Der Pfaffenhofener Ausgabe 9 / KW 39 FREITAG, 30. SEPTEMBER 2016 Preis: gratis! 7PUZLS\UK.P[HYYL -YLPLZ:WPLS Ein Besuch im Atelier von Philipp Brosche, dem künftigen Kulturförderpreisträger der Stadt 30 Jahre im künstlerischen Wandel: Walter Heidenreich in der Städtischen Galerie :LP[L :LP[L 2<5:;049,.,5 Hellmuth Inderwies besuchte – ebenso wie Bürgermeister Thomas Herker – das 26. Kunstfest auf dem Troobartl-Hof in Göbelsbach Seite 4 /<5.,9;<94 Nach dem Abbruch des alten Feuerwehrhauses ist die Fläche neben dem Stadtturm aufgewertet Seite 5 +677,3;,,/9, Zum 80. Geburtstag: Reiner Schlamp in der Kulturhalle und in der Städtischen Galerie Seite 6 5(;<9 Tausende Besucher beim Baustellenfest der Gartenschau Seite 7 ¯KLUUKLY>PUKRHUUUPJO[SLZLU von Lorenz Trapp Wer ein Faible hat für ergreifende Liebesgeschichten vor den dramatischen Hintergründen eines Krieges und gleichzeitig fasziniert ist von den Komplikationen, die sich beim Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen zwischen Mann und Frau ergeben, wird sich beim Lesen der Überschrift jetzt sofort erinnern. Richtig: Der Wind, der Wind kann nicht lesen, und allen, die diesen wunderbaren Roman je gelesen haben, hat sich diese Feststellung unauslöschlich im Gedächtnis festgesetzt. Nun wissen aber wir, die den grauen Zellen mit wissenschaftlicher Präzision auf die Beine helfen, dass nichts – mit Ausnahme der Zehn Gebote – in Stein gemeißelt ist. Es ist also durchaus möglich, dass der Wind seine Lauscher in den Wind hält und – ich bin überzeugt davon – er zumindest Gedanken lesen kann. Er plaudert sie nur nicht bedenkenlos aus. Der Titel des Romans geht auf ein ja- panisches Gedicht zurück, das wohl die Sinnlosigkeit thematisiert, die allen mahnenden, insbesondere den geschriebenen Worten innewohnt: „Wenn auch die Worte geschrieben sind:/ ‚Nicht pflückt die Blüten! Sind lebend Wesen!’ /Die Zeichen vermögen nichts wider den Wind./ Denn der Wind kann nicht lesen.“ Die Handlung des Romans spielt übrigens in Fernost, wo der Himmelsmacht Wind keine besondere Liebe entgegengebracht wird, und Fernost ist weiter weg von unseren beschaulichen mitteleuropäischen Hügellandschaften als das Land Syrien und andere Staaten, in denen, so scheint es mir manchmal, mehr oder weniger versehentlich Krieg geführt wird – alle gegen jeden oder jeder gegen alle oder die einen gegen die anderen und kein Ende in Sicht. Wenigstens, habe ich den Eindruck, wird nicht mehr viel Wind um nähere und fernere Kämpfe und Flüchtlinge gemacht. Wir machen uns nämlich unseren eigenen Kampf. Der Wind, der Wind, dass himm- lische Kind, dem schon Hänsel und Gretel im Märchen die Schuld in die Schuhe schoben, als sie ihre illegitimen Knabbereien an der bösen Hexe Häuschen zu rechtfertigen suchten, hat sich zu einem regelrechten Wahlkampfsturm aufgeblasen. Plakate mit „Ja!“, Plakate mit „Nein“, eins schöner als das andere, eins an jeder Straßenecke und wenn’s sein muss, auch zwei oder drei, zieren unsere Stadt wohl noch bis zum 23. Oktober 2016. Dann nämlich schlägt die Stunde des Bürgerentscheids. Zum Ersten geht es beim HallenbadBürgerentscheid um die Frage: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Pfaffenhofen im Schulzentrum anstelle eines öffentlich nutzbaren Schulhallenbads für rund acht Millionen Euro ein kleines Familienbad mit Investitionskosten bis maximal 15 Millionen Euro errichtet?