Kino 22 NUMMER 243 Der Arzt, der Kalinka tötete Film-Geflüster Kevin Costner möchte Vater von Jessica Chastain sein Kevin Costner, 61 („3 Days to Kill“), verhandelt um eine Rolle in dem geplanten Film „Molly’s Game“ an der Seite von Jessica Chastain, 39 („Der Marsianer“). Wie das Kinoportal Deadline.com berichtet, gibt der Oscar-prämierte Drehbuchautor Aaron Sorkin („The Social Network“) damit sein Regiedebüt. Der Film dreht sich um die wahre Geschichte der einstigen Profi-Skiläuferin Molly Bloom, die in Los Angeles ein lukratives, aber kriminelles Geschäft mit Underground-Pokerspielen über Jahre hinweg organisierte. Sie lockte auch viele Promis an den Pokertisch, bis am Ende die Bundespolizei ihr Unternehmen zerschlug. Chastain spielt Bloom, Costner soll die Rolle ihres Vaters übernehmen, Idris Elba ihren Anwalt. Der Fall als Kinofilm Sportlicher Zuwachs für Sharon-Stone-Komödie In Kalifornien sind die Dreharbeiten zu der Komödie „A Little Something for Your Birthday“ mit Sharon Stone, 58, bereits angelaufen. Nun soll der „Basic Instinct“-Star noch sportliche Verstärkung erhalten. Wie der Hollywood Reporter berichtet, soll der US-Schwimmstar Ryan Lochte, 32, in seiner ersten Spielfilmrolle mitwirken. Stone spielt eine Modedesignerin, die versucht, ihrer anstrengenden Mutter (Ellen Burstyn) zu entkommen. Tony Goldwyn mimt einen flotten Anwalt. Über Lochtes mögliche Rolle wurde zunächst nichts bekannt. Der Sportler hatte am Rande der Olympischen Spiele in Rio mit Ryan Lochte Lügen über einen angeblichen Raubüberfall für einen Skandal gesorgt. Der US-Schwimmverband schloss ihn daraufhin von Wettbewerben bis Ende 2017 aus. (dpa) Unsere Wertungen * sehr schwach ** mäßig *** ordentlich **** sehenswert ***** ausgezeichnet DONNERSTAG, 20. OKTOBER 2016 Sie kriegt ein Baby. Aber von welchem Vater? Renée Zellweger als Bridget (rechts) auf der Liege bei Dr. Rawling (Emma Thompson). Foto: Giles Keyte/Studio Canal Zwei Väter reißen sich um Bridget Bridget Jones’ Baby Das linkische Pummelchen hat ihr Wunschgewicht und einen tollen Job. Und nach zwei One-Night-Stands auch eine Schwangerschaft. Viel Stoff für Reneé Zellweger VON MARTIN SCHWICKERT Zwölf Jahre ist es her, dass in „Bridget Jones – Am Rande des Wahnsinns“ die Jeanne D’Arc der Peinlichkeit zum letzten Mal auf der Leinwand ihr Unwesen trieb. Die Figur wurde von der britischen Autorin Helen Fielding Ende der Neunziger für eine Kolumne im Independent entworfen und später in drei Bestseller-Romanen in die Welt geschickt. Die übergewichtige, sehr alleinstehende Mittdreißigerin mit einem ungesunden Hunger nach Schokolade und Jane-Austen-Romantik stolperte munter durch den Dschungel aus postfeministischer Anspruchskultur und ernüchternden Beziehungsmarktrealitäten und ließ dabei keinen Fettnapf aus. Als sympathische Super-AntiHeldin und linkische Glücksritterin durchlebte sie die Höhen und Tiefen des Single-Daseins. Damit bot sie eine Menge Identifikationspotenzial an, das weit über die Zielgruppe „weiblich, ledig, nicht mehr ganz so jung“ hinaus wirkte. Nun hat Bridget Jones (Renée Zellweger) 43, durch Diät und Fitness-Training ihr Wunschgewicht erreicht und einen Job als TV-Produzentin in einer News-Show ergattert. Nur ihren Mr. Darcy (Colin Firth) musste sie einer Frau namens Camilla abtreten und einen würdigen Ersatz hat sie bisher nicht gefunden. Allein feiert Bridget ihren Geburtstag, singt selbstmitleidig „Happy Birthday to me“ und tanzt weintrunken im Schlafanzug auf der Matratze. Der Vorsatz fürs nächste Lebensjahr lautet „Hedonismus statt romantische Glückssuche“ und führt sie auf ein Musikfestival, wo sie nachts in der Jurte des schmucken Jack (Patrick Dempsey) landet. Nach einer akrobatischen Liebesnacht schleicht sich Bridget am Morgen hinaus. Wenig später steht sie auf einer Taufe ihrer alten Liebe Darcy gegenüber. Der lebt mittlerweile in Scheidung und scheint an einer Wiederauffrischung der Beziehung durchaus interessiert. Aber auch ihm gibt Bridget nach einer Nacht den Laufpass. Als sie einige Wochen danach feststellt, dass sie schwanger ist, kommen beide OneNight-Stands als Vater infrage. Die Frage der potenziellen Vaterschaft wird fortan der komödiantische Dreh- und Angelpunkt in „Bridget Jones’ Baby“, für den Sharon Maguire die Regie führte, die auch schon den ersten Bridget-Jones-Film drehte. Da beide Kandidaten, ohne zu zögern, Verantwortung übernehmen wollen, traut sich Bridget zunächst nicht, die Karten auf den Tisch zu legen, was zu überschaubaren, aber unterhaltsamen Verwicklungen und schließlich zu einer hübsch-peinlichen Offenbarungsszene führt. Also kümmern sich beide Männer rührend um die Schwangere, die unabhängig vom genetischen Endergebnis hadert, ob nun der amerikanische InternetMilliardär Jack oder der verkniffene Darcy der richtige Mann fürs Leben ist. Natürlich ahnt nicht nur, wer Jane Austen kennt, die Antwort. Trotzdem ist es bis zu Kreißsaal und Traualtar ein sehr unterhaltsamer Weg, der immer wieder vom amourösen Kern zu komödiantischen Nebenschauplätzen abdriftet. Bridget Jones muss sich schließlich nicht nur als werdende Mutter und bei der Partnersuche bewähren, sondern auch im Beruf, wo eine Führungsriege aus bärtigen Hipstern ihre eigenen Vorstellungen von TV-Infotainment durchsetzen will. So schleicht sich in die romantische Komödie auch noch Mediensatire mit skurrilen Pointen ein. Als Nachschlag behauptet sich der dritte Bridget-Jones-Film überraschend gut, lässt die liebenswerte Nervensäge auf vertraute Weise durch neues Terrain stolpern und führt sie ebenso humor- wie würdevoll zum verdienten Happy End. *** Der französische Schauspieler Daniel Auteuil wohnt auf der Île SaintLouis, einer der beiden Seine-Inseln inmitten von Paris – einen Steinwurf vom Justizpalast entfernt. Dort fand vor ein paar Jahren der Prozess gegen den deutschen Arzt Dieter Krombach statt, der 1982 seine damals 14-jährige französische Stieftochter Kalinka vergewaltigt und mit einer Injektion getötet hat. Ihr leiblicher Vater André Bamberski verfolgte ihn jahrzehntelang und ließ Krombach schließlich aus dessen Haus in Scheidegg (Landkreis Lindau) nach Frankreich entführen. Regisseur Vincent Garenq hat diese Justiz-Saga verfilmt, die heute unter dem Titel „Im Namen meiner Tochter – Der Fall Kalinka“ in die deutschen Kinos kommt (auch in Augsburg und Ulm). Daniel Auteuil spielt André Bamberski. Was hat Sie an der Rolle des Vaters in der Verfilmung des Falls um den Tod der Kalinka Bamberski gereizt? Auteuil: Herr Bamberski führte fast 30 Jahre lang mit unglaublicher Entschlossenheit einen Kampf gegen die Justiz, um die Wahrheit endlich ans Licht zu bringen und das Versprechen auf Gerechtigkeit einzulösen, das er seiner toten Tochter gegeben hat. Das ist ein echtes FilmThema. Regisseur Vincent Garenq präsentierte ein sehr konzentriertes Drehbuch. Diese präzise Herangehensweise war die einzige Möglichkeit, die Geschichte zu erzählen. Wie sind Sie vorgegangen bei der Vorbereitung auf diese Rolle? Auteuil: Ich tauche langsam in einen Film ein. Dabei bewahre ich Distanz, ich lasse