Auswertung der Vernehmlassung

Der Grosse Rat
des Kantons Bern
Le Grand Conseil
du canton de Berne
Kommission für Staatspolitik
und Aussenbeziehungen
Commission des institutions
politiques et des relations
extérieures
2015.PARL.290-39
Stand: 10.10.2016
Verfassung des Kantons Bern (Änderung)
Revisionsbedarf aufgrund der parlamentaparlamenta
rischen Initiativen 185--2013 und 186-2013
Auswertung der Vernehmlassung
18. April 2016 – 15. Juli 2016
Der Grosse Rat des Kantons Bern | Le Grand Conseil du canton de Berne
1
Zusammenfassung
Eingegangen sind 30 Vernehmlassungsantworten: 7 Behörden, 8 Parteien, 2 Interessenverbände, 10 Gemeinden, 1 Regionalkonferenz und 2 Kirchen
gaben eine Stellungnahme ab. 11 der 30 Teilnehmer verzichteten auf Bemerkungen, womit 19 inhaltliche Stellungnahmen vorliegen.
Vernehmlassungsvorlage der SAK
Zustimmende Vernehmlassungsteilnehmer
Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse von Regierungsrat,
Grossem Rat und Volk
Behörden:
Regierungsrat, Justizleitung, Regierungsstatthalter/innen, CJB, CAF
Parteien:
SP, FDP, BDP, EVP, EDU
Verbände:
Berner KMU, Handels- und Industrieverein
Gemeinden: Thun, Langenthal, Lyss, Muri
Anpassung der Bestimmung zu Parlamentsdiensten und
Staatskanzlei
Kirchen:
Kirchgemeindeverband
Behörden:
Regierungsrat, Justizleitung, Regierungsstatthalter/innen, CJB, CAF
Parteien:
SP, FDP, Grüne, BDP, EVP, EDU
Verbände:
Berner KMU, Handels- und Industrieverein
Gemeinden: Thun, Langenthal, Lyss
Verzicht auf Änderungen in weiteren Bereichen der
Kantonsverfassung gemäss Vorschlägen der parlamentarischen Initiativen 185-2013 und 186-2013
Kirchen:
Kirchgemeindeverband
Behörden:
Regierungsrat, Justizleitung, Regierungsstatthalter/innen, CJB, CAF
Parteien:
BDP, EVP, EDU
Gemeinden: Thun, Langenthal, Lyss
Kirchen:
Kirchgemeindeverband
Die Vorschläge der SAK erhalten in der Vernehmlassung breite Zustimmung. Jeweils 17 der 19 inhaltlich Stellung nehmenden Teilnehmer sind mit der
Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse von Regierungsrat, Grossem Rat und Volk sowie der neuen Bestimmung zu den Parlamentsdiensten und zur
Staatskanzlei einverstanden. Insbesondere der Regierungsrat, die Justizleitung und 5 Parteien unterstützen ausdrücklich die Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse, während die Bestimmung zu den Parlamentsdiensten und zur Staatskanzlei insbesondere bei Regierungsrat, Justizleitung und 6 Parteien Zustimmung findet. Im Weiteren sind 12 der 19 inhaltlich Stellung nehmenden Teilnehmer, darunter der Regierungsrat und 3 Parteien, mit der
Einschätzung der SAK einverstanden, dass in den anderen Bereichen, in denen die parlamentarischen Initiativen 185-2013 und 186-2013 noch Handlungsbedarf ausgemacht hatten, kein solcher besteht.
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Im Weiteren werden folgende Änderungen an der Vorlage beantragt, die jedoch immer nur von einem einzigen Vernehmlassungsteilnehmer genannt
werden:
Änderungsantrag
Vernehmlassungsteilnehmer
Ausgabenbefugnisse nur des Regierungsrates moderat erhöhen
Grüne
Ausgabenbefugnisse der Direktionen ebenfalls verdoppeln
CJB
Verordnungsveto prüfen
SVP
Volksvorschlag umbenennen in «Gegenvorschlag von Stimmberechtigten»
SP
Volksvorschlag abschaffen
FDP, Handels- und Industrieverein
Eventualantrag so anpassen, dass er den Volksvorschlag nicht mehr ausschliesst
Grüne
Eventualantrag so anpassen, dass er ein qualifiziertes Mehr im Grossen Rat voraussetzt
Grüne
Der vorgeschlagene Verzicht auf Änderungen bei den gebundenen Ausgaben, bei der Mitwirkung des Grossen Rates auf Voranschlag / Aufgaben- und
Finanzplan, der Mitwirkung des Grossen Rates bei Desinvestitionen und den Zuständigkeiten in ausserordentlichen Lagen ist somit unbestritten.
Allerdings stellen 6 Parteien (SVP, FDP, Grüne, BDP, EVP und EDU), die beiden teilnehmenden Interessenverbände und die Stadt Thun in Frage, ob
die in der Vernehmlassung zur Diskussion gestellten Änderungen eine Verfassungsrevision mit zugehöriger obligatorischer Volksabstimmung im jetzigen Zeitpunkt rechtfertigen. Es wird vorgeschlagen, die Änderungen erst an die Hand zu nehmen, wenn die Verfassung aus anderen Gründen
ohnehin geändert werden muss.
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Übersicht: Grundsätzliche Haltung der Vernehmlassungsteilnehmenden (Zustimmung / Ablehnung, Anträge)
Teilnehmer
Grundsätzliche Haltung
Regierungsrat
-
Der Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird zugestimmt.
Der Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei wird zugestimmt.
Der Fokus auf die beiden vorgeschlagenen Änderungen wird begrüsst.
Justizleitung
-
Die vorgesehenen Änderungen werden begrüsst; insoweit keine Bemerkungen.
Es wäre sach- und stufengerecht, wenn der Justizleitung auch in Zukunft dieselben Ausgabenbefugnisse wie dem
Regierungsrat zukommen würden. Es sei vorstellbar, dass Art. 18 Abs. 2 GSOG im Zuge der Änderung von Art. 89 KV
angepasst würde.
Weder die Justizleitung noch die Stabstelle für Ressourcen würden in der KV erwähnt. Es wird vorgeschlagen, nach
Abschluss der Evaluation zur Umsetzung der Justizreform 2 eine Ergänzung der verfassungsmässigen Verankerung
der Justiz zu prüfen.
Art. 99 KV wiederspiegle nicht mehr die aktuelle Organisation der Strafgerichtsbarkeit. Eine Anpassung dieser Norm,
idealerweise im Rahmen der laufenden Verfassungsänderung, sei wünschenswert.
1. Behörden
-
Verwaltungsgericht
Keine Bemerkungen aus rechtlicher Sicht (zu politischen und fachlichen Fragen äussert sich das Verwaltungsgericht nicht).
Finanzkontrolle
Verweis auf Stellungnahme FK an SAK vom 28.05.2015, keine weiteren Bemerkungen.
Regierungsstatthalter/-innen
(Geschäftsleitung)
Die Vorlage wird vollumfänglich unterstützt.
Conseil du Jura bernois (CJB)
-
Die Verdoppelung der Ausgabenkompetenzen wird unterstützt.
Es wird vorgeschlagen, die Ausgabenkompetenzen der Direktionen ebenfalls zu verdoppeln.
Der Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei wird zugestimmt.
Der Verzicht auf das Verordnungsveto und Änderungen bei Volksvorschlag / Eventualantrag wird begrüsst.
Conseil des affaires francophones du
district bilingue de Bienne (CAF)
-
Die Vorlage wird begrüsst.
Der Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird zugestimmt.
Weitere Aspekte der Revision werden ohne Kommentar zur Kenntnis genommen.
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Teilnehmer
SVP
Grundsätzliche Haltung
-
Bezüglich Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse des Regierungsrats würden sich aufgrund von Erfahrungen der
Vergangenheit Fragezeichen stellen. Eine Änderung sei nicht dringlich.
Die Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei sei weder zwingend noch dringlich.
Das Verordnungsveto sei zu prüfen.