“ Zum Zweiten, und das ist die Frage, die Wind macht, weil sich alles um den Wind dreht und jene Windräder, die die Bürgerenergiegenossenschaft errichten möchte: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Pfaffenhofen den Bebauungsplan ‚Sondergebiet Bürgerwindpark Pfaffenhofen‘ weiterführt, der die Errichtung von maximal drei Windenergie-Anlagen im Förnbacher Forst ermöglicht, und damit einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der städtischen Klimaschutzziele und zur Sicherung der ökologischen Stromerzeugung vor Ort leisten kann?“ Der Wind kann nicht abstimmen, denn der Wind kann nicht lesen. Dafür habe ich ein bisschen im InfoBlatt des „Rückenwinds“ geblättert: Wenn die Abstimmung mehrheitlich mit „Nein“ ausgeht, stellt der Stadtrat das Bebauungsplanverfahren ein; Fakt sei, dass dann – auf Grund der landkreisweiten Windkraftplanung – andere, auch auswärtige Investoren auf den ausgewiesenen Flächen Bauanträge stellen können. Bei einem „Ja“ können die Windräder von der Bürgerenergiegenossenschaft gebaut werden und bis 2018 in Betrieb gehen. Und jeder Bürger könne ab 100 Euro Miteigentümer werden. Selbstverständlich mit Rendite! Das bereits stehende 1. Pfaffenhofener Bürgerwindrad im Lustholz erforderte 5,3 Mio. Euro Investitionskosten. Für 1 Mio. davon hätten bei 100 Euro pro Nase die Oberen Zehntausend genügt. Unter Ausschöpfung der maximalen 50 Anteile pro Person – also 5000 Euro – hätten die Oberen Zweihundert für 1 Mio. gereicht. Zum Glück gibt’s aber nicht nur Genossenschaftsanteile, sondern auch Projektbeteiligungen – ab 1000 Euro kann der Bürger dabei sein, was er halt so in der Portokasse hat. Das wären dann die Oberen X-Tausend. Als Bürger muss mich interessieren, welche Mit-Bürger mit wie hohen Bürgerbeteiligungen beim LustholzWindrad vertreten sind. Könnte man ja bei der nächsten Generalversammlung bürgernah öffentlich machen. Die Liste muss nicht so lang sein wie die 120 000 Einwohner des Landkreises, nicht mal so lang wie die 25 000 Einwohner der Stadt. Die „über zehntausend“ würden mir genügen. Seite 2 | Der Pfaffenhofener STADTKULTUR Freitag, 30. September 2016 0T-S\NPT)H\ Liebe Pfaffenhofenerinnen und Pfaffenhofener, .HY[LUZJOH\7HYRWSH[aMYHNLU\UK)Y JRLUIH\[LU wenn wir Sie im Oktober um Ihr Votum bei zwei Bürgerentscheiden zu den Themen Hallenbad und Windenergie bitten, heißt das nicht, dass der Stadtrat keine eigene Entscheidung treffen könnte oder wollte. Immerhin hat das Gremium zu beiden Vorhaben eine klare Meinung formuliert – bei der Windenergie mehrheitlich, beim Hallenbad sogar einstimmig. Es ist vielmehr die Tragweite der beiden Entscheidungen, die uns bewogen hat, die zwei Ratsbegehren in Gang zu setzen, so dass jeder einzelne Bürger seine Meinung und seine Stimme einbringen kann. Der Bau des Hallenbades – vor allem wenn wir uns nicht auf ein reines Schul- und Sportbad beschränken, sondern die familienfreundliche Variante auf den Weg bringen – wird erhebliche Auswirkungen auf den künftigen Stadthaushalt und die Verschuldung der nächsten Jahre haben. Und der Bau von Windrädern ist ein wesentlicher Punkt, wenn wir unser Klimaschutzziel erreichen wollen. In enger Zusammenarbeit mit engagierten Bürgern haben wir 2012/2013 ein Klimaschutzkonzept erarbeitet und die Klimaschutzallianz gegründet. Als Ziel wurde dabei die Halbierung des CO2-Ausstoßes bis 2030 festgelegt. Und da bekanntlich die erneuerbaren Energien einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Umwelt und Klima leisten, haben wir