Fonte: Dolomiten | Data: 27/09/2016 | Pagina: 14 | Categorie: Unibz : Wie der Handel in Bozen für sprachlichen Reichtum sorgte MEHRSPRACHIGKEIT: Hochkarätige Referenten beim Workshop des Kompetenzzentrums Sprachen BOZEN (hof). Die Kaufmannsfamilie Menz besaß um das Jahr 1800 halb Bozen – und die Sprache ihrer Kunden zu beherrschen, war für sie eine Selbstverständlichkeit. Über die Familie Menz und das Bozen von damals – vor allem aus sprachlicher Sicht – referiert morgen die Leiterin des Kompetenzzentrums Sprachen an der Uni Bozen, Univ.-Prof. Rita Franceschini, bei einem Workshop. uf n.it Bei diesem Workshop heute und morgen an der Uni Bozen werden „Historische Aspekte der Mehrsprachigkeit“ beleuchtet und hochkarätige Referenten nehmen daran teil, kündigt Franceschini an. Ziel dieser Veranstaltung ist ein Länder-Vergleich. Der Arbeitsaufwand ist beeindruckend: Franceschini erforscht das Menzsche Geschäftsarchiv – 52 Kisten mit jeweils 2000 bis 4000 Dokumenten – zusammen mit Chiara Meluzzi. Die frühere Bozner Uni-Rektorin vertieft sich vorerst in das Jahr 1784. Die Familie Menz stammte ursprünglich aus Augsburg – und handelte vor allem mit Stoff. Das Bozen von damals ist heute kaum mehr vorstellbar: Die Stadt wurde nicht zweisprachig deutsch/italienisch, sondern völlig einsprachig – nur in deutscher Sprache – verwaltet. Univ.-Prof. Rita Franceschini erforscht die Handelskorrespondenz in Bozen im 18. Jahrhundert. Die Protokolle der Stadt wurden folglich nur auf Deutsch verfasst und Deutsch war auch einzige Amtssprache. Wer aus dem Trentino kam, passte sich sprachlich an. Die erste Handelssprache war Deutsch, die zweite Italienisch, berichtet Franceschini. Händler aus Venedig, Rovereto, Trient und Mantua kamen nach Bozen, um ihre Ware zu verkaufen. Italienisch musste man deshalb auch beherrschen. Auch die Ladiner kamen da zum Einsatz, weiß Franceschini – als Übersetzer – weil sie Deutsch und Italienisch sprachen. Juden dürften wohl ebenfalls solche Übersetzungen vorgenommen haben. Französisch war neben Italienisch auch noch von großer Bedeutung. „Französisch hatte eine ganz wichtige Handelsrolle und wurde von vielen verstanden“, DLife/DF sagt Franceschini. „Auch in Bozen trafen Briefe auf Französisch ein – selbst aus der Schweiz.“ Beeindruckend ist der damals pragmatische, unverkrampfte und nicht ideologisierte Umgang mit anderen Sprachen. Die Familie Menz hatte Kontakte bis nach Russland und Argentinien und sie passte sich den Sprachen ihrer Geschäftspartner an. Das Geschäft führten damals Männer – Frauen konnten nur an die Spitze treten, wenn sie Witwen waren. Die Kaufmannsfamilien achteten darauf, dass auch ihre Kinder die Sprache der Geschäftspartner beherrschten. Deshalb wurden sie beispielsweise ins Trentino in den Sommerurlaub geschickt – zu einer anderen Familie, um Italienisch zu lernen. Von dort mussten die Kinder dann dem Vater in der Fremdsprache – auf Italienisch einen Brief schreiben. Die Briefe wurden damals noch formell und distanziert geschrieben, auch wenn es sich um private Korrespondenz handelte. Man siezte sich – auch innerhalb der Familie. Die Sprache war gehoben. Die Orthografie wurde nicht sehr streng genommen: Wenn man Briefe schrieb, dann wurde manchmal das gleiche Wort anders geschrieben – also mal mit einem „t“ und dann mit 2 „t“, erzählt Franceschini. Franceschini sammelt die Daten über die Familie Menz und die Sprache von damals nicht nur– sie stellt sie dann auch online als Datenbank (Open Data) zur Verfügung. © Alle Rechte vorbehalten Video auf Video im Netz Documento generato da Raffaella De Rossi il 27/09/2016 alle 07:55:16 Powered by TCPDF (www.tcpdf.org) Pagina 1/1
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