diesel-anteil bei neuwagen sinkt auf 5- jahres-tief

GRÖSSTES MINUS BEI PORSCHE, BMW UND VW
DIESEL-ANTEIL BEI NEUWAGEN SINKT AUF 5JAHRES-TIEF - WEITERER ABSTURZ ERWARTET
Sonntag, 09.10.2016, von FOCUS-Online-Redakteur Sebastian Viehmann
Der Anteil von Diesel-Fahrzeugen an den Neuzulassungen ist in Deutschland auf weniger als
45 Prozent gesunken - der niedrigste Anteil seit fünf Jahren. FOCUS Online zeigt, welche
Hersteller den größten Rückgang verzeichnen.
Der Anteil der Diesel-Pkw unter den Neuzulassungen ist im Monat September auf einen
neuen Tiefststand gefallen. "Mit 44,6 Prozent liegt der Diesel-Anteil auf dem niedrigsten
Wert seit 66 Monaten. Seit dem Monat April 2011 war der Anteil bei in Deutschland neu
verkauften Pkw noch nie so tief", sagt Professor Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center
Automotive Research (CAR).
SCHON 2017 DIESEL-ANTEIL UNTER 40 PROZENT?
Dudenhöffer rechnet damit, dass der Anteil in den kommenden Jahren stetig weiter sinken
wird - und schon Ende 2017 auf unter 40 Prozent fallen könnte. "Mit Dieselgate hat die große
Käufer-Verunsicherung eingesetzt. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass sich die Talfahrt in
den nächsten Monaten weiter beschleunigt.
Der Diesel-Antrieb ist zum Risikofaktor
geworden", glaubt Dudenhöffer.
Zwar hat sich die Bundesregierung offiziell
gegen Diesel-Fahrverbote ausgesprochen,
doch diese könnten durch Gerichtsurteile
zur Luftreinhaltung quasi unvermeidbar
werden .
BEI DIENSTWAGEN GEHT
NOCH NICHTS OHNE DEN
DIESEL
Der Dieselantrieb ist im DienstwagenBereich trotz eines Rückgangs um fünf
Prozent mit 70 Prozent Anteil weiter die mit
Abstand wichtigste Antriebsart. Allerdings:
Im Privatkäufer-Segment sieht das anders
aus. "Nur noch 29 Prozent aller Neuwagen
von Privatkäufern wurden in den letzten
Monaten noch mit Dieselantrieb gekauft. Im
ersten Halbjahr 2015 - also vor Dieselgate lag der Anteil bei 33 Prozent", sagt
Automarkt-Experte Dudenhöffer.
Die größten Marktanteils-Rückgänge bei
Dieselautos im Vergleich zum Vorjahr
Mehr zum Diesel im neuen Buch „Wer
kriegt die Kurve?“
verzeichnen aktuell die Hersteller Porsche (minus 5,7 Prozent), BMW (minus 3,8 Prozent)
und VW (minus drei Prozent). Den geringsten Rückgang verzeichnet Opel mit einem Minus
von einem Prozent.
Center Automotive Research (CAR) So entwickelt sich der Diesel-Anteil bei deutschen Autobauern
Niedrigster Dieselanteil seit über 5 Jahren
DRAMATISCHER STURZFLUG: IMMER WENIGER WOLLEN
DIESEL FAHREN
am 10. Oktober 2016
Der Anteil der Diesel-Pkw unter den Neuzulassungen ist im September 2016 auf
einen neuen Tiefststand gefallen. Mit 44,6 Prozent liegt der Dieselanteil auf dem
niedrigsten Wert seit April 2011. Schon im August 2016 sackte der Stand auf
45,3 Prozent ab.
Abb. 1: Die Entwicklung der Pkw-Diesel-Anteile in Deutschland seit Oktober 2015. Bild: CAR
Seit April 2011 war der Anteil der in Deutschland neu verkauften Diesel-Pkw nicht
mehr so tief wie jetzt. Mit 44,6% im September 2016 liegt der Diesel-Anteil auf seinen
niedrigsten Wert seit 66 Monaten. Obwohl bereits im Monat August mit 45,3% ein 65
Monatstiefstand vorlag, sind die Anteile im September weiter eingebrochen. Der
Diesel verliert in rasantem Tempo Marktanteile.
Noch im Januar des Jahres 2015 wurden 50,6 Prozent aller Neuwagen als Diesel
gekauft. Mit Dieselgate hat die große Käufer-Verunsicherung eingesetzt. Alle
Anzeichen sprechen dafür, dass sich die Talfahrt in den nächsten Monaten weiter
beschleunigt. Der Diesel-Antrieb ist zum Risikofaktor geworden. Diskussionen um
blaue Umweltplaketten, um Diesel-Fahrverbote in deutschen Großstädten nach dem
Urteil des Verwaltungsgerichts in Düsseldorf, die permanente Verletzung der
Luftreinhaltqualität in mehr als 40 deutschen Ballungszonen mit dem StickoxidHauptverursacher Diesel immer stärker zu.
In Abb. 1 des CAR (Center Automotive Research) an der Universität Duisburg-Essen
ist der Verlauf der Einbruch der Dieselanteile seit Ausbruch des Dieselskandals im
Jahr 2015 eingezeichnet. Gleichzeitig ist hier eine Prognosefunktion, aufbauende auf
den letzten 12 Monaten nach Dieselgate erstellt worden und in Abb. 1 eingezeichnet.