uns vorgenommen, bis Ende 2021 100 Prozent des Pfaffenhofener Strombedarfs aus lokalen und sauberen Quellen zu decken. Schon heute können rund 70 Prozent des Stroms im Pfaffenhofener Netz direkt vor Ort aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Das erste Pfaffenhofener Bürgerwindrad, das seit März 2016 in Betrieb ist, erzeugt rund sechs Prozent unseres Strombedarfs und leistet damit bereits einen wichtigen Beitrag zur sauberen Stromversorgung der Stadt. Mit drei weiteren Windrädern, einer Leistungssteigerung der Photovoltaikanlagen um ein Drittel und zusätzlichen Speichertechnologien könnte laut technischen Studien die verbleibende Lücke von 30 Prozent in den nächsten fünf Jahren komplett geschlossen und Pfaffenhofen beim Strom unabhängig von Energie-Importen werden. Der Stadtrat empfiehlt deshalb mehrheitlich, das Projekt Bürgerwindpark zu unterstützen. An diesen zukunftsträchtigen Entscheidungen möchten wir Sie alle, liebe Pfaffenhofenerinnen und Pfaffenhofener, aktiv teilhaben lassen. Um bei den beiden anstehenden Bürgerentscheiden eine möglichst große Wahlbeteiligung zu erreichen und Ihnen auch die Stimmabgabe so einfach wie möglich zu machen, haben wir als erste bayerische Kommune die automatische Versendung von Abstimmungsunterlagen bei Bürgerentscheiden möglich gemacht. Sie bekommen also alle Abstimmungsunterlagen samt den beiden Stimmzetteln komplett per Post zugeschickt – oder vielleicht haben Sie sie auch schon erhalten. Unter dem Motto „Briefwahl für alle!“ können Sie bis zum 23. Oktober ganz bequem daheim Ihre Kreuzchen machen und müssen gar nicht ins Wahllokal kommen. Ich hoffe, Sie sind dabei – im Sinne der guten Zukunft unserer Stadt! Herzlich Ihr Thomas Herker, Bürgermeister von Claudia Erdenreich Gefühlt wird gerade überall gebaut in Pfaffenhofen. Es wird abgerissen und gepflastert, geteert und gepflanzt. Umleitungen führen in ganz unbekannte Gegenden, die Staus erreichen – ebenfalls gefühlt – fast großstädtische Dimensionen. Brücken erweisen sich als gefährlich marode, Durchgänge als erstaunlich verengt. Ganze Straßen sind von einem Tag auf den anderen abgehängt, ein Kran hier, ein Kanalbau da. Man könnte meinen, die Stadt baut auf, um und neu, was vierzig und mehr Jahre vergessen wurde. Ganz neue Flächen tauchen auf, wo früher einfach irgendeine Halle, eine Baracke oder ein altes, leeres Haus stand. Brachen werden zu Flaniermeilen, Straßen zu Boulevards. Die Pfaffenhofener nehmen das klaglos hin, seit der Umgestaltung des Hauptplatzes vor über sechs Jahren ist man das gewohnt. Den Lärm, die Umleitungen, aber vor allem die hervorragenden Ergebnisse. Gut, manche Geschäfte sind plötzlich für Monate nicht mehr erreichbar, wo früher Straßen waren, tun sich Baugruben auf, wo Brücken waren, klaffen Lücken. Aber das wird, da ist man sich sicher, seufzt ein wenig, schimpft ein wenig und wartet ab. Lange kann es nicht dauern bei der Geschwindigkeit, die Pfaffenhofen bislang vorgelegt hat. Und lange dauert es auch nicht mehr bis zur Gartenschau, ganze acht Monate, dann blüht es allenthalben. Dann werden sie kommen, die Gäste, die Touristen, flanieren durch Garten und Stadt und sich wundern über diese schöne Kleinstadt, die schon vor Jahren zur lebenswertesten wurde. Nur eines geht gar nicht, da sind sich alle sicher: Wenn die auch noch hier parken wollen, irgendwo in der Stadt. Oder wenn im Zuge der Baumaßnahmen auch nur ein einziger Parkplatz wegfällt. Parkplätze