, um die einge-
Den Konkurrenten Dirk Ahlborn, der
nur ein paar Kilometer entfernt an
seiner Hyperloop-Version arbeitet,
nimmt Lloyd nicht ernst: „Wir sind
die Einzigen, die das Zeug haben,
dieses Projekt durchzuziehen“, sagt
er. „Darum nennen wir uns ja auch
,Hyperloop One‘.“
...
BILANZ / OKTOBER / 2016
Dem 39-jährigen Ahlborn, Gründer von
Hyperloop Transportation Technologies
(HTT), fehlt es an Geld, aber nicht an
Selbstbewusstsein. Davon hat er so viel,
dass er Weizenfelder darauf anbauen
könnte. Keine 20 Kilometer von Hyperloop One entfernt, arbeitet er an seiner
ganz eigenen Hyperloop-Version.
Ahlborn ist Berliner, in Wedding
geboren, in Reinickendorf und Spandau
aufgewachsen. Ein umtriebiger, straßenschlauer Kerl. Nach der Schule machte er
eine Lehre bei der Berliner Bank, zog mit
19 Jahren aber nach Italien und gründete
dort nach und nach ein paar Firmen, die
sich mit er neuerbaren Energien befassten
– Solar an la gen, Pel let-Hei zun gen und
dergleichen. Auch im Immobiliengeschäft
hatte er wohl eine Zeit lang einiges laufen.
Vor sieben Jahren verliebte er sich in
eine Amerikanerin, sie wurde schwanger, Ahlborn verkaufte seine Firmen, zog
zu seiner Freundin nach Los Angeles,
arbeitete zunächst in einem Gründerzentrum, denn aufs Gründen verstand
er sich ja, und zog dann mit Kollegen die
Internetplatt form Jumpstart fund auf, die
auf dem sogenannten Crowd sourcingModell beruht, bei dem Sachverständige
aus aller Welt und solche, die sich dafür
halten, über das Internet zusammenarbeiten. Ins Büro kommt praktisch niemand. Das Internetlexikon Wikipedia
etwa ist ein solches Angebot, das von
„ausgelagerten Menschenmengen“ unablässig vervollständigt wird.
Den Initiator Musk hat Ahlborn noch
nie getroffen. Warum auch? Von dessen
Ideen für die Hyperloop-Technik findet
sich bei Ahlborn sowieso nicht mehr viel.
Er will sein eigenes Ding drehen. „Ich
wollte keine Firma gründen, sondern eine
Bewegung“, sagt er. Die Kräfte der Selbstüberschätzung, die in ihm arbeiten, sind
groß. Bei Konkurrenten ruft Ahlborn
deshalb immer wieder Heiterkeit hervor.
Seine „Bewegung“ umfasst mittlerweile angeblich mehr als 800 Menschen.
Ingenieure, Programmierer, Gestalter,
Finanzexperten – Leute, die bei Apple,
Boeing, Facebook, der Nasa oder an
Universitäten arbeiten und sich mit Hyperloop nur nebenbei beschäftigen. Ein
Gehalt beziehen die Teilzeitkräfte nicht,
die besten von ihnen aber Ak tienoptionen – wenn es eines Tages mal so weit ist
mit dem Börsengang.
Zu Ahlborns Konföderation gehören
mutmaßlich über 35 Forschungseinrichtungen und Firmen, darunter Oerli kon
Ley bold in Köln („Benötigen Sie Vakuum? Seit über 165 Jahren liefern wir
Pumpen...“) und Reflekt aus München,
eine Anstalt, die Anwendungen zur rechnergestützten Erweiterung des Sinneserlebens entwickelt. Reflekt-Bildschirme
könnten eines Tages für eine scheinbare
Aussicht aus der ge schlos senen Hy perloop-Kapsel sorgen.
Den Überblick bewahren 35 fest angestellte Kräfte. Gegenüber dem ebenfalls
2013 gegründeten Rivalen Hyperloop
One habe er „zwei Jahre Vorsprung“, sagt
Ahlborn wohl rein gefühlsmäßig, denn
begründen lässt sich seine These nicht.
Wie viel Geld schon in HTT steckt?
Ahlborn rechnet großzügig ArbeitsOKTOBER / 2016 / BILANZ
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55
stunden, Patente, Finanzmittel zusammen...
... und kommt auf „ungefähr 80 Millionen Dollar“. Geld sei sowieso und überhaupt gar kein Problem. „Die Investoren
stehen Schlange.“ Welche das sind, mag
er nicht verraten. Aber das mindert nicht
seine erhabene Stimmung. Einer seiner
800 Freien hätte sogar 1,7 Millionen Dollar in HTT investiert. Auch diesen Namen kann er leider nicht nennen.
Unter der HTT-Postanschrift findet
man eine Lagerhalle mit Bogendach in
der Nähe von Santa Monica, ein paar
Kilometer vom Stillen Ozean entfernt.
Was im Silicon Valley die Garagen waren, sind in L.“A . die Lagerhallen. Es gibt
zwei Sitzungsräume, aber Sitzungen finden praktisch nie statt. Was in der Natur
des Geschäftsmodells liegt.
Das Allerheiligste steht in der Halle
ganz hinten: „Unsere Kapsel, unsere Rohre, eine Vakuumpumpe.“ Zutritt strengstens untersagt. In „zwei Monaten“, kündigt Ahlborn an, werde er der Welt in
diesem Schau-Raum seinen Hyperloop
präsentieren: ein Modell aus Kohlefaser.
Das Modell aus Pappe kommt dann weg.
Ahlborn ist selten daheim, die meiste
Zeit befindet er sich auf Reisen. Er hat immer Englische Wochen, ewiger Schichtdienst. Ende September war er in Berlin:
Verkehrstechnik-Messe Innotrans.
Ich treffe ihn am HTT-Stand in Halle
20: Ahlborn ist 1,95 Meter groß, er trägt
einen dunkelblauen Nadelstreifen-Anzug, dunkelblaue Turnschuhe, ein hellblaues, weit aufgeknöpftes Hemd, fliederfarbene Socken mit blauen Punkten.
Grau ist alle Theorie und Blau die Farbe
der Optimisten.
Ich soll mir seinen Hyperloop gleich
einmal ansehen. Ein Mitarbeiter setzt mir
eine Datenbrille auf: Ich blicke in einen
Wagen, der 28 Passagiere in 36 Minuten
von Los Angeles ins 560 Kilometer entfernte San Francisco bringen soll. Raumgefühl: ähnlich wie im ICE. Die Fenster
sind keine Fenster. Es sind Bildschirme.
Man rast ja nicht durch eine Glasröhre.
Ahlborn braucht jetzt einen Espresso.
Er geht zu einem Kaffeestand, setzt sich
mit dem Pappbecher nach draußen auf
eine Steinmauer. „Hier geht es nicht um
Science-Fiction. Der Hyperloop kommt.
Schneller, als manche Leute denken.“
Er will den Leuten zeigen, dass er kein
Schaumschläger ist. Hyperloop- OneMitgründer Brogan BamBrogan („ein
netter Kerl“) hatte HTT als Versammlung
von „Sommerpraktikanten“ verspottet.
HTT will dieselbe Technik nutzen
wie Hyperloop One: ein passives Magnetschwebesystem in Stahlröhren mit
einem Durchmesser von 3,7 Metern.
Befördert werden sollen Menschen.
Fracht – das sei zu einfach, sagt Ahlborn
verächtlich in Richtung Hyperloop One.
Die Streckenkosten beziffert er mit elf
Millionen Euro je Kilometer, damit wäre
Ahlborns System dreimal billiger als Hyperloop One. Fernbeziehun gen werden
bald kein Problem mehr sein.
Eine zentrale Rolle in seiner Fantasie
spielen offenbar die Digitalfenster des
HTT-Schlittens. Jeder Passagier soll in
den Fenstern sehen, was ihn interessiert:
Filme zum Beispiel. Werbeeinblendungen würde HTT vermarkten und auch
am Direktverkauf teilhaben. Die Fahrt
mit dem Hyperloop finanzieren dann
praktisch jene Firmen, die ihre Waren
feilbieten.
Und wenn nicht – selbst mit einem
Ticketpreis von 30 Dollar würde sich eine Strecke wie Los Angeles“–“San Francisco nach acht Jahren alleine tragen.
Ja, auf seine Monitorfenster ist Ahlborn ganz besonders stolz. Er redet fast
ein bisschen zu viel von ihnen. Wie jemand, der meint, dass er Flugzeuge bauen könnte, weil er eine bessere Idee für
den Bildschirm in der Sitzlehne hat. Der
übliche Digital-Populismus. Man kennt
die Geschichten vom Kühlschrank, der
den Quark selbst bestellt, wenn er alle ist.
Noch in diesem Jahr will HTT in
Kalifornien mit dem Bau einer acht Kilometer langen Teststrecke beginnen.
In Quay Valley, zwischen Los Angeles
und San Francisco. Der Bauantrag ist
gestellt, aber der Flächennutzungsplan
noch nicht verabschiedet. Sobald die
Genehmigung da ist, „dauert es noch
36 Monate, bis der Hyperloop fährt“.
Es könne sogar sein, dass sein „Pod“
zuerst durch Europa jage – in der Slowakei. In Bratislava soll „ein lokales Projekt“
entstehen, später werde die Stadt mit
Wien und Budapest verbunden. „Da wird
es demnächst was Neues geben.“
Plötzlich ruft er: „Oh, shit, ich muss
los“ und springt auf. Er hat einen Termin
am Messestand der Deutschen Bahn.
Wenig später sitzt Ahlborn an einem
Tisch mit Christoph Kraller. Kraller ist
Geschäftsleiter der Südostbayernbahn,
er trägt eine Bahn-Uniform mit roten
Streifen am Ärmel und Namensschild:
„Herr Kraller“ glüht vor Freude.
Er will in seinen Waggons die Technik von HTT ausprobieren – die digitalen Fenster etwa oder einen Reiniger, der
Bakterien und lästige Gerüche aus dem
Abteil verbannt. „Seine Leistung ist das
Hirn“, sagt Kraller und zeigt auf Ahlborn. „Meine Leistung wird sein, das auf
die Schiene zu bringen. I find’ des superspannend!“ Dirk Ahlborn nickt. Endlich
mal einer, der ihm glaubt.
.
ZUKUNFTSTRAUM
38 Passagiere sollen
eines Tages in Ahlborns
Jagdschlitten Platz
finden – falls der jemals
gebaut wird.
56
FOTOS: HYPERLOOP TRANSPORTATION TECHNOLOGIES, ANDREAS FRIESE
IDEEN UND INNOVATIONEN
„DAS IST NICHT SCIENCE-FICTION“:
Der Berliner HTT-Chef Dirk Ahlborn
ist überzeugt, das Hyperloop-Rennen
zu gewinnen.
BILANZ / OKTOBER / 2016
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Hand in Hand ist …
... gemeinsamen Plänen den
perfekten Rahmen zu geben.
SIE SIND DIE GRUNDLAGE IHRES ERFOLGS.
Ein garantiertes Erfolgsrezept für Gründer? Gibt es nicht. Vor allem harte
Arbeit erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmer ihr Ziel erreichen.
Dabei spielt Ihre Gesundheit eine entscheidende Rolle.
Die Geschäftsidee feintunen, strategische
Meilensteine definieren, loslegen – wer sich
selbstständig macht, weiß für gewöhnlich,
wo er hinwill. Das Gros der Gründer arbeitet
dann mit aller Kraft darauf hin, den Traum
vom erfolgreichen Start-up zu verwirklichen.
Das geht oft bis tief in die Nacht – und
nicht spurlos an der eigenen Verfassung vorbei. Auf einmal ersetzen Schokoriegel und
Filterkaffee das Abendessen, das Squashtraining fällt aus und der Schlaf war auch schon
erholsamer. Kaum verwunderlich, wenn Kör
Körper und Geist da irgendwann nicht mehr
mitspielen. Rückenschmerzen, Übergewicht,
Burnout? Typische Unternehmerleiden.
Ohne den Geschäftsführer droht dem personell chronisch schmal ausgestatteten Start-up
dann schnell das Aus. Regelmäßige Pausen,
gesunde Ernährung und Sport können zwar
helfen, es gar nicht erst so weit kommen zu
lassen. Doch im akuten Fall geht nichts über
eine optimale medizinische Versorgung.
Diese hängt wiederum stark von der Versicherungssituation des Unternehmers ab.
Grundsätzlich darf er zwischen der gesetz
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der
privaten Krankenversicherung (PKV) wählen.
Für die GKV muss ein Antrag auf freiwillige
Mitgliedschaft gestellt werden. Mit einem
Beitragssatz von aktuell durchschnittlich
15,1 Prozent ist sie besonders anfangs günstig. Darin enthalten sind aber kein Anspruch auf Krankengeld und nur ein überschaubarer Leistungskatalog. Zudem steigt
der Beitrag mit dem Einkommen. Dem ge-
Die fünf wichtigsten Unterschiede
Gesetzliche Krankenversicherung
• Beitragshöhe richtet sich nach Bruttoeinkommen,
Miet- und Pachteinnahmen sowie Kapitalerträgen
• Gesetzgeber gibt den Leistungskatalog
in hohem Maße vor
• Bei fehlerhafter Beitragsbemessung gibt es
keine Beitragsrückerstattung – Nachforderungen hingegen schon
• GKV-Mitglieder können via Antrag als
Gründer freiwillig gesetzlich versichert bleiben
• Familienmitglieder mit geringem oder
ohne Einkommen sind kostenlos mitversichert
Private Krankenversicherung
• Beitragshöhe ergibt sich aus gewählten
Leistungen und erwartetem Risiko
(Alter und Gesundheitszustand)
• Leistungskatalog lässt sich individuell
zusammenstellen
• Nichtinanspruchnahme von Leistungen
kann zu Beitragsrückerstattungen führen
• Antragsteller werden Gesundheitsprüfung
unterzogen und unter Umständen abgelehnt
• Familienmitglieder benötigen eigenen
beitragspflichtigen Vertrag
genüber stehen die Vorteile der PKV. Ihre Beiträge errechnen sich unabhängig vom Einkommen, was Planungssicherheit verschafft.
Außerdem lässt sich ihr Leistungsumfang
nach dem Baukastenprinzip frei gestalten.
Das kommt Selbstständigen entgegen. Sie
erhalten das, wofür sie bezahlen, und können den Tarif auf ihre Bedürfnisse abstimmen. Schwere Erkrankungen sollten zum
Beispiel unbedingt abgesichert sein – eine
Erkältung hingegen dürfte die wenigsten
Gründer von der Arbeit abhalten. Aus diesem Grund treffen Selbstständige mit einem
höheren Selbstbehalt oft die bessere Wahl.
Ein garantiertes Gesundheitsrezept gibt es
nicht. Wohl aber passende Absicherungen
für alle, die eigentlich keine Zeit haben, um
krank zu sein.
Beispielrechnung
BILANZ
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rwettbe
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G
e Up!“:
„Start M
3.2017
Bis 31.0
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teilnehm ter
fos un
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Bestimmte PKV-Tarife sind günstiger als der
niedrigste GKV-Tarif.
Hand in Hand ist …
Der niedrigste Beitrag in der GKV liegt bei
€ 253,46 monatlich (15,1 % von € 1.452,50,
berücksichtigt ist der durchschnittliche
Zusatzbeitrag von 1,1 %), aber nur, wenn und
solange die Bundesagentur für Arbeit einen
Gründerzuschuss zahlt.
Ihr Businessplan steht. Für die Zukunft Ihres Unternehmens haben Sie an alles
gedacht – aber wie sieht es mit Ihnen persönlich aus? Wenn es um Ihre Kranken-,
Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung oder Ihre Altersvorsorge geht, können
Sie sich als Gründer auf die HanseMerkur verlassen. Setzen Sie auf die Stärke der
Gemeinschaft eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit und stellen Sie mit
uns Ihr individuelles Versicherungspaket mit Tarifen nach Maß zusammen!
Wie können wir Ihre Pläne unterstützen?
Den Start Fit Tarif erhält ein 30-Jähriger
bei der HanseMerkur dagegen schon für
€ 203,61 (inkl. Gesundheitsrabatt) und
der Beitrag verändert sich nicht, wenn
das Einkommen steigt!
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IDEEN UND INNOVATIONEN
IDEEN UND INNOVATIONEN
BEWERBEN
SIE SICH BEI
FEIERN UND VERKAUFEN
Was beim Roboter-Programmierer und „Start me up!“-Sieger Artiminds zuletzt geschah.
„DIE GENERATION Y TICKT ANDERS“:
Artiminds-Leute nassforsch
beim Sommerfest in Karlsruhe.
Nervös machen mich solche Termine
mit Produktionsleitern und Chefstrategen
nicht mehr. Das werde ich nur, wenn mir
eine Veranstaltung genau 30 Sekunden
pro Folie Zeit lässt, das kann ich nämlich
nicht gut: Ich spreche frei oder gar nicht.
Vor dem Rückflug treffe ich mich am Flughafen noch mit einem Vertriebsmann.
DEUTSCHLANDS
GRÜNDERWETTBEWERB MIT
DEM HÖCHSTDOTIERTEN
HAUPTPREIS
FREITAG, 9. SEPTEMBER
Firmenchef Sven Schmidt-Rohr (34) über
bewegende September-Tage:
SAMSTAG, 3. SEPTEMBER
Bei einem Start-up kümmert sich der
Chef um alles. Für uns heißt das: Fleisch
und Tofu in den Kofferraum, später
Planschbecken aufblasen, mit Wasser füllen und uns an den Grill stellen. Abends
wird in einem gemieteten Zirkuszelt zu
Reggaeton, Pop und Schlager getanzt.
Die Generation Y tickt anders; um sie zu
motivieren, ist es wichtig, dass man sich
auch mal außerhalb des Büros zu einer
Feier trifft. Aber das artet nicht aus wie
bei der Ergo-Versicherung.
bleiben so nah an der neuesten Forschung
und mit den Studenten in Kontakt.
Jedem Gründer empfehle ich, sich einen Mentor zu suchen. Unserer ist länger
als 35 Jahre im Geschäft, Vorstand eines
sehr bekannten Unternehmens und im
Übergang in den Ruhestand, weshalb er
bei Treffen immer sehr gut vorbereitet ist
und sich viel Zeit nimmt. Wir sehen uns
ein- bis zweimal im Monat, gerade berät er
uns zu unserer geplanten Finanzierungsrunde. Er hilft uns sehr, uns in unseren
Entscheidungen sicherer zu fühlen – oder
auch noch mal länger über etwas nachzudenken.
Bisher haben wir sehr viel aus der Uni
heraus rekrutiert. Jetzt muss es schneller
gehen: Vertrieb, Marketing, Entwicklung,
wir müssen alle Teams ausbauen. Erster
Ansprechpartner ist für uns das Cyberforum, ein lokales Hightech-Unternehmer-Netzwerk in Karlsruhe. Mitarbeiter
zu gewinnen ist heute, wie ein Produkt zu
verkaufen: Man muss mit seiner ganzen
Story überzeugen. Gerade als kleine und
noch relativ unbekannte Firma.
MITTWOCH, 14. SEPTEMBER
BILANZ, Deutsche Bank, Hanse Merkur, Daimler, Maschmeyer Group und
Pro Sieben Sat 1 haben eine Initiative
für Gründergeist und innovatives Unternehmertum gestartet. Wir suchen
junge und jung gebliebene Frauen und
Ausgerechnet heute, wo es ohnehin zeitlich eng ist, kommt eine Anfrage rein, die
sofort bearbeitet werden muss. Dumm,
wenn dann die studentischen Mitarbeiter ihre Stunden schon verbraucht haben.
Die Antwort auf die Frage „Wer macht
das jetzt?“ heißt dann zwangsläufig: die
Chefs.
60
BILANZ und seine Partner unterstützen die Gründerbewegung mit
Geld und Geist:
‹ Der Sieger von „Start me up!“ erhält
100.000 Euro Preisgeld sowie
‹ ein Coaching bei der Investor-Legende Peter Thiel im Silicon Valley.
„Das wichtigste Unternehmen der
Welt von morgen kommt vielleicht
aus Deutschland – und hat vor
einem Jahr vielleicht noch nicht
einmal existiert.“ Peter Thiel,
Gründer-Legende im Silicon Valley und
Unterstützer von „Start me up!“
UNSERE PARTNER
FREITAG, 16. SEPTEMBER
Auf dem Gang ertönt ein Gong. Das
heißt: Es gab einen Sale , in dem Fall
sogar einen, mit dem ich nicht gerechnet
habe. Ich laufe raus: Wer war das? Unsere Sales sind meist groß genug, um zwei
Mitarbeiter einen Monat lang davon zu
bezahlen.
Sophie Crocoll
Männer, die sich nicht mit Mittelmaß
und Durchschnitt zufriedengeben,
sondern mutig und risikofreudig sind,
Menschen, die ihre Talente nutzen –
und ein erfolgreiches Unternehmen
aufbauen wollen.
Eine prominent besetzte Jury kürt
den Sieger des höchstdotierten
Gründer wettbewerbs:
‹ Andreas von Bechtolsheim, Multi-Gründer, Unternehmer, Großinvestor
und einer der Superstars des Silicon Valley, ist Vorsitzender der Jury.
