Manuskript

SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Musikstunde
Reisen in die Antike: Römische Kaiser (5)
Von Rainer Damm
Sendung:
Redaktion:
Freitag 13. Oktober 2016
(Wiederholung von 2013)
9.05 – 10.00 Uhr
Ulla Zierau
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere
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„Musikstunde“ mit Rainer Damm
Reisen in die Antike: Römische Kaiser 5
SWR 2, 10. Oktober - 14. Oktober 2016, 9h05 – 10h00
Heute mit Rainer Damm
In der Nacht des 12. Oktober 54 n.Chr. tanzten einige spärlich bekleidete
Mädchen vor dem Bett des greisen Kaisers Claudius. Der Imperator sah dem
Treiben mit ausdruckslosen Augen zu. Nur einer der Anwesenden wusste, dass der
Herrscher über siebzig Millionen Menschen bereits tot war - vergiftet von seiner
Gattin Agrippina - damit ihr siebzehnjähriger Sohn Nero am nächsten Tag zum
Kaiser proklamiert werden konnte. Damit kam sicher einer der ungewöhnlichsten
Herrscher auf den Cäsarenthron. Ein Jüngling, der nur widerwillig dem Drängen
seiner ehrgeizigen Mutter nachgab .... weil er sich viel eher zum Künstler, als zum
Imperator eines Weltreiches berufen fühlte. Deshalb überließ er Feldzüge gegen
die Parther, Germanen und Britannier gerne seinen Generälen, sein Kampffeld
war die Arena. Hier errang er seine Siege, als Wagenlenker bei Pferderennen
oder als Sänger im Theater. Höhepunkt seiner Herrschaft war deshalb auch nicht
die Eroberung einer neuen Provinz, sondern.... seine Reise nach Griechenland,
wo er - um kein Risiko einzugehen - mit gekauften Stimmen in allen musischen
Wettkämpfen als Sieger hervorging. Als er nach der - für römische Verhältnisse ungewöhnlich langen Regierungszeit von 14 Jahren 31jährig einer Revolte zum
Opfer fiel, starb er mit den Worten: Welch großer Künstler geht mit mir zugrunde.
Pietro Cossa / Pietro Mascagni: Nerona, Odet 3. Akt
Placido Domingo / National Philharmonic Orchestra / Eugene Kohn
CD EMI 7 54053 2 track 1, 3‘16
Nach dem damals sehr beliebtem Drama Nerone von Pietro Cossa vollendete
Pietro Mascagni 1935 seine gleichnamige Oper. In deren drittem Akt lädt der
Imperator Gäste zum Bankett und unterhält sie mit einer selbst gedichteten und
selbst komponierten Ode. Placido Domingo sang sie begleitet vom National
Philharmonic Orchestra unter Eugene Kohn.
Jungfräuliche Musen und Dich göttlicher Apoll, rufe ich herbei. Eure Inspiration
entzündet meine Poesie und ich stimme eine Hymne auf die Liebe an .....
A propos Liebe...in Neros Fall lässt sich über die Affären, Liebschaften, Passionen
und Ehen seines Lebens zusammenfassend kaum etwas anderes sagen, als dass
sie alle tödlich endeten - wobei der berühmt - berüchtigte Kaiser eigentlich auch
nichts anderes tat als in jener Zeit üblich, vielleicht nur exzessiver - nämlich lästig
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gewordene Lebensabschnittsgefährtinnen durch Auftragsmord beseitigen zu
lassen. Lebensabschnittsgefährtin trifft den Sachverhalt allerdings nicht ganz
genau, wenn wir von seiner ersten Geliebten sprechen, denn sie war zufällig
auch seine Mutter. Ihr Name - Agrippina. Bei den beiden antiken
Geschichtsschreibern Tacitus und Sueton gehen die Meinungen darüber
auseinander, von wem die Initiative ausging. Diese Frage wird eh nur für Juristen
und Ethiker interessant. Tatsache ist, dass Nero von seiner Mutter in die körperliche
Liebe eingeweiht wurde.
