MACRO AND STRATEGY RESEARCH MACRO ALERT Macro Alert MAKRO Wirtschaft FITS-BLITZ F OKUS VOLKSWIRTSCHAFT Auf einen Blick: Zieht sich die Schlinge um Venezuela nun zu? MAR KT EMERGING MARKETS - HIGHLIGHTS ÖLPREIS: VENEZUELA CRUDE OIL BASKET (USD/FASS) § Umtauschangebot für PDVSA-Anleihen stößt auf wenig Interesse § Ölförderung sinkt § Devisenreserven gefährlich niedrig § China verliert offenbar Interesse an Venezuela § Internationale Ölmärkte sollten auf Zuspitzung gelassen reagieren Gefahr eines Zahlungsausfalls in Venezuela steigt Ein Angebot der venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA an ihre Anleihegläubiger, bis Ende 2017 fällige USD-Anleihen gegen Aufstockung des Kupons bis 2020 zu verlängern, stößt offenbar auf wenig Interesse. Das mehrfach verlängerte Angebot läuft am Freitag aus. Sollte die Laufzeitverlängerung scheitern - mindestens die Hälfte der Anleihen sollten „gestreckt“ werden -, müsste PDVSA für die Bonds bis Ende 2017 über 5,3 Mrd. USD aufbringen. Für den Fall des Scheiterns des Tauschs drohte PDVSA mit der Gefahr eines Zahlungsausfalls. Zwar werteten Händler dies z.T. als „Bluff“, um den Swap zu forcieren. Aber welcher Emittent stellt ohne Not seine eigene Zahlungsfähigkeit in Frage? Die Bedienung seiner Anleihen dürfte PDVSA in der Tat zunehmend schwer fallen. Zum einen ist der Preis für venezolanisches Öl mit 43 USD/Fass derzeit sehr niedrig. Zum anderen ist die Ölförderung zuletzt signifikant gefallen. Hintergrund sind zu niedrige Investitionen in den Ausbau der Förderung und die Instandhaltung der Anlagen. Die Einnahmen der staatlichen PDVSA sind auch die Hauptfinanzierungsquelle des Staates, d.h. die Ölmilliarden werden zum größten Teil konsumiert. Für Investitionen bleibt wenig übrig. Da die Privatwirtschaft seit Einführung des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ systematisch ruiniert wird und Nicolás Maduro, der Nachfolger des verstorbenen Hugo Chávez, dessen Kurs fortsetzt, müssen inzwischen selbst einfachste Güter des täglichen Bedarfs importiert werden. Im Land selbst wird außer Rohöl kaum noch etwas produziert. Die Exporte bestehen inzwischen zu 95 % aus Öl und Gas. Etwas anderes, das sich gegen Devisen exportieren ließe, wird kaum mehr hergestellt. Im Lande selbst herrschen gravierende Versorgungsengpässe, und so steigt der Druck der Regierung auf PDVSA, immer mehr „Petrodollars“ an den Staat abzuführen, damit der den Kauf ausländischer Konsumgüter finanzieren kann. Die Devisenreserven sind so schleichend gesunken und liegen inklusive der Goldreserven nur noch bei ca. 11 Mrd. USD. Sollten nun auch noch zwecks Tilgung fälliger USD-Anleihen weitere Milliarden USD abfließen, würde die Luft für den Staat und den staatlichen Konzern PDVSA sehr dünn. Die Anleihen von PDVSA notieren vor diesem Hintergrund entsprechend niedrig. VENEZUELA: ÖLFÖRDERUNG (MIO. FASS/TAG) INTERNATIONALE RESERVEN (MRD. USD) – MIT UND OHNE GOLD KURS: USD PDVSA 2027 (%) Quelle: LBBW Research, Thomson Reuters Uwe Burkert Chefvolkswirt +49 711 127-73462 [email protected] Matthias Krieger Senior Economist +49 711 127-73036 [email protected] 19.10.2016 +++ 12:42 +++ BITTE BEACHTEN SIE DEN DISCLAIMER UND WICHTIGE OFFENLEGUNGSTATBESTÄNDE IM ANHANG-1 MACRO AND STRATEGY RESEARCH MACRO ALERT Volkswirtschaft Emerging Markets Bislang konnte Venezuela immerhin auf die Hilfe Chinas bauen. Die Volksrepublik gewährte Kredite gegen Öllieferungen. 60 Mrd. USD sollen so seit 2007 geflossen sein. Davon schuldet Venezuela dem Reich der Mitte wohl noch rund 20 Mrd. USD. Aber auch China wird die Entwicklung Presseberichten zufolge nun offenbar zu kritisch. Die Volksrepublik hat eigene Probleme und kein Geld zu verschenken. Sollte China seine Kredite in der Tat einstellen, könnte dies die FX-Reserven bedenklich abschmelzen lassen. Infolge des Ölpreisverfalls, des Fördermengenrückganges wegen fehlender Investitionen sowie der weitgehenden Eliminierung der Privatwirtschaft, steckt Venezuela in einer schweren Rezession. Diese könnte kurzfristig nur gemildert werden, wenn sich der Ölpreis schnell und kräftig erholt. Der jüngste Beschluss der OPEC-Staaten, die Fördermengen zu kürzen, dürfte zwar zu einer Erholung des Ölpreises beitragen. Den Bedürfnissen Venezuelas wird dies aber kaum ausreichend Rechnung tragen. Ohne ein Entgegenkommen ausländischer Gläubiger (inkl. Chinas) dürfte es für den Staat und für den staatlichen Ölkonzerns PDVSA zunehmend schwer werden, allen ausländischen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Wegen der extrem angespannten Versorgungslage ist die Inflationsrate bereits deutlich über die Marke von 100 % p.a. gestiegen. Der Bevölkerung wird die Regierung folglich kaum weitere Kürzungen zumuten wollen. Bereits jetzt ist die Stimmung hochexplosiv und das Land steckt nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch in einer schweren Krise. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit von Tag zu Tag, dass man von Regierungsseite bereit sein wird, nun lieber den ausländischen Gläubigern „etwas zuzumuten“. Und da PDVSA vollständig unter Regierungskontrolle steht, gilt das auch für die Bonds des Ölkonzerns. VENEZUELA: BIP (% Y-Y) INFLATIONSRATE (% Y-Y) Quelle: LBBW Research, Thomson Reuters Fazit Noch liegt das Länderrating Venezuelas im CCC-Bereich. Ein Downgrade wird u.E. aber zunehmend wahrscheinlich. Wir raten nach wie vor und wie in unseren Publikationen wiederholt kommuniziert von Engagements in Venezuela ab. International sollten die Auswirkungen im Falle einer Zuspitzung der Krise beherrschbar bleiben. Das große Ölangebot an den Weltmärkten sollte helfen, auch einen Teilausfall venezolanischen Öls kompensieren zu können, so dass die Weltwirtschaft keinen Schaden nimmt. Da Venezuela auch nicht in die sonstigen internationalen Liefer- und Wertschöpfungsketten eingebunden ist und außer Öl kaum etwas produziert, das für die Weltwirtschaft oder seine unmittelbaren Nachbarn von größerer Bedeutung wäre, dürfte es im Falle eines Defaults auch nicht zu internationalen oder größeren regionalen Verwerfung kommen. Anhang - 1 Aufsichtsbehörden der LBBW: Europäische Zentralbank (EZB), Postfach 16 03 19, 60066 Frankfurt am Main und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Postfach 1253, 53002 Bonn / Postfach 50 01 54, 60391 Frankfurt. Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. 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