Mehr... - Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e.V.

Presseinformation
Arbeitszeit-Autonomie fördert die Gesundheit
 AGV-Studie: Mobil-flexible Arbeit erhöht Zufriedenheit und
Wohlbefinden, wenn Beschäftigte ihre Zeit frei einteilen können
 Geringere Belastung durch Überstunden und Erreichbarkeit
 Arbeitszeitmodelle mit hoher Zeitautonomie im privaten
Bankgewerbe bereits weit verbreitet
Berlin, 6. Oktober 2016. Durch die fortschreitende Digitalisierung steigt bei
wissensbasierten Tätigkeiten die Zahl der Beschäftigten, die sehr flexibel
an verschiedenen Orten (Büro, Kunde, zu Hause) arbeiten. Im Bankgewerbe sind diese Beschäftigten trotz eines höheren Arbeitspensums überdurchschnittlich zufrieden und gesund, sofern sie sich ihre Arbeitszeit
möglichst frei einteilen können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie zu
mobil-flexibler Arbeit, die der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken) soeben vorgelegt hat; Basis ist eine repräsentative
Befragung von Beschäftigten im privaten Bankgewerbe durch das Sozialforschungsinstitut TNS Emnid.
Die Untersuchung zeigt: Hoch flexibel arbeitende Beschäftigte sind durchweg überdurchschnittlich motiviert und leistungsfähig; damit bestätigt die
AGV-Studie Ergebnisse anderer Untersuchungen zu diesem Thema. Neu
ist die Erkenntnis, dass innerhalb dieser Gruppe die Gesundheitsbelastung stark vom Arbeitszeitmodell abhängt. So haben Beschäftigte mit hoher Mobilität und fester Arbeitszeit – im privaten Bankgewerbe sind das
weniger als 5 Prozent der Beschäftigten – überdurchschnittlich häufig gesundheitliche Probleme und Beschwerden, während die Kombination aus
Mobilität und hoher Zeitautonomie eindeutig gesundheitsförderlich wirkt:
Die Beschäftigten mit der höchsten Zeitautonomie sind weit überdurchschnittlich gesund. Zu dieser Gruppe zählen Beschäftigte in Vertrauensarbeitszeit (vorwiegend ergebnisorientierte Arbeit ohne Kontrolle der Arbeitszeiten) und in Gleitzeit ohne feste Kernarbeitszeit; in diesen Modellen
arbeiten im privaten Bankgewerbe immerhin rund 35 Prozent der Beschäftigten aus allen Arbeitsbereichen und Hierarchiestufen. Und auch bei den
fast 40 Prozent der Beschäftigten mit mittlerer Zeitautonomie (Gleitzeit mit
Kernarbeitszeit) bewegt sich die Gesundheitsbelastung auf Normalniveau.
Weitere Ergebnisse der Studie untermauern den Befund. So machen Beschäftigte in Vertrauensarbeitszeit zwar etwas mehr Überstunden als der
Durchschnitt, legen diese aber – im Gegensatz zu Beschäftigten mit festen Arbeitszeiten – selten auf spätere Abendstunden oder aufs Wochenende, was sich günstig auf die Gesundheit auswirkt. Ein ähnliches Bild
zeigt sich bei der Erreichbarkeit außerhalb üblicher Arbeitszeiten: Die Beschäftigten mit der größten Zeitautonomie werden zwar überdurchschnittlich häufig nach 18 Uhr kontaktiert, fühlen sich dadurch aber erheblich geringer belastet als die übrigen Beschäftigten – auch, weil sich diese Kontakte weitgehend auf den frühen Abend konzentrieren. Daraus ergibt sich
insgesamt ein zwar erweiterter, aber letztlich relativ klar abgegrenzter Arbeitszeitkorridor. Mobil-flexible Arbeit mit autonomer Zeiteinteilung verringert also insgesamt das Risiko, dass Beschäftigte ihre Belastungsgrenzen
überschreiten und sich selbst gefährden.
