Pressemitteilung

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Dag-Stefan Rittmeister
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Armen Kommunen droht Teufelskreis aus Verschuldung und Steuererhöhungen
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Sechs von zehn deutschen Kommunen haben seit 2010 die
Grundsteuer erhöht, jede zweite die Gewerbesteuer
NRW-Kommunen mit den bundesweit höchsten Hebesätzen
für Grundsteuer B und Gewerbesteuer
Kommunen in Rheinland-Pfalz und Hessen erhöhten 2014 am
häufigsten die Steuern
Anteil der Kommunen mit hohen Hebesätzen steigt
kontinuierlich an
Berlin, 24. Februar 2015. Die Steuerpolitik von Deutschlands Kommunen
kennt nur eine Richtung – nach oben: Die durchschnittlichen Hebesätze bei
Grund- und Gewerbesteuern sind im vergangenen Jahr weiter angestiegen
– vor allem bei der Grundsteuer B. Der durchschnittliche Hebesatz zum
30. Juni 2014 betrug 358 Punkte nach 351 Punkten im Vorjahr. Das entspricht der höchsten Steigerung seit 2011. Bei der Gewerbesteuer war der
Anstieg weniger deutlich. Hier beträgt der durchschnittliche Hebesatz 353
Punkte. Damit stieg der Wert wie auch schon in den Jahren 2013 und 2012
um drei Punkte an.
Seit Anfang 20101 hat die Hälfte aller deutschen Städte und Gemeinden
mindestens einmal die Gewerbesteuer erhöht; die Grundsteuer B, die von
Haus- und Wohnungseigentümern zu zahlen ist und in der Regel auf Mieter
umgelegt wird, wurde seit 2010 sogar von 58 Prozent der Kommunen erhöht.
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Bis Mitte 2014, neuere Daten liegen noch nicht vor.
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Bundesweit stieg der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz2 seit 2010
um 15 Punkte auf 353 Punkte, bei der Grundsteuer betrug der Anstieg im
gleichen Zeitraum sogar 29 auf 358 Punkte.
Haus- und Wohnungsbesitzer müssen derzeit in Nordrhein-Westfalen mit
Abstand am meisten zahlen: Dort liegt der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz bei 461 Punkten. Am wenigsten verlangen die Kommunen im
Saarland (320 Punkte) und Schleswig-Holstein (304 Punkte) von Haus- und
Wohnungseigentümern bzw. Mietern.
Im Zuge der fast flächendeckenden Anhebung der Hebesätze in den vergangenen Jahren hat sich der Anteil der Kommunen mit einem hohen bis
sehr hohen Grundsteuerhebesatz (von 350 Punkten und mehr) zwischen
2005 und Mitte 2014 von 20 auf 61 Prozent verdreifacht. Gleichzeitig ging
der Anteil der Städte und Gemeinden mit einem niedrigen GrundsteuerHebesatz von unter 300 Punkten von 21 auf neun Prozent zurück.
Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) zur Entwicklung der Grundsteuer-Bund Gewerbesteuer-Hebesätze aller deutschen Kommunen (ohne die
Stadtstaaten) in den Jahren 2005 bis 2014.3
Während die Mehrheit der deutschen Kommunen in den vergangenen Jahren die sogenannten Realsteuern anhob, waren Steuersenkungen die absolute Ausnahme: Gerade einmal ein Prozent der deutschen Kommunen
hat zwischen Anfang 2010 und Mitte 2014 die Grundsteuer B gesenkt;
auch die Gewerbesteuer sank nur bei einer von 100 Kommunen.4
Finanznot zwingt zu Steuererhöhungen
Besonders in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen stiegen die Steuern
auf breiter Front: In beiden Bundesländern erhöhten zwischen Anfang 2010
und Mitte 2014 mehr als neun von zehn Kommunen mindestens einmal die
Grundsteuer. Die Gewerbesteuer wurde vor allem von Kommunen in Thüringen (90 Prozent) und Rheinland-Pfalz (80 Prozent) erhöht. In Bayern
hingegen erhöhte nicht einmal jede fünfte Kommune seit Anfang 2010 die
Gewerbe- bzw. die Grundsteuer. Die jeweiligen Erhöhungen fielen dabei so
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Es handelt sich um den nicht gewogenen Durchschnittswert.