Es wird vorgeschlagen, allfällige Änderungen erst an die Hand zu nehmen, wenn die Verfassung aus anderen Gründen
ohnehin geändert werden muss.
-
Die Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird unterstützt.
Die Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei wird unterstützt.
Es wird vorgeschlagen, den Volksvorschlag in «Gegenvorschlag von Stimmberechtigten» umzubenennen.
Der Verzicht auf Änderungen bei gebundenen Ausgaben, Mitwirkung GR auf VA/AFP, Mitwirkung GR bei Desinvestitionen, Zuständigkeiten in ausserordentlichen Lagen und Verordnungsveto wird unterstützt.
FDP
-
Die Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird begrüsst.
Der Verzicht auf Änderungen bei gebundenen Ausgaben, Mitwirkung GR auf VA/AFP, Mitwirkung GR bei Desinvestitionen, Zuständigkeiten in ausserordentlichen Lagen und Verordnungsveto wird unterstützt.
Es wird beantragt, den Volksvorschlag aus der Verfassung zu streichen.
Die vorgeschlagenen Änderungen werden als nicht derart dringend erachtet, als dass sie in einer eigenen Vorlage zu
Abstimmung gebracht werden müssten. In diesem Sinne wir eine Änderung der Verfassung zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt.
2. Parteien
SP
-
Grüne
-
BDP
-
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Die vorgeschlagene Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird abgelehnt, insbesondere die Erhöhung der Grenzwerte beim fakultativen Referendum. Eine moderate Erhöhung der Kompetenzen des Regierungsrats könnte in Betracht gezogen werden, solange die Grenzwerte beim Referendum bestehen blieben.
Die Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei wird unterstützt.
Es stelle sich die Frage, ob die vorgeschlagenen Änderungen eine Volksabstimmung rechtfertigten.
Es wird beantragt, die Kantonsverfassung so zu ändern, dass zur gleichen Vorlage sowohl ein Eventualantrag als auch
ein Volksvorschlag zulässig ist und der Eventualantrag ein qualifiziertes Mehr im Grossen Rat voraussetzt.
Der Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird zugestimmt.
Die Abbildung der Kompetenzzuteilung von Parlamentsdiensten und Staatskanzlei sei die logische Konsequenz aus
der Parlamentsrechtsrevision.
Eine verbesserte Information des GR zu Desinvestitionen sei wünschenswert, bedürfe aber keiner Verfassungsänderung.
Der Verzicht auf Änderungen bei gebundenen Ausgaben, Mitwirkung GR auf VA/AFP, Mitwirkung GR bei Desinvestitionen, Zuständigkeiten in ausserordentlichen Lagen und Verordnungsveto sowie bei Volksvorschlag, Eventualantrag
5
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Teilnehmer
Grundsätzliche Haltung
-
EVP
-
-
und Stichfrage wird unterstützt.
Es stelle sich die Frage, wie wichtig und dringlich die vorgeschlagenen Änderungen seien, um einen aufwändigen Prozess inkl. obligatorischer Volksabstimmung anzugehen.
Die Einschätzungen der SAK würden im Wesentlichen geteilt: allfälliger Revisionsbedarf bestehe bei den Ausgabenbefugnissen und den Bestimmungen zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei.
Die Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird unterstützt.
Die Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei wird unterstützt.
Der Verzicht auf Änderungen bei gebundenen Ausgaben, Mitwirkung GR auf VA/AFP, Mitwirkung GR bei Desinvestitionen, Zuständigkeiten in ausserordentlichen Lagen und Verordnungsveto sowie bei Volksvorschlag, Eventualantrag
und Stichfrage wird unterstützt.
Es stelle sich die Frage, ob die vorgeschlagenen Änderungen eine Volksabstimmung rechtfertigten, da sie weder dringend noch materiell von entscheidender Bedeutung seien. Falls die Vorlage auf die beiden Änderungen beschränkt
bleiben sollte, werde beliebt gemacht, auf eine Revision zu verzichten und sie vorzunehmen, wenn ohnehin eine Revision anstehen würde.
glp
Verzicht auf Stellungnahme.
EDU
-
-
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Die Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der SAK zur Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse, der Verankerung der
Parlamentsdienste und Beibehaltung von Volksvorschlag und Eventualantrag seien nachvollziehbar. Die Ansicht der
SAK werde geteilt, dass in zwei Bereichen grundsätzlicher Revisionsbedarf bestehe.
Es wird empfohlen, zum heutigen Zeitpunkt auf eine Weiterbearbeitung der Vorlage zu verzichten, denn es sei unverhältnismässig, wegen zwei weder inhaltlich noch zeitlich dringenden Änderungen den aufwändigen Prozess inkl. obligatorischer Volksabstimmung durchzuführen. Dieser Aufwand solle erst betrieben werden, wenn sich weiterer Handlungsbedarf abzeichne.
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Teilnehmer
Berner KMU – Verband der kleinen
und mittleren Unternehmen im Kanton Bern
Grundsätzliche Haltung
-
4. Gemeinden
3. Interessenverbände
-
-
Die Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird unterstützt.
Die Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei wird unterstützt.
Die Änderungen bei Ausgabenbefugnissen und Parlamentsdiensten / Staatskanzlei seien weder wichtig noch dringend; es wird empfohlen, die Vorlage nicht weiter zu bearbeiten.
Bei umfangreichen Devestitionen sei die Einholung einer politischen Legitimation durch das Parlament wünschenswert.
Die Bilanz zu Volksvorschlag und Eventualantrag sei durchzogen; der Volksvorschlag sei nicht unproblematisch, weil
partikuläres Interesse einer Bevölkerungsgruppe einfacher und schneller umgesetzt werden könne; der Eventualantrag
müsse unbedingt bestehen bleiben, damit das Parlament von sich aus eine Alternative vorlegen und ggf. mehrere
Volksvorschläge ausschliessen könne.
Der Verzicht auf Änderungen bei den gebundenen Ausgaben wird unterstützt, aber die Praxis im Umgang mit gebundenen Ausgaben sei entsprechend der Forderung der Finanzkommission zu verbessern.
Der Verzicht auf Änderungen bei der Mitwirkung GR bei VA/AFP und den Zuständigkeiten in ausserordentlichen Lagen
sowie der Verzicht auf das Verordnungsveto wird unterstützt.
Handels- und Industrieverein des
Kantons Bern
-
Verband Bernischer Gemeinden
Keine Bemerkungen, weil die Vorlage keine Relevanz für die Gemeinden habe.
Regionalkonferenz Oberland-Ost
Verzicht auf Stellungnahme, da keine Kernaufgaben der Regionalkonferenz betroffen seien.
Stadt Bern
Verzicht auf inhaltliche Stellungnahme.
Stadt Thun
-
Stadt Langenthal
Zustimmende Kenntnisnahme, Verzicht auf weitere Stellungnahme.
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Der Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird zugestimmt.
Der Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei wird zugestimmt.
Eine Volksabstimmung allein über die beiden beantragten Änderungen sei nicht gerechtfertigt.
Der Eventualantrag habe sich nicht bewährt, seine Beibehaltung sei kein Muss.
Der Volksvorschlag sei abzuschaffen, da die negativen Folgen überwiegten.
Keine Bemerkungen zu den Anträgen SAK betr. Mitwirkung GR bei VA/AFP und Desinvestitionen, Verordnungsveto
und Zuständigkeiten in ausserordentlichen Lagen.
Grundsätzliches Einverständnis mit Vorschlägen der SAK
Die Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird als nachvollziehbar, aber nicht dringlich beurteilt.
Die Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei wird als weder zwingend noch dringend beurteilt.
Der Verzicht auf Änderungen bei Volksvorschlag und Eventualantrag wird begrüsst.
Es sei fraglich, ob die Verfassungsänderung mangels eindeutigen Handlungsbedarfs nicht erst dann erfolgen soll,
wenn die Verfassung aus anderen, zwingenden Gründen geändert werden muss.
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5. Kirchen
Teilnehmer
Grundsätzliche Haltung
Gemeinde Lyss
Vollumfängliche Unterstützung der Vorlage.
