Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 676 16. Wahlperiode Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu dem Schreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 1. August 2016, Az.: 2 BvR 309/15 Verfassungsbeschwerde gegen § 25 Absatz 3 des PsychischKranken-Hilfe-Gesetzes über die Fixierung untergebrachter Personen Beschlussempfehlung Der Landtag wolle beschließen, in dem oben genannten verfassungsgerichtlichen Verfahren von einer Stellungnahme gegenüber dem Bundesverfassungsgericht abzusehen. 29. 09. 2016 Der Berichterstatter: Der Vorsitzende: Hans-Ulrich Sckerl Dr. Stefan Scheffold Bericht Der Ständige Ausschuss hat das Schreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 1. August 2016 in seiner 3. Sitzung am 29. September 2016 behandelt. 1. Der Ausschussvorsitzende verwies eingangs darauf, dass ein Informationsvermerk der Landtagsverwaltung vorliege, in dem der Sachverhalt des vorliegenden Verfahrens dargelegt sei. Danach wendet sich der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde gegen die im Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz vorgesehene Möglichkeit, dass eine Fixierung untergebrachter Personen ärztlich angeordnet werden kann, ohne dass es einer richterlichen Entscheidung bedarf. Er rügt die Verletzung seines Rechts auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz) in Verbindung mit den verfassungsrechtlichen Vorschriften über freiheitsentziehende und beschränkende Maßnahmen (Art. 104 Abs. 1 und 2 Grundgesetz). Daneben macht er die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes geltend (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz). 1 Ausgegeben: 12. 10. 2016 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 676 Das Bundesverfassungsgericht hat dem Landtag und der Landesregierung mit Schreiben vom 1. August 2016 Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31. Oktober 2016 gegeben. 2. Wie in dem Informationsvermerk dargestellt, ist der Beschwerdeführer auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (PsychKHG) wegen einer schizoaffektiven Störung in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Die Unterbringung wurde gerichtlich angeordnet. Aufgrund starker Aggressivität und Fremdgefährdung wurde der Beschwerdeführer in einem besonders gesicherten Raum in seinem Bett fixiert. Mehrere Lockerungsversuche waren erfolglos. Der Beschwerdeführer rügt, dass eine Fixierung allein aufgrund ärztlicher Anordnung gegen den Richtervorbehalt nach Art. 104 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz verstoße. Dadurch sei sein Grundrecht auf Freiheit verletzt. Der Richtervorbehalt stehe nicht zur Disposition des Landesgesetzgebers. Weiter sieht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes darin, dass bei einer Unterbringung auf zivilrechtlicher Grundlage (§ 1906 BGB) nach der Rechtsprechung für die Fixierung eine gesonderte gerichtliche Entscheidung notwendig ist. 3. Wie der Ausschussvorsitzende erläuterte, äußert sich der Landtag nach der bisherigen Praxis in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren vor allem dann, wenn durch den Ausgang des Verfahrens aus der Sicht des Landtags parlamentsspezifische Belange berührt sein können. In der Regel ist dies bei Rechtsstreitigkeiten zu bejahen, in denen es um parlamentsrechtliche Fragen geht oder Gesetzesbestimmungen angegriffen werden, die der Landtag maßgeblich mitgestaltet hat, oder deren Ausgang auch für den Landtag grundsätzliche Bedeutung besitzt. Ferner kann es Anlass für eine Stellungnahme sein, wenn die Gesetzgebungskompetenz des Landes berührt ist. Der Landtag von Baden-Württemberg hat die angegriffenen Rechtsvorschriften erlassen. Der Beschwerdeführer rügt auch nicht lediglich dessen Auslegung durch die Gerichte oder die Anwendung in seinem konkreten Fall, sondern macht die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes selbst geltend. Das Gesetz geht auf einen Gesetzentwurf der Landesregierung zurück. Das Sozialministerium hat mitgeteilt, dass die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde Stellung nehmen wird. 4. Der Ausschussvorsitzende schlug vor, bei dieser Fallgestaltung von einer Stellungnahme abzusehen. Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, in dem verfassungsgerichtlichen Verfahren von einer Stellungnahme gegenüber dem Bundesverfassungsgericht abzusehen. 12. 10. 2016 Hans-Ulrich Sckerl 2
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