‹ Weitere Mitglieder der Jury sind unter
anderem Karlheinz Brandenburg, Leiter
des Fraunhofer-Instituts für Digitale
Medientechnologie, Unternehmer und
Finanzinvestor Carsten Maschmeyer,
Hans Georg Näder, Inhaber des Medizintechnik-Konzerns Ottobock, Daimler-Vorstandsmitglied Wilfried Porth,
Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender
der Versicherungsgruppe Hanse Merkur,
Christian Sewing, Vorstandsmitglied der
Deutschen Bank, Christian Wegner, Vorstand Pro Sieben Sat 1.
FOTOS: ARTIMINDS
Wir wollen enger mit einem Institut des
Karlsruher Instituts für Technologie zusammenarbeiten, also treffen wir uns
mit den Verantwortlichen. Die Studenten nutzen kostenlos unsere Software in
einem Lernroboter, um sich mit der Industrie 4.0 vertraut zu machen – und wir
Seit wir den Gründerwettbewerb „Start
me up!“ gewonnen haben, werden wir
häufiger eingeladen; an diesem Tag zum
Beispiel nach Berlin. Wir sollen digitalisierungswilligen Konzernen berichten,
wie wir relativ schnell und günstig entwickeln – und können uns gleichzeitig
möglichen Kunden vorstellen.
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B E R 2017
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7. O 1 . MÄR
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MITTWOCH, 7. SEPTEMBER
DIENSTAG, 6. SEPTEMBER
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Onlinnz.de
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Wer kann sich bewerben?
‹ Jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist.
‹ Eine Einzelperson, ein Team oder auch
ein bereits existierendes Unternehmen.
‹ Ein bereits bestehendes Unternehmen,
das nicht älter als drei Jahre ist.
BILANZ / OKTOBER / 2016
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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61
IDEEN UND INNOVATIONEN
KOWALSKYS CRASHTEST
DIE RUHE SELBST
ILLUSION: Mit der Datenbrille können
Nutzer ihr Sinneserleben um praktische
dreidimensionale Effekte erweitern.
Kann eine Datenbrille die Fertigung verändern? Die Jungfirma Holo-Light will Unternehmen darauf vorbereiten.
A
lexander Werlberger (25) könnte sich jetzt hinlegen: Hinter
seinem Schreibtisch steht ein
graues Auf blasbett, er trägt
eine graue Baumwollhose und müsste nur
seine ebenfalls grauen Pantoffeln von den
nackten Füßen streifen.
Aber Werlberger ist seit 15 Monaten
Hauptentwickler der Tiroler Firma Holo-Light. Er hat wenig Zeit für Pausen:
Seit Mitte Juli nimmt Holo-Light am
Techfounders -Programm der Unternehmertum GmbH teil, dem Gründerzentrum an der Technischen Universität
München in Garching.
Das Programm stattet junge Unternehmen mit 25.000 Euro aus, stellt ihnen
ein Büro zur Verfügung und Betreuer zur
Seite. Es soll ihnen helfen, ihr Geschäft in
20 Wochen zu entwickeln und Investoren
anzulocken. „Wir lernen, wie man mit gro62
ßen Kunden umgeht, wie man verkauft, also wie man eine Firma führt“, sagt Florian
Haspinger (25), Chef des Sieben-Mannund-zwei-Frauen-Betriebs, und grinst.
Haspinger hat einen Hexenschuss,
und so tun die zwei Physiker, was ihnen
ohnehin zu liegen scheint: Der Chef sitzt
und albert, Werlberger führt das Gerät
vor, für das Holo-Light Programme entwickelt und im Gründerzentrum zu weiterer Reife treibt: die Datenbrille „Hololens“ von Microsoft, die aussieht wie eine
Kombination aus Skibrille und Visier und
zwei- und dreidimensionale Bilder erstellt. Gesteuert wird sie über Gesten und
Sprache, Kopf- und Augenbewegungen.
Durch die Brille sieht man das Abbild
eines Flugzeugs im Raum schweben, zwischen Bildschirmen und Besprechungstisch, etwa eineinhalb Meter über dem
Teppich. „Wenn du den Raum nimmer
K
FOTO: SONY, MICROSOFT
ICH SEHE, WAS
DU NICHT SIEHST
si’gsch, ist das Virtual Reality“, sagt Haspinger. „Für uns ist Augmented Reality, erweiterte Realität, die Zukunft: Du si’gsch
die Umgebung – und Objekte werden
reinprojiziert.“
Eine Einschätzung, die er mit AppleChef Tim Cook teilt. In einem Interview
sagte der kürzlich, virtuelle Realität sei
wirtschaftlich von geringerem Interesse.
„ Augmented Reality dürfte weitaus wichtiger werden.“
Wie so eine erweiterte Wirklichkeit
aussehen kann, wissen viele, seit sie im
Juli, über ihre Telefone gebückt, auf Parkplätzen und Friedhöfen Pokémons jagten. Auch Holo-Light kann sich vorstellen, Spiele zu entwickeln – vor allem aber
wolle die Firma „der Industrie die Arbeit
erleichtern“, sagt Haspinger.
Mit einer Datenbrille und entsprechenden Programmen ließen sich beispielsweise Bauteile schneller auf Fehler
prüfen. Arbeiter könnten, unterstützt
durch dreidimensionale Bilder und Erklärvideos, eine Maschine reparieren.
Auch für Ärzte und Händler sei die
Technik von Nutzen, sagt Tobias Rappers, der ein Gründerzentrum in Berlin
leitet: Ein Chirurg könnte bei Operationen das schlagende Herz vor sich schweben sehen, Autokäufer sich verschiedene
Sitzbezüge einblenden lassen.
„Wenn etablierte Unternehmen solche innovativen Techniken als abgedrehte Spielerei abtun, besteht die Gefahr,
dass sie einen wichtigen Trend und gute
Marktchancen verpassen“, sagt Rappers.
Dass es dazu nicht kommen muss,
zeigt eine Studie der Beratungsfirma Deloitte und des Digitalverbands Bitkom:
Deutsche Unternehmen wollen demnach
bis 2020 knapp 850 Millionen Euro in das
Geschäft mit der scheinbaren und erweiterten Wirklichkeit ausgeben – vor allem,
um Anwendungen für den Einsatz der
Technik zu entwickeln.
Gut möglich, dass Alexander Werlberger das Luftbett in seinem Büro also weiterhin wenig nutzen wird. Sophie Crocoll
Der neue Drahtloskopfhörer von Sony hüllt Sie
in eine Blase der Musik – oder der Stille.
opf hörer? Was für ein
langweiliger Markt! Könn­
te man meinen. Doch das
Segment blüht seit Jahren.
Zum einen dank kabel­
loser Kopfsprechhörer – sollte das neue
„Iphone“ tatsächlich keine Kopfhörer­
buchse mehr haben, wird das Geschäft
noch anziehen. Zum anderen dank Gerä­
ten mit aktiver Lärmunterdrückung.
Nach meiner Erfahrung ist diese über­
lebensnotwendig – besonders in zwei
Situationen. Erstens im Flugzeug, wenn
direkt neben mir die Turbine dröhnt und
direkt hinter mir ein Kleinkind, das mit
dem Service ebenso unzufrieden ist wie
ich, dies aber unverblümter zum Aus­
druck bringt. Und zweitens auf Messen,
wenn man alle zehn Meter in eine neue
Klangkulisse gerät und alle drei Meter
an einen anderen Promoter, der sein
Produktwissen erst wenige Stunden zu­
vor in einer Druckbetankung vermittelt
bekam und nun unter entsprechender
Pression steht, dieses wieder abzugeben
(wobei Journalisten als Opfer in der inter­
nen Wertung, so vermute ich, die fünffa­
che Punktzahl bedeuten). Deshalb war
die Elektronikmesse IFA Anfang Septem­
ber in Berlin das ultimative Testgelände
für den neuen „Sony MDR­1000x“.
BILANZ / OKTOBER / 2016
SONY MDR-1000X
Info: www.sony.de
Preis: 400 Euro
Bewertung: ✶ ✶ ✶ ✶
✶
✶
✶
✶
✶
✶
✶✶
✶✶✶
✶✶✶✶
TECHNOSCHROTT
VERZICHTBAR
NICE TO HAVE
COOL
WEGWEISEND
EIN SATZ SCHWITZENDER OHREN
Das Gerät gefällt mit hochwertigen Le­
dermuffen und sauberer Aluminiumver­
schalung. Verbunden wird es via Blue­
tooth oder – im Flugzeug – mit Kabel.
Beeindruckt war ich von der Geräusch­
unterdrückung: deutlich effektiver als
bei verschiedenen Konkurrenzproduk­
ten mit teilweise klingenderem Marken­
namen. Die rechte Ohrmuschel dient als
Fernbedienung, etwa für die Lautstärke,
was recht bequem ist. Auch beim Musik­
hören und Telefonieren war die Klang­
qualität tadellos. Und die Batterie war
nach zwei Tagen Messe noch deutlich
fitter als ich. Weniger schön: Mit 280
Gramm ist der Sony kein Leichtgewicht,
die Muffen drücken wegen der harten
Federung aufs Ohr, nach einiger Zeit be­
ginnt man darunter zu schwitzen.
Zum Schlafen auf dem Langstrecken­
flug ist der „MDR­1000x“ weniger geeig­
net als kleine In­Ohr­Kopfhörer. Den
Praxistest aber hat das Gerät bestanden:
Von der nervigen Lärmkulisse der IFA
habe ich kaum etwas mitbekommen, und
ich konnte mir fast alle Promoter vom
Leibe halten. Außer natürlich jenen der
Kopfhörer­Konkurrenz.
FAZIT
Dichter, fülliger Klang, schön verarbei­
tet, einfach zu bedienen, effektive Ge­
räuschunterdrückung: Der „Sony MDR­
1000x“ hat mir gut gefallen. Billig ist das
Gerät nicht. Aber Ruhe ist heutzutage ja
Gold wert.
MARC KOWALSKY Der 45-jährige Münchener ist
Mitglied der Chefredaktion unseres Zürcher
Schwesterblatts und ängstigt die Industrie mit
seinem rechtschaffenen und wackeren Verhalten.
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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7
FETISCH: Eine „Birkin“ aus Krokodilleder, Beschläge
aus Palladium. Versteigert für 106.250 Dollar.
TASCHEN
LUXUS PRIVAT
Monate
Geduld
FOTO: PICTURE ALLIANCE
LIEBE
Nur wenige Güter verkörpern den Luxus und seine Folklore
so sehr wie die BIRKIN BAG , ein Objekt der Sehnsucht bei
Parvenüs und Patriziern.
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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1
LUXUS PRIVAT
SPEZIALISTEN:
In der
Maroquinerie
de la Tardoire
lässt Hermès
Variationen
aus Kalbsleder
anfertigen.
TEXT / BROOKE UNGER
A
uf einem Flug von Paris nach London im Jahre 1983
preis und die Wundersumme von 300.168 Dollar. Nach Ansoll der Schauspielerin Jane Birkin ihre überfüllte
gaben des US-Internethändlers Baghunter taugt die „Birkin“
Reisetasche umgekippt und ein ganzer Schwung
durchaus als Geldanlage, und zwar als eine ganz hervorragende
Inhalt auf dem Kabinenboden gelandet sein. Der
mit einer Wertsteigerung von durchschnittlich 14,2 Prozent im
Herr neben ihr, ein Galan namens Jean-Louis DuJahr. „Birkins“ sind wie eine Währung: Man kann sie jederzeit
mas (1938 – 2 010), las ihn ihr auf, wie es seine Art ist, ganz kain Zahlung geben.
valiersmäßig und gentlemanlike. Über den Vorfall kamen die
Hermès erklärt die stolzen Preise der „Birkin“ mit ihrer auf
aufbeiden ins Gespräch und plauderten über
wendigen und kostspieligen Herstellung:
unpraktische Taschen im Allgemeinen und
Jede Tasche – genäht in einem der 15 franüber jene von Jane Birkin, eine Henkeltasche
zösischen Lederwaren-Ateliers des Hauses
aus Strohgeflecht, im Besonderen.
– ist die création eines einzelnen HandwerDumas, der nicht nur feine Manieren bekers, der zwischen 18 bis 25 Stunden mit ihr
saß, sondern als Chef von Hermès auch ein
beschäftigt ist und noch länger, wenn er Kronicht minder feines Gespür für Geschäfte
kodilleder verarbeitet.
und Gelegenheiten, ließ daraufhin eine
„Die ,Birkin‘ hat einfach eine außerorTasche entwerfen, die den Vorgaben und
dentliche Qualität“, sagt Marissa N. StemWünschen von Jane Birkin, damals eine bepien von Justluxe.com. „Jede ist ein Einzelrühmte Person, aufs Genaueste entsprach
stück.“ Hermès kann für die Tasche, die auch
hat die börsennotierte
und die heute die teuerste und exklusivste
innen mit Leder gefüttert ist, eine lebenslanHermès SCA
Handtasche der Welt ist. Mehr de luxe geht
ge Garantie bieten. Aufgrund ihrer Güte und
praktisch nicht.
Haltbarkeit gilt sie als beliebtes Erbstück.
zuletzt umgesetzt. Die
Die Preise der „Birkin Bag“ beginnen bei
Doch die vielen Arbeitsstunden und
Gründerfamilie hält
5.000, anderen Quellen zufolge bei 7.000
das ausgesuchte Material machen natürEuro pro Exemplar, abhängig von der Art
lich nur einen kleinen Teil des Preises aus.
knapp 53 Prozent der
des Leders und der Ausstattung. Genaues
Luca Solca, Luxusexperte bei der Pariser
Anteile. Firmenwert:
weiß man nicht, weil die „Birkin“ weder in
Investmentbank Exane BNP Paribas, veranHermès-Läden noch auf der Hermès-Ingut & gern 40 Mrd. Euro. schlagt die Herstellungskosten mit lediglich
ternetseite angeboten wird: Man muss sie
800 Dollar. Solca vermutet, dass Hermès
im Laden bestellen – das heißt, man darf es
70.000 „Birkins“ im Jahr herstellt und dass
versuchen, denn sie ist schwer rationiert. Und wer das Glück hat,
sich eine gute Million im Umlauf befindet. Andere Schätzungen
eine Order platzieren zu können, muss geraume Zeit auf die Ausgehen von deutlich weniger Stückzahlen aus.
lieferung warten. Vier, fünf, sechs, sieben Monate lang.
Bei der tiefen Kluft, die sich bei der „Birkin“ zwischen ProBekannt sind freilich die Preise, die mit „Birkins“ aus zweiter
duktionskosten und Verkaufspreis auftut, denken Ökonomen soHand auf Auktionen erzielt werden: Im Frühjahr versteigerte
fort an den Begriff vom Prestige- oder Geltungskonsum, den der
Christie’s eine mattweiße „Himalaya Niloticus Crocodile“ mit
amerikanische Soziologe und Wirtschaftswissenschaftler Thordiamantbesetzten Weißgoldbeschlägen für den Weltrekordstein Veblen (1857 – 1929) in seiner unter Fachleuten berühmten
4,8 Mrd.
Euro
66
LUXUS PRIVAT
Schrift „Theory of the Leisure Class“ gebestimmt; die Schriftstellerin Wednesday
prägt hat, einer eloquenten und beißenden
Martin beschrieb in ihrem Buch „Die PrimaKritik am Freizeitverhalten der Oberklasse.
ten von der Park Avenue“ den KonkurrenzDoch die „Birkin“ entspricht in mehrfacher
konsum reicher New Yorkerinnen am BeiHinsicht zumindest nicht den klassischen
spiel der „Birkin“, und der Autor Michael ToVeblen-Gütern.
nello nannte das Buch über seine EinkaufsDenn anders als die mit typischen Dopeskapaden in Europa „Bringing Home the
pel-G trommelnden „Dionysus“-UmhängetaBirkin“.
schen, die sofort als Gucci-Produktion idenWarum hält Hermès den Markt kurz,
tifiziert werden, erkennen nur Eingeweihte
wenn man viel mehr Taschen verkaufen
Weitere 70.000
die stets diskret auftretende „Birkin“ – ein
könnte? Weil es nicht genug hervorragende
kommen jährlich hinzu.
Umstand, den man zurzeit besonders in ChiLeder und Täschner gibt, die sie verarbeiten
na schätzt, seit die dortige Regierung scharfe
können, wie Hermès sagt?
Wie viele genau es sind,
Antikorruptionsgesetze erlassen hat und das
Das ist es nicht allein. Es gibt daneben
verrät Hermès nicht.
Markenprotzen deshalb eher verpönt ist.
auch gute wirtschaftliche Gründe, warum
Unter starkem Geltungsdruck stehen ja
das Unternehmen die Wartezeit auf eine
bekanntermaßen die „Parvenüs“, die aller Welt von ihrem Em„Birkin“ verlängert, statt ihren Preis zu erhöhen.
porkommen künden müssen, während die vornehmen „Patrizier“,
Einerseits bildet man damit einen Puffer gegen eine sinkenwie Soziologen und Marketingleute sie nennen, dadurch renomde Nachfrage, die keinen sofortigen Umsatzrückgang zur Folge
mieren, dass sie ihrer Mitwelt weismachen, keine Angeber zu sein
hätte. Andererseits fördert das Warten auf eine „Birkin Bag“ auch
– obwohl sie untereinander ständig Signale senden, die nur so leidie Nachfrage nach anderen Hermès-Produkten: Einen guten
se sind, dass die lärmenden Massen sie nicht empfangen können.
Teil seiner Einnahmen erzielt Hermès mit Nebengeschäften, mit
Je teurer die Luxusgüter seien, lautet die Theorie, desto weBrieftaschen, Gürteln, Handtüchern und so weiter. „Ungeduldiniger wert legten die Käufer auf ein sichtbares Markenzeichen.
ge Käufer wechseln zu anderen Produkten der Marke, um ihren
Tatsächlich ist es so, dass Gucci oder Louis Vuitton für ihre
Hunger zu stillen, bis sie das Objekt der Begierde endlich haben“,
dezenter auftretenden Handtaschen höhere Preise anschlagen
sagt Jean-Noël Kapferer vom Pariser Inseec Luxury Institute.
und dass Daimler umso größere Embleme anbringt, je billiger
Gewiss, die maximal zu erzielenden Preise erhöhen die Rendie Modelle sind.
dite – doch auch die Gefahr, Pariser „Patrizierinnen“ zu vergrauNoch in einer anderen Hinsicht hält sich die „Birkin“ nicht
len und nur „Parvenüs“ zurückzubehalten. Doch anspruchsvolle
an die Veblen-Gesetze. Denn Hermès könnte weit mehr Geld für
Kundinnen identifizieren sich nicht mit Starlets wie Kim Kardaseine Handtasche verlangen. Doch die Franzosen verknappen die
shian oder Tamara Ecclestone, die mit ihrer „Birkin“-Kollektion
Ware nicht über eine weitere Erhöhung des Preises, sondern über
prunken. Prominente, die mit einer „Birkin Bag“ aus einem SUV
die Verlängerung der Warteschlange.
steigen, rauben ihr
Man kann nicht einfach in eine der 308 Hermès-Boutiquen
über kurz oder lang
spazieren und erwarten, dass man sie mit einer senfgelben
den Nimbus des Ge30-Zentimeter-Palladium-„Birkin“ wieder verlassen könnte.
heimnisvollen.
Dies gilt auch für den zweiten Klassiker des Hauses, die „KelWie alle großen
ly Bag“, benannt nach der monegassischen Fürstin Grace Kelly
Luxusmarken will
(1929 – 1982).
auch Hermès verNach allem, was man weiß, ordern die Leiter der örtlichen
meiden, zu sehr heHermès-Läden zweimal im Jahr ein bestimmtes „Birkin“-Kontinrausgestellt zu sein:
Prozent beträgt der
gent, und mit dem müssen sie haushalten. Sie suchen sich ihre
Denn wenn elegandurchschnittliche
Kunden sehr genau aus.
te Französinnen
Hélène LeBlanc, eine Pariser Anwältin, war zunächst abgeihr Interesse an der
blitzt, als sie die Hermès-Vorzeigefiliale in der Rue du Faubourg
„Birkin“ verlieren,
Saint-Honoré aufsuchte, um eine „Birkin“ zu erstehen. Sie konnte
werden es auch die
einer „Birkin“ im Jahr: Sie
die Verkäuferin dann aber doch von ihrer ernsten Kaufabsicht
Frauen, die so sein
ist eine echte Geldanlage.
überzeugen und davon, notfalls auch eine längere Wartezeit auf
wollen wie sie.
sich zu nehmen. Erst jetzt legte man dann Lederproben und verEin Teil der
schiedene Schnallen vor, die sie dann auswählen durfte.
Kraft, die der „Birkin Bag“ innewohnt, rührt daher, dass sie ein
Die „Birkin“ ist inzwischen ein Topos der Luxusfolklore: In
Zufallsprodukt und keine Marketing-Erfindung ist. Gleichzeitig
einer Episode von „Sex and the City“ kann Samantha die angebist diese Stärke auch eine Schwäche. Hermès hat es „in 32 Jahren
lich fünfjährige Wartezeit auf eine „Birkin“ dadurch abkürzen,
nicht geschafft, eine andere ikonische Tasche einzuführen“, sagt
dass sie behauptet, die Tasche sei für die Schauspielerin Lucy Liu
Mario Ortelli vom Bankhaus Sanford C. Bernstein.