„Zeitautonomie ist ein entscheidender Pluspunkt, wenn sie sinnvoll eingesetzt
und verantwortungsvoll genutzt wird. Im privaten Bankgewerbe ist das ganz
offensichtlich der Fall, hier profitiert mehr als ein Drittel der Beschäftigten von
autonomer Arbeitszeitgestaltung. Der oft geäußerte Generalverdacht, mobilflexible Arbeit gefährde die Gesundheit der Beschäftigten, ist damit nicht haltbar“, kommentiert Dr. Gerd Benrath, Hauptgeschäftsführer des AGV Banken,
die Studienergebnisse. Das Risiko, dass sich Beschäftigte selbst überforderten, sei bei starren Arbeitszeiten größer als bei freier Einteilung der Arbeitszeit. Es sei deshalb zu erwarten, dass sich Arbeitsformen mit höherer Zeitautonomie schrittweise und bedarfsgerecht ausdehnten.
Zugleich verweisen die Banken-Arbeitgeber in ihrer Studie darauf, dass für
mobil-flexible Arbeit bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Nicht
jede Tätigkeit und nicht jede Persönlichkeit eigneten sich für diese Arbeitsform. Mobil-flexible Arbeit basiere auf Vertrauenskultur im Unternehmen,
mindestens aber zwischen Vorgesetzten und ihren Teams. Alle Beteiligten
müssten sich individuell über die Möglichkeiten und Grenzen neuer Arbeitsformen verständigen.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick: Mobil-flexibel arbeitende Beschäftigte mit hoher Zeitautonomie
 sind in allen Mitarbeitergruppen und Hierarchiestufen vertreten; dabei
sind Führungskräfte, Vollzeitkräfte und außertariflich bezahlte Beschäftigte überproportional vertreten, was darauf schließen lässt, dass Seniorität (bestimmte Positionen, größere Erfahrung) eine gewisse Rolle
dabei spielt, wer mehr zeitlichen Gestaltungsspielraum erhält
 sind mit ihrem Arbeitgeber, mit wichtigen Aspekten ihrer Arbeitsqualität
und ihres Arbeitsumfelds überdurchschnittlich zufrieden
 fühlen sich überdurchschnittlich leistungsstark und gesund und klagen mit
Abstand am seltensten über gesundheitliche Probleme und Beschwerden
 sind überdurchschnittlich motiviert
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Berlin,
6. Oktober 2016
Seite 2
 empfinden Zeitdruck und Arbeitsbelastung stärker als Beschäftigte mit
festen Arbeitszeiten; da die hoch Flexiblen aber insgesamt überdurchschnittlich zufrieden und gesund sind, hat dies offensichtlich mit anspruchsvolleren Job-Anforderungen zu tun (höhere Komplexität und
Verantwortung, zugleich aber auch höhere Motivation)
 beurteilen die Team- und Führungsqualität überdurchschnittlich gut;
das überrascht durchaus angesichts größerer räumlicher Distanz zu
Vorgesetzten und Team, spricht aber für grundsätzlich funktionierende
Arbeits- und Informationsprozesse
 bewerten Zuständigkeits- und Verantwortungsregelungen und Entscheidungsprozesse weniger positiv als Beschäftigte mit festen Arbeitszeiten; dahinter könnten gewisse Informationsdefizite durch seltenere
Anwesenheit zu den üblichen Arbeitszeiten stehen
 melden sich seltener grundlos krank als die übrigen Beschäftigten; Zeitautonomie senkt also den Krankenstand
 machen etwas mehr Überstunden als der Durchschnitt, aber deutlich
weniger als Beschäftigte, die nur räumlich flexibel arbeiten; bei hoher
Flexibilität führt Zeitautonomie also offensichtlich dazu, dass sich Überstunden in Grenzen halten
 legen Überstunden seltener auf ungünstige Zeiten (späterer Abend,
Wochenende) als Beschäftigte mit festen Arbeitszeiten, die wiederum –
bedingt durch das tagsüber starre Zeitkorsett – öfter als der Durchschnitt spätabends und am Wochenende arbeiten
 fühlen sich durch Erreichbarkeit außerhalb üblicher Arbeitszeiten deutlich geringer belastet als die übrigen Beschäftigten
 nehmen den digitalen Wandel besser an; so erwarten sie durch die fortschreitende Digitalisierung überdurchschnittlich starke Verbesserungen
im Unternehmen und im persönlichen Arbeitsumfeld.