Gemeinde Münsingen
Verzicht auf Vernehmlassungseingabe, weil die Änderungen keine unmittelbare Relevanz für Gemeinden hätten.
Gemeinde Muri
-
Gemeinde Ostermundigen
Keine Bemerkungen oder Eingaben.
Gemeinde Worb
Verzicht auf inhaltliche Stellungnahme, weil die Vorlage keine direkten Auswirkungen auf Gemeinde habe.
Gemeinde Zollikofen
Keine Bemerkungen.
Kirchgemeindeverband des Kantons
Bern (kgv | adp)
-
Römisch-katholische Landeskirche
des Kantons Bern (Synodalrat)
Keine Änderungs- oder Ergänzungswünsche.
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Die Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse wird begrüsst.
Verzicht auf formelle Vernehmlassungseingabe, weil die Revision keine direkten Auswirkungen auf Gemeinden habe.
Die Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse sei inhaltlich gerechtfertigt.
Die Bestimmung zu Parlamentsdiensten / Staatskanzlei sei inhaltlich gerechtfertigt.
Die Beschränkung auf die beiden vorgeschlagenen Änderungen wird für angebracht gehalten.
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3
3.1
Wesentlicher Gehalt der Vernehmlassungsantworten
Behörden
Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
Regierungsrat
Der Regierungsrat begrüsse es, dass die SAK eine schlanke Vorlage präsentiere, die sich auf zwei Änderungen fokussiere.
Der Regierungsrat schliesse sich der Schlussfolgerung der SAK an, wonach die
seit 1993 geltenden Schwellenwerte der Ausgabenkompetenzen des Volkes,
des Grossen Rates und des Regierungsrates angesichts der Grösse des Finanzhaushalts überholt seien. Er stimme der vorgeschlagenen Verdoppelung
zu.
Der Regierungsrat stimme auch dem Vorschlag zu, die Parlamentsdienste in
der KV zu nenne und festzuhalten, dass die Staatskanzlei die allgemeine
Stabsstelle des Regierungsrates sei. Er begrüsse, dass im Vortrag zu Art. 83a
KV ausdrücklich erwähnt werde, es solle keine unnötige Parallelverwaltung für
den Grossen Rat aufgebaut werden; der Grosse Rat solle auch vom Fachwissen
der Verwaltung profitieren können.
Keine Bemerkungen.
Justizleitung
Die Justizleitung begrüsse die vorgesehenen Verfassungsänderungen und habe
insoweit keine Bemerkungen. Allerdings werde die Vorlage zum Anlass genommen, um die Frage der verfassungsrechtlichen Verankerung der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft zu thematisieren.
Nach dem geltenden GSOG kämen dem Regierungsrat und der Justizleitung
dieselben Ausgabenbefugnisse zu. Es sei sach- und stufengerecht, wenn dies
auch in Zukunft so bleibe. Die Justizleitung könne sich deshalb vorstellen, Artikel 18 Absatz 2 GSOG im Zuge der Änderung von Art. 89 KV ebenfalls anzupassen.
Die institutionelle Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Justiz sei im Zuge
der Justizreform 2 nicht in der KV verankert, sondern auf Gesetzesstufe geregelt
worden. Weder die Justizleitung noch die Stabsstelle für Ressourcen würden in
der KV erwähnt. Die laufende Evaluation zur Umsetzung der Justizreform 2 setzte sich auch mit der institutionellen Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der
Justiz auseinander. Es werde deshalb vorgeschlagen, nach Abschluss der Eva-
Die Frage der verfassungsrechtlichen Verankerung
von Gerichtsbehörden und Staatsanwaltschaft ist
nicht Thema der Vorlage der SAK. Der Auftrag der SAK
besteht darin, die in den parlamentarischen Initiativen
185-2013 und 186-2013 aufgeworfenen Themen zu bearbeiten; Zweck war nie eine umfassende Revision der
Kantonsverfassung. Eine solche müsste von vornherein
breit angelegt werden. Zudem wurde im Rahmen der
Motion 172-2013 „Prüfung einer Revision der Kantonsverfassung“ (Wüthrich, SP) kein dringender Handlungs- bzw.
Revisionsbedarf in Bezug auf die Kantonsverfassung
ausgemacht, so dass der Grosse Rat die Motion in der
Januarsession 2014 auf Antrag des Regierungsrates
annahm und gleichzeitig abschrieb.
2015.PARL.290-39
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Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
luation eine Ergänzung der verfassungsmässigen Verankerung der Justiz zu
prüfen. Denkbar sei etwa ein neuer Verfassungsartikel, der sich zum Grundsatz
der institutionellen Unabhängigkeit und Selbstverwaltung, zur Justizleitung und
Stabsstelle sowie zu den Ausgabenbefugnissen äussert. Das Anliegen erscheine umso dringender, als mit der vorgesehenen Verfassungsänderung das Ungleichgewicht zwischen Justiz einerseits und Staatskanzlei und Parlamentsdiensten andererseits vergrössert werde.
Artikel 99 KV wiederspiegle nicht mehr die aktuelle Organisation der Strafgerichtsbarkeit: Es gebe keine Kreisgerichte mehr und es bestehe nur noch ein
einziges Jugendgericht. Eine Anpassung der Norm, idealerweise im Rahmen der
laufenden Verfassungsänderung, sei wünschenswert.
CJB
Der CJB unterstütze die Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse. Er schlage
jedoch vor, die Kompetenzen der Direktionen ebenfalls zu verdoppeln.
Der CJB unterstütze den Vorschlag, kein Verordnungsveto einzuführen. Er sei
im Weiteren einverstanden mit der Verankerung der Parlamentsdienste in der
Verfassung und dem Vorschlag, bei Volksvorschlag und Eventualantrag keine
Änderungen vorzunehmen.
Der Vorschlag, die Ausgabenbefugnisse der Direktionen ebenfalls zu verdoppeln, betrifft nicht die Kantonsverfassung, sondern das FLG und ist somit nicht Thema
dieser Vorlage. Es liegt auf der Hand, dass eine Revision
der Kantonsverfassung Änderungen in der Gesetzgebung
nach sich ziehen würden (vorliegend z.B. Art. 78 FLG,
Art. 152 FLV und Art. 18 GSOG).
Anträge
- Auch die Ausgabenkompetenzen der Direktionen verdoppeln
CAF
2015.PARL.290-39
Der CAF stimme dem Revisionsprojekt zu, insbesondere der Anpassung der
Ausgabenbefugnisse des Regierungsrates, des Grossen Rates und des Volks.
Die vorgesehene Verdoppelung wiederspiegle die aktuellen Gegebenheiten und
erlaube es dem CAF, seine politische Mitwirkung weiterhin unter guten Bedingungen ausführen zu können.
Von den weiteren Revisionspunkten nehme der CAF ohne Kommentar Kenntnis,
da sie keinen spezifischen Bezug zum Bilinguismus und zu französischsprachigen Angelegenheiten hätten.
Keine Bemerkungen.
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3.2
Parteien
Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
SVP
Grundsätzlich würden die Einschätzungen der SAK geteilt, wonach bei den Volksrechten und den parlamentarischen Instrumenten prinzipiell kein grosser Handlungsbedarf bestehe. Insgesamt scheine fraglich, ob bei dieser Ausgangslage
überhaupt eine Volksabstimmung über eine Verfassungsänderung durchgeführt werden sollte. Da aus Sicht der SVP kein eindeutiger Handlungsbedarf bestehe, werde vorgeschlagen, allfällige Änderungen erst an die Hand zu nehmen,
wenn die Verfassung aus anderen Gründen ohnehin geändert werden müsse.
Nach der SVP sei zu prüfen, ob das Verordnungsveto eingeführt werden sollte.
Bereits die Existenz eines solchen könnte dazu beitragen, dass der Regierungsrat
beim Entwurf beziehungsweise bei Änderungen von Verordnungen den Willen des
Gesetzgebers respektieren würde.
