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Worin unterscheiden sich Pellwormer-Inselferkel von
Festland-Ferkeln? Power-Praktikantin Wiebke Albers
kennt die Antwort. Sie war eine Woche lang Gast
auf dem Inselbetrieb von Ulrike und Torsten Frener.
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enn man sich für ein Praktikum
auf einem Schweine haltenden
Betrieb entscheidet, reist man
gewöhnlich mit dem Auto an. In meinem Fall war das jedoch ganz anders.
Anstatt mit dem Pkw bis auf den Hof
zu fahren, musste ich die Fähre von
Nordstrand nach Pellworm nehmen.
Denn mein Praktikumsbetrieb liegt auf
der Insel Pellworm mitten in der Nordsee. Etwa 40 Minuten hat die Überfahrt
durch die Nordsee gedauert.
Auf der gut 3 000 ha großen Insel
bewirtschaften Torsten und Ulrike Frener einen 54 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb mit Sauenhaltung inklusive Ferkelaufzucht. 310 PIC-Sauen
umfasst die Herde der Familie derzeit.
Die Ferkelaufzucht erfolgt rund 4 km
vom Stammbetrieb entfernt. Der Stall
mit insgesamt 2 800 Aufzuchtplätzen
wird von Anfang an gemeinsam mit
Berufskollege Marc Lucht betrieben, der
ebenfalls 300 Sauen auf der Insel hält
und alle Absatzferkel im Kooperationsstall aufzieht.
Am Fähranleger empfängt mich
Betriebsleiter Torsten Frener. Gemeinsam fahren wir zum Hof, der nur wenige hundert Meter hinter dem Außendeich an der Nordküste der Insel Pellworm liegt.
Nach dem Kennenlernen zeigen mir
Torsten und seine Frau Ulrike zunächst
mein Zimmer und dann bekomme ich
einen ersten Überblick über den
Betrieb. Im Sauenstall stehen alle Tiere
in einem Stallgebäude. Im vorderen
Abschnitt sind die Abferkelabteile
untergebracht, dahinter liegen das
Deckzentrum und der Wartebereich.
Gefüttert werden die Sauen hier an drei
Abrufstationen.
Mich interessieren natürlich auch die
Der Betrieb
Das bin ich
Der Betrieb von Ulrike und Torsten Frener ist einer von drei Höfen
mit Ferkelproduktion auf der Insel
Pellworm. Die Insel liegt rund 10 km
vom Festland entfernt im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.
Familie Frener hat ihre Sauenherde mittlerweile auf 310 Sauen erweitert, alle Ferkel werden selbst aufgezogen und mit ca. 28 bis 30 kg
Lebendgewicht verkauft.
In den letzten Jahren hat das Ehepaar außerdem in erneuerbare Energien investiert – Solarstrom, Wind
und Biogas.
Mein Name ist Wiebke Albers, ich
bin 21 Jahre alt und komme aus dem
Landkreis Nienburg in Niedersachsen. Derzeit bin ich Schülerin an der
einjährigen Fachschule im niedersächsischen Sulingen.
In Zukunft möchte ich den elterlichen Betrieb mit Ferkelproduktion
übernehmen. Mein Ziel ist, die Leistungen in der Sauenhaltung weiter
zu optimieren, so möchte ich meine
berufliche Zukunft sichern. Damit
mir das gelingt, bin ich immer auf
der Suche nach neuen Ideen und
Anregungen, ich schaue gern über
den Tellerrand hinaus.
biologischen Leistungen. Kann ein
Inselbetrieb leistungsmäßig mit den
Berufskollegen vom Festland mithalten? Torsten Frener erklärt mir, dass er
und seine Frau 28 Ferkel pro Sau und
Jahr absetzen und die Saugferkelverluste bei 14 % liegen. Das kann sich sehen
lassen, finde ich.
