Abgeordneter Bernhard Pohl MdL Bernhard Pohl Gutenbergstr. 2a 87600 Kaufbeuren Herrn Stephan Stracke Mitglied des deutschen Bundestages Platz der Republik 1 11011 Berlin AZ 254/16 lö Kaufbeuren, 21. Oktober 2016 Mitglied im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen Sprecher für Haushalts – und Finanzpolitik Sprecher für Vertriebenenpolitik Sprecher für Angelegenheiten der Bundeswehr Länderfinanzausgleich – Kompetenzverlagerungen im Bereich des Bundesfernstraßenbaus/Infrastrukturgesellschaft Sehr geehrter Herr Kollege Stracke, mit großer Verwunderung und auch Verärgerung habe ich Deine gestrige Pressemitteilung zu möglichen Gefahren für den B 12-Ausbau durch die Infrastrukturgesellschaft zur Kenntnis genommen. Dies bezieht sich sowohl auf den Stil als auch auf den Inhalt. Es ist schon befremdlich, wenn ein jüngerer Kollege – und zwar sowohl hinsichtlich des Lebensalters als auch der Parlamentszugehörigkeit – Äußerungen als „unsäglichen Quatsch“ bezeichnet. Ich habe Dich, seit Du dem Deutschen Bundestag angehörst, noch nicht einmal öffentlich kritisiert, und schon gar nicht eine herabsetzende Wortwahl benutzt, obwohl ich bei der Entscheidung über die Schließung des Bundeswehrstandorts Kaufbeuren allen Grund dazu gehabt hätte. Hier hast Du Kaufbeurer Interessen in der Tat nicht gut vertreten, obwohl ich Dir mit der Idee der Privatisierung der Flugsicherungsausbildung und einem Interessenten aus der gewerblichen Wirtschaft eine Steilvorlage geliefert hatte. Deine Pressemitteilung ist aber auch in sachlicher Hinsicht gewagt. Woher nimmst Du Deine Kenntnis über die Vereinbarung der Ministerpräsidenten vom 14. Oktober 2016? Der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, der persönlich für den Freistaat Bayern die Verhandlungen geführt hat, hat in seiner Regierungserklärung am vergangenen Dienstag davon gesprochen, man habe hier einen Kompromiss eingehen müssen. Der Bund habe die Kompetenzverlagerung gefordert. Im Einzelnen sei aber noch Vieles unklar. Ich habe Dich weder während der Rede des Ministerpräsidenten noch bei meiner Erwiderung auf seine Regierungserklärung auf der Besuchertribüne des Landtags entdecken können. Auch der zuständige Ressortminister, Staatsminister Joachim Herrmann, hat am gestrigen Donnerstag im Haushaltsausschuss des Landtags betont, dass sowohl der Zeitpunkt als auch die Details der künftigen Kompetenzverschiebung noch unklar seien. Die gleiche Auskunft erhält man von den zuständigen Fachbehörden. Gutenbergstr. 2a 87600 Kaufbeuren Tel.: 08341 995 4844 Fax: 08341 995 48 45 Mail: [email protected] Wenn Du also weitergehende Erkenntnisse haben solltest als der Ministerpräsident und der zuständige Ressortminister, so solltest Du diese umgehend auf den gleichen Wissensstand bringen. Wenn Du schreibst, dass die Bundesstraßen möglicherweise in der Kompetenz der Länder verbleiben, so beziehst Du Dich auf die „opt.out-Klausel“. Sofern diese in der Endversion so ausgestaltete wird, dass die Länder das Recht haben, die Kompetenz für Bundesstraßen und autobahnähnliche Bundesstraßen zu behalten, wäre die Maßnahme der Infrastrukturgesellschaft zwar entzogen. Aber selbst wenn dies so käme, erhielte der Freistaat Bayern nur noch einen Bruchteil der Mittel, den er bisher für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung hat. Es wird jedem einleuchten, dass dies natürlich zu Lasten der vierspurigen B 12 gehen kann. Es besteht also überhaupt keine Veranlassung, Beruhigungspillen zu verteilen. Ich habe im Übrigen das Gefühl, dass der Bayerische Ministerpräsident trotz des unbefriedigenden Verhandlungsergebnisses die Interessen des Freistaats und seiner Regionen ernsthaft und mit Nachdruck vertritt. Er signalisiert im Übrigen auch den Mitgliedern des Landtags, die nicht seiner Partei angehören, dass er sie ernst nimmt und nach parteiübergreifenden Lösungen sucht. Das kann ich leider bei Dir nicht erkennen. Ich hätte mir gewünscht, dass Du in einer solchen Frage, die sowohl den Bund als auch das Land betrifft, als Bundespolitiker auf die Landtagskollegen zugehst, und zwar nicht nur auf die der CSU, und versuchst, im Interesse der Sache die Kräfte zu bündeln. Habe ich mich hier getäuscht? Ich hatte jedenfalls vor, in der kommenden Woche auf Dich und andere Kollegen zuzukommen, um in einem interfraktionellen Meinungsaustausch nach Wegen zu suchen, das Beste für die Region herauszuholen. Dies scheint mir auch vor dem Hintergrund essentiell, dass die Umstrukturierung ebenso wie die Infrastrukturgesellschaft in der noch verbleibenden Periode des Deutschen Bundestages abschließend auf den Weg gebracht werden dürfte und es derzeit noch völlig unklar ist, wer in welcher Konstellation auf Bundesebene und nach dem September 2018 auch auf Landesebene die Regierung bildet. Mit freundlichen Grüßen Bernhard Pohl Bayerischer Landtag Seite 2 von 2
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