 Grafiken auf den folgenden Seiten
Über die Studie

Repräsentative Erhebung unter 800 Beschäftigten von privatrechtlich geführten Kreditinstituten in Deutschland, 1. Halbjahr 2016; TNS Emnid im Auftrag des AGV Banken

Auswertung nach Beschäftigten in verschiedenen mobil-flexiblen Arbeitsformen und
mit festen Arbeitszeiten
Die ausführlichen Studienergebnisse stehen auf der Website des Verbandes unter
www.agvbanken.de zum Download bereit.
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Berlin,
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Grafik 1
Flexible Arbeit erhöht Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden
Leistungsfähigkeit und Gesundheit | Abweichung vom Durchschnitt aller Beschäftigten (= 0) in Prozent;
Top Two („ausgezeichnet“/„sehr gut“)
-40
-20
0
20
40
60
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9
9
9
Umgang mit
neuen Aufgaben/
Herausforderungen
3
-9
10
15
8
15
17
20
Umgang mit
Termin- und
Leistungsdruck
5
-10
-1
18
11
25
25
Gesundheitszustand
33
13
-12
-2
17
41
Grafik 2
Arbeitszeitautonomie fördert die Gesundheit
Häufigkeit von Beschwerden und Problemen | Abweichung vom Durchschnitt aller Beschäftigten (= 0)
in Prozent; Top Two („sehr häufig“/„häufig“)
-60
-40
-20
0
20
5
13
40
60
80
100
120
140
33
17
Erschöpfung
15
-11
-38
160
Arbeitsort
 mind. 1x/Woche beim Kunden
 mind. 1x/Woche zu Hause
 mind. 1x/Woche beim Kunden
und zu Hause
Arbeitszeit
 feste Arbeitszeit
 Gleitzeit mit Kernarbeitszeit
 Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit
 Vertrauensarbeitszeit
Arbeitsort und -zeit
 mind. 1x/Woche beim Kunden
oder zu Hause
und flexible Arbeitszeit
-7
20
15
Stress
-17
5
33
13
-9
43
39
Überforderung
-48
56
108
61
7
-39
54
74
77
depressive
Stimmungen
-40
5
51
-28
75
136
Quelle: Repräsentative
Beschäftigtenbefragung (n = 800),
TNS Emnid im Auftrag des
AGV Banken, 2016
Grafik 3
Arbeitszeitautonomie reduziert Überstunden, Spät- und Wochenendarbeit
Überstunden und Arbeit außerhalb üblicher Bürozeiten | Abweichung vom Durchschnitt aller Beschäftigten
(= 0) in Prozent; * Top Two („sehr häufig“/„häufig“)
-100
-50
0
50
100
54
56
Zahl der
Überstunden
-15
-4
Arbeit
werktags
20 - 23
Uhr *
250
300
81
12
45
-36
200
59
78
12
-14
40
30
155
168
283
137
-77
-69
24
15
157
Arbeit
188
295
102
samstags
* -68Beschäftigtenbefragung
Quelle:
Repräsentative
(n = 800), TNS Emnid im Auftrag des AGV Banken, 2016
-59
36
54
Grafik 4
Zeitautonomie senkt Belastung durch Erreichbarkeit
Erreichbarkeit außerhalb üblicher Bürozeiten – Ausmaß und Belastungsempfinden | Abweichung vom Durchschnitt aller Beschäftigten (= 0) in Prozent; * werktags nach Feierabend („sehr häufig“/„häufig“); ** mind. 2x/Woche
-80
-60
-40
-20
0
20
40
60