Fragezeichen stellten sich betreffend Erhöhung der Ausgabenkompetenzen für
den Regierungsrat. Erfahrungen aus der Vergangenheit (bspw. im Falle der Subventionen an das Spiezer Krankenheim Solina, die ohne Rechtsgrundlagen geflossen seien) zeigten, dass ein genaues Hinschauen notwendig sei. Auch erscheine
diese Änderung nicht dringlich.
Eine Erwähnung der Parlamentsdienste in der Verfassung schliesslich würde
zwar die bereits gelebte Struktur abbilden, auch diese Änderung sei aber weder
zwingend noch dringlich und rechtfertige die Änderung der Verfassung und somit
die Durchführung einer Volksabstimmung nicht.
Die vorgeschlagenen Änderungen werden als nicht
dringlich eingestuft und es wird in Frage gestellt, ob
sie eine Volksabstimmung rechtfertigen. Die SAK hat
Verständnis für diese Einschätzung. Da sehr viele Vernehmlassungsteilnehmer sie teilen, beschloss die SAK,
dem Grossen Rat zu beantragen, im jetzigen Zeitpunkt
auf eine Verfassungsänderung zu verzichten.
Anträge
- Einführung des Verordnungsvetos prüfen
2015.PARL.290-39
Im Rahmen ihrer Arbeiten zur parlamentarischen Initiative 185-2013 hat die SAK vertieft geprüft, ob das Verordnungsveto eingeführt werden soll. Sie kam zum
Schluss, dass kein akuter Bedarf für eine verstärkte Mitwirkung des Grossen Rates bei der Verordnungsgebung
besteht. Dies einerseits, weil aus der jüngeren Vergangenheit kaum Fälle vorliegen, in denen sich die Verordnungen des Regierungsrates zu stark vom zugehörigen
Gesetz entfernten. Andererseits verfügt der Grosse Rat
bereits über ausreichende Einflussmöglichkeiten. Erstens kann er auf klare Bestimmungen in den Gesetzen
achten, um den Interpretationsspielraum für die Verordnung einzuschränken. Weiter kann er über Motionen und
parlamentarische Initiativen Gesetzesänderungen anstossen, wenn eine Verordnung sich seiner Meinung
nach ausserhalb des von ihm gewollten gesetzlichen
Rahmens bewegt. Und schliesslich verfügen die Kommissionen über ein Konsultationsrecht zu Verordnungen,
von dem sie auch Gebrauch machen. Aus all diesen
Gründen lehnt die SAK die Einführung des Verordnungsvetos ab.
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Der Grosse Rat des Kantons Bern | Le Grand Conseil du canton de Berne
Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
SP
Die SP begrüsse, dass in folgenden Themenbereichen keine Änderungen vorgeschlagen würden: Zuständigkeiten für gebundene Ausgaben, Mitwirkung Grosser
Rat bei Voranschlag und Aufgaben- und Finanzplan, Mitwirkung Grosser Rat
bei Desinvestitionen, Zuständigkeit bei Ausgaben in ausserordentlichen Lagen,
Verordnungsveto.
Die Erhöhung der Ausgabenbefugnisse für Regierungsrat und Grossen Rat werde unterstützt. Die mit der Parlamentsrechtsrevision beschlossene Definition der
Gebundenheit von Ausgaben werde weiterhin als falsch erachtet. Weil sie jedoch
nicht zur Diskussion stehe, müssten die Aufgabenbefugnisse erhöht werden, um
den Grossen Rat von Kreditgeschäften zu entlasten.
Die SP unterstütze auch die Änderung bei den Parlamentsdiensten. Die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung solle nicht zu einer weitergehenden Aufgabentrennung von Staatskanzlei und Parlamentsdiensten führen, vielmehr solle die
jetzt gefundene Lösung weitergeführt werden. Somit solle die Staatskanzlei auch in
Zukunft Dienste für den Grossen Rat erbringen und der Staatsschreiber als Bindeglied zwischen Grossem Rat und Regierungsrat amten.
Schliesslich schlage die SP vor, am Volksvorschlag festzuhalten, ihn jedoch in
«Gegenvorschlag von Stimmberechtigten» umzubenennen. Im Gesetz über die
Politischen Recht habe die damalige Kommission den Namen aufgrund der geltenden Verfassungsbestimmung nicht ändern können, so dass die erwähnte Bezeichnung als Ausweg in einer Klammerbemerkung ins Gesetz aufgenommen worden
sei.
Mit der Bezeichnung «Volksvorschlag» hat sich die
SAK vertieft auseinandergesetzt. Sie könnte ihres Erachtens in gewissem Masse irreführend sein, weil sie suggeriert, dass die Meinung des «Volks» in der Vorlage der
Behörden nicht berücksichtigt sei. Der Volksvorschlag
könnte also rein aufgrund seines populär klingenden
Namens Stimmen erhalten. Allerdings stellt die Umbenennung eine eher oberflächliche Änderung dar. Aus
diesen Gründen lehnt die SAK eine Umbenennung des
Volksvorschlags ab.
Anträge
- «Volksvorschlag» umbenennen in «Gegenvorschlag von Stimmberechtigten»
FDP
2015.PARL.290-39
Die FDP.Die Liberalen begrüssten die vorgeschlagene Anpassung der geltenden
Schwellenwerte der Ausgabenkompetenzen für Regierungsrat, Grosser Rat und
Volk. Die Werte seien angesichts der gewachsenen Grösse des Finanzhaushalts
überholt. Der Revisionsbedarf werde aber nicht als derart dringend erachtet, dass
die Anpassung in eine eigene Vorlage gepackt werden müsste. In diesem Sinne
werde eine Änderung der Verfassung im jetzigen Zeitpunkt abgelehnt.
Die Schlussfolgerungen der SAK zu den weiteren in der parlamentarischen Initiative 185-2013 genannten Themen würden unterstützt.
Der Volksvorschlag stellt für die Stimmberechtigten ein
Instrument dar, mit dem sie ihren Willen sehr differenziert ausdrücken können. Er ermöglicht eine Konzentration auf die umstrittenen Fragen einer Vorlage und verhindert so die Ablehnung der gesamten Vorlage. Allerdings kann dies auch zu Inkongruenzen in der Gesetzgebung führen. Da der Volksvorschlag eine Variantenabstimmung nach sich zieht, verkompliziert sich durch
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Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
Allerdings überzeugten die Schlussfolgerungen der SAK zur parlamentarischen
Initiative 186-2013 nicht. Die FDP stehe dem Volksvorschlag kritisch gegenüber.
Im Falle einer Verfassungsänderung müsste es gestrichen werden.
ihn das Abstimmungsverfahren. Genau dies hatte im
Kanton Zürich massgeblich zur Abschaffung des konstruktiven Referendums geführt. Heute kennt nur noch
der Kanton Nidwalden ein ähnliches Instrument – die
Abschaffung würde damit die verfügbaren Volksrechte
im Kanton Bern den meisten anderen Kantonen annähern. Allerdings fehlt im Kanton Bern die Evidenz für die
möglichen Problematiken des Volksvorschlags: Bisher
kam es noch zu keinen komplizierten Variantenabstimmungen mit mehreren Volksvorschlägen. Und für eine
aktive Teilnahme der Stimmberechtigten an den demokratischen Prozessen spielt auch die Stabilität der Volksrechte eine wichtige Rolle. Der Volksvorschlag ist im
Kanton Bern etabliert und wird genutzt. Somit ist seine
Abschaffung aus Sicht der SAK nicht angezeigt.
Anträge
- Volksvorschlag abschaffen
Die vorgeschlagenen Änderungen werden als nicht
dringlich eingestuft und es wird in Frage gestellt, ob
sie eine Volksabstimmung rechtfertigen. Die SAK hat
Verständnis für diese Einschätzung. Da sehr viele Vernehmlassungsteilnehmer sie teilen, beschloss die SAK,
dem Grossen Rat zu beantragen, im jetzigen Zeitpunkt
auf eine Verfassungsänderung zu verzichten.