Möglicherweise wollte sie mit der ihr eigenen Raffinesse, auch Neros Schwäche
für seinen Ballettmeister und Friseur entgegenwirken und überhaupt die etwas
ausufernde, polymorphe Sexualität des jungen Kaisers in geordnete Bahnen
lenken. Neros vierzehnjährige Ehefrau Oktavia stellte in dieser Hinsicht keine
Konkurrenz dar, diese Ehe wurde nie vollzogen - aber Tacitus berichtet, Agrippina
habe einen Tobsuchtsanfall bekommen, habe den ganzen Palast
zusammengeschrien und Nero hart abgestraft, als sie erfuhr, dass er es außer mit
ihr - auch noch mit einem syrischen Flittchen trieb, wie sie verächtlich
schnaubte....einer Freigelassenen.... Diesen Ausbruch fand nun selbst der seiner
Mutter absolut hörige Nero total daneben - und zog Konsequenzen.
Georg Friedrich Händel: Ouvertüre zur Oper Agrippina
Akademie für Alte Musik Berlin / René Jacobs
HMU 952088.90 Disc 1 track 1 3‘50
Die Akademie für Alte Musik Berlin mit René Jacobs am Pult spielte die Ouvertüre
zu Georg Friedrichs Händels Agrippina, Summe und Höhepunkt von Händels
dreijährigem Aufenthalt als Mittzwanziger in Italien, 1710 mit triumphalem Erfolg in
Venedig uraufgeführt.
Der Librettist vollbringt hier wirklich das Kunststück, das der Quadratur des Kreises
nahekommt, einerseits reale Personen der römischen Historie auf die Bühne zu
bringen durchaus zutreffend zu charakterisieren und trotzdem die
Opernhandlung zu einem lieto fine zu führen - ein Geniestreich, wenn man
bedenkt, dass die Protagonisten in der Wirklichkeit allesamt durch serienmäßig
geplanten Mord und Totschlag in jungen Jahren ums Leben kamen. Schon eine
hintergründige Real-Satire auf das antike Rom in seiner blutrünstigsten Zeit, dieses
Libretto von Grimani.
Aber zurück zu Nero und Agrippina. Sohnemann war nach dem zuvor erwähnten
Wut - Auftritt ganz schlecht auf Mamma zu sprechen, so schlecht, dass er
ziemlich lange gar nicht mehr mit ihr sprach, eigene Wege ging und versuchte,
ihr das Leben schwer zu machen. Zur Einstimmung ließ er ihren Günstling und
Liebhaber samt Gefolge aus dem Palast werfen, dann wurde es richtig ernst.
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Nero begann sich nämlich seines jüngeren Stiefbruders Britannicus zu erinnern,
der möglicherweise irgendwann Ansprüche auf den Thron anmelden könnte. Er
dachte zunächst an Verbannung, aber Neros Berater rieten ab. Zu riskant. Ihr
Daumen wanderte schweigend nach unten. Aus für Britannicus. Roms
berühmteste Giftmischerin kümmerte sich um den Fall, und um ein bitteres Ende
für den Fünfzehnjährigen. Agrippina war sprachlos. NERO, ihr Sohn, der bis zu
seinem siebzehnten Lebensjahr bedingungslos auf sie gehört hatte, er, der AUCH
ihr Geliebter war, dieser Nero hatte einen Mod in Auftrag gegeben, um einen
Thronrivalen auszuschalten. Was aber das Schlimmste war: er tat es ohne ihr
Wissen, ohne ihr Zutun, ohne ihre Hilfe. Sie wusste genau, was das bedeutete.
Da nur noch SIE Nero den Thron streitig machen konnte, würde sie die nächste
sein, wenn es ihr nicht gelingen sollte, das Ruder herumzureißen.