jenen den Schmerz, die ihn erlebt haben, und dem Zuschauer die Emotion durch Projektion. Es gab Szenen puren Schmerzes, wie jene, in der Bamberski erfährt, dass sein Kind tot ist. Heute ist es selten, dass derart düstere Geschichten im Kino umgesetzt werden. Wir hatten den Ehrgeiz, den Film künst- O Filmstart in vielen Kinos der Region Sonst noch angelaufen ● Burg Schreckenstein Prominent besetzt ist Ralf Huettners Verfilmung der alten Internatsgeschichte der Siebziger mit Harald Schmidt (Graf Schreckenstein), Henning Baum (Direktor Rex), Sophie Rois. (Filmstart in vielen Kinos der Region) ● Das kalte Herz Eine ganze Riege deutscher Filmstars tritt an, um den Märchenklassiker von Wilhelm Hauff neu zu erzählen. Frederick Lau spielt den jungen Köhler Peter, dazu Henriette Confurius, Moritz Bleibtreu, Milan Peschel. (Filmstart in Aichach, Augsburg, Memmingen, Neu-Ulm, Penzing) ● Hinter den Wolken Ein halbes Jahrhundert lang haben sich Gerard und Emma nicht gesehen. Einst waren sie ein Paar, für beide die erste große Liebe. Noch immer gibt es zwischen ihnen eine besondere Anziehung und Vertrautheit. Doch für die Familie Emmas, die gerade erst ihren Ehemann verloren hat, kommt die erneute Liebe zu früh. (Filmstart in Augsburg, Ulm) ● Ouija 2: Ursprung des Bösen Erst kam Ouija – Spiel nicht mit dem Teufel“, nun wird von der Witwe und ihren drei Töchtern erzählt, die sich 1965 einen Spaß daraus machen, bei Geisterbeschwörungen Schrecken einzujagen. (Start in Aichach, Augsburg, Ingolstadt, Kaufbeuren, Memmingen, Neu-Ulm, Nördlingen, Penzing, Ulm) ● Trolls Die Kobolde mit den Kulleraugen, kurzen Gliedmaßen und bunten, abstehenden Haaren kommen nun als Animationsfiguren ins Kino. Branch, der Eigenbrötler, wittert Gefahr. (Start in vielen Kinos) Wehrhafter Buchhalter Ersehnte Seelenhilfe The Accountant Ben Affleck als Geldwäscher VON FRED DURAN Autistische Züge scheinen unter den Helden von Actionfilmen durchaus verbreitet zu sein. Schwächen bei sozialer Interaktion und Kommunikation, stereotype Verhaltensmuster und Stärken bei der Wahrnehmung und Aufmerksamkeit – damit könnte ein Großteil von Arnold Schwarzeneggers Actionrollen charakterisiert werden und auch ein Jason Bourne weist solche Störungsmuster auf. Dass nun in Gavin O’Connors „The Accountant“ Ben Affleck aus dem Batman-Kostüm heraus- und in die Rolle des schlagkräftigen Autisten hineinschlüpft, ist nur ein weiteres Indiz für die spürbare Nähe zwischen Krankheitsbild und Heldenkonstrukt. Sein Christian Wolff ist nicht nur ein Mathe-Genie, sondern wurde von seinem US-Army-Vater auch einem rigiden Kampfsporttraining unterworfen. Die erworbenen Fähigkeiten kann er in seinem Job gut gebrauchen, denn hinter den Kulissen eines unscheinbaren Steuerberaterbüros arbeitet er als Geldwäscher für Mafiakonzerne und Drogenkartelle. Wer bei dieser Kundschaft zu viel weiß, muss schnell um sein Leben fürchten. Und so dauert es nicht lange, bis nicht nur ein Konsortium von Auftragskillern, sondern auch ambitionierte Vertreter der Steuerfahndung hinter dem wehrhaften Buchhalter her sind. „The Accountant“ ist ein Film, den man sich besser aus den vorderen Sitzreihen anschauen sollte. Der überkonstruierte, doch banale Plot, die angestrengte Erzählweise und die holprige Rückblendendramaturgie halten einer kritischen Wahrnehmung aus der Distanz heraus nicht stand. Aber aus der Nähe betrachtet, verbreitet der Film dank origineller Details durchaus Genrefreude. Der unaufdringliche Humor und die überraschend nuancierte Performance von Ben Affleck