Grüne
2015.PARL.290-39
Die Grünen hätten die beiden parlamentarischen Initiativen 185-2013 und 1862013 im Grossen Rat abgelehnt, weshalb sie erleichtert seien, dass die meisten
damaligen Vorschläge nun durch die Kommission verworfen würden. Die Stossrichtung der parlamentarischen Initiativen, die Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive zu vermischen und zu verändern, lehnten die Grünen ab. So sei
es staatspolitisch fragwürdig, wenn der Grosse Rat auf die Leistungsseite des
Aufgaben- und Finanzplans Einfluss nähme. Bereits heute habe der Grosse Rat
wirkungsvolle Instrumente im Bereich der Finanzplanung, die im Rahmen der Parlamentsrechtsrevision verändert und ausgedehnt wurden.
Die Verankerung der Parlamentsdienste werde inhaltlich unterstützt. Es stelle sich
Nach Ansicht der SAK sind die seit 1993 geltenden
Schwellenwerte der Ausgabenbefugnisse von Regierungsrat und Grossem Rat angesichts des kantonalen
Finanzhaushalts tief. Eine Verdoppelung würde zwar
tatsächlich dazu führen, dass gewisse Vorlagen der
Volksabstimmung nicht mehr zugänglich wären. Dies
würde die Volksrechte jedoch nicht übermässig beschneiden, weil es sich nur um einzelne Vorlagen handelt. Im Gegenzug würden mit der Verdoppelung der
Handlungsspielraum des Regierungsrats erhöht und das
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Der Grosse Rat des Kantons Bern | Le Grand Conseil du canton de Berne
Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
aber die Frage, ob dies zum heutigen Zeitpunkt eine Revision und Volksabstimmung rechtfertige.
Die Verdoppelung der Finanzkompetenzen für Regierungsrat und Grossen Rat
werde abgelehnt. Sie hätte zur Folge, dass das fakultative Referendum bei einmaligen Ausgaben erst ab 4 Mio. Franken und bei wiederkehrenden Ausgaben erst ab
800‘000 Franken möglich wäre. Der Kanton Bern habe zudem im Vergleich zu
anderen Kantonen für das Referendum bereits hohe Hürden (10‘000 Unterschriften
in 3 Monaten). Eine Erhöhung der Kompetenzen beim Regierungsrat könnte in
Frage kommen, z.B. für wiederkehrende Beiträge auf 300‘000 Franken. Aber auch
hier stelle sich die Frage, ob ein Handlungsdruck bestehe, der eine Revision mit
Volksabstimmung rechtfertigen würde.
Der Volksvorschlag sei ein wichtiger Beitrag in der demokratischen Meinungsbildung und der Einflussnahme durch die Zivilgesellschaft. Auch der Eventualantrag
gehöre zu den Instrumenten mit höchstem Differenzierungsgrad. Allerdings habe
bereits mehrfach Missbrauch stattgefunden, indem der Eventualantrag einen
Volksvorschlag ausschliessen und allein zu diesem Zweck gestellt werden könne.
Daher sei zu prüfen, wie die Kantonsverfassung zu formulieren wäre, damit zur
gleichen Vorlage sowohl Eventualantrag als auch Volksvorschlag möglich wären.
Um das Missbrauchspotential zu beseitigen oder zu verkleinern, könnte für den
entsprechenden Beschluss des Grossen Rates ein qualifiziertes Mehr verlangt
werden. Damit könnte sichergestellt werden, dass ein Eventualantrag nicht einfach
von der gleichen Mehrheit beschlossen würde, die bereits die Hauptvorlage verabschiedete. Die Höhe des qualifizierten Mehr könnte in Anlehnung an bestehende
Regelungen festgelegt werden.
Parlament entlastet, nachdem mit der Parlamentsrechtsrevision strengere Kriterien für gebundene Ausgaben
eingeführt wurden. Aus all diesen Gründen ist die SAK
der Überzeugung, dass die Schwellenwerte von Regierungsrat, Grossem Rat und Volk anzupassen sind und
nicht nur jene des Regierungsrates.
Anträge
- Es ist zu prüfen, wie die relevanten Artikel der Kantonsverfassung (insb. Art.
63) zu formulieren wären, damit zur gleichen Vorlage sowohl ein Eventualantrag als auch ein Volksvorschlag zulässig ist und damit der Eventualantrag
nicht mehr bloss zum Zweck verwendet werden kann, einen Volksvorschlag zu
verhindern.
- Es ist zu prüfen, ob auf Verfassungs- oder Gesetzesstufe für den Beschluss
eines Eventualantrags durch den Grossen Rat ein qualifiziertes Mehr verlangt
2015.PARL.290-39
Die Ausschlusswirkung des Eventualantrags gegenüber
dem Volksvorschlag verhindert komplizierte Abstimmungen, in denen die Bürgerinnen und Bürger zwischen dem
Status Quo, der Hauptvorlage, einem Eventualantrag
und möglicherweise mehreren Volksvorschlagen ihre
bevorzugte Variante auswählen müssen. Kritisch zu
beurteilen wäre, wenn der Eventualantrag systematisch
verwendet würde, um bestimmten ausserparlamentarischen Gruppierungen oder Minderheiten eine Mitwirkung
über den Volksvorschlag zu verhindern. Dies konnte
nicht beobachtet werden, auch wenn der Eventualantrag
schon einzig dazu verabschiedet wurde, Volksvorschläge zu verhindern. Der Eventualantrag hat sich im Zusammenspiel mit dem Volksvorschlag gut bewährt. Aus
all diesen Gründen lehnt die SAK eine Abschaffung der
Ausschlusswirkung ab.
Der Vorschlag, für den Eventualantrag ein qualifiziertes
Mehr im Grossen Rat zu verlangen, wurde in der SAK im
Hinblick auf die Vernehmlassung nicht diskutiert. Jedoch
wurde geprüft, ob auch eine Minderheit einen Eventualantrag verabschieden können sollte und ob bei Vorliegen
eines Eventualantrags eine obligatorische Volksabstimmung durchzuführen wäre. Für die Vernehmlassung
entschied sich die SAK jedoch, in diesem Bereich keine
Änderungen zu beantragen, da sich der Eventualantrag
insgesamt bewährt hat und auch im Zusammenspiel mit
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Wesentlicher Gehalt der Eingabe
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BDP
2015.PARL.290-39
werden soll, um dem Missbrauch des Eventualantrags zur blossen Verhinderung eines Volksvorschlags vorzubeugen.
Art. 89 Abs. 2 KV soll wie folgt lauten:
«Er beschliesst über
a. neue einmalige Ausgaben bis 1.5 Millionen Franken,
b. neue wiederkehrende Ausgaben bis 300'000 Franken.»
Mit der Parlamentsrechtsrevision seien einige Inhalte der parlamentarischen Initiativen aufgenommen und zum Teil umgesetzt worden. Der Einfluss des Grossen
Rates in finanziellen Bereichen sei bereits verstärkt worden. Die BDP gehe mit den
Vorschlägen der SAK weitgehend einig, stelle sich aber die Frage, wie wichtig
und dringlich diese Änderungen seien, um einen aufwändigen Prozess mit
obligatorischer Volksabstimmung anzugehen.
Die geltende, 20-jährige Rechtsgrundlage der Höhe der Ausgabenbefugnisse sei
überholt. Allgemeine Kostenerhöhungen und auch die allgemeine Teuerung seien
nicht berücksichtigt worden. Zudem sei das Ausgabenvolumen des Kantons Bern
in dieser Zeitspanne ebenfalls fast um das Doppelte gestiegen. Die BDP stimme
deshalb der vorgeschlagenen Erhöhung der Ausgabenbefugnisse zu.
Aufgrund der Parlamentsrechtsrevision, welche auch betreffend Zuständigkeit der
gebundenen Ausgaben neue Bestimmungen einführte, bestehe kein wesentlicher
Handlungsbedarf und so lehne die BDP eine Änderung in diesem Bereich ab.
Der Verzicht auf Änderungen bezüglich Mitwirkung des Grossen Rates bei Voranschlag und Aufgaben- und Finanzplan werde unterstützt.