Die Grundsteuer A, die auf Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft erhoben
wird, ist nicht Teil der Analyse.
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In absoluten Zahlen: Von 11.197 deutschen Kommunen, deren Daten in die Analyse einflossen, haben im Zeitraum Anfang 2010 bis Mitte 2014 insgesamt 6.503
die Grundsteuer B erhöht, 139 Kommunen haben sie gesenkt. Die Gewerbesteuer
wurde von 5.599 Kommunen erhöht und von 143 gesenkt.
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moderat aus, dass der durchschnittliche Hebesatz für beide Steuerarten
zusammen gerade einmal um zwei Prozent stieg.
„Vor allem in Regionen mit einer großen Zahl finanzschwacher Kommunen
wurden in den vergangenen Jahren vermehrt die Steuern erhöht. Auch in
den kommenden Jahren müssen sich Gewerbetreibende, Haus- und Wohnungseigentümer und Mieter auf eine weiter steigende Steuerbelastung
einstellen – vor allem in solchen Kommunen, die Finanzhilfen der Bundesländer in Anspruch nehmen“, kommentiert Hans-Peter Busson, Partner bei
EY und Leiter des Bereichs Government & Public Sector für Deutschland,
die Schweiz und Österreich.
Heute sind die durchschnittlichen Hebesätze beider kommunaler Realsteuern in Nordrhein-Westfalen am höchsten – und die nordrhein-westfälischen
Kommunen liegen auch bei der kommunalen Verschuldung gemeinsam mit
den hessischen, rheinland-pfälzischen und den saarländischen Kommunen
bundesweit an der Spitze.5
„Viele deutsche Kommunen wirtschaften am absoluten Limit. Gerade die
finanzschwachen Kommunen haben ihre Angebote bereits auf das gesetzliche Minimum reduziert. Daher sehen viele in Steuererhöhungen ein probates Mittel, um den Haushalt aufzubessern“, stellt Busson fest.
Vielerorts begründeten die Stadtverwaltungen die Steuererhöhung mit dem
Beitritt der Stadt zum Kommunalen Schutzschirm der jeweiligen Länder.
Dies dürfte auch die starke Erhöhungsdynamik in Rheinland-Pfalz, Hessen
und Nordrhein-Westfalen erklären. Alle drei Bundesländer haben entsprechende Programme aufgelegt und knüpfen ihre Hilfe für notleidende Kommunen daran, dass die am jeweiligen Schutzschirm teilnehmenden Kommunen einen eigenen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten; dazu
zählen auch Steuererhöhungen. Dementsprechend sind weitere Steuererhöhungen zu erwarten – und in den Haushaltsplänen vieler Kommunen
bereits fest vorgesehen.
Steuererhöhungen schwächen Position im Standortwettbewerb
Solche Steuererhöhungen können sich aber auch ins Gegenteil verkehren,
warnt Busson: „Kurzfristig spülen höhere Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze zwar mehr Geld in die kommunalen Kassen. Doch auf lange Sicht
können sie sogar kontraproduktiv sein: Der Standort verliert an Attraktivität,
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Schulden der Gemeinden je Einwohner (Ende 2013): Saarland: 3.268 €; Hessen:
3.010 €; Rheinland-Pfalz: 2.977 €, NRW: 2.859 €.
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Unternehmen könnten abwandern, Neuansiedlungen von Unternehmen
werden unwahrscheinlicher, damit gibt es letztlich auch weniger Zuzüge.