MILLION
„BIRKIN“
SIND IM
UMLAUF.
14,2
FOTO: GETTY IMAGES
WERTZUWACHS
BILANZ / OKTOBER / 2016
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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LUXUS PRIVAT
ZWISCHEN THÉOULE UND L. A .
Die teuersten Immobilien auf dem Markt (von denen man weiß).
Wie viel: 406 Mio. Euro
Wo: Théoule-sur-Mer
Was: 1.200 qm, 25 runde Zimmer
Das „Palais Bulles“ war der Rückzugsort von Pierre Cardin (94),
auf- und abgerundet vom Architekten Antti Lovag, einem Spezialisten für Kugelhäuser. Theatersaal mit 500 Plätzen, Blick vom
Wohnzimmer des Blasenpalasts auf die Bucht von Cannes.
Wie viel: 134 Mio. Euro
Wo: Los Angeles
Was: 3.530 qm, 10 Schlaf-, 20 Bade immer
Beste Lage am Carolwood Drive in Holmby Hills. Hier hatte einst
Barbra Streisand ihr „Mon Rêve Estate“. Im Neubau befindet sich
der „Club Mon Rêve“: Salons, Weinkeller, Theater- und Kinosaal.
Parkplatz für 50 Autos.
68
häuser überhaupt leisten können, bereits in guten Verhältnissen
leben und sich selten wirklich verbessern können. Wer sich dann
doch solch unbeweglichen Besitz zulegt, tut dies nicht selten,
um sein Geld gewinnbringend anzulegen. Wer diese Häuser verkauft, der verhandelt. Denn er hat es nicht eilig. Reich ist er genug.
Wie viel: 142 Mio. Euro
Wo: Hillsboro Beach, Florida
Was: 6.575 qm, Garage mit 30 Stellplät en
Historismus am Atlantik, nördlich von Fort Lauderdale.
Imax-Heimkino, Go-Kart-, Eis-, Bowlingbahn. Schwimmbecken
mit Vier-Meter-Wasserfall. Zwei Gästehäuser. Teuerstes Wohnhaus Amerikas.
Wie viel: 94 Mio. Euro
Wo: Théoule-sur-Mer
Was: 1.400 qm, 8 Schlaf immer
Burgartiger Besitz mit bester Aussicht auf die Vorberge des Esterels. Gebaut vor 116 Jahren, wirkt von außen aber deutlich älter.
Dreieckiges Schwimmbecken, in dem man sich keinesfalls verschwimmen kann.
FOTOS: GETTY IMAGES, LE PALAIS ROYAL, COLDWELL BANKER, REAL ESTATE
Knapp zwei Dutzend Immobilien sind derzeit auf dem Weltmarkt angezeigt, die mehr als 100 Millionen Dollar kosten sollen.
Häuser und Wohnungen in dieser Preisklasse sind drei bis fünf
Jahre auf dem Markt, bevor sich ein Käufer findet. Dies liegt vor
allem daran, dass die Krösusse der Welt, die sich solche Wohn-
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ZEHLES ZIELE
Die schöne
Illusion
am Strom
Das moderne Bangkok verliert zunehmend an Exotik – das „Oriental“ aber bewahrt
auch nach der jüngsten Renovierung seine unvergleichliche Atmosphäre.
D
DIE NEUEN SUITEN:
FOTOS: MANDARIN ORIENTAL
Behaglich wie eine Upperclass-Wohnung.
Unten rechts: Die Somerset
Maugham Lounge mit
dem Goldspiegel aus seinem
damaligen Zimmer.
er „Authors Wing“ im Oriental in Bangkok ist ein
heiterer Ort. Lichtdurchflutet, mit blitzweißen
Korbmöbeln und großen grünen Blättern auf den
Kissen. Dazu das Klirren feinen Porzellans, ein zarter Duft von Tee und vor den Fenstern ein üppig
wuchernder tropischer Garten.
Der Authors Wing, ältester Teil des Hotels, mit seiner aufgehenden Sonne im filigranen Ziergiebel feiert die Schriftsteller, die
über die Jahrzehnte im Oriental geschrieben, gelitten und gesof
gesoffen haben. Aber zwischen der Joseph Conrad Terrace und der Somerset Maugham Lounge stößt man auch auf ein kleines dunkles
Büro. Darin viel Mahagoni, eine Sitzgruppe, ein großer Sekretär,
ungezählte Fotos: Prinzessin Soraya of Iran (1932 – 2 001), Barbara
Cartland (1901 – 2 000), Roger Moore. Und immer zusammen mit
einer kleinen, lächelnden Frau: Ankana Kalantananda.
60 Jahre lang war Khun Ankana, wie die Thailänder sagen, als
Guest Relations Lady um das Wohlbefinden der Gäste besorgt. Noch
heute schaut die 95-Jährige fast jede Woche in der Lobby vorbei.
Dann sieht man, wie Stammgäste der zierlichen Dame hinterherrennen. Ihr einfach noch mal die Hand geben! Ankana und die Großen
dieser Welt. Mit dem kleinen Büro, Khun Ankana’s Study, hat man ihr
schon zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt. Ein Hotel verneigt sich vor
seiner Mitarbeiterin. Wo gibt es so etwas noch auf der Welt?
Und das ist eigentlich schon das Geheimnis dieses Hauses,
das, wiewohl baulich nicht eben spektakulär, über Jahrzehnte
unter der Ägide von Kurt Wachtveitl, dem deutschen Generaldirektor, die Liste der besten Hotels der Welt anführte. Die Oriental Family. Viele der 1.200 Mitarbeiter sind schon 30, 40 Jahre dabei, es gibt sogar schon welche in dritter Generation. Das schafft
eine eigene, unvergleichliche Atmosphäre.
Und natürlich: Da ist der Fluss. Ohne den Chao Phraya, Thailands Strom der Könige, wäre das Hotel wie ein Theater ohne
Bühne. Denn der Chao Phraya ist ja nicht nur Wasserstraße oder
Freizeitoase wie bei uns Elbe oder Rhein. Der lehmbraune Strom
ist Bewegung, Leben, ist Marktplatz und Schnellstraße, Promenade und Abwasserkanal, Müllplatz und Badewanne.
Im Oriental sind alle Restaurants, Terrassen, Gärten, Suiten,
Fenster, Spiegel, Betten nur auf dieses einzige Schauspiel hin ausgerichtet: den seidiggrauen Uferdunst am Morgen, die glutroten
Sonnenlichtspiele am Abend; auf das ewige Kommen und Gehen
der Schiffe, die knatternden Langboote der Taxis und Händler,
auf die luxuriösen Kreuzfahrt-Jachten und Lastkähne, die aussehen wie die Arche Noah; auf die tuckernden Ausflugsdampfer
und hin und her eilenden Hotelfähren.
140 Jahre ist das Haus alt, vielleicht sogar noch etwas älter,
seine Anfänge verlieren sich irgendwo im tropischen Nebel. Denn
das Oriental wurde nicht wie die meisten europäischen Grandhotels als Palast geboren: Es hat sich hochgedient, ungezählte Besitzer, Brände, Kriege, An- und Umbauten überstanden; die letzte
große Renovierung war im vergangenen Jahr.
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71
LUXUS PRIVAT
DAS ABENDLICHE SCHAUSPIEL: Mit Hunderten von Lämpchen, Kerzen, Lichterketten. Links, im Vordergrund, der festlich erleuchtete
Als „La grande Dame – Reborn“ präsentiert sich nun das Hoses Haus ist noch immer das Wohnzimmer der Stadt. Seit Jahrtel. Und ich hatte wirklich Angst vor dem Wiedersehen. Zu viele
zehnten finden hier die wichtigsten Hochzeitsempfänge statt,
wunderbare Erinnerungen, zu viele außergewöhnliche BegegGeburtstagspartys, Nationaltagsfeiern, Konferenzen. Das Hotel
nungen verbanden mich mit diesem Haus. Würde es mich noch
ist das Zentrum der Bangkoker Gesellschaft und, ganz wichtig,
so berühren wie vor zehn, zwanzig Jahren?
Hoflieferant und Gästehaus der thailändischen Königsfamilie.
Kurt Wachtveitl, besser: Khun Köört, wie sie im Hause sagen,
Sogar König Bhumibol (88), dienstältester Monarch der Welt
ist 2009, mit 72 Jahren, abgetreten, nun selbst eine Legende. Er
und im Land wie ein Halbgott verehrt, hat seinen Achtzigsten im
hat das Oriental zum Musterbetrieb gemacht, Leit- und Vorbild
Oriental gefeiert.
für die Hotellerie ganz Asiens. Und aus der Ferne wollte es scheiIm Zimmer, auf einem Tischchen, empfängt mich vor dem
nen, als ob der Glanz der alten Dame nach seinem Ausscheiden
grandiosen Flusspanorama dann ein kleiner weißer Schokoladenlangsam verblasst.
elefant. So kunstvoll gefertigt, dass man die Stickereien auf seiZudem hat sich Bangkok sehr verändert in den vergangenen
ner Satteldecke erkennt. Auf dem Schreibtisch liegt Briefpapier,
Jahren: Die goldenen Dächer der Tempel verschwinden immer
bedruckt mit dem Namen des Gastes, all dies Oriental-Willhäufiger hinter Hochhäusern. Condominiums vertreiben Kolokommensgrüße.
nialvillen. Kühne, kühl gestaltete Wolkenkratzer zeigen jetzt ih„Es sind ja die Kleinigkeiten, an die sich der Gast erinnert“, sagt
re verspiegelten Fassaden. Mit Dachrestaurants und Bars unter
Amanda Hyndman. Die Engländerin, die 2012 auf den etwas farbfreiem Himmel, die einen atemlos machen.
losen deutschen General-Manager, Jan Goessing, folgte, hat zum
Aber dann steht man in der alten Halle des Oriental mit ihren
High Tea geladen. Sie strahlt in Pastell – wie die Törtchen auf den
rostbraunen, hölzernen Tempelglocken, die aussehen wie riesige
Étagèren. Dezent geschminkt, das schmale Kleid aus Thaiseide,
tränende Herzen; ungezählte Blumenein wenig Gold um Hals und Ohren. So
ketten baumeln von der Decke, zu jeder
stellt man sich die erste Dame des OrienMANDARIN ORIENTAL BANGKOK
Jahreszeit ein anderer Farbenrausch, ein
tal vor.
Mobkk-reser [email protected]
neuer Orchideen-Traum.
Bevor sie nach Bangkok kam, leitete
324 Zimmer, 44 Suiten (ab 400 Euro)
Die vier Siamesen in weißer Opesie von 2007 bis 2009 mit großem Erfolg
Flug: mit Emirates im Airbus A380
retten-Uniform sägen wie gewohnt ihdas zur Mandarin-Gruppe gehörende
nonstop von Frankfur t (Geschäftsklasse:
ren Haydn und Bach, dazu ertönt ein
„Excelsior“ in Hongkong und wechselte
praeter propter 2.100 Euro)
Gesumm von Stimmen und Gelächter.
dann innerhalb der Company nach WasUnd es ist fast körperlich zu spüren: Diehington. Ihr stolzester Moment? „Als ich
72
FOTOS: MANDARIN ORIENTAL / ILLUSTRATION: ALEXANDRA COMPAIN-TISSIER FÜR BILANZ
„Authors Wing“, ältester Teil des Oriental, dahinter der renovierte „Garden Wing“, rechts die Terrasse am Fluss.
mit gerade 28 Jahren General Manager vom
Kor Market; dort, zwischen Hühnern und
,Copthorne‘-Hotel in Aberdeen wurde.“
zu Blumenbildern drapierten Shrimps,
Passion and Ambition: Diese beiden
spürt man die Fremde. Und natürlich
Worte tauchen in allen asiatischen Bemuss man das Haus von Jim Thompson
richten über sie auf. „Ich habe den besten
besuchen, von diesem schillernden Mann,
Job der Welt. Und ich nehme ihn ziemlich
ehemals US-Geheimdienst-Offizier, dann
ernst.“ Hier, in diesem historischen Raum,
Begründer der thailändischen SeidenTee zu trinken, das sei – und sie sagt dies
industrie und Anteilseigner des Oriental.
nachdrücklich und mit großem Lächeln:
Als Kurt Wachtveitl 1967 das Hotel
„Amazing!“
übernahm, war der Kunstkenner gerade
Hinter diesem Lächeln versteckt sie
auf rätselhafte Weise in Malaysia verZähigkeit und Fleiß. Auf ihre Berufung
schwunden. Vom Tiger gefressen? Oder
nach Asien hat sie sich gewissenhaft voruntergetaucht? Thompsons Haus und
bereitet: „Bevor ich nach Hongkong kam,
Sammlung, heute Museum, aber sind bis
war mein Führungsstil sehr direkt. In
in unsere Tage ein Statement für Klasse,
Asien, habe ich gelernt, lobt man öffentein Kleinod, dessen Schönheit wehmütig
lich, aber kritisiert diskret.“ Heute führt
macht.
sie nicht nur 1.200 Angestellte; sie beNeun Restaurants verführen allein
herrscht, wenn’s nottut, auch einen perim Hotel. Unvergesslich bleiben frische
fekten Hofknicks: Rücken gerade, tief das
Krustentiere, serviert auf einem Eisberg,
Knie! So wie beim jüngsten Besuch des
im Seafood-Restaurant „Lord Jim’s“. Und
Königs von Bahrain.
ein Brunch im „China House“. So viel
Tüchtige Frauen sind in der wechsel- AMANDA HYNDMAN: Tüchtige Frauen
Schwarz und Gold und roter Lack! Kostvollen Geschichte des Oriental eine über- haben im Oriental Tradition.
barster Art-déco-Stil! Man fühlt sich soraschende Konstante: Amanda Hynd man
fort in die verruchtesten 30er-Jahre von
ist die vierte Chefin im Haus. 1904 war
Schanghai versetzt. Und immer wieder,
es Madame M. O. Bujault, die unter anderem ein perfektes Corimmer neu das funkelnd festliche Abendspektakel. Ein Schauspiel
don bleu zuzubereiten verstand; 1910 folgte Maria Maire, die ihre
mit Hunderten von Lämpchen, Kerzen, Lichterketten. Mit SusUmgebung auch mit ihrem exzellenten Golfspiel erfreute; 1947
hi-Buffet, Thai-Delikatessen, Barbecue. Und tausend Gerüchen
übernahm Germaine Krull, Kriegsreporterin, das Haus, die ihre
gratis.
damaligen Gäste wie folgt beschrieb: „Alle Schichten£…£von DiploDann spiegeln sich die Häuser im Fluss. In einem von ihnen,
maten über Glücksritter und Spione bis hin zu Gaunern.“
gar nicht so weit entfernt, dem Siriraj-Krankenhaus, verdämmert
Je rascher Bangkok in unseren Tagen seine Unverwechselbardas Königspaar. König Bhumibol und Sirikit (84), seine Ehefrau.
keit verliert – und immer häufiger an Dubai oder Schanghai erinDer König hat als junger Mann Jazz gespielt, Songs komponiert.
nert –, umso intensiver pflegt man im Oriental die Vergangenheit.
Jetzt bangen die Menschen um sein Leben. Bangkok ist ein geAmanda Hyndman hat Sinn für Geschichte, sie weiß, dass die
fährdeter Ort.
Historie des Hauses ihre Chance ist – auch angesichts von Neu„Das Oriental ist eigentlich ein Traum, den wir für die Gäste
eröffnungen wie der des „Four Seasons“ im übernächsten Jahr.
wahrmachen, die Illusion einer heilen Welt“, hat Kurt Wachtveitl
Die gerade abgeschlossene Renovierung ist dabei ihr erster
mir einmal erklärt. Je kälter die Welt im Alltag werde, desto mehr
Erfolg. Die „Bamboo Bar“ und das Feinschmecker-Restaurant
sehnten sich die Menschen in eine vermeintlich schönere Vergan„Le Normandie“ sind jünger, frischer geworden und bewahrten
genheit zurück.
dennoch ihren Charakter. „We change without change“
change“, nennt sie
Manches bleibt. „Da ist die Terrasse über dem Fluss“, notierte
das. Die zwölf Garden-Suiten aber sind nagelneu. Und wirken
Noël Coward in sein Tagebuch, „wo wir Abend für Abend unsere
wie Upperclass-Wohnungen in London oder New York: behagDrinks nehmen, auf das lehmfarbige Wasser blicken und zuschaulich, englisch, gediegen. „Unsere Stammgäste wollen Suiten, keine
en, wie die Schlepper sich mit ihren schweren Kähnen gegen die
Standardzimmer.“
Strömung flussaufwärts mühen. Es ist ein herrlicher Platz, und
Manche kommen 40 Mal in ihrem Leben. „Ein Gast wohnte
ich liebe ihn mehr denn je.“
unlängst das 91. Mal bei uns.“ Und für die Könige aus Wirtschaft
und Politik wurde die wohl schönste Suite ganz Bangkoks kreiert:
die Royal Suite im Authors Wing. Über 300 Quadratmeter groß,
SIBYLLE ZEHLE kennt die wichtigsten Köpfe der
Wirtschaft und die schönsten Plätze der Welt.
mit eigenem Aufzug und Spa-Bereich.
Immer wieder entdeckt die Buchautorin Menschen
Drei Tage im Oriental rasen vorbei. Wer das alte Bangkok,
und Orte mit Charakter und Magie.
einen Hauch Geheimnis des alten Siam, spüren will, muss auf die
DIESER BEITRAG WURDE UNTERSTÜTZT VON EMIRATES SOWIE DEM MANDARIN ORIENTAL BANGKOK
Märkte gehen, den Chatuchak-Wochenendmarkt oder zum Or Tor
BILANZ / OKTOBER / 2016
BILANZ
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73
SUNNY SIDE UP!
LUXUS PRIVAT
LUFT UNTERM KIEL
„Dillennium“-Schlauchboot beim Einparken.
TEMPO, TEMPO!
D
as neueste Spielzeug des Geldadels: ein Schlauchboot! Eine
„Scanner Dillennium“ zum
Beispiel, zehn Meter lang,
700 PS, nicht ganz 100.000 Euro teuer.
Ein echtes Spaßmobil. Es hat praktisch
keinen Tiefgang, man kommt mit ihm
in seichte Buchten und dank (hochklappbaren) Innenborders fast direkt ins
Strandrestaurant. Zu „Juan y Andrea“ auf
Formentera etwa, ins „Cala di Volpe“ auf
Sardinien oder in den „Club 55“ bei St.
Tropez. Auch angenehm: Keine Chromteile, kein ewiges Polieren, und weil Luftkissen keine Spuren hinterlassen, glücken
Einpark-Manöver im Hafen auch ohne
Fender unfallfrei.
Gummiboot statt Großjacht? Neuere Bescheidenheit an mediterranen Hotspots?
Im Gegenteil. Ein Schlauchboot ist ein
total versnobtes Statussymbol, erkenn-
74
bar nur für Eingeweihte. Wie der rote
Autoschlüssel mit dem aufbäumenden
Pferd, dem Cavallino rampante, zu dem
immer ein Ferrari gehört. Ein Schlauchboot ohne den Besitz einer prachtvollen
Ferienimmobilie? Ergibt keinen Sinn –
und macht keinen Spaß.
Die nächste Frage: Wie häufig wird das
Ferienhaus genutzt? Wie viel Ferien machen Sie im Jahr?
Leben. Mit Jubel, Trubel, Heiterkeit. Warum auch nicht! Der moderne Lebensstil
ist unbeschwerter als noch vor zehn Jahren, internationaler, 24 Stunden im Netz.
Alles läuft in hohem Tempo ab.
Wer hat den Überblick?
Wer kennt sich aus?
Leben Sie zeitgemäß?
Rechts ein Vergleichstest. ¦
Der deutsche Wirtschaftskapitän erlaubt
sich maximal zwei Wochen. Weil: Ohne
ihn läuft der Laden ja nicht. Manch junger Start-up-Millionär dagegen urlaubt
zwei Monate – und zwar am Stück, sonst
hätte er seine Bude ja nicht im Griff.
Urlaubstage als Statussymbol. Als Chiffre: Ich habe Geld, ich gönne mir Annehmlichkeiten, aber ich leiste mir vor
allem Freiheit. Ein selbstbestimmtes
ANNETTE WEBER war von 2007 bis 2015
Chefredakteurin der Modezeitschrift „Instyle“.
Die elegante Münchenerin, eine Kultfigur
der Szene, schreibt über Luxus, Stil und die
Sonnenseiten des Lebens.
FOTO: SCANNER FRANCE / ILLUSTRATION: ALEXANDRA COMPAIN-TISSIER FÜR BILANZ
Die Frage lautet doch: Genießen Sie eigentlich noch zeitgemäß?
GUTE ALTE ZEIT
NETTE NEUE WELT
Zu Ihrer Oldtimer-Sammlung gehören ein 250er
Ferrari Lusso, ein 300er Mercedes SL sowie ein
Aston Martin DB5, alle aus den Sixties. Sie
fahren damit fast nie – sonst hält Sie Ihr
Bankdirektor für verschwendungssüchtig.