Die geltende Zuständigkeit bei den Desinvestitionen sei sinnvoll. Der Verhandlungsprozess solle nicht verzögert oder gebremst werden, denn der Regierungsrat
solle die Verhandlungen vorteilhaft für den Kanton Bern führen können. Eine verbesserte Information zu Händen des Grossen Rates sei wünschenswert, bedürfe
aber auch Sicht der BDP keiner Verfassungsänderung.
Ausserordentliche Lagen bedürften ausserordentliche Handlungsweisen. In vergangenen Krisensituationen konnten die zuständigen Gremien gemäss geltendem
Bemerkungen der SAK
dem Volksvorschlag gut funktioniert. An dieser Einschätzung hält die SAK auch nach der Vernehmlassung fest.
Es wird in Frage gestellt, ob die vorgeschlagenen
Änderungen eine Volksabstimmung rechtfertigen.
Die SAK hat Verständnis für diese Einschätzung. Da
sehr viele Vernehmlassungsteilnehmer sie teilen, beschloss die SAK, dem Grossen Rat zu beantragen, im
jetzigen Zeitpunkt auf eine Verfassungsänderung zu
verzichten.
Die vorgeschlagenen Änderungen werden als nicht
dringlich eingestuft und es wird in Frage gestellt, ob
sie eine Volksabstimmung rechtfertigen. Die SAK hat
Verständnis für diese Einschätzung. Da sehr viele Vernehmlassungsteilnehmer sie teilen, beschloss die SAK,
dem Grossen Rat zu beantragen, im jetzigen Zeitpunkt
auf eine Verfassungsänderung zu verzichten.
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Bemerkungen der SAK
Recht zweckmässig und ausreichend handeln. Eine Änderung der Verfassung
dränge sich nicht auf.
Die BDP gehe mit der Schlussfolgerung der SAK einig, dass bezüglich Verordnungsveto kein akuter Bedarf bestehe.
Nach der Parlamentsrechtsrevision sei die Abbildung der Kompetenzen von Parlamentsdiensten und Staatskanzlei in der Verfassung eine logische Konsequenz.
Volksvorschlag und Eventualantrag seien im Kanton etabliert. Der Volksvorschlag sei ein Instrument, welches der Stimmbürgerschaft eine Willensäusserung
ermögliche, nicht unterschätzt werden dürfe und zu unserem demokratischen Leben gehöre. Zwar zeigten Studien, dass der Eventualantrag wenig bis kaum angewendet werde. Aber deshalb eine Verfassungsänderung vorzunehmen, scheine
der BDP unnötig. Die Stichfrage innerhalb des Abstimmungsverfahrens sei immer
wieder Grund für Diskussionen. Allerdings handle es sich um ein bewährtes System, welches von fast allen Kantonen angewandt werde. Es liege somit kein Grund
vor, im Kanton Bern hier eine Änderung vorzunehmen.
EVP
2015.PARL.290-39
Die EVP lehne eine Änderung der bestehenden und bewährten Bestimmungen
bezüglich Desinvestitionen ab. Die Entscheidkompetenz solle weiterhin beim
Regierungsrat bleiben. Eine verstärkte parlamentarische Mitwirkung würde die
Verhandlungsposition des Kantons nur unnötig schwächen. Sowohl die bei Verkaufsverhandlungen übliche Vertraulichkeit als auch rasche Vertragsabschlüsse
wären ernsthaft gefährdet. Beides könnte sich negativ auf die Verkaufserlöse auswirken.
Der Grosse Rat verfüge nach der Parlamentsrechtsrevision bereits über ausreichende Einflussmöglichkeiten auf Voranschlag und Aufgaben- und Finanzplan.
Die EVP erachte eine noch stärkere Einflussnahme des Parlaments auf die Leistungsseite als unnötig und wenig zielführend. Vielmehr solle der Planungsdialog
zwischen Regierung und Finanzkommission, der sich etabliert und bewährt habe,
weitergeführt werden.
Gerade in ausserordentlichen Lagen sei entscheidend, dass die Regierung rasch
und unbürokratisch handeln könne. Eine verstärkte Mitwirkung des Grossen Rates,
zum Beispiel in Form von Ausgabenbefugnissen bzw. einer Genehmigungskompetenz für Ausgaben ab einer bestimmten Höhe, könnte die Handlungsfähigkeit und
Flexibilität des Regierungsrates unnötig einschränken und sich damit negativ auf
Die vorgeschlagenen Änderungen werden als nicht
dringlich eingestuft und es wird in Frage gestellt, ob
sie eine Volksabstimmung rechtfertigen. Die SAK hat
Verständnis für diese Einschätzung. Da sehr viele Vernehmlassungsteilnehmer sie teilen, beschloss die SAK,
dem Grossen Rat zu beantragen, im jetzigen Zeitpunkt
auf eine Verfassungsänderung zu verzichten.
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Bemerkungen der SAK
eine sofortige und zweckmässige Schadensbehebung auswirken. Die EVP lehne
deshalb einen Ausbau der parlamentarischen Mitwirkungsrechte ab.
Ebenfalls ablehnend stehe die EVP einer verstärkten Mitwirkung des Grossen Rates bei der Verordnungsgebung gegenüber. Das mit der Parlamentsrechtsrevision neu eingeführte Konsultationsrecht der zuständigen Kommissionen sei ausreichend. Die EVP erachte den Dialog zwischen Regierung und Kommissionen als
den zielführenderen Weg. Die Einführung eines Verordnungsvetos könnte zu unerwünschten Verzögerungen von Verfahren führen und auch die Ausführung von
Gesetzesbestimmungen behindern. Zudem würde es gerade für das Milizparlament eine Überforderung darstellen, wenn es die zahlreichen Verordnungen künftig
alle auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüfen müsste.
Die EVP begrüsse es, dass mit der neuen Bestimmung die Parlamentsdienste als
wichtige Stabsstelle des Grossen Rates ausdrücklich in der Verfassung erwähnt
sowie gleichzeitig auch die aktuell bestehenden Aufgaben und Befugnisse der
Staatskanzlei neu abgebildet würden. Die offen gehaltene Formulierung lasse genügend Spielraum für Anpassungen an neue Gegebenheiten.
Die EVP sehe keinen Anlass für Anpassungen bei Volksvorschlag, Eventualantrag und Stichfrage. Dies umso mehr, als sich diese Rechte und Instrumente –
trotz gelegentlich auftretenden Unzulänglichkeiten (z.B. nicht oder widersprüchlich
zur Hauptfrage beantwortete Stichfrage) – gut etabliert hätten und sich auch aus
wissenschaftlicher Sicht keine Änderungen aufdrängten. Die Möglichkeit der
Stimmberechtigen, ihre Willensäusserung differenziert ausüben zu können, sei
höher zu gewichten, als die festgestellten Probleme bei den Variantenabstimmungen. Ein Verzicht auf die Stichfrage sei wenig überzeugend. Dies würde die heute
bestehende differenzierte Meinungsäusserung allzu stark einschränken. Ebenfalls
keinen Anpassungsbedarf bestünde beim Eventualantrag. Auch wenn ein gewisses
Missbrauchspotential (Mittel der Parlamentsmehrheit zu Verhinderung von Volksvorschlägen) nicht von der Hand zu weisen sei, sei dieses Instrument vom Parlament bisher nur wenig angewandt worden und habe insgesamt gut funktioniert. Es
habe sicherlich auch dazu beigetragen, dass bis jetzt nicht gleichzeitig mehrere
Volksvorschläge eingereicht worden seien.
Grundsätzlich stelle sich die Frage, ob die beiden vorgeschlagenen Änderungen eine Verfassungsrevision mit obligatorischer Volksabstimmung rechtfer2015.PARL.290-39
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Bemerkungen der SAK
tigten. Die Bestimmungen seien weder dringend noch materiell von entscheidender Bedeutung. Falls die Revision auf diese beiden Punkte beschränkt bleiben
sollte, mache die EVP beliebt, auf eine Verfassungsrevision zu verzichten und die
Änderungen zu einem Zeitpunkt vorzunehmen, wenn ohnehin eine Revision anstünde.
