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Expo Real
Neue Partnermodelle in der
Immobilien-Wertschöpfungskette
Projektentwickler gehen mit Investoren, Banken und Versicherungen neue Partnerschaften
ein. Welche Rolle spielen gemeinsame Entwicklungs- und Bestandsfinanzierungen, aber auch
"forward purchase agreements" auf dem Markt? Eine Expertenrunde diskutierte die Frage auf
der Expo Real eingehend.
Philipp Otto, Chefredakteur von „Immobilien & Finanzierung“ moderierte fachkundig die
Expertenrunde. Die zentralen Aussagen der Diskussionsteilnehmer:
Frank Billand, Geschäftsführer, Union Investment Real Estate,
Hamburg:
„Wir haben ein Liquiditätsproblem, kombiniert mit dem Problem, zu wenig gute Produkte zu
akzeptablen Preisen finden – auch auf dieser Messe. Wir werden trotzdem in diesem Jahr einiges
neu ankaufen. Wir kontrollieren aber inzwischen sehr stark den Nettomittelzufluss durch
Kontingentverfahren und klar getaktete Prozeduren, damit nicht zu viel Liquidität ins Haus kommt
und wir nicht gezwungen sind, Sachen zu kaufen, die wir besser nicht kaufen sollten. Qualität ist für
uns das größte Merkmal. Wir sind auch bereit die höheren Preise mitzugehen, wenn die Qualität
stimmt. Der Cash-flow kommt damit in die Nähe einer Nachhaltigkeit.“
„Wir präferieren den ‚forward sale’ gegenüber dem ‚forward funding’. Wir haben sonst das Risiko
der Baukostenüberschreitung und das Terminrisiko. Es gibt aber Konstellationen, wo wir ‚forward
funding’ durchführen. Etwa vor drei Jahren in Australien, um erstmals in den australischen Markt
zu gelangen. Hier war das gesamte Projekt vorvermietet an die australische Touristikorganisation.
Wir arbeiten gerne mit Partnern zusammen, die wir kennen, denn Probleme können immer entstehen
und wenn man dann starr in seiner Vereinbarung mit dem Investor oder Developer ist, muss man
rasch Lösungen finden. Wichtig ist auch die Immobilienart, bei Hotels etwa haben wir aus
Erfahrung gern den ‚forward sale“. Wir überlassen unseren Developern und Baupartnern die
Abnahme mit dem künftigen Betreiber zu erreichen.“
Roland Fuchs, Leiter European Real Estate Finance, München:
„Schon in 2011 wurde über den Einstieg der Versicherer in das Immobilienkreditgeschäft
gesprochen. Im gewerblichen Geschäft hat die Entwicklung aus den USA über Großbritannien auch
in Frankreich, Deutschland und im Rest Europas Schule gemacht hat. Dort haben die Versicherer
Marktanteile gewonnen. Aber das ist keine Konkurrenz, sondern eine fallweise Partnerschaft. Es
besteht kein Anlass zur Sorge, dass die Versicherer hier einen Verdrängungswettbewerb gestartet
haben. Der kurzfristige Bereich gehört unserer Ansicht zum Beispiel noch vollständig den Banken.
Lebensversicherer bevorzugen bei den Krediten Laufzeiten von sieben bis zehn Jahren, sie könnten
aber auch langfristigere Finanzierungen vergeben.“
„’Forward funding’ machen wir in der Regel nicht, wir kaufen die Objekte bei Fertigstellung. Wir
haben die Kompetenz für ‚forward funding’ natürlich im Hause, aber die Präferenz ist der
Objekterwerb bei Fertigstellung. Finanzierung ist der zweite Teil, auch hier steigen wir erst ein,
wenn das Objekt fertiggestellt ist. Entwicklungsfinanzierung läuft zwei oder drei Jahre, das
entspricht nicht dem Anlageprofil unserer Investoren, sprich der Lebensversicherung, die in diesem
Bereich ihr Geld investiert.“
Gerhard Meitinger, Head of Real Estate Finance Germany,
Deutsche Pfandbriefbank, Unterschleißheim:
„Sowohl die Aktiv- als auch die Passivseite im klassischen Immobilienfinanzierungsgeschäft – also
refinanziert mit Pfandbriefen – ist in diesen Tagen mit negativen Zinsen kein Problem. Der Markt ist
sehr liquide und Herr Draghi kauft fast alle Pfandbriefe auf. Klassische Immobilienfinanzierer
leiden an anderer Stelle – die Immobilien sind liquide und werden sehr schnell gehandelt. In
unserem Hause wird jedes Jahr 9 Milliarden Euro neues Geschäft produziert, aber der Markt wächst
tatsächlich nur um eine Milliarde. Um 8 Milliarden Euro im Jahr werden wir refinanziert, weil
tatsächlich Verkäufe stattfinden. Wir laufen dem Markt hinterher, aber das geht allen so in der
Branche.“
„Für eine Immobilienbank ist es nicht der richtige Rat, selbst Immobilien zu halten. Wir machen
das, was wir können, nämlich Finanzierungen zu vergeben und Risiken zu beurteilen. Wir treten
nicht in Konkurrenz zu unseren Kunden, weder mit den Developern noch mit den Investoren. Wir
freuen uns über die Erfolge unserer Kunden, insbesondere, wenn unsere Risikopositionen früh nach
unten gefahren werden und die notariellen Beurkundungen stattfinden.“
Michael Wurzinger, Vorstandsmitglied/COO, UBM Development
AG, Wien:
„Wir als UBM sind ein konservativ aufgestellter Developer und werden ein wenig von der
Marktentwicklung eingeholt. Seitens der Investoren wird ein enormer Druck ausgeübt. Vor wenigen
Jahren wurden klassische Projektfinanzierungen bei Banken mit einer Fristigkeit von zumindest fünf
oder sieben Jahren durchgeführt. Wir bekommen heute viele Anfragen, wo wir für die Objekte noch
nicht einmal die Baugenehmigung vorliegen haben. Dementsprechend kurzläufiger gestalten wir die
Finanzierungen.
Wenn wir ein Projekt beginnen, versuchen wir Bankfinanzierungen mit entsprechender
Eigenkapital-Unterlegung sicherzustellen, um die Projekte umzusetzen. Spannend und neu ist, dass
langfristige Investoren bereit sind, in einer sehr frühen Phase mit uns zu sprechen, um sich
bestimmte Objekte zu sichern und dafür auch bereit sind entsprechende Sicherheiten anstelle von
Bankfinanzierungen zu leisten.“
„Unabhängig von Versicherungen gibt es heute ein Segment an alternativen Finanzierungsquellen
am Markt, zum Beispiel Family Offices, die relativ kurzfristig Kredite vergeben für ein, zwei, drei
Jahre. Vor einigen Jahren haben das noch Private-Equity-Gesellschaften für Developer
übernommen, zu aus heutiger Sicht horrenden Zinsen von 15 Prozent und mehr. Mittlerweile
erhalten sie hier Zwischenfinanzierungen zu Zinssätzen in Höhe von 5 bis 7 Prozent, allerdings nicht
auf einer Risikobasis ab Grundstückverkauf. Wenn das Objekt vermietet ist, die Baugenehmigung
vorhanden ist, wenn der Bau beginnt, also zu dem Zeitpunkt, wenn ansonsten die klassische
Bankfinanzierung einsetzen würde, kommen diese alternativen Finanzierer zum Zug.
Dieser Artikel erschien am 07.10.2016 unter folgendem Link:
http://www.dieimmobilie.de/expo-real-neue-partnermodelle-in-der-immobilien-wertschoepfungskette-1475848690/
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