Georg Friedrich Händel: Agrippina, Arie der Agrippina
Alexandrina Pendatchanska
Akademie für Alte Musik Berlin / René Jacobs
HMU 902088.90 Disc 1 track 2, 2‘39
- Erinnerungen an Zeiten, als Nero noch auf Agrippina hörte, und er noch wirklich
nützliche Tipps von ihr annahm. Für seine Politiker - Karriere beispielsweise hatte
sie ihm empfohlen, was wir eben gerade von Alexandrina Pendatchanska auf
Italienisch hörten: Wenn Du regieren willst, behalte für Dich, was Du weißt, verstell
Dich mit Deinen Wünschen, weil Dein Wunsch zu regieren, oberstes Gesetz sein
muss. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Maxime nicht erst
seit 1710, dem UA - Jahr von Händels Agrippina, sondern seit Jahrtausenden in
allen Machtzentren der Welt zum Morgen - wie zum Nachtgebet gesprochen
wurde. Zurück zu Nero und Agrippina. Der Mutter Hoffnung auf Wiederherstellung
zumindest gutnachbarlicher Beziehungen zerschlug sich schnell. Anstatt
einzulenken, hetzte er ihr bestochene Ankläger auf den Hals, verwickelte sie in
nervenaufreibende Prozesse: Wenn sie auf ihrem Landsitz ausspannen wollte,
schauten mal eben Terrorkommandos vorbei, und mischten den Laden auf. Es
kam noch schlimmer. Nero ließ im Schlafzimmer von Agrippinas Stadtpalais die
Zimmerdecke präparieren - Massiv-Eiche - mit Stiften, die man von außen lösen
konnte. Der Plan hätte zehn Riesen erfordert, und sprach sich herum. Nächster
Versuch: Schiffe versenken. Ein Prototyp wurde gebaut, der sich mit
überschaubarem Aufwand in zwei Teile zerlegen ließ: Bug unsinkbar, aber Mutter
Agrippinas Platz war hinten geplant, in einem nicht schwimmfähiges Heck. - 6 - Es
klappte wieder nicht. Selbst der mit Bleiplatten beschwerte Baldachin wollte nicht
herunterkommen, um die Mordabsicht in blutige Wirklichkeit zu überführe. Noch
hielten die Götter ihre schützende Hand über Agrippina. Ultima ratio: Nero, um
endlich einen offiziellen Grund zu haben, rief zwielichtiges Gesindel zusammen,
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das bereit war, öffentlich auszusagen, sie seien von Agrippina für ein Attentat
gegen ihn angeheuert worden. Nero schickt ihr drei Killer ins Haus schickt ihr drei
Killer ins Haus, mit Knüppeln und Schwertern bewaffnet. Eine Sterndeuterin hatte
Agrippina einst gewarnt, Nero den Thron zu überlassen. Er könne zur Gefahr für sie
werden. Agrippina soll geantwortet haben: Mag er mich töten, wenn er nur
Kaiser wird.
Georg Friedrich Handel: Agrippina, Der Tod Agrippinas
Eva Mei, Sopran
CD Warner 2564 6956-1 Disc 6 track 8,9,10 3‘44
Eva Mei sang begleitet von dem Ensemble Il Giardino armonico einen Ausschnitt
aus Händels Kantate Der Tod Agrippinas, in der sie u.a. singt: Wohlan, durchbohrt
mir das Herz, Ihr Henker, was zögert Ihr ? Seht, dem Tod eile ich schon entgegen.
Und ein undankbarer Sohn kann sich rühmen, der Mutter die Ehre des Grabes
und die Tränen zu verweigern.
Die Entscheidung Neros, seine Mutter, die ihm auch Geliebte gewesen war,
ermorden zu lassen, war zweifellos durch den Einfluss von Poppea Sabina bestärkt
worden. Sie war nicht nur für ihre hinreißende Schönheit, sondern mehr noch für
ihre eisenharteharte Zielstrebigkeit bekannt. - 7 - Wie die meisten Frauen duldete
sie keine andere neben sich, ....weil SIE den Thron mit Nero teilen und Kaiserin
werden wollte. Sie war die Gattin eines gewissen Otho, italienisch Ottone, wie
Plutarch berichtet, durch Genußsucht wie kein zweiter in Rom verdorben, und
Neros intimster Freund. Über Poppea weiß Tacitus, dass diese Frau alles besaß, nur
keine Ehre. Also genau das richtige für Neros Geschmack. Eine Frau mit
Vergangenheit, die ihrem neuen Verehrer Leidenschaft perfekt zu suggerieren
verstand.
Claudio Monteverdis: L‘Incoronazione di Poppea
Sylvia McNair als Poppea / English Baroque Soloists / John Eliot Gardiner
CD Archiv 447 088 2 Disc 1,track 13 bis 5‘04
Sylvia McNair als Poppea und Dana Hanchard als Nero (deutlich hörbar eine
Kastratenrolle) gehen selbst im Beisein der English Baroque Soloists unter John Eliot
Gardiner noch einmal im Detail die erotischen Präferenzen der letzten Nacht
durch, in dieser Szene am Ende des 1. Aktes von Claudio Monteverdis Oper
L‘Incoronazione di Poppea - Die Krönung der Poppea, komponiert um 1640.
