Vereinsvertreter müssen über den Tellerrand schauen

Finanzierungsquellen für Turnvereine
Vereinsvertreter müssen über den Tellerrand schauen
In den niedersächsischen Turnvereinen wird flächendeckend hervorragende Arbeit für die unterschiedlichen Sportarten geleistet. Der Sportbetrieb wird mit großem Engagement der Übungsleiter tagtäglich am Laufen gehalten, Jugend-, Senioren- und Frauenwarte setzen sich für zielgruppenspezifische Interessen ein und initiieren Projekte, der Vorstand kümmert sich um die Geschäftsfähigkeit des Vereins. Über allem steht
allerdings für fast jeden Verein die Herausforderung, für all das ausreichend finanzielle Mittel zu generieren. Sportplätze wollen instandgehalten
werden, Geräte müssen angeschafft, Gebühren und Übungsleiterentschädigungen bezahlt werden. Aber welche Möglichkeiten haben Vereine,
sich finanziell über Wasser zu halten?
Eine solide finanzielle Basis des Vereins sorgt auch morgen wieder für fröhliches Kinderlachen in der Turnhalle
Die aktuell größten Herausforderungen für Vereine sind der demografische Wandel, das Akquirieren von Ehrenamtlichen und Freiwilligen sowie
der steigende Konkurrenzdruck seitens der kommerziellen Sportanbieter. All diese Aspekte wirken sich auf die Finanzlage kleiner aber auch
größerer, mitgliederstärkerer Vereine aus. Sich bei der Finanzierung des
Übungs- und Wettkampfbetriebes allein auf Mitgliedsbeiträge und einzelne Spenden zu verlassen, kann sich kaum ein Verein mehr leisten. Doch
dank immer vielseitiger werdender Finanzierungsmöglichkeiten, kann jeder Verein seine eigene finanzielle Zukunft mitbestimmen und lenken.
Die unterschiedlichen Finanzierungsquellen schaffen Perspektiven, erfordern jedoch eine zum Teil intensive Auseinandersetzung mit dieser
Thematik sowie in jedem Verein eine eigens dafür zuständige Person.
Auch wenn Mitgliedsbeiträge und Spenden als Finanzierungsquellen bei
wachsendem Konkurrenzdruck hinsichtlich des sportlichen Angebots
nicht mehr die einzigen Möglichkeiten sind, mit denen Vereine überleben, so sind dies immer noch die meistgenutzten. Laut Sportentwicklungsbericht 2016 setzen 100 Prozent der Vereine in ganz Deutschland
ihre Mitgliedsbeiträge und gut 74 Prozent Spenden zur Finanzierung ein.
Insbesondere kleine, ländliche Vereine mit wenigen Mitgliedern können
sich aber kaum ausschließlich über diese Einnahmen finanzieren. Ent-
NTB-MAGAZIN 10/2016
scheidend für die finanzielle Sicherheit eines Vereins sind deshalb auch
Zuschüsse aus verschiedenen Töpfen: Landkreise, Städte und Gemeinden gewähren ihren Turn- und Sportvereinen ebenso Zuschüsse (48,6
Prozent) wie Sportorganisationen, beispielsweise der LandesSportBund
(LSB) sowie die Kreis- und Stadtsportbünde (47,2). Diese richten sich
beispielsweise nach Anzahl der Übungsleiter und können von jedem Verein in Anspruch genommen werden. Baukostenzuschüsse werden hingegen nur für Vereine gewährt, die eigene Immobilien besitzen. Jedoch
beträgt dieser Zuschuss deutlich weniger als die Hälfte, weshalb viele
finanzschwache Vereine von Bauvorhaben absehen; die verbleibenden
70 oder 80 Prozent können viele einfach nicht aufbringen. Dabei könnte
sich eine eigene Immobilie, wie eine Sporthalle, durchaus positiv auf die
Gesamtentwicklung des Vereins auswirken. Eine Herausforderung, der
sich der LSB künftig stärker widmen muss, um die vorhandene Ungleichverteilung zwischen Ost- und Westniedersachsen auszugleichen.