bestimmen den eigensinnigen Grundton der Erzählung – bis das unfreiwillig groteske Finale die Wirkung wieder zunichtemacht. ** O Filmstart in vielen Kinos der Region Ben Affleck als Christian Wolff und Anna Kendrick als Dana. Foto: Warner Bros. Gleißendes Glück Ulrich Tukur als Ratgeber VON ANDRÉ WESCHE Und wieder findet Helene Brindel (Martina Gedeck) keinen Schlaf. Sie wandelt nachts durch das Haus, besprüht die Blumen mit Wasser und bereitet das Frühstück für ihren Mann Christoph (Johannes Krisch) vor. Er wird seine Frau morgens auf dem Teppich liegend vorfinden. Eine Situation, die ihm offenbar vertraut ist. Bevor er das Haus verlässt, bemüht er sich um eine zärtliche Geste. Eines Tages hört Helene einen gewissen Eduard E. Gluck (Ulrich Tukur) im Radio. Der Ratgeber-Autor scheint ihr aus der Seele zu sprechen. Er stellt die Frage „Sehnen wir uns nach Glück oder sehnen wir uns nach der Sehnsucht Helene (Martina Gedeck) sucht Eduard Gluck (Ulrich Tukur) auf. Foto: Wild Bunch nach Glück?“ in den Raum. Das will Helene ganz genau wissen. Sie packt ihre Siebensachen, erzählt ihrem Mann etwas von einem Trip mit ihrer Schwester und trifft sich mit Gluck am Rande einer Vortragsreise. Indes scheint der prominente Autor nicht der Seelenverwandte zu sein, den sich Helene erhofft hat. Gluck reagiert zunächst spröde, um die Bittstellerin wenig später doch zum Abendessen einzuladen. Aber ist der Schreiber tatsächlich an ihren Problemen interessiert oder recherchiert er nur für ein neues Buch? Man ahnt es: Zwischen Helene und Eduard entspinnt sich eine leidenschaftliche Affäre. Allerdings trägt er selbst schwer an einem delikaten Problem. Wenn jemand dringend Lebenshilfe benötigt, dann Eduard E. Gluck. Der neue Film von Sven Taddicken („Emmas Glück“) basiert auf der Geschichte „Original Bliss“ der britischen Autorin A. L. Kennedy. Ohne zu explizit zu werden, stellt der Film eine große Nähe zwischen den „Das Leben der Anderen“Stars Martina Gedeck und Ulrich Tukur her, die den Zuschauer gelegentlich in die Position eines Voyeurs versetzen. Was sich hinter Kapiteltiteln wie „Moderner finnischer Tanz“ oder „Paraphilie“ verbirgt, ist pikant, brutal, skurril und immer interessant und unterhaltsam. **** O Filmstart in Augsburg, Ulm Daniel Auteuil als André Bamberski und seine Tochter Kalinka. Foto: Koch Media lerisch gelingen zu lassen. Durch die Form eines Thrillers hat er ein riesiges Potenzial für das Publikum, aber die Geschichte ist sehr schwarz. Trotz seiner bitteren Erlebnisse erscheint die Figur des André Bamberski sehr gefasst und auch mutig. Auteuil: Sein Schmerz ist unbesiegbar. Seine Tochter war 14 Jahre alt und kerngesund – warum ist sie gestorben? Es ist wie ein zweiter Tod, als er bei der Autopsie erkennt, dass sie getötet wurde. Ab diesem Moment wird die Obsession, die Wahrheit aufzudecken, sein Antrieb. Er ist ein sehr methodisch vorgehender Mensch, ein ehemaliger Militärangehöriger, der Steuerberater wurde. Mir hat es auch Spaß gemacht, diese Figur darzustellen. Sebastian Koch spielt den deutschen Arzt Dieter Krombach. Er sagt, er war sehr stolz, mit Ihnen zu drehen. Auteuil: Ich kannte Sebastian Koch aus dem Film „Das Leben der Anderen“, den ich sehr mag. Er war zunächst ein wenig verloren in der französischen Sprache, aber hat unserem Projekt viel Glaubwürdigkeit verliehen. Ihm gelingt es, mit seinem Charisma, seiner Eleganz und seinem Spiel aus Krombach einen perfekten Unschuldigen zu machen. Interview: Birgit Holzer
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