1 € Fährgebühr pro Ferkel: Alle zehn
Tage werden Ferkel aus dem Kooperationsstall verkauft. Rund 2 000 Stück
mästet ein befreundeter Mäster auf der
Insel, die restlichen gut 14 000 Ferkel
setzen mit der Fähre aufs Festland über.
Sie werden über die Schweine-Vermarktungs-Gesellschaft in Rendsburg vermarktet.
Funktioniert der Transport mit der
Fähre, oder bedeutet das Stress für die
Ferkel, frage ich Ulrike Frener. „In der
Regel klappt der Transport reibungslos.
Fotos: Arden
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Tolles Team: Ulrike und Tor
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Von meinem Power-Praktikum auf der
Insel Pellworm bin ich begeistert.
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Am Fähranleger war tet ber
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mit den Ferkeln
Reklamtionen wegen Seekrankheit
haben wir jedenfalls noch nicht erhalten“, erzählt mir Ulrike lächelnd.
Die Kosten für die Überfahrt muss
Familie Frener tragen – pro Ferkel 1 €.
„Das ist der Nachteil der Insellage. Alles
was auf die Insel kommt bzw. von der
Insel transportiert wird, kostet Fährgebühren“, erklärt mir Torsten. „Für das
Futter zahle ich z. B. neben dem
Lkw-Transport noch Fährgebühren von
18 € je Tonne.“ Die Zusatzkosten für den
Betrieb halten sich insgesamt aber in
Grenzen, denn das Futter für die Sauen
wird auf der Insel gemischt, nur das Ferkelfutter kauft der Unternehmer zu.
Ulrike Frener, die den Ferkelaufzuchtstall betreut, erzählt mir, dass sie
bei den Ferkeln keine Behandlungen
durchführen muss. „Unsere Inselferkel
haben einen sehr guten Gesundheitsstatus, sie sind topfit. Die einzigen tiermedizinischen Maßnahmen, die wir
durchführen, sind die Mykoplasmenund Circoimpfung. Und das auch nur,
weil die Vermarkter das von uns verlangen“, erklärt mir die Landwirtin.
Für Torsten und Ulrike Frener kommt
die gute Ferkelgesundheit nicht von
ungefähr. Die räumliche Trennung zwischen Sauen- und Ferkelaufzuchtstall
zahlt sich ebenso aus wie die Alleinlage
des Betriebes. „Direkt hinter dem Hof
beginnt die Nordsee, aus dem Nordwesten strömt nur saubere, frische Seeluft
zum Stall. Gegenüber den Festland-
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Das Ebersperma wird wöc
abgeholt.
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Fähranleger auf Pel
Ferkeln haben unsere Tiere dank der
frischen Seeluft klare gesundheitliche
Vorteile“, erklärt mir Torsten die Gründe für die gute Tiergesundheit.
Das leuchtet mir ein, allerdings frage
ich mich, warum Freners die Jungsauen
nicht selbst nachziehen und damit auf
jeglichen Tierzukauf verzichten? Wäre
die Tiergesundheit dann nicht noch
besser? „Dafür haben wir keine Stallkapazitäten, außerdem wäre der züchterische Fortschritt geringer“, sagt Torsten. „Die Gesundheit der Sauen sichern
wir über Impfungen ab.“ Auf dem Impfplan stehen folgende Maßnahmen:
PRRS, Parvo/Rotlauf, Clostridien.
Gute Planung A & O: Ganz wichtig ist
für den Inselbetrieb eine gute Planung.
So muss z. B. die Rauschekontrolle sit-
Fotos: Arden
Keine Einstallbehandlung: Doch die
Insellage hat auch wirtschaftliche Vorteile, wie ich wenig später erfahre.
mit sturmTor sten hat den Sauenstall
kleidet.
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festen Sandwich
Jedes Jahr im Frühjahr werden vor dem Deich Reisigzweige im
Meer befestigt. Das schützt den Deich bei Unwettern.