Sie fahren einen Bugatti Veyron für zwei Millionen
Euro und stehen auf der Warteliste für den limitierten LaFerrari. Soll bloß jeder sehen, dass Ihre
Geschäfte glänzend laufen. Auch Ihr Bankdirektor.
Sie punkten bei Ihren Tischdamen mit Gourmet-Fachsimpelei. Als Feinschmecker verreisen
Sie nach dem „Guide Michelin“ und zelebrieren
Besuche in französischen Sterne-Tempeln.
Sieben Gänge plus, ab 19.30 Uhr.
Ihr liebstes Small talk-Thema: „The Worlds 50 Best
Restaurants“ – die Internetseite Ihres Vertrauens.
Sie kennen jedes „Nobu“ – weltweit –, aber
schätzen eine schnelle, ehrliche, internationale
Küche. Dinner nie vor 21 Uhr.
Ihr Frühstücksritual: italienischer Espresso, Toast,
Marmelade, die Tageszeitungen.
Ihr morgendliches Start-up: japanischer
Matcha-Tee, Müsli, Social Media. Tageszeitungen
erst mittags, nur die Meinungsseiten.
Sie fliegen Lufthansa First Class, Ihr Status ist HON.
Im Ausland buchen Sie einen Chauffeur.
Sie fliegen privat, haben eine „Marquis Jet
Card“ bei Netjets. Im Ausland fahren Sie Uber
und buchen einen Private Concierge.
Ihr Deutsch ist ohne Dialekt.
Ihr Schwäbisch haben Sie abgelegt.
Ihr Englisch ist ohne deutschen Akzent.
Sie sprechen vier weitere Fremdsprachen.
Festspiele! Bayreuth und Salzburg.
Festivals! „Coachella“ und „Burning Man“.
Wochenende? Golfen in Kitzbühel. Oder Theater.
Sie besitzen ein Abonnement.
Langes Weekend? Raven in Tulum.
Oder Netflix. Sie sind Abonnent.
Auf Ihrem jährlichen Sommerfest auf Sylt singt ein
sehr berühmter deutscher Entertainer. Alle freuen
sich – wie immer – auf das grandiose Catering.
Bei Ihrem Sommerfest auf Ibiza spielt ein
angesagter Resident DJ. Alle befürchten –
wie immer –, drei Tage abzustürzen.
Eine Woche nach Ihrem Fest veröffentlicht
die Klatschpresse die schönsten Partyfotos
auf ihren Society-Seiten.
Ihre Gäste posten stündlich die lustigsten Party-Videos auf Snapchat. Die ganze Welt ist live dabei.
Und für Ihr Instagram-Selfie gibt’s 10.000 Likes.
UND? TREFFER? Sind Sie ein moderner Mensch? Dann läuft Ihr Leben auf Vollgas wie im
genialen Over the Top-Instagram-Profil von Graffiti-Künstler Alec Monopoly. Drehzahl im violetten Bereich. Sind Sie
glücklich damit? Falls Sie herunterschalten möchten, besuchen Sie mal Speyer, die malerische, 2.000 Jahre alte
Stadt am Rhein. Im September war ich dort beim Altstadtfest. Wir saßen gesellig auf der mittelalterlichen Sonnenbrücke, mit Ruppertsberger Riesling und Blick auf den Kaiserdom. Majestätisch. Idylle aus dem Bilderbuch. Heile
Welt. Das Altstadtfest hat nicht mal einen richtigen Hashtag, manchmal ist das Un-Moderne einfach großartig!
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75
LUXUS PRIVAT
LUXUS PRIVAT
WAHRE WERTE
BUGATTI TYPE 55 ROADSTER
PORSCHE 935
Beim elitären Concours d’Elegance auf dem Küstengolfplatz von Pebble Beach
präsentieren Oldtimer-Fanatiker die teuersten Klassiker der Welt.
L AN
TUR
CIA AS
FARINA
A PININ
13 0
82
PS
m
H u b r au
(ccm)
km/h
340
PS
130
PS
700
3.0 0 0
Preis (Mio. $)
10,4
Baujahr
Richard Mattei in seinem Lancia Astura
Pinin Farina. Das Cabriolet errang den
Titel „Best of Show“ beim Concours
d’Elegance. Mattei ist ein gefürchteter
Alfa-Romeo-Sammler aus Paradise Valley, Arizona. Hier rollt er unter dem Jubel
der Zuschauer am berühmten 18. Loch
des Golfklubs Pebble Beach vorbei. Vorkriegs-Alfas werden nur mit Glacéhandschuhen angefasst. Vom Aussterben bedrohte Spezies.
1932
Bei Gooding & Co., dem Auktionshaus von Pebble Beach, stellte
der Bugatti Type 55 Roadster mit 10,4 Millionen Dollar einen neuen Weltrekord für die Marke auf. Gooding versteigerte in Pebble
Beach 115 Fahrzeuge. Durchschnittserlös: 1,13 Millionen Dollar.
Hubraum (ccm)
3.100
Preis (Mio. $)
4,8
Baujahr
1979
Ein Porsche 935, einst im Besitz des Schauspielers Paul Newman
(1925’–’2 008). Verkauft für 4,8 Millionen Dollar. Newman hat den
Wagen 1979 beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans gefahren. Es
ist einer der teuersten Porsches, die je verkauft wurden.
BUGATTI VISION GRAN TUR.
FERRARI 250 GT CAL. SPIDER
–
r
km/h
230
km/h
PS
240
PS
1.500
Hubraum (ccm)
8.000
Jedes Jahr im August findet auf dem Golfkurs von Pebble
Beach an der Küste des Stillen Ozeans bei Carmel der Concours
d’Elegance statt, der weltberühmteste Schönheitswettbewerb
für klassische Automobile. Nicht Leistung und Schnelligkeit der
Veteranen spielen bei dem Contest eine Rolle, sondern historische Akkuratesse, technischer Vorzug und zeitlose Eleganz.
Während der zweitägigen Veranstaltung, das Mekka der Oldtimer-Gläubigen, finden ein reger Geschäftsverkehr und Handelsaustausch statt – und natürlich steigt eine Auktion. 115 der an-
gebotenen 138 Autos wurden verkauft. Das entspricht einer Rate
von 83 Prozent. Vermutungen und Vorahnungen, dass sich der
Markt abgekühlt haben könnte, erwiesen sich als unrichtig. Viele
Händler und Sammler machten ihren Schnitt.
Den Rekordpreis erzielte ein Ja guar D-Type Road ster von
1955, der einem Sammler 21,78 Mil lionen Dol lar wert war. Es ist
der höchste Betrag, der jemals für ein briti sches Auto gezahlt
wurde. Wer 2017 zugucken will: Der Eintritt in Pebble Beach
kostet 325 Dollar. Mindestens.
FOTOS: GETTY IMAGES (4), PICTURE ALLIANCE
Hubraum (ccm)
76
2.300
19 3 6
P r e is
B au jah
180
Hubraum (ccm)
1
k m /h
km/h
2.950
Preis (Mio. $)
18,2
Preis (Mio. $)
Baujahr
1959
Baujahr
Der Ferrari 250 GT California Spider LWB. Feilgeboten für
18,2 Millionen Dollar. Unter den zehn teuersten Autos, die auf
dem legendenumwobenen Golfkurs zum Verkauf kamen, fanden
sich allein drei Ferraris der Baujahre 1956 bis 1960.
BILANZ / OKTOBER / 2016
430
–
2015
Edelautohersteller nutzen den Concours d’Elegance bisweilen, um den Zuschauern auch ein paar zeitgenössische Prachtexemplare vorzustellen. Hier ein Bugatti Vision Gran Turismo.
16 Zylinder, 34 Sachen.
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LUXUS PRIVAT
Der Modephilosoph Brunello Cucinelli
hat sich im wahren Sinne des
Wortes eine schöne Welt geschaffen.
König
Kaschmir
TEXT / THOMAS DELEKAT UND WILMA FASOLA
S
78
STRICKMEISTER:
FOTO: BRUNELLO CUCINELLI
olomeo gibt es wirklich. Das Dorf ist echt, keine Einbildung. 450 Einwohner, ein paar Kilometer von Perugia entfernt, mindestens 800 Jahre alt und trotzdem: Der Ort ist
fast zu schön, um wirklich zu sein.
Die alten Häuser sehen aus, als hätten die Maler und Maurer erst
gestern ihre Gerüste abgebaut, die Bürgersteige sind gefegt, picobello die Straßen, Plätze, Treppen. Die Kirche aufs Natürlichste ausgebessert und instand gesetzt, alles neu gepflastert, alles vom Feinsten, Bäume gepflanzt, Blumen begossen. Schwalben jagen über den
Marktplatz, und sollte einmal ein Hund anschlagen in Solomeo, dann
wird’s nur ein vornehmes Räuspern sein.
Das Idyll ist das Werk von Brunello Cucinelli (63), das Werk des
Kaschmir-Königs. In dem Ort, der ihm fast zur Gänze gehört, bewohnt
er die Residenz des einstigen Lehnherrn, eine Anlage aus der Renaissance. Aufgewachsen ist der Mode-Milliardär im Nachbarort Castel
Rigone unter weniger günstigen Umständen. Kein Wasser, kein Strom,
keine Kanalisation im Elternhaus. Der Vater, ein Bauer, musste in die
Fabrik, als das Land die Familie nicht mehr ernährte. Zu seinem Milliardenvermögen und in den Besitz des Nachbardorfs Solomeo sowohl
wie zu dem Ruf, einer der bedeutendsten und menschlich erfreulichsten
Brunello Cucinelli
in der Schneiderschule
zu Solomeo.
BILANZ / OKTOBER / 2016
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NACH DER LANDFLUCHT DER 60ER-JAHRE war Solomeo nur
eines von vielen verfallenen Bauerndörfern in Umbrien. Den
größten Teil des Baubestands brachte Cucinelli für Spottpreise
in seinen Besitz. Ende der 80er-Jahre begann er, hohe Beträge in
die Sanierung des Örtchens zu investieren. Heute verfügt Solomeo über den wirtschaftlichen und organisatorischen Unterbau
einer Stadt: mit Bibliothek, Theater und einer namhaften Schule
für Traditionshandwerke.
Brunello Cucinelli weiß, dass seine Geschichte, wie er sie gern
mit viel theatralischer Gestik wiederholt, unschlagbar märchenhaft-exotisch klingt. Er genießt das, er lächelt, er antwortet gern:
Als er dem Eigentümer eines Grundstücks seinen Plan eröffnete, hier ein Theater zu bauen, „sagte er zu mir, ich sei komplett
80
durchgedreht. Aber über die Jahre hat auch er gesehen, wie viel
Freude die Menschen daran haben, ein Monument zu erleben, das
die Jahre überdauern wird“.
800 Cucinelli-Arbeitsplätze hat Solomeo, aber nur 450 Bewohner. Davon stehen 250 beim Padrone in Lohn und Brot. Also
im Grunde genommen jeder, der arbeiten kann.
„Er war ein guter Mensch“, solle es dereinst in seiner Grabrede heißen, wünscht sich der gute Mann von Solomeo. Das wolle
er hören, hat er gesagt. Der Priester solle sagen, dass er, Brunello
Cucinelli, einer gewesen sei, „der gearbeitet hat für die Würde der
Menschheit. Ein kleines bisschen. Dass ich Unternehmer bin, ist
nur das Instrument dafür“.
Es stimmt, bei Cucinelli liegt das Grundgehalt 20 Prozent
über dem Durchschnitt der Zunft. Aber ebenfalls klar ist: Eine
einfache Näherin kommt damit wohl kaum auf die Höhe des
deutschen Mindestlohns. Dennoch
tritt der Padrone nicht zu Unrecht
als „Beschützer“ seiner Leute auf.
Sein überzeugendstes Beispiel dafür
leistete er sich 2012, beim Börsengang. Die Aktie war vom Start weg
17-fach überzeichnet, kurz vor Weihnachten teilte Cucinelli großzügig
aus: 7.000 Euro für jeden der heute
knapp 3.000 Mitarbeiter.
Gewiss, seinen „humanen Kapitalismus“, wie Cucinelli seine Geschäftsauffassung nennt, erkennen
die Leute an. Aber das heißt nicht,
dass die Arbeit für ihn immer eine
ungemischte Freude wäre: „Il tedesco“, den Deutschen, nennen sie ihn,
weil der Chef mit Nachdruck auf
Pünktlichkeit und Präzision besteht.
Wer glaubt, inmitten einer paradiesisch schönen Arbeitsumgebung mit nachlässig-schlampigen Klamotten am Leib den schönen Gesamteindruck verschandeln zu können, den Cucinelli sich
vom Schöpfungsakt handwerklicher Meisterstücke macht: Tja,
der bekommt dann was zu hören. Die Qualität ist der Fetisch,
ihre Kontrolle exzessiv. Cucinelli interessiert nur allererste Verarbeitung. Le dernier cri ist ihm im Zweifel einerlei. Oh, er könne
schon sehr streng sein, erzählt man.
Zur Mittagspause auf den Glockenschlag um 13 Uhr will der
Padrone alle 800 Lohnempfänger am Mittagstisch sehen. Und
zwar zu ihrem eigenen Nutz und Frommen. Besucher, die das
einmal erleben durften, berichten vom gemütsstürzenden Anblick fülliger italienischer Bilderbuch-Mamas mit gestärkten
Schürzen, die aus Gottes Leibküche servierten. Es muss ein Fest,
ein Privileg sein, hier zulangen zu dürfen.
Von 14.30 Uhr bis 17.30 Uhr wird wieder gearbeitet. Dann ist
Familienzeit. „Nach 17.30 sollen die Menschen Zeit mit ihren Familien verbringen“, hat er in einem Interview gesagt. „Das rettet
Ehen. Und wer keine Familie hat, soll erst recht Feierabend machen, denn wie soll er sonst jemals eine gründen können?“
Brunello Cucinelli schildert oft seine harte Jugend, wie der
Vater zur Fabrikarbeit gezwungen gewesen war und nachts vor
Erschöpfung weinte. „Seitdem habe ich mir geschworen, dass
ich die Menschenwürde hochhalte, wenn ich es einmal zu etwas
bringen würde.“
Der junge Mann aus der Nähe von Perugia hatte lange nichts
mit Mode am Hut. Ingenieur wollte er werden. Er spricht darüber, dass er sich aber doch lieber mit Freunden in Bars herumgetrieben und dass seine Suche „nach fundamentalem Wissen“
viel Zeit gekostet habe. „Wir waren sieben, acht in der Bar, die
sich regelmäßig trafen und über Politik, Kultur und moralische
Prinzipien diskutierten.“
Er spricht darüber, dass eine Prostituierte namens Leila nach
getaner Arbeit sich zu ihm und seinen Kumpels ins Café gesetzt
und Karten mit ihnen gespielt habe; dass ihm dabei das Herz
blutete und dass das alles die wahre
Schule seines Lebens gewesen sei und
dass er auf sie eingeredet habe, nicht
mehr anschaffen zu gehen – doch, vergeblich. Eine „Lehrerin des Lebens“
sei sie gewesen, eine „Meisterin des
menschlichen Leids“, hat er einmal gesagt. Er habe ihren Schmerz gesehen
und beschlossen, etwas zu unternehmen, um der Welt mehr Schönheit zu
verleihen.
FOTOS: BRUNELLO CUCINELLI (2)
Unternehmer Italiens zu sein, ist sein Sohn Brunello mit Strickwaren
aus Kaschmirwolle gekommen.
Zur Lage seiner Firma und zum Stand ihrer Geschäfte sowie zur
Modewelt insgesamt vermittelt Cucinelli gern und routiniert einmal
einen Überblick. Dazu wirft er mit ein paar Strichen eine Pyramide
aufs Papier. Sie illustriert Aufbau und Statik der weltweit bedeutenden Luxusmarken: Danach markieren Chanel, Dior, Hermès und er
selbst die absolute Spitze. Darunter, immer noch ein Luxus für wenige: Prada, Ferragamo, Zegna, Armani, Dolce & Gabbana. Noch eine
Stufe tiefer hinab, in die Breite eines Millionenpublikums, drängen
sich im Sockel: Burberry, Hugo Boss oder Ralph Lauren.
„Ich will teuer sein“, hat Brunello Cucinelli einmal gesagt. Er
hat auch nichts dagegen, wenn in Hamburg eine Boulevardzeitung
empört titelt: „Diese Design-Treter kosten 990 Euro.“ Im Foto ein
paar Cucinelli-Turnschuhe, kaschmirgefüttert. Es ist halt Cucinelli. Es ist die Preislage von Superreichen
oder Superhelden, von James Bond. Der
Auftritt von Daniel Craig alias 007 in
„Spectre“ zum Beispiel: Der Bond-Smoking, stichelte nach dem Kinobesuch
eine Modejournalistin, stamme aus der
Cucinelli-Kollektion und – kleine Information für Herren, die sich 007-artig oder ebenbürtig fühlen: Er kostet
knapp 3.800 Euro.
Im großen Krisenjahr 2013 sah Cucinelli den Zeitpunkt gekommen, seinen
Glaubenssatz, dass Geld so oder so keine
Rolle spiele, branchenweit Beachtung
zu verleihen. Ein spektakulärer Coup.
Ein Husarenstück. Die gesamte Branche
wankte damals, die Umsätze knickten
weg wie Selleriestängel – aber Cucinelli
steifte die Preise herauf. Um 30 Prozent,
in wenigen Monaten. Er lag boldtrichtig: Verkauf und Exklusivität
seiner Marke spitzten sich zu.
Das Geschäft floriert. Seit Jahren. Zuletzt hat Cucinelli
414 Millionen Euro umgesetzt, 16 Prozent mehr als 2014. Und
auch in diesem Jahr will er den Umfang seines Unternehmens um
ein Zehntel erweitern. Mindestens.
LUXUS PRIVAT
IM WEHRTURM DES DORFES, neben
der Kirche der zweithöchste Bau von
Solomeo, hat der Padrone und Vater
zweier Töchter sein Lesezimmer. Bilder der Familie, seiner Helden John
Lennon, Bill Gates und Mahatma
Gandhi an den Wänden.
In seinem Hauptwohnsitz, der Renaissance-Villa des einstigen Lehnherrn von Solomeo, hält er 5.000 Bücher vor, teils in
dekorativen, wie zufällig platzierten Stapeln über Ablagen und
Tische verteilt. In seinen Privaträumen hält es Cucinelli mit
Herrschern und Geistesgrößen älteren Datums: Kant, Alexander
der Große, Dante, Rousseau, Seneca. Eine bunte Mischung, teils
in Büsten vertreten, vom Hausherrn beim Steinmetz in Auftrag
gegeben.
„Sie haben mich gelehrt, wie ich mit Lebenskrisen umgehen kann, und mich ermutigt, als Beschützer zu denken. Das
Leben hat mich gelehrt, ihre Gedanken zu verstehen. Philosophie und Theologie sollten in unserem Leben eine größere Rolle
spielen.“
Mit 16, erzählte Cucinelli einmal, habe er zum ersten Mal
Kant gelesen. Bis heute beschäftige er sich mit ihm. In dem Gastkommentar für eine deutsche Zeitung stellte er sich selbstbewusst vor als „Unternehmer und Philosoph“.
Aber von Pythagoras bis Leila – das weit gespreizte Geistespanorama lässt den verwirrten Besucher in Solomeo schwanken
zwischen der Hochachtung für ein früh erwachtes Genie und
BILANZ / OKTOBER / 2016
dem Respekt vor einem listigen Propagandisten ehrlich gemeinter Selbstvermarktung.
DAS ENDE DER BAR-PHILOSOPHIE von Brunello Cucinelli, die
Wende zur ersten selbst verdienten Million, leitete Federica Benda ein, ein Mädchen aus Solomeo, dem Nachbardorf. Die Bendas
fabrizierten Hosen, und zwar genau so, wie es jetzt rund tausend
andere Betriebe in Umbrien noch immer mit Cucinellis Pullovern
tun: in den eigenen vier Wänden, mit den Familienmitgliedern
als Belegschaft.
Brunello, der Bohemien und Lieber-doch-nicht-Ingenieur
nahm Federica zur Frau und sie ihn zum Mann – und wenig später sah man ihn, wie er auf der piekfeinen Düsseldorfer Modemesse fünf Kaschmirpullover ausstellte. Das heißt, er hängte sie
einfach übers Treppengeländer. Das erste Geschäftsjahr ging mit
53 Pullovern zu Ende. Cucinelli jubelte.
Ein Bombenerfolg, fand er.
Das war die Zeit, in der die geniale
Hamburger Designerin Iris von Arnim, in der Branche auch „KaschmirQueen“ genannt, die Farben, die Muster von Picasso, Klee, Miro auf den
Kaschmirpullover brachte. Die Fertigung der aufsehenerregenden Entwürfe gab sie an Cucinelli, wegen seiner Verbindungen zu umbrischen Familienhandwerkern. Nur wenig später
bat Cucinelli sie um Entwürfe für eine
eigene Kollektion. Und dann? „Nach
drei Jahren wusste er, wie’s geht“, sagt
Iris von Arnim. Er lief alleine weiter,
zunächst in genau ihren Fußstapfen.