EDU
2015.PARL.290-39
Die Schlussfolgerungen der SAK, welche eine Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse, eine Verankerung der Parlamentsdienste und die Beibehaltung von
Volksvorschlag und Eventualantrag beinhalten, seien nachvollziehbar. Die EDU
teile die Ansicht der Kommission, wonach in zwei Bereichen grundsätzlich Revisionsbedarf bestehe.
In einer Gesamtbetrachtung komme die EDU jedoch zum Schluss, dass es unverhältnismässig sei, wegen zwei, weder inhaltlich noch zeitlich dringenden
Änderungen den aufwändigen Prozess, welcher in einer obligatorischen
Volksabstimmung ende, durchzuführen. Dieser Aufwand sollte erst betrieben
werden, wenn sich weiterer Handlungsbedarf bei der Kantonsverfassung abzeichne. So empfehle die Partei, zum heutigen Zeitpunkt auf eine Weiterbearbeitung der
Vorlage zu verzichten.
Die vorgeschlagenen Änderungen werden als nicht
dringlich eingestuft und es wird in Frage gestellt, ob
sie eine Volksabstimmung rechtfertigen. Die SAK hat
Verständnis für diese Einschätzung. Da sehr viele Vernehmlassungsteilnehmer sie teilen, beschloss die SAK,
dem Grossen Rat zu beantragen, im jetzigen Zeitpunkt
auf eine Verfassungsänderung zu verzichten.
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3.3
Interessenverbände
Teilnehmer
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Bemerkungen der SAK
Berner KMU
Der Leitende Ausschuss des Gewerbeverbands Berner KMU beurteile die vorgeschlagenen Änderungen weder als wichtig noch dringend und empfehle angesichts des aufwändigen Prozesses, auf eine Weiterbearbeitung der Vorlage
zu verzichten.
Der Verband teile die Einschätzung, dass die Aufgabenbefugnisse des Grossen
Rates und des Regierungsrates bei Gelegenheit erhöht werden könnten. Die geltenden Schwellenwerte seien angesichts der Grösse des kantonalen Haushalts
überholt. Die Volksrechte würden durch eine Verdoppelung der Schwellenwerte
nicht übermässig beschnitten, da nur einzelne Vorlagen der Volksabstimmung
entzogen würden.
Eine Änderung bei den gebundenen Ausgaben sei abzulehnen. Angesichts der
mit der Parlamentsrechtsrevision eingeführten neuen Bestimmungen zur Gebundenheit von Ausgaben zeichne sich kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf ab.
Allerdings sei entsprechend der Forderung der Finanzkommission die Praxis im
Umgang mit gebundenen Ausgaben zu verbessern.
Da der Grosse Rat mit der Parlamentsrechtsrevision bereits ausreichende neue
Einflussmöglichkeiten auf Voranschlag und Aufgaben- und Finanzplan erhalten
habe, pflichte Berner KMU den Schlussfolgerungen der SAK in diesem Bereich zu.
Grössere Desinvestitionen könnten politisch erhebliche Bedeutung erlangen. Die
Frage, ob nicht ab einer bestimmten Höhe der Grosse Rat zuständig sein sollte, sei
daher legitim. Das Argument, dass bei Desinvestitionen im Zusammenhang mit der
Verhandlungsposition und eingereichten Offerten ein rasches Handeln notwendig
sei, um Geschäfte in vorteilhafter Weise abschliessen zu können, gelte nur für
laufende Verkaufsverhandlungen. Ob eine Desinvestition überhaupt in Erwägung
gezogen werden sollte, könnte der Grosse Rat ohne nachteilige Folgen beurteilen
und dabei beispielsweise auch einen Preisrahmen festlegen. Für umfangreichere
Devestitionen sei die Einholung einer politischen Legitimation durch das Parlament
wünschenswert.
Der Schlussfolgerung der SAK sei beizupflichten, dass die in der parlamentarischen Initiative vorgeschlagene Änderung im Bereich der ausserordentlichen
Lagen nicht weiterzuverfolgen seien. Krisensituationen verlangten nach raschem
Die vorgeschlagenen Änderungen werden als nicht
dringlich eingestuft und es wird in Frage gestellt, ob
sie eine Volksabstimmung rechtfertigen. Die SAK hat
Verständnis für diese Einschätzung. Da sehr viele Vernehmlassungsteilnehmer sie teilen, beschloss die SAK,
dem Grossen Rat zu beantragen, im jetzigen Zeitpunkt
auf eine Verfassungsänderung zu verzichten.
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Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
Handeln. Weder grundsätzliche Überlegungen und Vergleiche mit anderen Kantonen und dem Bund noch die Erfahrungen der vergangenen Jahre liessen die
Schlussfolgerung zu, dass die geltenden Verfassungs- oder Gesetzesbestimmungen angepasst werden müssten.
Berner KMU pflichte den Schlussfolgerungen der SAK bezüglich Verordnungsveto und Parlamentsdienste / Staatskanzlei bei.
Nach Ansicht von Berner KMU sei die Bilanz von Volksvorschlag und Eventualantrag durchzogen. Im Vergleich zur Volksinitiative könne mit einem Volksvorschlag sehr viel einfacher und schneller ein partikuläres Interesse einer Bevölkerungsgruppe eingebracht und sogleich umgesetzt werden. Das bei Volksinitiativen
übliche Prüfverfahren und Ausloten anderer politischer Möglichkeiten entfalle weitgehend, was nicht unproblematisch sei. Die Möglichkeit, dass das Parlament mit
einem Eventualantrag von sich aus eine Alternative vorlegt und damit das Ergreifen
von möglicherweise mehreren Volksvorschlägen ausschliesst, müsse unbedingt
bestehen bleiben. Es könne bisher nicht von einem eigentlichen Missbrauch des
Instruments gesprochen werden.
Handels- und Industrieverein
2015.PARL.290-39
Die Anpassung der seit über 20 Jahren geltenden Schwellenwerte der Ausgabenkompetenzen für Regierungsrat, Grosser Rat und Volk werde angesichts der
Grösse des kantonalen Finanzhaushalts grundsätzlich als angezeigt erachtet. Der
Verein stimme damit der Verdoppelung der Schwellenwerte zu.
Den vorgeschlagenen Bestimmungen zu Parlamentsdiensten und Staatskanzlei
werde zugestimmt. Allerdings rechtfertige sich eine Volksabstimmung allein
aufgrund der vorgeschlagenen Änderungen nicht.
Bei den gebundenen Aufgaben sähe der Verein aufgrund der mit der Parlamentsrechtsrevision eingeführten neuen Bestimmungen keinen Handlungsbedarf und
stimme somit dem Verzicht auf eine Änderung inhaltlich zu.
Der Verein vertrete die Auffassung, dass sich der Eventualantrag nicht bewährt
habe. Das Instrument werde höchst selten angewandt. Die Tatsache, dass sich bei
den entsprechenden Volksabstimmungen jedes Mal die Hauptvorlage durchgesetzt
habe, lasse die Notwendigkeit des Instruments mindestens fraglich erscheinen.
Hinzu komme, dass in allen drei Fällen, bei welchen ein Eventualantrag zur Abstimmung gelangte, das Instrument einzig und allein aus taktischen Gründen dazu
gebraucht worden sei, allfällige Volksvorschläge zu verhindern. Zudem falle die
Der Eventualantrag gehört zu den etablierten Instrumenten der Variantenabstimmung der kantonalen demokratischen Systeme. Mit dem Eventualantrag kann eine
Vorlage durch eine ebenfalls ausgewogene Variante des
Parlaments ergänzt werden, welche den Fokus auf die
umstrittenen Passagen lenkt. So wird verhindert, dass
die gesamte Vorlage abgelehnt wird, und werden definitive Entscheide rascher herbeigeführt. Die bisher seltene
Anwendung lässt auf einen umsichtigen Umgang des
Parlaments mit dem Instrument schliessen. Zwar ist nicht
von der Hand zu weisen, dass der Eventualantrag ein
gewisses Missbrauchspotential aufweist, weil er den
Volksvorschlag ausschliesst. Es ist auch bereits vorgekommen, dass ein Eventualantrag einzig mit diesem Ziel
verabschiedet wurde. Nach Meinung der SAK überwiegen aber die Vorteile und die Etablierung des Instruments in vielen anderen Kantonen für seine Beibehal20
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Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
erhebliche Zahl Leerstimmen bei der Stichfrage auf. Die Beibehaltung des Eventualantrags sei mit Blick auf die Situation in anderen Kantonen kein Muss, da über
die Hälft der anderen Kantone über kein ähnliches Instrument verfügten.