Was haben wir da gehört? Wie schmeckten Dir die Küsse meiner Lippen letzte
Nacht, mein Herr? Je fester sie zubissen, desto lieber waren sie mir. Und die Äpfel
meines Busens ? Deine Brüste verdienen einen süßeren Namen. Und meine
leidenschaftlichen Umarmungen ? - 9 - So geht dieser dirty talk noch endlos
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weiter, bis Poppea endlich zur Sache kommt: Zunächst kommt sie - es darf
gelacht werden - auf ihren guten Ruf zu sprechen, und dass es in diesem
Zusammenhang vor der Hochzeit noch zwei Kleinigkeiten zu regeln gibt. 1) Der
altersschwache Philosoph Seneca, Neros Lehrer, ist lästig und muss abtreten. 2)
Die bisherige Ehefrau Neros, Ottavia, muss ebenfalls von der Bild- fläche
verschwinden. Und twar schenll. Nero schlägt, wie er das bei seiner Mutter
Agrippina gewohnt war, gehorsam die Hacken zusammen und teilt 1) Seneca
per Boten mit, er habe sich binnen drei Tagen das Leben zu nehmen und 2) Er
reicht Scheidung ein. Ottavia, die sich nie etwas hat zu Schulden kommen lassen,
kann es nicht fassen. Claudio
Claudio Monteverdis: L‘Incoronazione di Poppea, Arie der Ottavia 1. Akt
Anne Sofie von Otter / English Baroque Soloists / John Eliot Gardiner
CD Archiv 447 088 2 Disc 1, track 6, 4‘47
Ottavia, gesungen von Anne Sofie von Otter, als disprezzata regina, als
entwürdigte Königin, in dieser Arie aus dem 1. Akt von Monteverdis Krönung der
Poppea mit den English Baroque Soloists unter der Leitung von John Eliot
Gardiner.
Schändlicher Nero, mein Gatte, den ich mit meinen Klagen schmähe, Du ruhst
glücklich in Poppeas Armen und genießt den Strom meiner Tränen. Bei aller
berechtigten Empörung der verstoßenen Gattin: aber hier scheint es sich doch
um einen klassischen Fall von Projektion zu handeln. - 9 - Denn an Ottavias
Verzweiflung sich zu weiden - daran dürfte Nero keinen Gedanken verschwendet
haben - er war vielmehr rund um die Uhr beschäftigt, Poppeas Wunschkatalog
bis zur Hochzeit pünktlich abzuarbeiten. Störend wirkten da vor allem die
Sympathie - Kundgebungen für die beim Volk beliebte Oktavia: ein Vorgang,
den Poppea als Bedrohung der öffentlichen Ordnung uminterpretierte. Und so
musste, zögernd zwar, Nero den Entschluß fassen, auch Oktavia beseitigen zu
lassen. Zwölf Tage nach der Scheidung von ihr heiratet er Poppea, deren
zeitweise gestürzte Standbilder in der Stadt wieder aufgestellt werden müssen.
Danach bestellt den gleichen Killer zu sich, der schon den Muttermord erfolgreich
ausgeführt hat, und beauftragt ihn mit der Liquidierung seiner Exfrau Oktavia.
Vorher überzieht er sie noch mit einer Unzahl fiktiver Vergehen und Verbrechen
(die sie nie begangen hat), die aber die Verbannung auf die Insel Pantelleria
nach sich ziehen. Wenige Tage nach ihrer Ankunft landet das Mordkommando
auf der Insel. Poppea hatte den Häschern einen grausamen Auftrag erteilt. Sie
öffnen ihr die Adern an Arm - und Fußgelenken, enthaupten sie und kehren mit
ihrem Kopf nach Rom zurück. Ein einziger Alptraum. Nur in Claudio Monteverdis
Oper bleibt ihr Gelegenheit, vor ihrer Verbannung ein letztes Mal, starr vor
Schreck und stammelnd, Abschied zu nehmen. Von Rom, den Freunden, der
Heimat.
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Claudio Monteverdis: L‘Incoronazione di Poppea, Arie der Ottavia
Anne Sofie von Otter / English Baroque Soloists / John Eliot Gardiner
CD Archiv 447 088 2 Disc 3, track 7, 4‘28
Eine der berühmtesten Arien aus Monteverdis Oper Die Krönung der Poppea:
Addio Roma, gegen Ende des letzten Aktes, wieder gesungen von Anne Sofie
von Otter, in einer Live - Aufnahme von 1996 aus London begleitet von den
English Baroque Solists unter John Eliot Gardiner.