Seit 30 Jahren behauptet sich Cucinelli, der Salonphilosoph, im milliardenschweren Luxusmarkt. Der Kampf um die Kundschaft ist
hart und ruppig. Aber der Mann aus Solomeo hat sich im Wettbewerb bewährt mit Bauernschläue und einer Sanftheit, die an
vereisten Samt erinnert.
Unter 800 Euro ist kaum ein Pullover von Cucinelli zu haben,
die teuren kosten um die 2.000 Euro. Seit April 2012 ist die Brunello Cucinelli SpA an der Börse und dort mit einem Wert von
derzeit etwa 1,25 Milliarden Euro notiert. Der Gründer selbst hält
63,3 Prozent der Anteile – und kontrolliert fünfmal täglich den
Aktienkurs. Auch das ist Philosophie, Geschäftsphilosophie, mit
einem der ganz großen Branchenphilosophen an der Spitze.
Cucinellis offen aufgeschlagenes Poesiealbum mit vermischten Lebensweisheiten aus Kant, Alexander dem Großen,
der Prostituierten Leila und den Erkenntnissen zur „Würde der
Arbeit“ hat den Vorzug, dass man es zuklappen kann. Was dann
den Blick lenkt auf Cucinellis wahre, ziemlich einmalige Größe.
Auf Sylvester Stallone beispielsweise, wie er in sein 2.500-Euro-Cucinelli-Jackett schlüpft und sich damit sportlichen, unauf
unaufdringlichen, noblen Geschmack zulegt und eine unbezahlbare
Jugendlichkeit.
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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81
PRIVAT
GELDANLAGE
AUFS RICHTIGE
PFERD GESETZT
Wetten platzieren kann jeder, und Reiten lernt man notfalls auch. Sich aber ein
Rennpferd leisten, das können die wenigsten. Es sei denn, man teilt sich seinen Besitz.
A
TEXT / SOPHIE CROCOLL
ILLUSTRATION / JACOB EISINGER
82
ls ihre Stute Estimate vor drei
Jahren beim Gold Cup auf der
Galopprennbahn in Ascot am
Feld vorbei nach vorne donnerte und als Sieger durchs Ziel jagte,
geriet Elizabeth II. für ihre Verhältnisse
und ein paar Sekunden lang geradezu aus
dem Häuschen. „Bravo!“, rief sie, applaudierte, und ihr violetter Hut soll, Augenzeugen zufolge, sogar ein wenig gewippt
haben. Mit der Stute Estimate verbindet
die Queen vor allem eines: Sie gehört ihr
und hatte ihr damit gerade 180.000 Euro
eingebracht.
Ob Elizabeth II. oder der Emir von
Dubai, ob Ex-Tchibo-Stratege Günter
Herz, Merck-Chef Stefan Oschmann
oder Bankierserbe Helmut von Finck (s.
BILANZ 6/2016) – sie leisten sich den
Luxus, Rassepferde zu züchten, und den
Nervenkitzel, sie ins Rennen zu schicken.
Es ist ein riskantes, aber bisweilen
eben auch sehr lukratives Geschäft.
Oschmanns Hengst Isfahan etwa soll
nach seinem Sieg beim Deutschen Derby
mehr als eine Million Euro wert sein –
vorausgesetzt, er stünde zum Verkauf.
Die Gelegenheit, sich in den Besitz eines Siegerpferdes zu bringen, bietet sich
nur selten. Und wenn, dann übersteigen
die Kosten meist die eigenen Möglichkeiten. Es sei denn, man schließt sich
einer Besitzergemeinschaft an wie der
Highclere Thoroughbred Racing (HTR)
BILANZ / OKTOBER / 2016
in der englischen Grafschaft Berkshire,
ihres Zeichens das führende europäische
Eigentümerkonsortium für Vollblüter.
Bis zu 20 Personen teilen sich den Besitz
eines Rosses – sowohl seine Siegprämien
als auch gegebenenfalls den Verkaufserlös.
Der kleinste Anteil, den man momentan
erwerben kann, kostet 8.500 Pfund, umgerechnet fast 10.000 Euro; dazu kommt
eine Verwaltungsgebühr von 3.000 Pfund
– alles in allem ein Bruchteil dessen, was
Alleineigentümer für Unterhalt und Pflege
eines Pferdes aufbringen müssen, für Tierarzt und Trainer, Stroh und Stallungen.
Welche Pferde gekauft, wie sie auf
Rennen vorbereitet und wann sie wieder
verkauft werden, das entscheidet HTR.
In der Tat sei der Rennpferdehandel in
den vergangenen Jahren „unglaublich
stark“ gewesen, sagt Gestüts-Chef Harry
Herbert. Er habe mit dem Weiterverkauf
von Pferden für seine Kunden zuletzt
fünf Millionen Pfund eingenommen.
Neben den anteiligen Erlösen, die den
Miteigentümern zufließen, genießen sie
den mit Geld nicht zu bezahlenden Vorzug, dank ihres Standes und ihrer Stellung auch in jenen VIP-Bereich Einlass zu
finden, der, etwa beim Royal Ascot, den
Prinzen und Premiers und Gestütsbesitzern vorbehalten ist.
In Deutschland hat sich der in Köln lebende ehemalige Jockey-Champion Manfred Hofer mit Besitzergemeinschaften
einen Namen gemacht: „Meistens kaufe
ich drei Pferde, weil bei einem Pferd allein
das Risiko sehr groß ist: Es kann sich verletzen oder sich so schlecht entwickeln,
dass es gar nicht erst an den Start kommt.“
Mindestens jedes zweite Pferd hätte
seinen Anschaffungspreis „wieder reingaloppiert“. Der Hengst Belenus etwa, Deutscher-Derby-Sieger 1999, konnte sein Eignerkollektiv, das Turf Syndikat 99, „richtig ins Plus“ bringen: mit Preisgeldern von
1,3 Millionen Mark in nur einem Jahr.
Einer der Mitbesitzer von Belenus war
Hans Dieter Wüst, Juwelier aus Mannheim und einst Hobby-Springreiter. „Ich
wollte was im Rennsport machen“, sagt er,
„aber nicht gleich Unsummen ausgeben.“
Als Mitglied des Galoppersyndikats
reiste er mit Belenus von Rennen zu Rennen, „und dieses Erlebnis war ein Traum,
nicht nur sportlich“. Geld, sagt Wüst, verdienten freilich nur Pferde auf höchstem
Niveau: „Zu behaupten, ich hätte nur Gewinn gemacht, wäre gelogen.“
Eine Beteiligung empfiehlt der Mann
deshalb nur jenen Anlegern, die einen
Bezug zu Pferden haben und dem Wettkampf selbst ebenso viel abgewinnen
können wie Gewinneinnahmen. Zu diesem Sport, sagt Manfred Hofer, gehöre eben, dass die Queen den Besitzern
der besten Pferde den Preis überreiche:
„Man wird sogar zum Teetrinken in den
Buckingham-Palast eingeladen.“
OKTOBER / 2016 / BILANZ
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83
BAADERS BESTE
FOKUS
FLASCHENPOST
EINE PUBLIKATION VON SMART MEDIA
LUXUSSTULLEN
EIN SPRINGENDER HIRSCH
Seit dieser Rebensaft vor 40 Jahren in Paris obsiegte, steht
Kalifornien auf der Weltkarte der großen Weine.
ENERGIE & UMWELT
E-MOBILITY
Grüner unterwegs
INDUSTRIE 4.0
Das Internet der Dinge
INTELLIGENT SPAREN
Dank Energiemanagement
BROT UND BIER
1 Lachsbrot, 1 Krabbenbrot, 2 Bier, 1 offener Weißwein, für 2 Personen: ca. 65 €.
Brot und Bier, Gurtstig 1, Keitum/Sylt.
TRÜFFEL UND BORDEAUX
Ceviche vom Kabeljau, getrüffelte Poularde aus dem Ofen, Wasser, 1 Flasche
Château d’Issan, 1995, für 2 Personen:
ca. 305 €. Franz Keller Schwarzer Adler,
Badbergstr. 23, Vogtsburg-Oberbergen.
Die Kellers in ihrem „Schwarzen Adler“
kochen französisch in der Ersten Liga.
Gegessen wird, was es anderswo nur sel­
ten und selten so gut gibt: Hochrippe vom
Schwarzwälder Fleckvieh oder Steinbutt
aus Wildfang. Der Blick in die Weinkarte
macht schwindelig: über 2.600 Positio­
nen, darunter alle wichtigen Bordeaux.
FRED BAADER gehörte zu den
großen Figuren der deutschen
Werbewirtschaft. 2013
veröffentlichte der Hamburger
sein erstes Kochbuch.
84
S
tag’s Leap Cabernet Sauvignon“
– ein Wein, der Geschichte ge­
schrieben hat. Und was für eine!
Vor 40 Jahren, am 24. Mai 1976,
hatte der junge Engländer Steven Spur­
rier, Weinhändler und Journalist in Pa­
ris, die renommiertesten Weinfachleute
der Grande Nation zu einer verdeckten
Probe in ein Hotel an der Place Vendôme
geladen.
Aufgabe der illustren Runde: ruhm­
reichste französische Spitzenweine einem
Vergleichstest mit einer Auswahl weithin
unbekannter Kreszenzen aus Kalifornien
zu unterziehen. Und zwar „blind“.
Leichtes Spiel, mag sich die promi­
nente Tasting Equipe gedacht haben,
deren abschätziges Urteil über die zu
erwartenden prolligen Fruchtbomben
schon gefällt war, bevor die sich über­
haupt mit der Eleganz, der Finesse und
dem unbeschreiblichen Wohlgeschmack
der triumphalen Weine aus Bordelais
und Bourgogne hatten messen dürfen.
Aber – es kam ganz anders.
Als die Identität der verkosteten Fla­
schen gelüftet wurde, erstarrte die Runde.
Dann kam es zu Tumulten: Gesiegt hatte
im Judgement of Paris auf ganzer Linie
2012 STAG’S LEAP CABERNET
SAUVIGNON CASK 23
Um 230 Euro, u.a. bei Hawesko
Kalifornien. Siegerwein: „1973 Stag’s Leap
Cabernet Sauvignon“, der allererste Jahr­
gang einer von dem Weinmacher Warren
Winiarski gerade neu belebten Winery am
Silverado Trail im Napa Valley. Kaliforni­
sche Weine standen von nun an auf der
Weltkarte der großen Weine, und Stag’s
Leap blieb einer ihrer Stars bis heute.
Den Liebhabern generöser Rotweine,
deren wunderbar würzige Üppigkeit von
feinsten Tanninen so elegant balanciert
werden, dass sie nie satt machen, sei da­
rum der prächtigste der Stag’s­Leap­Wei
­
­Wei
­
ne ans Herz und den Gaumen gelegt:
„2012 Stag’s Leap Cabernet Sauvignon
Cask 23“, ein Wein, der die Noblesse des
Bordelais mit der Urkraft kalifornischer
Sonnenfrucht perfekt verbindet.
THOMAS SCHRÖDER war viele
Jahre Chefredakteur des „FAZ
Magazins“. Heute leitet er „Fine
– Das Weinmagazin“. Er gilt als
bester Weinkenner des Landes.
Interview
FOTOS: SHUTTERSTOCK, FRANZ-KELLER.DE / ILLUSTRATIONEN: ALEXANDRA COMPAIN-TISSIER FÜR BILANZ
Die Jagd auf Sterne und ihr Erhalt ist für
manchen Spitzenkoch zu unwirtschaft­
lich geworden. Alexandro Pape hatte den
Mut und tauschte seine zwei Sterne und
das Munkmarscher „Fährhaus“ gegen
eine Sylter Kneipe, in der es nichts gibt
als: Brot und Bier. Z. B . gebeizter Lachs
auf Kartoffelbrot mit Gurkenrelish und
Saiblingskaviar. Luxuriöse Stullen!
OKTOBER 2016
STEFAN SCHULZE-HAUSMANN
Der Initiator des Deutschen Nachhaltigkeitspreises
über das Umdenken in der Wirtschaft.
REAL LIFE.
REAL STORIES.
REAL IMPACT.
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GETFLOWBOX.COM
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Editorial 3
Lesen Sie mehr...
Nachhaltiges Bauen auf dem Vormarsch
Publireportage
Energieeffizientes
Delitzsch
Der demografische Wandel ist eine bundesdeut-
lichen Bedürfnisstruktur und Lebensstile zu mehr
Jury zum deutschen Nachhaltigkeitspreis würdigte
sche Herausforderung. Auch aus der Region
Energieeffizienz und Klimakultur motivieren.
dieses Engagement mit einer Nominierung in der
Delitzsch wandern junge Menschen ab, da es
Kategorie «Deutschlands nachhaltigste Städte
nicht genügend Arbeitsstellen mit tarifgerechtarifgerech
Der Stadt Delitzsch mit ihren ca. 25.000 EinwohEinwoh
mittlerer Größe 2015». Und auch im Jahr 2016 ist
ter Bezahlung für Gutqualifizierte gibt. Ebenso
nern gelingt es auf individuelle Weise, den großen
Delitzsch wieder in dieser Kategorie nominiert.
klagen Unternehmensinhaber über Überalterung
Herausforderungen mit einer aktiven Nachhaltig-
Durch einen effizienten Umgang mit Energie und
und Fachkräftemangel. Die Stadt Leipzig und die
keitspolitik zu begegnen. Dabei setzt die sächsische
Ressourcen sowie durch den verstärkten Einsatz
Industriestandorte im Norden sind Chance und
Stadt deutliche Schwerpunkte in den Bereichen
erneuerbarer Energien will die Stadt einen Bei-
Herausforderung gleichermaßen. Zum einen
Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Delitzsch
trag zu einer nachhaltigen Energiepolitik, zum
benötigen die dort angesiedelten Unternehmen
hat sich zum Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß bis
Klimaschutz und somit zu einer zukunftsverträg-
zahlreiche Fachkräfte, die der Wirtschaft dann hier
2020 um mindestens 75 % zu senken, womit der
lichen Entwicklung der Gesellschaft leisten.
vor Ort fehlen. Zum Anderen suchen junge Familien
Bundesdurchschnitt und die bundespolitischen
neuen Wohnraum, den sie auch in Delitzsch auf
Ziele weit übertroffen werden. Dass das Erreichen
Die Stadt Delitzsch stellt sich damit insgesamt
Grund der räumlichen Nähe zu Leipzig finden.
dieser Zielsetzung möglich ist, beweist die bishe-
sehr aktiv der Aufgabe, die Energiewende und
rige Bilanz der Stadt: Von 1990 bis 2007 kann sie
den Klimaschutz lokal voranzubringen sowie zu
Delitzsch hatte bis 1990 durch die Bergbau- und
eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um bereits 60 %
erproben, und dies bei einer zugleich herausfor-
Chemieindustrie mit starker Umweltverschmut-
nachweisen. Eine zentrale Maßnahme ist der Einsatz
dernden demografischen und finanziellen Lage.
zung zu kämpfen. Die Bewältigung der Folgen des
erneuerbarer Energien. So wird heute im Stadtgebiet
Bergbaus, die Altlasten der industriellen Nutzungen
mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt als
Große Kreisstadt Delitzsch
und die Pflege und Instandhaltung der Altbausub-
insgesamt verbraucht wird. Eine höhere Energieeffi-
Markt 3, 04509 Delitzsch
stanz im Wohnbestand sind Herausforderungen
zienz konnte bei mehreren kommunalen Gebäuden
Telefon: +49 (0)34202 67-0
für die Stadt. Gleichzeitig hat sich Delitzsch das
durch Einsparungen von bis zu 30 % erzielt werden.
[email protected], www.delitzsch.de
Ziel gesetzt, in den Bereichen Energieeffizienz und
Diese nachweisbaren Erfolge, die auch durch eine
www.facebook.com/energieeffizientesDelitzsch
Ressourcenschutz eine bundesweite Führungs-
überzeugende Einbindung der Bürger ermöglicht
rolle einzunehmen. Das Engagement in diesen
wurden, brachten der Stadt als eine von fünf Kom-
Bereichen wurde bereits durch verschiedene
munen den Gewinn des BMBF-Bundesausscheids
Wettbewerbe ausgezeichnet. Mit der finanziellen
«Wettbewerb Energieeffiziente Stadt». Zudem wurde
Unterstützung durch den Bundeswettbewerb
Delitzsch als erste Stadt Sachsens mit der Aus-
«Energieeffiziente Stadt» des Bundesministeriums
zeichnung «European Energy Award» Gold geehrt.
Nachhaltiges Bauen
erlebt seit einigen Jahren
in Deutschland, aber auch
international, eine Hochkonjunktur. Nicht erst seit
der Weltklimakonferenz
2015 in Paris sollte uns
allen bewusst sein, dass wir
dringend etwas ändern und
aktiv mehr Verantwortung
übernehmen müssen, wenn
es uns ernst ist mit den
Klimaschutzzielen. Das gilt
gerade für den Bau- und
Immobiliensektor, der für
einen enormen Teil des globalen CO2-Ausstoßes und
des Ressourcenverbrauchs
verantwortlich zeichnet.
Deutschland zählt
zu den Pionieren beim
nachhaltigen Bauen – eine
Erfolgsgeschichte, die eng
verknüpft ist mit dem Namen DGNB. Als Non-Profit-Organisation, die mehr
als 1.200 Mitgliedsorganisationen aus der gesamten
Bau- und Immobilienwirtschaft vereint, ist es seit der
für Bildung und Forschung (BMBF) und durch den
«European Energy Award» in Gold beispielswei-
Die Stadt Delitzsch zeigt erfolgreich und auf kreative
se erzeugt die Stadt eine Vorbildwirkung für die
Art und Weise, dass große kommunale Herausfor-
Oberbürgermeister
Bürger und möchte sie gemäß ihrer unterschied-
derungen als Chancen genutzt werden können. Die
Dr. Manfred Wilde
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Gründung im Jahr 2007 das
Ziel, nachhaltiges Bauen
zu fördern – mit Hilfe der
DGNB Zertifizierung, der
Ausbildung von Experten
für nachhaltiges Bauen
und vielem mehr. Mehr als
1.200 zertifizierte Gebäude
und Quartiere sowie über
2.500 qualifizierte Experten
sprechen für sich.
Eine Idee, die von
Beginn an das DGNB
Verständnis vom nachhaltigen Bauen geprägt hat und
heute zunehmend Gehör
und Anwendung findet, ist
das Konzept der Lebenszykluskostenbetrachtung.
Beim Ressourcenverbrauch
und dem Ausstoß klimaschädlicher Gase benötigen wir ganzheitlichere
Betrachtungsweisen, um
eine Messbarkeit zu erhalten
und gleichzeitig Anreize
für eine kontinuierliche
Verbesserung zu schaffen.
Die Ökobilanzierung ist hier
ein Werkzeug, das bei der
Rohstoffgewinnung ansetzt
und sämtliche Phasen im
Lebenszyklus des Gebäudes
und der darin verbauten
Produkte betrachtet.
Wenn wir Nachhaltigkeit
ernst nehmen wollen, reicht
es zudem nicht, allein die
Kosten, die in der Planungsund Bauphase eines Gebäudes anfallen, zu betrachten.
Das greift zu kurz. Aufgabe
ist es, Gebäudekonstruktionen so zu planen und umzusetzen, dass die sukzessive
anfallenden Kosten für
Reinigung, Modernisierung
und Instandhaltung mit
entsprechender Vorausschau
minimiert werden.
Ein Umdenken hin zum
nachhaltigen Bauen hat
eingesetzt. Jetzt gilt es die
Aktivitäten in die richtigen
Bahnen zu lenken und
Maßnahmen anzustoßen,
die mehr bewirken können.
Der Weg dahin geht nur
über eine integralere
Planung, einen frühzeitigen
Dialog zwischen den am
Bau Beteiligten und, damit
verbunden, ein besseres Verständnis für die Notwendigkeiten jedes einzelnen. Dies
endet nicht beim Neubau,
sondern umfasst auch den
Gebäudebestand sowie dessen Betrieb. Hier sind große
Hebel, um mehr in Richtung
Klimaschutz zu bewegen.
04 Internet der Dinge
05 Brandreport: 3M
06 Energiemanagement
08 Industrie im Wandel
10
Interview:
Stefan Schulze-Hausmann
12
Smart Metering
14
E-Mobilität
16
Brandreport: Beegy
17
Gebäudemanagement
18
Smart Home
Viel Spass
beim Lesen!
Davide Ingrosso
Projektleiter
FOKUS ENERGIE & UMWELT
Projektleiter
Davide Ingrosso
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Country Manager
Jeroen Minnee
Titelbild
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Text
SMA
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Smart Media Agency AG
Distributionskanal
BILANZ, Oktober 2016
Impression
Weiss-Druck GmbH & Co. KG, Monschau
Prof. Alexander Rudolphi
Smart Media Agency AG
Gerbergasse 5, 8001 Zurich, Suisse
Präsident Deutsche Gesellschaft
Tel.
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für Nachhaltiges Bauen –
DGNB e.V.
E-Mail
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Web
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4 Internet of Things
3M Brandreport 5
eMobilität – die Technologie ist fortgeschrittener als es scheint
Hybrid und elektrisch angetriebene Fahrzeuge
sind international weiter auf dem Vormarsch; vor
allem im Oberklassenbereich. Doch in Deutschland lässt der Durchbruch noch auf sich warten.
