THEMA DER WOCHE Endlich: Neues Erbschaftsteuergesetz in Kraft

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20.10.2016
Daten | Fakten | Argumente
THEMA
DER
WOCHE
Endlich: Neues Erbschaftsteuergesetz
in Kraft
Fortschritte …
Positiv ist, dass mit der Neuregelung auch die Grundlage der Erbschaftsteuer – nämlich die
Bewertung von Unternehmen – realistischer gestaltet wurde. Bei dem häufig angewendeten „Vereinfachten Ertragswertverfahren“ wurde der entscheidende Multiplikator des durchschnittlichen
Jahresertrags von derzeit knapp 18 auf 13,75 gesenkt. Das liegt für viele Betriebe noch immer
über dem Marktwert. Aber es führt die der Besteuerung zugrundeliegenden Unternehmenswerte
doch näher an die Praxis heran und reduziert damit die Steuerbelastung. Zudem werden – wie vom
DIHK von Anfang an gefordert – endlich auch die bei Familienunternehmen typischen Verfügungsbeschränkungen berücksichtigt: Wenn etwa die Entnahme von Gewinnen und die Abfindungen
beim Ausscheiden eines Gesellschafters vertraglich begrenzt sind, kann ein Abschlag von bis zu
30 Prozent auf den Wert des begünstigten Betriebsvermögens vorgenommen werden.
… und offene Fragen
im Detail
Allerdings ist der Gesetzestext gerade bei den Vorgaben für die maximal mögliche Gewinnentnahme nicht konkret genug und deshalb so in der Praxis kaum anwendbar. Unklar ist zum
Beispiel, wie der „steuerrechtliche Gewinn“ zu bestimmen ist. Die meisten Gesellschaftsverträge
beziehen sich nicht auf diese Größe, sondern auf den handelsrechtlichen Gewinn. Bei mehr­
gliedrigen Unternehmen muss zudem auf den Konzernabschluss abgestellt werden, sonst läuft
die Regelung bei diesen Unternehmen ins Leere.
Gut ist, dass Erwerber von großen Unternehmensanteilen (über 26 Millionen Euro) die Möglichkeit
erhalten, sich statt einer Verschonungsbedarfsprüfung, inklusive des Einsatzes der Hälfte ihres
Privatvermögens, für ein Abschmelzen des Verschonungsabschlags zu entscheiden. In diesem Fall
verringert sich der Verschonungsabschlag von 85 beziehungsweise 100 Prozent schrittweise, je
deutlicher der Wert des Erbes 26 Millionen Euro überschreitet. Allerdings wurde zugleich die
Möglichkeit eingeschränkt, überhaupt eine 100-prozentige Verschonung in Anspruch zu nehmen.
Das ist nunmehr nur noch möglich, wenn das Verwaltungsvermögen nicht mehr als maximal 20
Prozent des Unternehmenswertes ausmacht. Hier muss die Finanzverwaltung dringend klären, ob
bei der Berechnung dieser Quote auch die Verbindlichkeiten des Unternehmens berücksichtigt
werden können. Auch die Inanspruchnahme einer Stundung wurde von zehn auf sieben Jahre
eingeschränkt. Sie ist auch nur noch im ersten Jahr zinslos, für die weiteren Jahresbeträge werden
hohe Zinsen von aktuell 6 Prozent fällig.
Mittelstand in Zukunft
steuerlich ent- und
nicht belasten
Das Gesetz wird Herausforderungen mit sich bringen, weil bei jeder Detailregelung auf den
genauen Bezugswert zu achten ist: Mal ist das der Wert der Schulden, dann der Wert des Betriebsvermögens, an anderer Stelle der Wert des begünstigten Vermögens oder auch der des
Netto- oder Bruttoverwaltungsvermögens. Hier müssen Verwaltungserlasse dringend für Klarheit
sorgen. Unter dem Strich wird der Mittelstand durch die Neuregelungen insgesamt auf jeden Fall
steuerlich stärker belastet. Auch deshalb sollten Steuerentlastungen für den Mittelstand ganz
oben auf der wirtschaftspolitischen Agenda der kommenden Jahre stehen.
Ansprechpartnerin:
Daniela Karbe-Geßler, DIHK Berlin, Telefon 030 20308-2606
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat seine Aufgabe erfüllt: Nach langem
Ringen wurde eine Einigung bei der Erbschaftsteuerreform erzielt. Bundestag und Bundesrat haben
inzwischen zugestimmt. Die Neuregelungen treten rückwirkend ab 1. Juli 2016 in Kraft, knapp zwei
Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und nach der Frist Ende Juni 2016. Damit
erhalten die eigentümer- und familiengeführten Unternehmen sowie ihre Nachfolger nun endlich
wieder Rechtssicherheit.