Das Thema Sponsoring kann als Finanzierungsquelle an dieser Stelle
durchaus vernachlässigt werden, weil diese für die meisten Vereine in
Niedersachsen kaum in Frage kommt. Voraussetzungen sind nämlich
neben einer entsprechenden Personalkapazität unter anderem auch
sportlicher Erfolg der Mitglieder bestenfalls auf nationaler Ebene.
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TITELTHEMA
Aktionsprogramme zur Förderung von Vereinsprojekten
Attraktiver sind für die Turn- und Sportvereine in Niedersachsen hingegen verschiedene Aktionsprogramme, Wettbewerbe sowie die Akquise
von Stiftungsgeldern. So haben wir zuletzt auch in Niedersachsen in
zahlreichen Vereinen einen ungeheuren Einsatz für die zu uns kommenden Flüchtlinge erlebt. Auch einzelne Programme für Menschen
mit Behinderung, spezielle Aktionen für Männer und Frauen gehören
zu förderungswürdigen Maßnahmen. Zwar sind diese Programme in der
Regel nicht langfristig angelegt, sondern von der jeweils aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung abhängig. Doch insgesamt gesehen, kann
die Durchführung solcher Maßnahmen der Gesamtentwicklung eines
Vereins weiterhelfen. Wichtig ist aber, dass die Vereine hierfür eine gewisse Aufmerksamkeit entwickeln und ihr Ohr immer am Puls der Zeit
haben. Im besten Fall gebe es für diese Belange eine verantwortliche
Person, die sich im Verein um die Antragsstellung kümmert.
Ebenso ist die Teilnahme an Wettbewerben, wie „Das Grüne Band“,
oder „DiBaDu und Dein Verein – 1.000 Euro für 1.000 Vereine“ ratsam. Ehrenamtspreise werden von vielen Städten ausgelobt, und zu
guter Letzt bieten sich immer wieder Stiftungen als Finanzierungsquelle für einzelne Projekte an. So hat die Niedersächsische Lotto-SportStiftung einen so genannten Stiftungswegweiser herausgegeben, an
dem sich Vereine orientieren können (s. Kasten). Zu beachten ist dabei allerdings, dass viele Stiftungen laut ihrer Förderungsgrundsätze
keine Personal- und keine Baukosten finanzieren. Kleinere Stiftungen,
wie die Niedersächsische Kinderturnstiftung, fördern auf Antrag kleinere Projekte im Bereich Kinderturnen.
Neben all diesen unterschiedlichen Finanzierungsaspekten empfiehlt
sich im Einzelfall – sollte ein Verein in finanzielle Nöte geraten – auch
schon einmal eine Beitragserhöhung. Das aber nur, wenn sich herausstellt, dass der Verein in den vergangenen Jahren deutlich unterdurchschnittliche Mitgliedsbeiträge erhoben hat. Besonders wichtig ist die
Kontaktpflege zu den Kreis- und Stadtsportbünden hinsichtlich ihrer
Fördermöglichkeiten. Plant der Verein ein förderungswürdiges Projekt?
Engagieren sich Übungsleiter besonders hinsichtlich Integration und Inklusion?
Wichtig und möglicherweise existenzsichernd ist es, stets über den Tellerrand zu schauen und wertvolle eigene Projekte in die Öffentlichkeit
zu transportieren. Denn das hilft am Ende allen: dem Übungsleiter, der
sein Angebot weiterentwickeln möchte, den Fachwarten, die der jeweiligen Zielgruppe gerecht werden wollen, und dem Vorstand, der im besten
Fall keine schlaflosen Nächte mehr haben muss, wenn er darüber nachdenkt, wie die nächste Gebäudesanierung finanziert werden soll.
Übungsleiter leisten hervorragende Arbeit in den Vereinen
Fotos und Titelfoto: Lars Kaletta
HEIKE WERNER
Infos:
Ein Wegweiser. Stiftungen und Sport in Niedersachsen
www.lotto-sport-stiftung.de
Niedersächsische Kinderturnstiftung
www.kinderturnstiftung-nds.de
Engagiert. Der Niedersachsenpreis für Bürgerengagement
www.unbezahlbarundfreiwillig.de
Die erfolgreiche Teilnahme an einem Wettbewerb kann einem Verein eine
finanzielle und personelle Perspektive bieten
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NTB-MAGAZIN 10/2016