TEXT SMA
Das Internet der Dinge – was verändert sich?
Geht es um Umwelt und Nachhaltigkeit, ist schnell die Rede von
Ressourcenknappheit, Mobilität und der Nutzung alternativer
Energien. Eine andere technologische Entwicklung geht in dieser
Diskussion gerne vergessen, obschon sie die Gesellschaft bereits
völlig umgekrempelt hat: das Internet. Und dieses verlässt nun
den Bildschirm, um jeden Aspekt unseres Lebens zu verändern.
TEXT MATTHIAS MEHL
In den vergangenen 15 Jahren hat
das Internet unsere Lebensweise
drastisch beeinflusst. Insbesondere
die Medienbranche, der Detailhandel und der Finanzsektor wurden
durch diese Technologie komplett
umgestaltet. Doch das ist erst der
Anfang: Das «Internet der Dinge» (IDD) wird in den kommenden zehn Jahren Landwirtschaft,
Industrie, Transportwesen sowie
jeden anderen wichtigen Wirtschaftssektor revolutionieren. Zu
diesem Schluss kommen Experten des World Economic Forum
(WEF) und des Technologieunternehmens Accenture in ihrem
gemeinsam erarbeiteten Bericht
«Industrial Internet of Things: Unleashing the Potential of Connected Products and Services». Und
diese Entwicklung wird ihrerseits
entscheidenden Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft haben. Aber
der Reihe nach.
WAS IST DAS INTERNET
DER DINGE?
Heute ist das Internet selber Gegenstand unserer Aufmerksamkeit. Wir
nutzen es am Heimcomputer und tragen es dank Smartphone und Tablet
ständig mit uns herum. Künftig wird
das Internet aber in unseren Alltag unterstützend eingebunden – weil immer
mehr Alltagsgegenstände online und
vernetzt sein werden. Schritte in diese
Richtung haben wir bereits unternommen: Ein gutes Beispiel sind moderne
Pulsmesser, die während des Sports
Daten über unseren Körper sammeln,
diese auf eine Cloud laden, synchronisieren und dann unsere Leistungen
auswerten. Auch die Industrie bewegt
sich in diese Richtung: Unter dem Begriff «Industrie 4.0» geht es darum,
industrielle Maschinen miteinander
zu vernetzen. Dadurch wird – vereinfacht gesagt– nicht nur die einzelne Maschine smarter, sondern ganze
Fertigungsabläufe effizienter. Hierbei
spricht man auch vom «Industriellen
Internet der Dinge».
Nun haben die Experten von WEF
und Accenture diese Entwicklung genauer beleuchtet. Zu welchen Schlüssen sind sie gelangt? Gleich vorweg:
Es gibt viel Positives zu vermelden.
So werde die «Zusammenarbeit von
Mensch und Maschine einen bisher
nie dagewesenen Grad an Arbeitseffizienz nach sich ziehen», heißt es
im Bericht. Dadurch wird die Gesellschaft als Ganzes nachhaltiger. Nachhaltiger in diesem Kontext bedeutet
meistens, dass Produkte mit weniger
Materialien oder Energie hergestellt
werden können. Möglich wird diese
Optimierung im Produktionsprozess
durch bessere Abstimmung zwischen
einzelnen Produktionsstufen. Und da
die zu erwartende «individualisierte
Produktion» in Zukunft zunehmen
wird, ist auch die Wahrscheinlichkeit
geringer, dass Abfall und Restmengen anfallen.
ES ENDET NICHT IN DER FABRIK
Darüber hinaus gebe aber noch den
Aspekt, dass das Internet der Dinge
auch neue Möglichkeiten für die Kreislaufwirtschaft – die Circular Economy
– bietet. Damit kommt es nicht nur
während des Produktionsprozesses
zum Tragen, also in der Fabrik, sondern auch dann, wenn das Produkt
bereits beim Nutzer/Endverbraucher
ist. Was das in der Praxis bedeutet?
Zum Beispiel, dass sich der Lebenszyklus von Produkten verlängert.
Durch Remanufacturing, Reparatur,
Upgrading und Weiterverkauf, (z.B.
Google Project Ara, ein modulares
Smartphone), werden Produkte länger genutzt, weil sie erweiterbar sind
und sich ändernden Bedürfnissen
stetig anpassen lassen. Mit dem Ergebnis, dass im gleichen Zeitraum
künftig weniger Geräte entsorgt werden müssen.
ALLES EITEL SONNENSCHEIN?
Die Entwicklung hin zum Internet
der Dinge wird aber nicht gänzlich
reibungslos verlaufen, darin sind
sich Experten einig. Denn obwohl sie
Umweltbelastungen verringern wird,
stellt sich bei einer zunehmenden
Vernetzung auch immer die Frage
nach der Datensicherheit und der
Privatsphäre. Sind künftig ganze Industriezweige miteinander vernetzt,
nimmt auch der potenzielle Schaden
durch Cyber-Angriffe zu. Eine Herausforderung, die Privatpersonen,
Unternehmen und auch Regierungen
beschäftigen wird.
Fahrspaß und Leistung werden bei Elektro- und Hybridautos, neben dem Aspekt
der Umweltfreundlichkeit,
zunehmend wichtiger. Das
ließ sich im Laufe des Jahres
auf verschiedenen Automessen feststellen, beispielsweise
in Detroit, USA, beim Genfer Autosalon in der Schweiz
oder aktuell beim Pariser
Autosalon in Frankreich. In
Deutschland zeichnet sich
jedoch – zumindest auf den
Straßen – ein anderes Bild.
Seit Anfang des Jahres
wurden in Deutschland,
nach Angaben des Center of
Automotive Management,
bis Ende August lediglich
rund 14.000 Elektrofahrzeuge und Hybridautos gekauft.
Das ist ein Plus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die Zahl der Elektroautos
ist sogar rückläufig gewesen.
Der Marktanteil der Stromer
liegt in Deutschland unter
einem Prozent. Zum Vergleich: In den USA ist 2016
die Zahl der Elektro- und
Hybridfahrzeuge bis Ende
August um 30 Prozent gestiegen; in China sogar um
mehr als das Doppelte. Innerhalb Europas ist Norwegen mit einem Plus von 37
Prozent Spitzenreiter beim
Kauf von Elektro- und Hybridfahrzeugen.
Die in diesem Jahr von
der Bundesregierung initiierte Kaufprämie für Elektround Hybridautos ist somit
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bislang nahezu wirkungslos
geblieben. Staat und Industrie gewähren Käufern eines
Elektrautos einen Zuschuss
von 4.000 Euro. Bei einem
Hybridauto sind es 3.000
Euro, sofern mindestens
30 Kilometer elektrische
Reichweite möglich sind. So
mancher Experte wirft der
deutschen Autoindustrie vor,
den Trend zum Elektroauto
verschlafen zu haben.
DEUTSCHE HERSTELLER
BEI HYBRIDAUTOS
FÜHREND
Hier gilt es zu differenzieren.
Denn die eMobilitäts-Technologie ist weiter als es
scheint. Bei Hybridautos, die
mit einem Verbrennungsund einem Elektromotor fahren, sind deutsche Hersteller
sogar führend. Egal ob Audi,
BMW, Mercedes-Benz, Porsche oder Volkswagen – sie
alle haben die so genannten
Plug-In-Fahrzeuge im Programm. Alternativen bei ausländischen Herstellern sind
bei Volvo und Mitsubishi zu
finden; Kia und Hyundai investieren derzeit ebenfalls in
dieses Segment.
Fakt ist aber auch, dass
Hersteller vor der Herausforderung stehen – ob bei hybrid
oder elektrisch angetriebenen
Fahrzeugen, – dass die Reichweite der Autos von der Speicherfähigkeit der Autobatterie abhängt und diese noch
sehr begrenzt ist. Derzeit
Neue Batterietechnologie von 3M ermöglicht Reichweitensteigerung
von hybrid oder elektrisch angetriebenen Autos. © Getty/Martin Pickard/3M
arbeiten sämtliche großen Fahrzeughersteller mit
Hochdruck an neuen Elektromobilitäts-Lösungen. Viele Autofirmen und Zulieferer
nutzen dabei die LithiumIonen-Technik. Probleme
sind bislang die geringe
Reichweite sowie die niedrige Lebensdauer und die
hohen Kosten für E-Mobilitäts-Batterien.
BATTERIESYSTEM MIT
EINER REICHWEITE VON
ÜBER 400 KILOMETERN
Doch auch hier gibt es vielversprechende Neuentwicklungen. So hat beispielsweise das österreichische
Familien-Start-Up Kreisel
Electric ein innovatives
Batteriesystem entwickelt,
dessen Akkupack mit einer
Lebensdauer von 400.000
Kilometern
beeindruckt.
Gleichzeitig handelt es sich
hierbei um die leichteste
Batterie mit der höchsten
Energiedichte und dem
besten
Leistungsvolumen
am Markt. Ermöglicht wird
das Konzept durch ein innovatives Temperaturmanagement, wodurch sich das
Akkupack innerhalb von
28 Minuten voll aufladen lässt
und so eine Reichweite von
über 400 Kilometern erreicht.
Kreisel Electric setzt
hierbei auf eine Flüssigkeit
namens Novec des Multitechnologiekonzerns
3M.
Das Besondere an dieser ist,
dass sie wie Wasser kühlt,
jedoch keinen Strom leitet.
Auch besteht keine Korrosionsgefahr. Die Zellen der
Kreisel
Electric-Batterie
werden somit direkt von der
Flüssigkeit umströmt und
– je nach Bedarf – gekühlt
oder geheizt. Eingebaut in einen eGolf erhöht die Batterie
die Kapazität des Fahrzeuges
bei identischem Bauraum
und identischem Gewicht
auf 55,7 Kilowattstunden.
Damit verbessert sich die
Reichweite des Elektroautos
von 190 Kilometer auf über
430 Kilometer.
Ebenfalls von 3M stammt ein
neuartiges Material, mit dem
sich die Speicherkapazität
von Lithium-Ionen-Batterien für hybrid und elektrisch
angetriebene Autos um bis
zu 30 Prozent steigern lässt.
Die marktreife Technologie
ermöglicht eine deutliche
Steigerung der Reichweite
dieser Fahrzeuge.
Welche Lösungen sich
am Ende durchsetzen, bleibt
derzeit offen. Nach Ansicht
der Experten von 3M wird es
jedoch bis mindestens 2020
dauern, bis die deutschen Autohersteller neue Technologien ausreichend getestet und in
ihre Serienproduktion übernommen haben. Dafür wird
E-Mobilität dann nicht mehr
allein – wie bisher – überwiegend im Premiumbereich den
Durchbruch erfahren, sondern auch im Massensegment.
Über 3M
Im Automobilsektor gehört der Multitechnologiekonzern seit Jahren zu den führenden Anbietern von
Klebstofflösungen. Im Bereich E-Mobility bietet 3M
leistungsstarke Batteriechemikalien sowie Produkte
für den Batteriezusammenbau und für die Isolation.
Dazu gehören doppelseitige Klebebänder, so genannte
Spacer-Platten und Wärmeleitfolien. Alle TOP 5 Elektroautos am Markt enthalten Komponenten von 3M.
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6 Energiemanagement
Wenn Energie sparen professionell wird
Energiemanagement schont
nicht nur die Umwelt, sondern
auch den Geldbeutel eines Unternehmens. Zudem gewährt
der Bund Firmen, die ein Energiemanagementsystem einführen, Zuschüsse. Energie sparen
beginnt im Kleinen und kann
mit einfachen Regeln in den
Arbeitsalltag integriert werden.
TEXT EVELINE ANGEHRN
Beim Energiemanagement werden
Beschaffung, Umwandlung, Verteilung und Nutzung von Energie in
einem Unternehmen koordiniert.
Ziel des Energiemanagements ist es,
den Energieverbrauch und die damit verbundene Umweltbelastung zu
senken. Trotzdem soll das Unternehmen aber fortlaufend mit genügend
Energie versorgt werden, um das
Produktionsniveau gleich hoch zu
halten. Nicht nur auf die Umwelt hat
effizientes Energiemanagement positive Auswirkungen, sondern auch auf
die Finanzen eines Unternehmens.
FÖRDERUNG DURCH DEN BUND
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt Unternehmen finanziell, die ein umfas-
sendes Energiemanagement-System
in ihrem Betrieb einführen möchten.
Die Zuschüsse werden für die Erstzertifizierung eines Energiemanagementsystems, für externe Beratungen und Schulungen und für den
Kauf von Messtechnik und Software
gewährt. Ansporn genug also für ein
Firmen, sich mit Energiemanagement auseinanderzusetzen. Nicht jeder Betrieb kann sich einen professionellen Energiemanager leisten, aber
jedes Unternehmen kann bewusster
auf seinen Energieverbrauch achten.
an richtig investiert, erspart sich
so manche böse Überraschung am
Ende des Jahres.
EIN LICHT GEHT AUF
Je nachdem, um welche Art von
Unternehmen es sich handelt, sind
Einsparungen an unterschiedlichen
Stellen möglich. Wie vielen bekannt
sein dürfte, sind TV-, Audio- und
Kühlgeräte richtige Stromfresser.
Dabei könnte man sich den Ärger einer hohen Stromkostenabrechnung
sparen – nämlich indem man die
richtigen Geräte kauft. Elektrogeräte und Leuchtmittel werden in die
EU-Energieeffizienzklaßen
A+++
bis G eingeteilt, wobei A+++ den
kleinst möglichen Energieverbrauch
bedeutet. Wer sein Geld von Anfang
WENIGER ENERGIE BEI DER ARBEIT – EINE EINFÜHRUNG
Ab dreißig Minuten Pause lohnt es
sich den Computer auszuschalten
oder ihn, wenn möglich, ganz vom
Netz zu nehmen – geschaltete Steckdosen erleichtern dieses Prozedere.
Falls man im Büro zu Mittag isst,
ist es sinnvoll das Geschirr nicht
von Hand zu spülen, sondern diese Aufgabe dem Geschirrspüler zu
überlassen. Diese spart viel mehr
Energie, als wenn man von Hand
abwaschen würde, aber natürlich
nur, wenn sich über den Tag noch
mehr Geschirr ansammelt.
Wer sein Geld von
Anfang an richtig
investiert, erspart
sich so manche
böse Überraschung
am Ende des Jahres.
Eine weitere Variante sind Energiesparlampen am Arbeitsplatz.
Heutzutage gibt es für jedes Beleuchtungsbedürfnis die passende,
umweltfreundliche
Beleuchtung.
Solche Lampen lohnen sich jedoch
nur dann, wenn sie länger als eine
halbe Stunde pro Tag in Betrieb sind.
Zudem sollte man unnötige Beleuchtung ausschalten, beispielsweise in
Fluren, der Küche oder der Toilette.
NICHT UMSONST HEIZEN
Mit den sinkenden Temperaturen
steigen die Heizkosten, aber auch hier
lässt sich Geld sparen – beispielsweise
mit der richtigen Belüftungstechnik:
So ist es besser, wenn man mehrmals
am Tag stoßlüftet, statt die Fenster
dauerhaft gekippt zu lassen, denn das
kühlt die Wände zu stark aus. Unbedingt darauf achten, dass alle Türen
während der Heizperiode geschlossen
bleiben, damit nicht unnötig Wärme
entweicht. Energie kann aber noch an
anderen Stellen gespart werden, wie
zum Beispiel der Firmenflotte. Wer
sich im Bereich Energiemanagement
professionell beraten lässt, bekommt
ein maßgeschneidertes Konzept für
die Energiereduktion.
Mit beegySOLAR + BATTERIE
Strom produzieren. Strom speichern. Unabhängig sein.
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8 Industrie
Industrie 9
Wie wird sich die Industrie verändern?
Das Jahr 2050 soll das
Stichjahr in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz
in Deutschland werden. Bis
dahin nämlich will die Bundesregierung das Ziel einer
weitgehenden Treibhausgasneutralität erreichen. Dies
wird Auswirkungen auf die
Industrie und die Wirtschaft als
Ganzes haben. Wir zeigen auf,
was die Regierung anstrebt.
TEXT SMA
Es sind ambitionierte Ziele, die sich
Europa gesteckt hat: So sollen bis
ins Jahr 2050 die Emissionen von
Treibhausgasen um 80 bis 95 Prozent
vermindert werden. Dies sind die
Richtlinien der EU. Wie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
(BMUB) in ihrem kürzlich vorgelegten Entwurf des «Klimaschutzplans
2050» aber festhält, müssen europäische Industriestaaten wie Deutschland das Ziel der Treibhausgasneutralität schon frühzeitig erreichen.
Die Deutsche Klimaschutzpolitik
orientiere sich deshalb am Leitbild
einer «weitgehenden Treibhausgasneutralität» bis 2050. Der Klimaschutzplan ist ein wichtiges Mittel
zur Erreichung dieser Zielsetzung,
denn er fasst die diversen Handlungsfelder zusammen und formuliert konkrete Maßnahmen, mit denen die Klimaziele erreicht werden
sollen. Kurzum: Es handelt sich um
den Fahrplan Deutschlands hin zu
einer nachhaltigeren Gesellschaft.
Aus Platzgründen konzentrieren
wir uns im Rahmen dieses Textes auf
die Handlungsfelder Wirtschaft und
Industrie, die im Entwurf des Klimaschutzplans verankert sind. Den gesamten Entwurf finden Interessierte
auf der Website des BMUB, unter
www.bmub.bund.de. Den Maßnahmen zum Klimaschutz in der Mobilität haben wir auf den Seiten 14 und
15 dieser Ausgabe einen eigenen Artikel gewidmet. Die nachfolgenden
Ansätze, Konzepte und Maßnahmen
entstammen direkt dem Entwurf des
Klimaschutzplans 2050 (Auszüge).
DIE INDUSTRIE IM WANDEL
Der Sektor Industrie war gemäss
BMUB im Jahr 2014 mit 181 Mio.
Tonnen an CO2 der zweitgrößte
Treibhausgasemittent in Deutschland und hat damit einen Anteil von rund 20 Prozent an den
Treibhausgasemissionen des Landes. Aufgrund seines hohen Fremdstrombezugs ist der Sektor ebenso
ein wichtiges Handlungsfeld für
die Reduktion der Emissionen der
Energiewirtschaft. Die direkten
Emissionen des Sektors haben sich
ggü. 1990 um 36 Prozent verringert.
Die prozessbedingten Emissionen
der Industrie haben sich seit 1990
um knapp 27 Prozent verringert.
Das Ziel der Treibhausgasneutralität erfordert laut BMUB einen
langfristig angelegten grundlegenden Wandel. Im Mittelpunkt steht
dabei Klimaschutz als Treiber für
Effizienz und Innovation und damit
für eine Modernisierungsstrategie, die die Industrie zukunftsfähig
macht. Für diesen notwendigen
grundlegenden Wandel kann die
deutsche Wirtschaft auf die
spezifischen Stärken des
Standorts setzen: Die deutsche Wirtschaft ist stark bei
Forschung und Innovation,
dabei sind universitäre und
angewandte Forschung sowie die Industrieforschung
und innovationsstarke Unternehmen stark vernetzt.
Deutschland verfügt darüber hinaus über gute Infrastrukturen, ein hohes Ausbildungsniveau sowie einen
stabilen Arbeitsmarkt.
Diese Standortwfaktoren sind Wettbewerbsvorteile auf internationalen
Märkten, wenn es darum
geht, von der Transformation
volkswirtschaftlich
zu profitieren und die entsprechenden Technologien
zur Anwendung zu bringen. Mit seiner Strategie
für die Modernisierung der
Volkswirtschaft, den darin
gesetzten richtigen politischen Rahmenbedingungen
und einer den Strukturwandel unterstützenden aktiven
Regional- und Strukturpolitik kann es laut Ansicht des
BMUB der Industrie gelingen, sich frühzeitig auf diesen Transformationsprozess
einzustellen.
WAS MUSS KONKRET
GETAN WERDEN?
Ein Handlungsfeld sieht das
BMUB in der Verlängerung
der Nutzungsdauer von Produkten und Vermeidung
von Abfällen. Denn eine
lange Nutzung von Produkten führt in aller Regel zu
erheblichen Vorteilen für
Umwelt- und Klimaschutz
und schont die natürlichen
Ressourcen. Derzeit ist bei
einigen
Produktgruppen
(z.B. Elektro- und Elektronik-
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geräten) eine Verkürzung der
Konsumzyklen zu beobachten. Ziel der Maßnahme ist
es daher, die Nutzungsdauer
relevanter
Produktgruppen, z.B. im Rahmen der
EU-Ökodesignrichtlinie zu
verlängern.
Dies geht Hand in Hand
mit dem Forschungs-, Entwicklungs- und Markteinführungsprogramm
zur
Minderung industrieller Prozessemissionen. Die Bundesregierung wird gemeinsam
mit der Industrie ein auf die
Minderung klimawirksamer industrieller Prozessemissionen ausgerichtetes,
nach
Branchenspezifik
ausgestaltetes Forschungsund
Entwicklungsprogramm auflegen, das sich
am Ziel der Transformation hin zur Treibhausgasneutralität orientiert. Dabei
wird auch die Option der
industriellen KreislauffühKreislauffüh
rung von Kohlenstoff (z.B.
CCU)
berücksichtigt.