80
100 120 140 160
82
Erreichbarkeit
per Telefon
oder E-Mail *
Belastung
durch Kontakt
per E-Mail
-21
120
42
118
66
32
-8
-45
3
40
34
37
-63
143
17
44
48
Belastung
durch Kontakt
per Telefon
126
70
91
87
-43
101
Arbeitsort
 mind. 1x/Woche beim Kunden
 mind. 1x/Woche zu Hause
 mind. 1x/Woche beim Kunden
und zu Hause
Arbeitszeit
 feste Arbeitszeit
 Gleitzeit mit Kernarbeitszeit
 Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit
 Vertrauensarbeitszeit
Arbeitsort und -zeit
 mind. 1x/Woche beim Kunden
oder zu Hause
und flexible Arbeitszeit
10
-26
-34
tatsächlicher
Kontakt
per Telefon
oder E-Mail **
Berlin,
6. Oktober 2016
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35
Arbeit
werktags
18 - 20
Uhr *
150
Presseinformation
71
79
-8
-27
4
Quelle: Repräsentative
Beschäftigtenbefragung (n = 800),
TNS Emnid im Auftrag des
AGV Banken, 2016
Presseinformation
Grafik 5
Hoher Anteil an Beschäftigten mit Zeitautonomie
Arbeitszeitregelungen (Anteil an allen Beschäftigten in Prozent) und Ausmaß der Gesundheitsbelastung
weit unterdurchschnittliche
Gesundheitsbelastung
Berlin,
6. Oktober 2016
Seite 6
überdurchschnittliche
Gesundheitsbelastung
4
2
21
17
leicht überdurchschnittliche
Gesundheitsbelastung
durchschnittliche
Gesundheitsbelastung
17
39
Keine Arbeitszeitautonomie
 feste Arbeitszeit, mind. gelegentlich mobiler Arbeitsort
 feste Arbeitszeit, tägliche Arbeit im Büro
Mittlere Arbeitszeitautonomie
 Gleitzeit mit Kernarbeitszeit
Hohe Arbeitszeitautonomie
 Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit
 Vertrauensarbeitszeit
 sonstige Arbeitszeitmodelle
Quelle: Repräsentative
Beschäftigtenbefragung (n = 800),
TNS Emnid im Auftrag des
AGV Banken, 2016
Dem AGV Banken gehören rund 120 Institute (Großbanken, Regionalbanken, Pfandbriefbanken, Spezialbanken, Privatbankiers und Bausparkassen) mit über 150.000 Beschäftigten an. Der Arbeitgeberverband
vertritt die sozialpolitischen Interessen seiner Mitglieder, schließt als Tarifträger auf Bundesebene Tarifverträge mit den Gewerkschaften ab, informiert und berät die Mitgliedsinstitute und vertritt sie vor Arbeits- und
Sozialgerichten in Grundsatzfragen. Darüber hinaus nimmt er die sozialpolitischen Belange des privaten
Bankgewerbes gegenüber Regierungs- und Verwaltungsstellen wahr. Der AGV Banken unterstützt seine Mitglieder in der beruflichen Aus- und Weiterbildung und berät die zuständigen Ministerien bei der Entwicklung
von einschlägigen Gesetzen und Ausbildungsordnungen. Vorsitzender des AGV Banken ist Heinz Laber,
Mitglied des Vorstands der HypoVereinsbank (UniCredit Bank AG).
Pressekontakt:
Carsten Rogge-Strang
Geschäftsführer Tarifpolitik/Kommunikation
[email protected]
Tel. (030) 5 90 01 12-74