Beim Volksvorschlag erscheine grundsätzlich positiv, dass er den Stimmberechtigen — und somit auch ausserparlamentarischen Gruppierungen und Minderheiten
— eine differenzierte Form der direktdemokratischen Mitwirkung ermögliche. Allerdings würden die negativen Folgen überwiegen: Die Ausgewogenheit der in parlamentarischer Diskussion erarbeiteten politischen Erlasse sei gefährdet. Die Kompromissfindung im Grossen Rat nehme im Hinblick auf die Unsicherheit eines
Volksvorschlags ab. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Qualität des Volksvorschlags angesichts der kurzen Referendumsfrist bzw. des hohen Zeitdrucks bei
dessen Ausarbeitung leide. Wie beim Eventualantrag komme es auch bei einem
Volksvorschlag zu einer erheblichen Verkomplizierung der Abstimmungsfragen.
Die Problematik sei noch höher einzuschätzen, weil theoretisch mehrere Volksvorschläge zum gleichen Thema zur Abstimmung gelangen könnten. Auch die Erfahrungen aus bisherigen Abstimmungen würden nicht für eine Beibehaltung sprechen, habe sich doch in allen drei Fällen, in denen Grossratsvorlage und Volksvorschlag in der Hauptfrage eine Mehrheit erzielten, ein widersprüchliches Resultat
bei der Stichfrage ergeben. Dies seien klare Indizien dafür, dass das Instrument
viele Stimmberechtigte überfordere bzw. eine gewisse Demokratiemüdigkeit zur
Folge habe, welche Stimmabstinenz bewirke. Die Abschaffung des Volksvorschlags im Kanton Bern würde im Resultat nur dazu führen, dass dieselben Mitwirkungsmöglichkeiten bestünden wie in praktisch allen anderen Kantonen. Insgesamt
plädiere der Verein aus all diesen Gründen für eine Abschaffung des Instruments.
Zu den weiteren Revisionsvorschlägen gäbe es keine Bemerkungen.
tung. Auch im Zusammenspiel mit dem Volksvorschlag
hat der Eventualantrag bisher letztlich gut funktioniert.
Anträge
- Volksvorschlag abschaffen
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Wie der Eventualantrag bietet auch der Volksvorschlag
einen sehr hohen Grad der Differenzierung für die Willensäusserung der Stimmberechtigten. Er ermöglicht
eine Konzentration auf die umstrittenen Fragen einer
Vorlage und verhindert so die Ablehnung der gesamten
Vorlage. Allerdings kann dies auch zu Inkongruenzen in
der Gesetzgebung führen. Da der Volksvorschlag eine
Variantenabstimmung nach sich zieht, verkompliziert
sich durch ihn das Abstimmungsverfahren. Genau dies
hatte im Kanton Zürich massgeblich zur Abschaffung des
konstruktiven Referendums geführt. Heute kennt nur
noch der Kanton Nidwalden ein ähnliches Instrument –
die Abschaffung würde damit die verfügbaren Volksrechte im Kanton Bern den meisten anderen Kantonen annähern. Allerdings fehlt im Kanton Bern die Evidenz für die
möglichen Problematiken des Volksvorschlags: Bisher
kam es noch zu keinen komplizierten Variantenabstimmungen mit mehreren Volksvorschlägen. Und für eine
aktive Teilnahme der Stimmberechtigten an den demokratischen Prozessen spielt auch die Stabilität der Volksrechte eine wichtige Rolle. Der Volksvorschlag ist im
Kanton Bern etabliert und wird genutzt. Somit ist seine
Abschaffung aus Sicht der SAK nicht angezeigt.
Es wird in Frage gestellt, ob die vorgeschlagenen
Änderungen eine Volksabstimmung rechtfertigen.
Die SAK hat Verständnis für diese Einschätzung. Da
sehr viele Vernehmlassungsteilnehmer sie teilen, beschloss die SAK, dem Grossen Rat im jetzigen Zeitpunkt
Verzicht auf eine Verfassungsänderung zu beantragen.
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3.4
Gemeinden und Regionalkonferenzen
Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
Bern
Auf die Stadt Bern hätten die vorgeschlagenen Änderungen höchstens insofern
eine indirekte Auswirkung, als die vorgeschlagene Erhöhung der Ausgabenkompetenzen zur Folge habe, dass weniger Vorlagen dem fakultativen Referendum
zugänglich wären. Dies könnte zu einer geringfügigen Abnahme von kantonalen
Abstimmungsgeschäften führen, womit sich auch der Aufwand der Stadt Bern bei
der Vorbereitung und Durchführung der Abstimmungen verringern würde. Vor diesem Hintergrund verzichte der Gemeinderat auf eine inhaltliche Stellungnahme.
Keine Bemerkungen.
Thun
Der Gemeinderat teile grundsätzlich die Einschätzungen der SAK. Begrüsst würde
insbesondere der Verzicht auf Änderungen bei Volksvorschlag und Eventualantrag. Das Erfordernis einer Modifikation scheine nicht gegeben, zumal die geprüften Änderungsmöglichkeiten teilweise erhebliche Nachteile aufwiesen.
Die Erhöhung der Ausgabenkompetenzen scheine nachvollziehbar, wenn auch
nicht dringlich.
Mit der Abbildung der Parlamentsdienste und der Änderung der Bestimmung zur
Staatskanzlei würde die aktuelle Situation genauer abgebildet, die Änderung sei
jedoch weder zwingend noch dringlich.
Insgesamt sei deshalb fraglich, ob überhaupt eine Verfassungsänderung vorgenommen werden solle oder ob die geplanten Änderungen mangels eindeutigen
Handlungsbedarfs nicht erst dann erfolgen sollten, wenn die Verfassung aus anderen, zwingenden Gründen ohnehin geändert werden müsse.
Die vorgeschlagenen Änderungen werden als nicht
dringlich eingestuft und es wird in Frage gestellt, ob
sie eine Volksabstimmung rechtfertigen. Die SAK hat
Verständnis für diese Einschätzung. Da sehr viele Vernehmlassungsteilnehmer sie teilen, beschloss die SAK,
dem Grossen Rat zu beantragen, im jetzigen Zeitpunkt
auf eine Verfassungsänderung zu verzichten.
Lyss
Der Gemeinderat könne die vorgeschlagenen Änderungen vollumfänglich unterstützen.
Keine Bemerkungen.
Muri
Da die Verfassungsrevision keine direkten Auswirkungen für die Gemeinden habe,
werde auf eine formelle Vernehmlassungseingabe verzichtet.
Die angestrebte Verdoppelung der Ausgabenbefugnisse werde begrüsst, da dadurch Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen erzielt werden könnten. Zu
gegebener Zeit könnte sich die Revision positiv auf eine allfällige Anpassung der
kommunal geltenden Ausgabenkompetenzen (Gemeinderat / Grosser Gemeinderat
/ Stimmvolk) auswirken.
Keine Bemerkungen.
2015.PARL.290-39
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3.5
Kirchen
Teilnehmer
Wesentlicher Gehalt der Eingabe
Bemerkungen der SAK
Kirchgemeindeverband
Die von der Kommission formal vorgenommene Beschränkung auf die Thematik
der Schwellenwerte gemäss Art. 62 und 89 KV und auf die Präzisierung bezüglich
Parlamentsdienste / Staatskanzlei werde als angebracht beurteilt. Die Verdoppelung der Schwellenwerte und die vorgeschlagenen Art. 83a und 92 Abs. 2 KV würden inhaltlich als gerechtfertigt erachtet.
Keine Bemerkungen.
2015.PARL.290-39
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