Zur Ausgestaltung des
Forschungs- und
EntwicklungsproEntwicklungspro
gramms wird
die BundesreBundesre
gierung bebe
reits in Kürze
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mit den betrof
betroffenen IndustriIndustri
en starten. Darauf
aufbauend wird
die Markteinführung
ausgereifter TechnoloTechnolo
gien unterstützt.
KEINE ABWÄRME
VERSCHWENDEN
Knapp 70 Prozent des EndeEnde
nergiebedarfs der Industrie
entfällt derzeit auf Brennstoffe.
Dementsprechend
hoch sind die anfallenden
Wärme-und damit auch Abwärmemengen. Diese Abwärmemengen sollen künftig
konsequent und strategisch,
sowohl in der Industrie als
auch in Wohngebieten, genutzt werden. Alle Nutzungsoptionen werden dabei in
Betracht gezogen, inklusive
der Verstromung und Auskopplung in Nah- und Fernwärmenetze. Dabei wird auf
bestehenden Programmen
und Maßnahmen aufgesetzt.
TECHNOLOGISCHE
TRANSFORMATION IN
DER INDUSTRIE
Auch in Zukunft soll
Deutschland Industriestandort bleiben und industrielle
Fertigung in Deutschland
stattfinden. Um die
Machbarkeit des Modernisierungspfades an praktischen
Beispielen frühzeitig modellhaft zu erproben und zu verdeutlichen, wird die Bundesregierung Förderprogramme
auflegen, welche insbesondere energieintensive Branchen
und Unternehmen befähigen
soll, neue Technologien zur
Minderung des Ressourcenund Energiebedarfs in der
Produktion zu erforschen
und anzuwenden.
Eine wichtige Rolle spielen Klimareportings von
Unternehmen. Dank internationaler und europäischer
Initiativen wiebeispielsweise dem Carbon Disclosure
Project (CDP) gibt es bereits
umfassende Systeme für das
Klimareporting für Unternehmen auf freiwilliger Basis.
Ein systematisches Klimareporting stellt Klimatransparenz sowohl in
Knapp 70
Prozent des
EndenergiebeEndenergiebe
darfs der IndusIndus
trie entfällt auf
Brennstoffe.
Bezug auf die Emissionen
als auch auf die strategische
Ausrichtung und zukünftige
Investitionen der Unternehmen sicher und kann sowohl
für Investoren als auch für
Verbraucher, aber auch für
die Unternehmen selbst,
eine wichtige Informationsquelle für ihre Entscheidungen sein. Es kann mit
geringem Mehraufwand auf
bestehende Berichtspflichten
und -formate aufbauen und
damit helfen, Risiken
und Kosten zu
vermeiden.
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EINE PUBLIKATION VON SMART MEDIA
10 Interview Stefan Schulze-Hausmann
Stefan Schulze-Hausmann Interview 11
«Die Veränderung passiert
in kleinen Schritten»
Die Problemstellungen in Bezug auf Klimawandel,
Ressourcenknappheit und soziale Missstände
sind offensichtlich. Die Firmen haben die wirtschaftliche
Macht und somit auch Verantwortung.
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wird seit 2008 jedes Jahr im November verliehen. Der Preis zeichnet Unternehmen, Kommunen und Forschungseinrichtungen für nachhaltiges Wirtschaften aus. Dahinter steht
die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. Initiator des DNP ist der
Wissenschaftsjournalist und Rechtsanwalt Stefan Schulze-Hausmann.
INTERVIEW EVELINE ANGEHRN
Stefan Schulze-Hausmann, wie binden Sie das
Thema Nachhaltigkeit in
ihren Alltag ein?
Nachhaltigkeit ist im Privatleben wie auch in allen
anderen Bereichen nicht von
heute auf morgen umsetzbar.
Die Veränderung passiert in
kleinen Schritten – Essen,
Reisen, Wohnen und die Art,
wie wir leben. Genau diese
Schritte gehe ich, jeden Tag
ein Stück weiter.
Was veranlasste Sie dazu
den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2008 ins
Leben zu rufen?
Da ich viele Jahre lang den
Deutschen Umweltpreis und
die 3Sat-Sendung «Nano»
moderiert habe, sah ich die
zunehmende Bedeutung des
Themas und, dass es zwar
Umweltpreise gab, aber
keinen für Nachhaltigkeit.
Durch meine Arbeit kannte
ich wesentlich Akteure in
Wirtschaft und Politik, und
konnte so ein Netzwerk für
den Nachhaltigkeitspreis zusammenbringen.
Nachhaltigkeit
ist nicht von
heute auf mormor
gen umsetzbar.
Die Stiftung Deutscher
Nachhaltigkeitspreis e.V.
unterstützt karitative
Projekte, welche inländischen Projekte werden
derzeit unterstützt?
Die Mehrzahl der karitativen
Projekte, die wir fördern, befindet sich im Ausland. Im
vergangenen Jahr aber wurde Geld an die «Childhood
Foundation» von I.M. Königin Silvia von Schweden, gespendet. In zwei deutschen
Städten kümmert sich die
Stiftung um Kinder und Jugendliche, die auf der Flucht
nach Deutschland ihre Eltern verloren haben.
25. November in Düsseldorf
vergeben werden.
Für den Nachhaltigkeitspreis können sich
auch Städte und Kommunen bewerben. Wie
können diese für Nachhaltigkeit vor Ort sorgen?
Zum Beispiel im Hinblick auf
Mobilitätslösungen, die Müllentsorgung, der Elektrizitäts- oder Wasserversorgung
ist Nachhaltigkeit bereits
fester Bestandteil der Aufgaben einer Kommune. Auch
haben Städte das Potenzial,
Unternehmen auf dem Weg
zu nachhaltigem Wirtschaf
Wirtschaften zu unterstützen.
I.M. Königin Silvia von
Schweden, Bundesaußenminister a.D. Hans
Dietrich Genscher und
Singer-Songwriter
Art Garfunkel wurden
vergangenes Jahr für
ihre Verdienste mit dem
Ehrenpreis ausgezeichnet,
wer gehört dieses Jahr zu
den Ehrenpreisträgern?
Den Ehrenpreis erhält dieses
Jahr Ban Ki-moon, der Generalsekretär der Vereinten
Nationen. Überreicht wird
ihm die Auszeichnung im
Rahmen einer Sonderveranstaltung im Oktober, während alle anderen Preise am
Warum sollte man sich Ihrer Meinung nach auch als
kleines Unternehmen für
den Nachhaltigkeitspreis
bewerben?
Einerseits bekommen Unternehmen während des
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Bewerbungsprozesses
ein
gutes Selbstbild über die
Nachhaltigkeitsleistung, das
ihnen weiterhilft. Andererseits können sie sich so mit
Wettbewerbern messen und
den eigenen Reifegrad herausfinden. Die Nominierung
bringt zudem Öffentlichkeitsarbeit und falls man gewinnt, profitiert man vor allem durch Imagegewinn von
diesem Preis, nicht monetär
dotiert ist.
Was denken Sie ist der
Grund dafür, dass sich
immer mehr Unternehmen auf Nachhaltigkeit
besinnen?
Die Unternehmen haben
keine andere Wahl. Die Problemstellungen in Bezug
auf Klimawandel, Ressourcenknappheit und soziale
Missstände sind offensichtlich. Die Firmen haben die
wirtschaftliche Macht und
somit auch Verantwortung.
Ihnen sitzen richtigerweise
die Politik, die Kunden und
Nichtregierungsorganisationen im Nacken.
Was soll der Nachhaltigkeitspreis bewirken?
Der Nachhaltigkeitspreis ist –
wie der Markt – ein Wettbewerb. Unternehmen können
sich messen und gegenseitig
motivieren. Die Gewinner
erlangen zudem eine Vorreiterrolle, die im Idealfall andere zum Mitmachen inspiriert.
Was bedeutet eine solche
Auszeichnung für die jeweiligen Unternehmen?
Diese Auszeichnung hat zwei
Wirkungen. Nach innen bekommt die Arbeit der Mitarbeiter, die für die Nachhaltigkeit verantwortlich sind,
mehr Ansehen. Nach außen
entsteht eine positive Kommunikationswirkung.
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12 Smart Metering
Smart Metering: Wenn der Energiezähler kommuniziert
Von 2017 bis 2020 werden
intelligente Messgeräte
kontinuierlich für alle Stromverbraucher Deutschlands
verpflichtend. Smart Meter
sorgen bei den Verbrauchern
für Kostentransparenz und
genauere Stromabrechnungen – dies hat jedoch seinen
Preis. In Fachkreisen ist man
sich zudem uneinig über
den Nutzen dieser Geräte.
rechnung und verhindert böse Überraschungen am Ende des Monats.
Der intelligente Energiezähler wird
direkt an ein Kommunikationsnetz
angeschlossen, hierbei kann es sich
um das Mobilfunknetz, das W-Lan
oder das Telefonnetz handeln. Dadurch übermittelt der Smart Meter
die Verbrauchsdaten direkt an den
zuständigen Energieversorger.
TEXT EVELINE ANGEHRN
DER SMART METER WIRD BALD
OBLIGATORISCH
Ab 2017 müssen Grosskunden mit
einem Verbrauch über 10‘000 Kilowattstunden ein Smart Meter einbauen. Für Privathaushalte, die mehr
als 6000 Kilowattstunden Strom
verbrauchen gilt diese Pflicht erst ab
dem Jahr 2020. Und bei Haushalten,
die weniger als 6000 Kilowattstunden
Strom pro Jahr verbrauchen, entscheidet der Energieversorger über
den Einbau eines solchen Gerätes.
Diese Neuerungen treten ab 1. Januar
2017 mit dem «Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende» in Kraft.
Für den Verbraucher bringt ein
Smart Meter Kostentransparenz. Der
Strom kann dann bezogen werden,
wenn er besonders günstig ist. Der
Besitzer eines Smart Meters kann
seinen Verbrauch entsprechend anpassen, in Zukunft soll dies sogar
automatisch ablaufen können. Da
die Verbrauchsdaten automatisch
übermittelt werden, kommt niemand
mehr vorbei, um den Strom vor Ort
abzulesen – die Rechnung wird direkt nach Hause versendet. Genau
darin aber liegt das Problem. Für die
Automatisierung müssen Energieunternehmen die Smart Meter von aussen steuern können, was wiederum
ein Eingriff in die Privatsphäre der
Verbraucher bedeutet. Daher hat der
Datenschnutz oberste Priorität
Warum braucht es überhaupt ein
Smart Meter? Die intelligenten Zähler ermöglichen den Energieversorgern eine automatisierte Ablesung
aller Haushalte, die an ihr Netz angeschlossen sind. Zudem sind Smart
Meter teil des intelligenten Netzes,
RICHTLINIEN REGELN DIE DATENÜBERTRAGUNG
Ein Smart Meter ist im Prinzip ein
kleiner Computer. Da das intelligente
Messgerät mit dem Internet verbunden ist, muss es auch so behandelt
Stellen Sie sich vor, es ist mitten in
der Nacht – Sie schlafen tief und
fest. Die Waschmaschine springt an
und wäscht ihre Kleidung zum Niedertarif. Diese Vorstellung wird für
einen Großteil der Deutschen bald
Realität. Denn mit neuen intelligenten Messgeräten, soll der Strom dann
gebraucht werden, wenn er am günstigsten ist.
KOSTENTRANSPARENZ
Ein Smart Meter ist ein solcher intelligenter Zähler für Energie, beispielsweise Strom oder Gas. Im Gegensatz
zu den veralteten Ferraris-Zählern,
die nach wie vor in vielen Haushalten
in Betrieb sind, soll er den tatsächlichen Energieverbrauch und die exakte Nutzungsdauer anzeigen. Dies
ermöglicht eine genauere Kostenab-
«Smart Grid» genannt. Dies soll es
ermöglichen, die Energiezufuhr vor
allem mit Erneuerbaren Energien
effizienter und flexibler zu gestalten.
KOSTENTRANSPARENZ
UM JEDEN PREIS
werden. Das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik hat
deshalb in zehn Punkten Anforderungen zum Thema Smart Metering
formuliert. Unter anderem heisst es
darin, dass «Ableseintervalle möglichst datensparsam vorgegeben sind,
sodass keine Rückschlüsse auf das
Verhalten der Nutzer gezogen werden können». Weiter ist darin festgelegt, dass die Daten anonymisiert,
pseudonymisiert oder aggregiert –
also angehäuft – übermittelt werden.
UNEINIGKEIT IN FACHKREISEN
Energiestrategie 2050 hin oder her,
die Meinungen über Sinn und Unsinn solch digitaler Messgeräte gehen
bei Experten weit auseinander. Gerätehersteller, Bund, Daten- und Verbraucherschützer sind sich uneinig
über das Kosten-Nutzen-Verhältnis
bei Smart Metering. Wie eine Studie
im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2013
von der Wirtschaftsprüfungsanstalt
«Ernst & Young GmbH» zeigt, ist
das EU-Szenario zur flächedeckenden Einführung von Smart Metern
für Deutschland nicht geeignet, da
die Kosten den Nutzen überwiegen.
Nichtsdestotrotz wird der intelligente Helfer bald Einzug in einen Grossteil der deutschen Haushalte finden.
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14 E-Mobilität
E-Mobilität 15
in Form von nicht -investiven
Maßnahmen unterstützt. Darüber
hinaus fördert das BMUB investive Maßnahmen in den Kommunen im Rahmen der Nationalen
Klimaschutzinitiative als Beitrag
zum Klimaschutz. Hierzu wurde
unter anderem im Frühjahr 2016
der Wettbewerb «Klimaschutz im
Radverkehr» gestartet. In den kommenden ein bis zwei Jahren will die
Bundesregierung Konzepte entwickeln, mit denen die Erreichung
des Meilensteins im Jahr 2030 und
letztlich des Gesamtziels eines nahezu treibhausgasneutralen Verkehrs bis 2050 sichergestellt wird.
Der nächste notwendige Schritt
müsse es gemäß BMUB nun sein,
im Kontext des für 2030 definierten
Meilensteins zu ermitteln, bis wann
die verschiedenen für die Dekarbonisierung des Verkehrs notwendigen
Antriebstechnologien und Energieträger spätestens in den Markt
eingeführt werden, welche Marktdurchdringungen sie zu welchen
Zeitpunkten erreichen und wie die
hierfür notwendigen Rahmenbedingungen auszugestalten sind. Darüber
hinaus ist zu prüfen, wie der Anteil
der heute schon emissionsarmen
bzw. emissionsfreien Verkehrsmittel
weiter erhöht werden kann.
Konkrete Maßnahmen-Pakete
FÖRDERUNG
DER ELEKTROMOBILITÄT
Aufgrund der zentralen Bedeutung der Elektromobilität zur Reduktion der
Treibhausgas-Emissionen des motorisierten Straßenverkehrs wird die Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Förderung der Elektrifizierung insbesondere auch des ÖPNV und des Straßengüterverkehrs ergreifen.
Grüner unterwegs – aber wie?
Mobilität ist eine Grundvoraussetzung sowie ein Bedürfnis
einer jeden modernen Gesellschaft. Gleichzeitig ist gerade
dieser Bereich weit davon
entfernt, nachhaltig zu sein.
Wir zeigen, mit welchen Massnahmen die Bundesregierung
diesen Missstand beheben will.
TEXT SMA
Dass der Automobilverkehr der Umwelt keinen Dienst leistet, weiß eigentlich jeder. Und dennoch ist uns
die persönliche Mobilität ein großes
Anliegen. Aber nicht nur diese führt
zu mehr Verkehr: Zunehmender globaler Handel erhöht die Warenströme auf der Straße, der Schiene und
in der Luft. Das hat Auswirkungen,
wie der Entwurf des Klimaschutzplans 2050 des Bundesministeriums
für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit (BMUB) zeigt.
So habe sich der Energieverbrauch
des Verkehrs in Deutschland seit
1960 mehr als verdreifacht. Nahezu
30 Prozent des nationalen Endenergiebedarfs entfallen auf den Sektor
Verkehr, davon basieren über 90
Prozent auf Erdöl. Die Importauf
Importaufwendungen für Erdöl beliefen sich
hierzulande auf rund 50 Milliarden
Euro im Jahr 2014.
Es überrascht nicht, dass das
BMUB in diesem Bereich großen
Handlungsbedarf ortet. Die nachfolgenden Ansätze, Ziele und Maßnahmen entstammen direkt dem Klimaschutzplan (der in ganzer Länge zu
finden ist unter www.bmub.bund.de).
NEUE TECHNOLOGIEN
ALS ANTRIEB
Die technologischen Voraussetzungen für einen nahezu treibhausgasneutralen Verkehr wurden in den vergangenen Jahren
geschaffen. So kommt in den
Die technologischen Voraussetzungen
für einen nahezu treibhausgasneutralen Verkehr wurden in den verver
gangenen Jahren geschaffen.
nächsten Jahren eine große Anzahl an Pkw-Modellen mit Elektro-und Plug-In-Hybrid-Antrieb
auf den Markt. Die Bundesregierung hat die Forschung und
Entwicklung in diesem Bereich
bisher mit über 1,5 Mrd. Euro
gefördert. Die deutsche Automobilindustrie hat ihrerseits mehr
als 15 Mrd. Euro in die Entwicklung der Elektromobilität investiert. Diese Technologien sind
entscheidend dafür verantwortlich, die individuelle Mobilität
(welche ebenfalls weiter ansteigt),
nachhaltiger zu machen.
Aber nicht nur der Vierradverkehr steht im Zentrum des
Interesses, auch der Zweiradverkehr spielt eine gewichtige Rolle.
Der wird wiederum durch den
Bund unter anderem im Zuge der
Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans durch das BMVI
FINANZIELLE ANREIZE
Die Bundesregierung wird ein Konzept zur haushaltsneutralen Umgestaltung der Abgaben und Umlagen im Bereich des Verkehrs vorlegen, mit dem
Ziel, deutliche finanzielle Anreize für die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel und Fahrzeuge sowie für die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien im Verkehr zu schaffen.
Erprobung innovativer Maßnahmen und eine größere Verantwortung beim
Aus- und Neubau überregionaler Radwege gehören. In Rahmen der Fortschreibung des NRVP sollen auch konkrete Ziele für den künftigen Anteil des
Radverkehrs an der Verkehrsleistung erarbeitet werden, die im Einklang mit
dem langfristigen Klimaschutzziel im Verkehr stehen. In ähnlicher Weise
wird die Bundesregierung auch beim Fußverkehr aktiv werden.
LUFT- UND SEEVERKEHR
Die Bundesregierung wird den vorhandenen Forschungsbedarf adressieren
und – in Abhängigkeit der Forschungsergebnisse – ein Konzept zum Ausbau
und der Markteinführung von strombasierten Kraftstoffen für den nationalen
und internationalen Luft- und Seeverkehr vorlegen.
ERSTELLUNG EINES INTEGRIERTEN
BUNDESMOBILITÄTSPLANES
VERKEHRSMITTELWAHL (MODAL SPLIT)
Die Bundesregierung wird ein Konzept vorlegen, wie der Anteil des öffentlichen Verkehrs, des Schienengüterverkehrs und der Binnenschifffahrt ggü.
der Verkehrsprognose 2030 noch weiter erhöht werden kann. In diesem Zusammenhang sollen auch konkrete Ziele für deren Anteile am Modal Split
erarbeitet werden, die im Einklang mit dem langfristigen Klimaschutzziel im
Verkehr stehen. Dabei werden auch Fragen der Finanzierung im Sinne einer
klimaneutralen Verkehrsgestaltung adressiert.
Es ist zu prüfen, ob ein integrierter Bundesmobilitätsplan, der die Weiterentwicklung aller Verkehrsträger (Straße, Schiene, Schiff, Luftverkehr) umfasst,
die verschiedenen Infrastrukturplanungen wie Bundesverkehrswegeplan,
Luftverkehrskonzept, Hafenkonzept, Logistikkonzept zusammenführen und
mittelfristig ersetzen kann. Ein solcher Plan enthielte langfristige Ziele für
den Infrastrukturausbau (inklusive Untersuchungen/Szenarien zum individuellen Mobilitätsverhalten) unter Einbeziehung möglicher Verlagerungseffekte und der Abschätzung von Klimafolgen. Bürgerinnen und Bürger sollten
angemessen informiert und beteiligt werden.
RAD- UND FUSSVERKEHR
Die Bundesregierung wird den Nationalen Radverkehrsplan (NRVP) über
2020 hinaus fortschreiben und in diesem Zusammenhang die Kommunen
durch die Schaffung geeigneter u.a. rechtlicher Rahmenbedingungen und
durch eine kontinuierlich und deutlich ansteigende finanzielle Förderung
konkreter Aktivitäten bei der Stärkung des Radverkehrs unterstützen. Dazu
können nicht zuletzt die Umsetzung von integrierten Modellvorhaben zur
DIGITALISIERUNGSSTRATEGIE
FÜR DEN VERKEHR
Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche soll eine
Digitalisierungsstrategie für den Verkehr unter dem Aspekt der größtmöglichen Ausschöpfung von Treibhausgasminderungspotenzialen erfolgen. Es
ist zu prüfen, wie dies im Zusammenhang mit der weiteren Ausgestaltung
der digitalen Agenda der Bundesregierung erfolgen kann.