Vor allem finanzschwache Kommunen begeben sich leicht in einen Teufelskreis aus hohen Schulden, Einsparungen bei der Infrastruktur, steigenden Steuern und Gebühren und damit sinkender Attraktivität.“
Der Abstand zu den konjunkturell gut dastehenden Städten und Gemeinden vergrößert sich dadurch noch. „Die Schere zwischen reichen und armen Kommunen geht in Deutschland seit Jahren auseinander: Die wirtschaftsstarken Städte können dank der guten konjunkturellen Lage ihre
Steuereinnahmen steigern, weiter in ihre Infrastruktur investieren und dabei
noch Schulden abbauen. Die Steuern brauchen sie dafür nicht zu erhöhen
– und bleiben damit attraktiv für Unternehmen sowie für neue Einwohner.“
Auffallend sei, dass die Grundsteuer deutlich stärker steige als die Gewerbesteuer. Denn während Unternehmen auf Gewerbesteuererhöhungen
durchaus negativ reagieren könnten, sei eine Erhöhung der Grundsteuer
für die Kommunen weitgehend risikolos, so Busson: „Kein Haus- oder
Wohnungseigentümer verkauft sein Haus wegen einer höheren Grundsteuer und kein Mieter wird deswegen einen Umzug erwägen.“ Ein echter
Steuerwettbewerb über die Senkung der Gewerbesteuer finde auf der anderen Seite aber kaum statt. „Es gibt zwar Beispiele von Gemeinden, die
ihre Gewerbesteuern gesenkt und damit auch neue Unternehmen angezogen haben. Allerdings bleibt es bei Einzelfällen. Steuersenkungen kommen
in der Regel so gut wie nie vor.“
Grundsteuer B in Rüsselsheim und Dorsten besonders hoch
Die Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben
und trifft damit so gut wie alle Bürger, da diese entweder selbst Hausbesitzer sind oder an der Steuer über die Mietnebenkosten beteiligt werden. Sie
brachte den deutschen Kommunen im Jahr 2013 insgesamt etwa
10,6 Milliarden Euro ein – knapp 14 Prozent der Gesamteinnahmen. Im
Vergleich zur Gewerbesteuer ist sie eine verlässliche Einnahmequelle für
die Kommunen, da sie keinen konjunkturellen Schwankungen unterliegt
und eine breitere Erhebungsbasis hat.
Bei der Grundsteuer B lagen Mitte 2014 unter den größeren Städten (ab
50.000 Einwohner) Rüsselsheim und Dorsten mit Hebesätzen von 800
bzw. 780 Punkten bundesweit an der Spitze. Am wenigsten müssen die
Bürger in zwei hessischen Städten (Fulda und Marburg) sowie im niedersächsischen Lingen bezahlen: Dort betrug der Hebesatz nur jeweils 330
Punkte.
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Gewerbesteuer: NRW-Städte mit den höchsten Hebesätzen
Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Städte und Gemeinden. Im Jahr 2013 spülte sie 32,6 Milliarden Euro in die Kassen der
Kommunen – das waren knapp 43 Prozent der Gesamteinnahmen der
Kommunen.
Von den größeren deutschen Städten (ab 50.000 Einwohner) wiesen zur
Jahresmitte 2014 nordrhein-westfälische Städte die höchsten Gewerbesteuerhebesätze auf: Marl (530 Punkte), Oberhausen (520 Punkte) und
Hagen (510 Punkte). Am günstigsten war es für Unternehmen im badenwürttembergischen Friedrichshafen, wo der Hebesatz bei 350 Punkten
liegt.
EY im Überblick
EY* ist eine der drei großen deutschen Prüfungs- und Beratungsorganisationen. In
der Steuerberatung ist EY deutscher Marktführer. EY beschäftigt rund 8.200 Mitarbeiter an 22 Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2013/2014 einen Umsatz
von 1,4 Milliarden Euro. Gemeinsam mit den 190.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Mandanten überall auf der Welt.
EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung,
Rechtsberatung, Transaktionsberatung, Advisory Services und Immobilienberatung.
Zusätzliche Informationen entnehmen Sie bitte folgender Internetseite:
http://www.de.ey.com
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