Das Ergebnis: Bereits vor dem Ende des Jahres 2017 wird der Dieselmarktanteil in
Deutschland unter 40 Prozent fallen. Dabei ist die Prognose eher konservativ, denn
die Geschwindigkeit der negativen Meldungen zum Diesel steigt, Fahrverbote und
blaue Plaketten rücken näher.
BRISANT: KAUM TECHNISCHE LÖSUNGEN FÜR ECHTEN
FAHRBETRIEB
Wie brisant das Thema Diesel für die Autobauer ist, zeigen die Abgastests zu DieselNeuwagen von unabhängigen Prüf-Instituten. Selbst die Euro-6-Dieseltechnologien
verletzen im echten Fahrbetrieb in Großstädten deutlich die EU-Grenzwerte. Auf der
einen Seite würden die Kosten davon laufen, sollten die großflächigen
Zusatzreinigungen eingebaut werden. Zum anderen wären laut dem CAR die
einigermaßen akzeptierbaren, zeitlichen Umrüstungspläne bei den neuen
Fahrzeugen für die meisten Autobauer so gut wie ausgeschlossen.
Abb. 2: Moderne EURO 6 Diesel überschreiten Grenzwerte
BMW X5
sDrive
25d
Opel
Mokka
1.6 CDTI
Renault
Espace
dCi 160
Renault
Megane
dCi 160
Seat Leon
2.0 TDI
VW Tiguan
2.0 TDI 4M
Volvo
XC 90
D5
Stadt g/km
0,247
0,209
2,41
1,215
0,19
0,066
0,629
Grenzwert
NOx g/km
0,08
0,08
0,08
0,08
0,08
0,08
0,08
Überschreitung
3,1-fache
2,6fache
30,1fache
15,2fache
2,4-fache
keine
7,9fache
Quelle: Emissions Analytics, auto-motor-sport, eigene Berechnungen
Wie schlecht die Dieseltechnik im realen Fahrbetrieb beim Schlüsselthema Stickoxid
(NOx) funktioniert zeigt die Tabelle. Das Analyse-Institut „Emission Analytics“ hat
neue Abgastests durchgeführt und herausgefunden, dass selbst neue PremiumModelle wie der BMW X5 oder Volvo XC 90 die Grenzwerte im Stadtbetrieb bis zu
dem 7,9-fachen überschreiten. Die Großraumlimousine Renault Espace zeigt gar
Limit-Überschreitungen bis zum 30-fachen. Wie hier schnelle Lösungen aussehen
können und was sie kosten würden ist eine mehr als offene Frage. Damit könne laut
CAR nicht ausgeschlossen werden, dass mögliche Dieselfahrverbote in Großstädten
selbst auf Neuwagen zukommen, die mit der Norm Euro 6 zertifiziert sind.
DEUTSCHE AUTOKÄUFER PROBEN AUSSTIEG AUS
DIESEL
Am höchsten ist der Dieselanteil bei Firmenwagen, der Domäne der deutschen
Autobauer, mit noch knapp 70 Prozent. Im ersten Halbjahr 2015 – also vor dem
Dieselgate – lag der Anteil noch bei 75 Prozent. Ähnliches gilt im Markt für
Privatkäufer: Hier waren nur noch 29 Prozent aller Neuwagen in den letzten Monaten
noch mit Dieselantrieb. Hier lag im ersten Halbjahr 2015 der Anteil bei 33 Prozent.
Laut dem CAR ginge es nun mit dem Diesel rapide nach unten und die
Zulassungsstatistik reagiert eher zeitverzögert – denn Neuwagen, die heute
kundenindividuell bestellt werden haben zu Teil Lieferzeiten von drei Monaten und
mehr.
In den nächsten Monaten muss man mit weiteren Gerichtsurteilen gegen den Diesel
rechnen. Düsseldorf sei nur ein Anfang. Sobald die erste Durchfahrtsperre
ausgesprochen wird, würde laut CAR auch die Gebrauchtwagenpreise für DieselPkw fallen. Schlechtere Gebrauchtwagenpreise implizieren höheren Wertverlust und
damit beim Leasing höhere Leasingraten. Damit dürfte dann das wichtige
Firmengeschäft in Mitleidenschaft gezogen werden. Bei Firmenfahrzeugen hat der
Diesel eine besondere Rolle.
Ein Jahr nach dem VW-Skandal ist laut CAR deutlich erkennbar, dass sich die Welt
der Autobauer geändert hat. Man müsse schneller Auswege aus dem Diesel finden,
erklärt das Center. Der schnelle Ausstieg sei aber nicht umsonst zu haben. Die
Gewinne der deutschen Autobauer werden durch die Rückgänge im Dieselgeschäft
tangiert. Gerade bei Firmenwagen sind Diesel-Fahrzeuge hoch motorisiert, also mit
hohen Gewinnen versehen. Ein Umstieg auf Benzin bedeutet oft auch einen
kleineren Motor, und damit weniger zusätzlicher Gewinn.
2016 bleibt noch eine Art „Übergangsjahr“ wie die Trendprognose aus Abb. 1 zeigt.
Im Jahr 2017 ist das gute Echo verhallt, die Dieselanteile bewegen sich auf die 40Prozent-Grenze. Das schmerzt die deutschen Autobauern am stärksten und die
Gefahr steigt, dass zusätzlich Strafzahlungen an die EU wegen Nicht-Erfüllung der
CO2-Wert geleistet werden müssen. Der Ausstieg aus dem Diesel ist für die
Aktionäre schmerzlich.