Poppea ist am Ziel ihrer Träume. Freudig nimmt sie zunächst das Haupt ihrer
Vorgängerin in Augenschein, als die Killertruppe nach Rom zurückkehrt. Jetzt
triumphiert sie als First Lady, als Prima donna auf dem römischen Kaiserthron. Und
Nero stürzt in einen regelrechten Freudentaumel, als er erfährt, dass er
Vaterfreuden entgegensieht. Er bringt Poppea nach Antium, weil das Kind
denselben Geburtsort haben soll wie der Vater. Er stiftet einen Tempel der
Fruchtbarkeit und goldene Statuen der Glücksgöttinnen. Poppea und Nero
scheinen für kurze Zeit glücklich.
Claudio Monteverdis: L‘Incoronazione di Poppea, Schlussduett
Sylvia McNair und Dana Hanchard / English Baroque Soloists / John Eliot Gardiner
CD Archiv 447 088 2 Disc 3,track 10 4‘01
ti miro, pur ti godo das Schlussduett aus Monteverdis Krönung der Poppea, ein
Stück, bei dem aber starke Zweifel angebracht sind, ob es wirklich von
Monterverdi stammt. Unzweifelhaft die Beteiligung der Interpreten. Sylvia McNair
und Dana Hanchard, und die English Baroque Soloists mit John Eliot Gardiner am
Pult.
- 11 - Ich betrachte Dich, ich besitze Dich, ich umschlinge Dich. Nie mehr
Schmerz, nie mehr Tod singen die beiden da. Aber der Tod steht schon vor der
Tür. Augusta, die gemeiname Tochter, wird noch nicht einmal vier Monate alt. Im
Jahre 65, Nero war achtundzwanzig, wird POPPEA zum zweiten Mal schwanger.
Der gleiche Gefühlsüberschwang von Seiten Neros, der jedoch keine Anzeichen
macht, seine Ausschweifungen einzuschränken: Lustknaben, verheiratete Frauen,
Priesterinnen und immer sehr viel Alkohol. Als er eines Abends spät von einem
Trinkgelage zurückkommt und Poppea ihm Vorhaltungen macht, versetzt er
seiner Frau im Zorn einen Fußtritt. Sie verliert das Kind, zur damaligen Zeit bedeutet
dies auch den sicheren Tod der Mutter. Der Tod seiner eigenen Mutter belastet
Nero mit wachsendem zeitlichem Abstand immer mehr, er empfindet ihn als
ungeheurlich und verwerflich. Er meint von ihrem Grab nachts Klagelaute zu
vernehmen, glaubt sich von Erynnien verfolgt, hält sich für den Muttermörder
Orest, sieht Trug- und Wahnbilder überall. Zeitweise zieht er sich nach Campanien
zurück, um Ruhe zu finden, und kehrt erst nach Rom zurück, nachdem der Senat
alles für die Rückkehr des Kaisers vorbereitet hat. - 12 - Hunderttausende bereiten
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ihm einen jubelnden Empfang, in dem sie ihm auf der Via Appia
entgegenziehen, der gesamte Senat in festlichem Ornat. In diesem kurzen
Moment, inmitten dieses Triumphzuges wird er für einen kurzen Moment das,
wozu ihn seine Mutter Agrippina immer gedrängt hatte: Kaiser des römischen
Weltreichs. Tacitus schreibt: Stolz aufgerichtet, als Sieger über eine versklavte Welt
fuhr er das Kapitol hinauf, verrichtete ein Dankgebet - und stürzte sich in
Ausschweifungen, die er zwar früher auch nicht gemieden, aber aus Scheu vor
der Mutter - mochte sie sein, wie sie wollte - zumindest etwas gemäßigt hatte. (ab
Tacitus Zitat Musik unterlegen)
Arrigo Boitos: Nerone, Finale 1. Akt
Janos Nagy, Jozsef Gregor, Pal Kovacs und Peter Korcsmáros
Chor des Ungarischen Rundfunks und Fernsehens sowie das Orchester der
Ungarischen Staatsoper / Janos Nagy
CD Hungaroton 124 487 - 89 2 Disc 1, track 7 ab 6’56, 5‘23
Das war die Musikstunde mit Rainer Damm. Sie ging zu Ende mit dem 1. Aktfinale
von Arrigo Boitos Oper Nerone in einer ungarischen Produktion des Jahres 1983 .
Mit Janos Nagy, Jozsef Gregor, Pal Kovacs und Peter Korcsmáros als Solisten. Die
amerikanische Dirigentin Eve Queler leitete den Chor des Ungarischen Rundfunks
und Fernsehens sowie das Orchester der Ungarischen Staatsoper.