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Ulrike und Torsten Frener wollen künftig weitere außerlandwirtschaftliche Einkommensquellen erschließen.
Schnell gelesen
• Torsten und Ulrike Frener halten auf der
Nordseeinsel Pellworm 310 Sauen.
• Die Fährkosten für Futter (18 € je Tonne) und
Ferkel (1 € je Ferkel) verteuern die Produktion.
• Finanzielle Vorteile hat die Inselproduktion im
Hinblick auf die Tiergesundheit.
• Im Flatdeck erhalten die „Inselferkel“ keine Medi-
kamente. Der Gesundheitsstatus der Sauen und
Ferkel wird allein über Impfungen abgesichert.
zen, da Umrauscher extrem
hohe Kosten bedeuten. Denn
wenn Sperma nachbestellt
werden muss, kostet das
wegen der Fährkosten jedesmal 90 Cent pro Tube extra.
Zudem muss das Sperma
selbst am Fähranleger abgeholt werden und auch die
Fährleute müssen benachrichtigt werden, was zusätzlichen Aufwand und Fahrerei bedeutet. „Den Luxus,
dass uns das Sperma direkt
vor die Haustür gebracht
wird, haben wir hier auf der
Insel leider nicht“, berichtet
Torsten Frener.
Auch
handwerkliches
Geschick ist gefragt, wenn
man auf einer Insel Schweine hält. Stehen Reparaturen
an, kann nicht jedes Mal ein
Monteur gerufen werden.
Denn das würde viel zu
teuer. Hilfe holt sich Torsten
Frener per Telefon. Muss z. B.
an der Abruffütterung eine
Platine getauscht werden,
lässt er sich den Einbau am
Telefon erklären. Gibt es
etwas zu Schweißen, wird
das in der Regel selbst erledigt.
Wachstumsgrenzen: Am
Ende meines Praktikums
möchte ich noch wissen, wie
Familie Frener den Betrieb in
Zukunft weiter entwickeln
will, schließlich steht mit
dem 22-jährigen Sohn Nils
bereits die nächste Generation in den Startlöchern.
Ulrike und Torsten Frener
machen mir klar, dass das
Motto „wachsen oder weichen“ auf der Insel keine
Option ist, die fehlenden
Gülleflächen und Vieheinheiten sowie der Tourismus
erlauben das nicht. Zudem
müssten sie dann noch mehr
Futter teuer vom Festland
importieren.
Freners setzen stattdessen
auf die weitere Optimierung
der Produktion. „Bei den Ferkelzahlen haben wir noch
Luft nach oben“, ist sich
Ulrike Frener sicher. „Vor
allem an den Ferkelverlusten
wollen wir noch feilen, unser
Ziel sind 10 % Saugferkelverluste.“
Zugleich will die Familie
auch in Zukunft in außerlandwirtschaftliche Einkommensquellen
investieren.
Derzeit ist man an einem
Bürgerwindpark und einer
Biogasanlage beteiligt, es
werden mehrere Ferienwohnungen vermietet und ein
Teil des Stromes liefert die
Photovoltaikanlage auf dem
Dach des Sauenstalles.
„Potenzial sehen wir vor
allem bei den Ferienwohnungen. Der Inseltourismus
wächst, und was gibt es schöneres als Urlaub auf einem
Inselbauernhof“, setzen Freners große Hoffnungen in
den Landtourismus.
Kurz vor meiner Abreise
brennt mir noch eine letzte
Frage auf den Nägeln: Was
passiert eigentlich mit toten
Tieren, werden die womöglich nachts klammheimlich
über den Deich geworfen?
Ich erfahre, dass ein Landwirt die Kadaver einsammelt
und den Kühlcontainer am
Fährterminal abstellt. Die
Fährmitarbeiter verladen den
Wagen dann und am Festland wird dieser vom Lkw
der
Tierkörperbeseitigung
abgeholt. Praktisch, diese
Insellösung.
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