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16 Branchenreport Photovoltaik
Gebäudemanagement 17
Kinder-Therapiezentrum setzt auf Kraft der Natur
Die Stiftung Bunter Kreis aus Augsburg hat mit dem ambulanten
Therapiezentrum Ziegelhof einen Rückzugsort für Familien mit
kranken Kindern geschaffen, die dort seit der Eröffnung 2015
unter anderem in tiergestützten Therapien neue Kraft schöpfen
können. Auch energetisch gesehen schöpft das Zentrum auf dem
ehemaligen Ziegeleigelände in Stadtbergen eigene Kraft. Mit
verschiedenen Wärmepumpen, eigenem Kraftwerk und Batteriespeicher versorgt sich der Ziegelhof selbst mit Energie und erwirtschaftet übers ganze Jahr gerechnet sogar einen Überschuss.
TEXT SMA
Die Strom-Flatrate wird real
Das pauschale Bezahlmodell erobert nun auch den
Strommarkt. Dabei im Fokus:
Unabhängigkeit vom herkömmlichen Stromversorger
und das Teilen von Strom.
TEXT PHILIPP LEY
An Flatrates haben sich Verbraucher längst gewöhnt. Ob All-Inclusive-Urlaub, Mobilfunk oder Internet:
Einmal pauschal bezahlt, kann man
grenzenlos trinken, telefonieren oder
surfen. Nun haben auch im Energiemarkt die ersten Anbieter verschiedene Flatrate-Angebote eingeführt.
Doch anders als gewohnt, steht
hier nicht der endlose Verbrauch im
Fokus, sondern die Sehnsucht der
Verbraucher nach stabilen Stromkosten. Schließlich kennt der Strompreis
seit Jahren nur eine Richtung – nach
oben. Folglich versprechen innovative Marktteilnehmer Unabhängigkeit
vom herkömmlichen Stromanbieter.
So bietet der Energiedienstleister Beegy seit August die erste
Strom-Flatrate an, die auf erneuerbaren Energien basiert. Die Flatrate
gehört dabei zu einem Angebot, das
wahlweise eine Photovoltaikanlage,
einen Batteriespeicher und ein Service-Paket umfasst.
Konkret bedeutet das: Hausbesitzer produzieren auf dem Dach
ihre eigene Solarenergie, um sie direkt zu verbrauchen oder in einem
Batteriespeicher
zwischenzuspeichern. Den Strom, den sie nicht
benötigen, geben sie automatisch an
die Beegy-Community weiter. Im
Gegenzug erhält jeder Kunde in dem
Moment, in dem er selbst zu wenig
hat, automatisch Strom aus der Gemeinschaft – und zwar umsonst und
unbegrenzt, als echte Flatrate.
Möglich macht dies das virtuelle Kraftwerk, das der Energiedienstleister durch den Zusammenschluss und die Nutzung aller
Kundenanlagen realisiert. «Es ist
praktisch ein Geben und Nehmen
– ohne, dass sich der Einzelne
darum kümmern muss», erklärt
Marco Demuth, Geschäftsführer
der Beegy GmbH. «Unser dezentrales Energiemanagement sorgt
dafür, dass unsere Community-Mitglieder vollautomatisch versorgt sind.»
Auch andere Anbieter schließen
die Speicher ihrer Kunden zu einem
virtuellen Kraftwerk zusammen.
Allerdings fehlen noch Langzeiterfahrungen hinsichtlich der Mehrbelastung der Batteriespeicher durch
die Nutzung innerhalb des virtuellen
Kraftwerks. Demuth nimmt deshalb
sein Unternehmen in die Pflicht:
«Anders als Wettbewerber geben wir
aus diesem Grund unseren Kunden
eine 20-jährige Garantie auf alle verbauten Komponenten.»
Erst mit einer solchen Garantie, so Demuth, würde sich eine
Strom-Flatrate für den Verbraucher lohnen. Insgesamt würden
seine Kunden dann mit der monatlichen Servicegebühr und den
auf 20 Jahre umgelegten Investitionskosten für Photovoltaikanlage
und Batteriespeicher ungefähr so
viel zahlen, wie sie bislang monatlich
für ihren Strom aufbringen mussten.
Da die Energiekosten künftig jedoch
eher steigen würden, könnten die
Verbraucher schon mit der ersten
Strompreiserhöhung Geld sparen.
Entwickelt hat das nachhaltige Energiekonzept die Lechwerke AG aus
Augsburg, ein finanzieller Förderer
des Bunten Kreises. Im Mittelpunkt
des Systems steht eine Grundwasser-Wärmepumpenanlage, die über
einen Förderbrunnen die aus dem
Grundwasser gewonnene Wärme
an die Oberfläche holt und in das
Heizsystem einspeist. Zusätzlich unterstützt eine 15 Quadratmeter große
Solarthermieanlage auf dem Dach
des Verwaltungsgebäudes die Warmwasserbereitung für die Büro- und
Seminarräume und die Mitarbeiterwohnungen. Drei Pufferspeicher mit
insgesamt 2.300 Litern Fassungsvermögen runden die Wärmeversorgung im Haupthaus ab.
Eine weitere Wärmepumpe beheizt
die Reithalle des Therapiezentrums.
Die Luft-Wärmepumpe saugt dabei
die bereits angewärmte Abluft der
PV-Wechselrichter an und gewinnt
so zusätzlich an Effizienz. Den
Strom für den Betrieb des Ziegelhofs erzeugt eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 96 kW
auf dem Dach des Pferdestalls. Auch
die Wärmepumpen werden mit dem
erneuerbaren Strom vom eigenen
Grundstück angetrieben. Ein Batteriespeicher mit 40 kWh Kapazität und eine intelligente Steuerung
perfektionieren die Anlage, so dass
der Ziegelhof in der Jahresbilanz für
Licht, Kraft und Wärme mehr Energie erzeugt, als er verbraucht.
KOMPLETT OHNE CO2
Die dort erstmals eingebaute Kaskadenschaltung ermöglicht die
gleichzeitige Nutzung des selbst
erzeugten Stroms für den Ziegelhof und die Wärmepumpen:
Strom aus der PV-Anlage wird
zunächst dem Allgemein-Stromverbrauch des Zentrums zur Verfügung gestellt. Was übrig bleibt,
wird über einen Zähler gemessen
und dient nun der Wärmepumpe
als Antriebsenergie. Der restliche
Strom geht über einen weiteren
Zähler in das Netz des Stromversorgers und wird vergütet. Wird
Strom aus dem Netz benötigt,
dann kann dieser über die Differenz der beiden Zähler sehr leicht
der Wärmepumpe oder dem Allgemeinverbrauch
zugeordnet
werden. Da der zugekaufte Strom
aus Wasserkraftwerken stammt,
waltet der Ziegelhof komplett
CO2-frei.
Das in zweijähriger Bauphase
errichtete Therapiezentrum Ziegelhof ist ein soziales und energetisches Musterbeispiel. Auf
dem sechs Hektar großen Gelände werden kranke Kinder in
Tier-, Musik- und Kunsttherapien wieder zum Lachen gebracht.
Gleichzeitig spart das Zentrum
Das Zentrum
spart jährlich rund
75 Tonnen CO2–
Emissionen ein.
rund 75 Tonnen CO2–Emissionen jährlich ein. Die Anwendung
verschiedener Technologien in
einer einzigartigen Kombination
dient auch lokalen Handwerksbetrieben und Studenten der Hochschule Augsburg als anschauliches
Praxis- und Lernobjekt. Dem Ziegelhof gelingt es, durch höchsten
Einsatz eigens produzierter regenerativer Energie, die Nutzbarmachung von Umweltwärme aus
dem Grundwasser und umgesetzte Energiesparmaßnahmen wie
LED-Beleuchtung eine CO2-neutrale Eigenversorgung fast rund
ums Jahr zu gewährleisten.
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EINE PUBLIKATION VON SMART MEDIA
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18 Smart Home
Smart Home 19
Das Haus der Zukunft schon heute:
mehr Komfort, Sicherheit und Licht «mit Grips»
«Smart Home», das «intelligentes Haus» oder das «Haus
der Zukunft». Einen dieser
Begriffe hat jeder schon einmal
gehört. Doch machen sich viele
Leute falsche Vorstellungen
darüber, was damit gemeint
ist. «Energie und Umwelt »
wollte darum herausfinden,
was ein intelligentes Haus
tatsächlich kann. Schnell
wurde klar: eine ganze Menge.
TEXT MARCEL SCHNEIDER
In den eigenen vier Wänden möchte man vor allem eines: sich rundum wohlfühlen. Das Smart Home,
also das intelligente Haus, hat genau dies zum Ziel. Wichtig ist gemäß Branchenvertretern vor allem
zu verstehen, dass es beim Smart
Home nicht einfach darum geht,
verschiedene Gadgets in ein Haus
einzubauen. Zwar lasse sich durchaus eine automatisch getimte Kaf
Kaffeemaschine ins intelligente Haus
einbinden. Doch das ist nicht der
Kern der Sache. Vielmehr gehe es
darum, das Wohnerlebnis der Leu-
te durch verschiedene intelligente
Funktionen zu optimieren – indem
Komfort und Sicherheit erhöht und
gleichzeitig Betriebskosten minimiert werden.
Als Beispiel für mehr Komfort
lässt sich die «Guten-Morgen-Funktion» anführen. Denn schließlich
kennt jeder und jede die Situation,
dass einen morgens der Wecker unsanft aus dem Schlaf bimmelt. Stellen Sie sich nun vor, dass stattdessen
zuerst leise, dann immer lauter Ihre
Lieblingsmusik im Zimmer erklingt
und sich die Fensterläden leicht zu
öffnen beginnen – eine sehr viel
angenehmere Art des Erwachens.
Wer möchte, kann besagte Kaffeemaschine ebenfalls an diesen Prozess koppeln sowie im Badezimmer
Musik erklingen lassen, sobald man
dieses betritt. Alle diese Schritte
wurden automatisch ausgeführt,
gemäß den Vorgaben der Einwohner. Dies zeigt auf, worum es beim
intelligenten Haus wirklich geht:
Der Alltag wird angenehmer und
einfacher gestaltet, man kann das
Smart Home auch den «Butler des
21. Jahrhunderts» nennen.
DAS INTELLIGENTE LICHT
Eine ganz wichtige Rolle im smarten
Haus spielt das Licht. So lassen sich
für jeden Raum und jeden Anlass
Smartes Licht hat
nicht nur Vorteile
in Sachen KomKom
fort, sondern kann
auch zu Einsparungen führen.
verschiedene individuelle Lichtstimmungen definieren. Sie wollen
im Wohnzimmer in Ihrem Buch
schmökern? Dann kreieren Sie eine
entsprechende Lichteinstellung, welche zum Beispiel die Deckenleuchte
hell strahlen lässt – und so optimales
Lesesicht bietet. Ist hingegen ein
Filmabend angesagt, definiert man
entsprechend eine Stimmung wie
«Kino» oder «Film» – die sich durch
gedämpftes Licht im Raum auszeichnet und die Lichtquellen rund um
den Fernseher erlöschen lässt.
Smartes Licht hat aber nicht nur
Vorteile in Sachen Komfort, sondern
kann auch zu Einsparungen führen.
Denn wer will, kann sein System so
einstellen, dass beispielsweise das
Licht automatisch erlischt, wenn sich
über eine gewisse Zeit niemand im
Raum aufhält. Das ist vor allem bei
Familien beliebt, denn gerade Kinder vergessen oft, das Licht in ihrem
Zimmer zu löschen. Auch ein Keller
eignet sich ideal für diese Art der
Lichtsteuerung. Umgekehrt kann
man das System auch so einstellen,
dass das Licht angeht, sobald jemand
den Raum betritt.
das Anbringen eines Präsenzmelders, einem Sensor
der das Zimmer «im Auge»
behält. Zum Präsenzmelder kommen in der Standard-Ausführung außerdem ein Temperaturfühler
sowie ein Tür-Fenster-Kontakt. Das Zusammenspiel
dieser Komponenten bringt
diverse Vorteile mit sich,
auch was die Effizienz des
Eigenheimes angeht. So
kann dank des Temperaturfühlers die Wärme
im Raum erfasst und so
automatisch die Heizleistung, beziehungsweise die
Lüftung, angepasst werden. Aber nicht nur das:
Das System ist intelligent,
sprich es orientiert sich an
IST JEMAND ZUHAUSE?
Doch woher weiß ein Smart Home
eigentlich, ob sich jemand im Zimmer aufhält? Möglich wird es durch
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der tatsächlichen Innentemperatur und lernt dazu.
Im Zusammenspiel mit
den Fensterkontakten kann
auch verhindert werden,
dass «aus dem Fenster raus
geheizt» wird.
KEIN ZUTRITT
FÜR UNBEFUGTE
Die Sensoren können auch
für die Sicherheit des Hauses genutzt werden. Wird
ein
Bewegungsmelder
ausgelöst, wird der Heimbesitzer per Smartphone
alarmiert. Wer über längere Zeit abwesend ist, kann
das eigene Haus auch die
Anwesenheit der Bewohner
«vorgaukeln» lassen. Dabei wird aber nicht einfach
per Schaltuhr stets um
acht Uhr abends das Licht
eingeschaltet,
sondern
tatsächlich der Alltag der
Bewohner simuliert: mit
unregelmäßig angehendem
Licht oder gar laufendem
Fernseher. Ganz so, als wäre
wirklich jemand zuhause.
Überprüfen, aktivieren und
ausschalten lässt sich das
Ganze, wie eigentlich jede
Komponente des intelligenten Hauses, auch unterwegs
per Smartphone.
Experten aus Forschung
und Entwicklung räumen
der Home Automation auch
eine wichtige Rolle ein,
wenn es darum geht, eine
der zentralen sozialen Herausforderungen der Zukunft
Wer über längere Zeit abweabwe
send ist, kann das eigene Haus
auch die Anwesenheit der Bewohner «vorgaukeln» lassen.
anzupacken: die Überalterung der Gesellschaft. Künf
Künftig wird es entscheidend
sein, alten Menschen ein
möglichst langes, unabhängiges Leben in den eigenen
vier Wänden ermöglichen
zu können, ohne auf externe
Betreuung angewiesen zu
sein. Smart Homes können
dazu einen Beitrag leisten.
Automatisches Licht beispielsweise verringert das
Sturzrisiko in den eigenen
vier Wänden. Und Sensoren
im Haus könnten künftig
auch genutzt werden, um
festzustellen, ob sich ein
Hausbewohner in einer Notsituation befindet.
REGISTER
EIN ZIEMLICH
ENTSPANNTER DEAL
IMPRESSUM
A
Gruner & Jahr
Adidas
Ahlborn, Dirk
Firmenveranstaltungen bei Center Parcs
26
52, 55
Artiminds
60
Hanse Merkur
61
Hart, Doug
54
R
B
Haspinger, Florian
62
Rabe, Thomas
17
Baetge, Jörg
Heck, Ralph
17
Rappers, Tobias
62
Hendricks, Barbara
16
Reimann, Familie
43
26
52, 56
46
12
Sakti 3
29
Bernotat, Wulf
17
Hofer, Manfred
83
Sautter, Eberhard
61
Bertelsmann
20
Holo-Light
62
Scanner Dillennium
74
Best, Theresa
25
Hyndman, Amanda
72
Schmidt-Rohr, Sven
60
Beumer, Markus
10
Hyperloop
50
Schmittmann, Stefan
10
Bhumibol, König
72
Hyperloop One
51
Schwarzer Adler
84
Birkin Bag
64
Hyperloop Transportation
Schweer, Dieter
8
Blessing, Martin
10
Technologies
Block, Carson
26
20, 40
Segafredo
Siemens
I
HERAUSGEBER: Dr. Arno Balzer
44
27, 32
Sony MDR-1000X
63
TITELGESTALTUNG:
Jean-Remy von Matt
CHEFREPORTER: Volker ter Haseborg
REDAKTION: Sophie Crocoll, Virginia Kirst,
Stephan Knieps, Melanie Loos,
Dr. Annette Pawlu, Mark C. Schneider
AUTOREN: Fred Baader, Thomas Delekat, Wilma
Fasola, Max Hollein, Dr. Wolfgang Kaden, Marc
Kowalsky, Jürgen Schönstein, Thomas Schröder,
Annette Weber, Sibylle Zehle, Bernd Ziesemer
BILDREDAKTION: Ulrich Mahn
FREIE MITARBEIT: Jasmin Doehl, Miriam
Eichenlaub, Ronny Galczynski, Michael
Gatermann, René Siegfried, Sarah Wiedenhöft,
Lea Sophia Wilke, Saskia Zebulka
Bosch-Siemens
29
Illy, Andrea
42
Springer & Jacoby
36
Brandenburg, Karlheinz
61
Illycaffè
43
Springer, Reinhard
36
Buch, Rolf
16
Spurrier, Steven
84
Stag’s Leap
84
BERATUNG FOTOGRAFIE UND ILLUSTRATION:
Heidi Russbuelt
Staubsauger
28
BÜROLEITUNG: Annette Klangwald
J
Jacoby, Konstantin
Carreiro-Andree, Caiña
24
Change
32
10, 23
Jäkel, Julia
30
Kempf, Dieter
Cornelius, Susanne
10
Kopper, Hilmar
Cook, Tim
62
Cours d’Elegance
76
L
Cucinelli, Brunello
78
Lang, Joachim
D
36
106
GESCHÄFTSFÜHRER: Johannes Boege,
Dr. Stephanie Caspar
T
K
Conze, Max
Tesla
9
49
28, 52
Théoule-sur-Mer
68
Thiel, Peter
61
Trautmann, Michael
38
Trump, Donald
46
8
Lavazza
44
U
Lloyd, Rob
51
Ubitricity
GESAMTANZEIGENLEITERIN:
Silvana Kara (v.i.S.d.P.)
BRAND REPRESENTATIVE:
Medienberatung Barbara Capel-Cure
([email protected])
HERSTELLUNG: Olaf Hopf
DRUCK: Leykam Druck GmbH & Co. KG, Neudörfl
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M
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52
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45
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BILANZ-GEWINNERIN
JULIA JÄKEL
1971
Julia Jäkel wird in Mainz geboren und wächst in
Wiesbaden als Einzelkind in einer Arztfamilie auf.
DAS DEUTSCHE
WIRTSCHAFTSMAGAZIN.
1991
Abitur am örtlichen Gutenberg-Gymnasium. Notenschnitt: 1,1.
1992 – 96
In Heidelberg geht Jäkel der Geschichte, Politik und
Volkswirtschaft auf den Grund. Doch ein Magister-Titel ist der ehrgeizigen Frau nicht genug: Sie
setzt noch einen sogenannten „Master“-Abschluss
(International Relations) obendrauf, errungen in
Cambridge.
(44) Vorstandschefin des
Verlagshauses
Gruner & Jahr
(u. a . „Stern“,
„Geo“). Umsatz:
1,5 Milliarden Euro,
13.245 Mitarbeiter.
1997
Karrierebeginn im Führungskräfte-Programm von
Bertelsmann. Anfangs schreibt Jäkel für die „Berliner
Zeitung“, dann wird sie geschäftsführende Redakteurin der „Gala“. „Die Arbeit in der Redaktion gefiel mir
fast besser als die im Verlag. Aber letztlich muss man
erkennen, wo man einen Unterschied machen kann.“
1999
„FTD“-GRÜNDUNG:
„Für guten Journalismus
begeistere ich mich,
ebenso wie ich mich über
schlechten aufrege.“
Jäkel gehört dem Gründungsteam der „Financial
Times Deutschland“ (FTD) an. Fünf Jahre später, mit
33, übernimmt sie die Verlagsleitung der „Brigitte“.
2008
Jäkel macht ihre Sache gut und darf mehr: Sie wird
Leiterin der Verlagsgruppe G & J Exclusive und
übernimmt vier Jahre später die Verantwortung für
20 Medienmarken, darunter die „Brigitte“ und „Gala“.
2012
Sie rückt in den G & J-Vorstand ein. Keine zehn Wochen
im Amt, schließt sie die dauerdefizitäre „FTD“: „Das war
sicher einer der traurigsten Tage bei Gruner & Jahr.“
ELTERN VON ZWILLINGEN:
Seit 2003 ist Jäkel mit
Ulrich Mr. Tagesthemen
Wickert verheiratet.
2013
Julia Jäkel steigt zur Vorstandschefin auf. Gruner &
Jahr setzt 2,2 Milliarden Euro um.
VERLAGSSCHIFF:
Der Hauptsitz von
Gruner & Jahr am
Hamburger Baumwall.
106
2016
Chefin Jäkel schärft das Profil des Verlags, ordnet
den Rückzug aus Österreich an. Im Fokus stehen
Deutschland und Frankreich. „Inspirierende, kreative, entscheidungsstarke Menschen zusammen und an
die richtigen Stellen zu bringen: Das ist vielleicht das
Wichtigste, was ich beitragen kann.“
MIT ZUCKERGUSS:
„Ich bin stolz auf das,
was wir aus der ,Brigitte‘
gemacht haben.“
FOTOS: DETLEV SCHEERBARTH, PICTURE ALLIANCE (4), PRIVAT
JULIA
JÄKEL
IM ACHTER:
Für ein Jahr rudert
Studentin Jäkel (fünfte von
links) in Cambridge mit.
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