sind das sensibelste Thema überhaupt in der Stadt, eine Art heilige Kuh. Man nimmt stoisch Abbrüche und Neubauten hin, chinesische Pflaster und Volksfest-Verlegung. Aber Parkplätze wegnehmen, das könnte zum Aufstand führen. Wie sollen die also alle her und vor allem wieder weg kommen, die unsere schöne Stadt, den großen Garten, die Ilm und die Geschäfte be- ben es auch bis zu einem Flughafen gebracht, Bayreuth etwa und sogar Manching hat einen. Gut, der ist militärisch, aber das Prinzip steht. Vielleicht an der alten Trabrennbahn oder gleich neben der Bahnstrecke, da stört so ein kleiner Flughafen nicht einmal sonderlich. Jetzt, wo schon ein ganzes Flugzeug nach Pfaffenhofen benannt ist, könnte man doch auch einen Flughafen herholen. Eine klitzekleine Außenstelle von FJS, mit halbstündlichem Shuttle, das ist nachhaltig, das braucht man auch noch nach der Gartenschau. Und wer weiß, was man daraus machen kann, wenn Berlin nie fertig wird. Nur beeilen müsste man sich schon! „Herzogin Kate“ und „Prinzessin Mette-Marit“ sind ja gerade einmal zwei Stück Betroffene. Nicht besonders viel, denn es gibt doch so viele Adelige. Wobei es selbst bei den beiden genannten noch fragwürdig ist, denn sie sind jeweils in inniger Zweisamkeit mit dem Tier abgebildet, das ihnen angeblich das Dasein zur Hölle macht. Vielleicht ist es doch nicht so schlimm mit diesen Allergien. Ich hätte mir einen neuen Blick auf die Weltgeschichte erhofft. Karl der Große, der das Römische Reich wiederherstellt, weil er in seiner Jugend nie ein Meerschweinchen haben konnte. Raubritter, wie sie niesend vom Pferd stürzen. Österreichische Offiziere mit juckender Säbelspitze und noch schlimmer juckenden Pusteln in der Armbeuge, die den Serben dieses lästige Übel heimzahlen wollen. Zaren mit schlitzartig zugeschwollenen Glotzkorken. Beziehungsweise, vermutlich gibt es auch umgekehrt Tiere, die gegen Adelige allergisch sind. Hengste mit Schnaubbeschwerden, Beagles mit verstopftem Riechorgan. Über die wird dann in Tiermagazinen berichtet. Also in Periodica, die von Tieren herausgegeben werden. Das eigentlich Tragische an der ganzen Sache liegt natürlich nicht in dem körperlichen Missvergnügen. Sondern in der Demütigung, sich dieses mit dem einfachen Volk teilen zu müssen. Wahrscheinlich ist Tierhaarallergie nur deshalb so besonders schlimm für die, nun ... besonders betroffene Klasse, weil ein solches Leiden nichts Exklusives an sich hat. Anders als ätherisch-bleiches Nervenfieber mit mitternächtlicher Schwermut. Und deswegen ist so eine Tierhaarallergie für „Prinzessin Mette-Marit“ eben doch viel schlimmer, als sie für Sie und mich wäre. Da sieht man wieder, welche Last der Zweite Stand tagtäglich schultert und auf sich nimmt. Mit Haltung. Ohne Klagen und Seufzen und letztlich für uns alle erträgt er sein von höherer Macht auferlegtes Los. Aber in Wirklichkeit ist die ganze Geschichte eine einzige Erfindung des Redakteurs, der eines Mittags erwachte und von irgendwoher dieses Wortspiel im Kopf hatte: dass das Wort Allergie, wenn man es besoffen vor sich hin lallt, so ähnlich wie „adelig“ klingt, und so entstehen dann solche Geschichten, und andere machen sich drüber viele Gedanken. Pressefoto: Flugzeug „Pfaffenhofen“ von Roland Scheerer Ich werde jetzt das Magazin Adel Heute abonnieren. Da kriegt man noch mal eine ganz andere Sicht auf die Welt. Das investigative Blatt hat nämlich etwas aufgedeckt, das die wenigsten wussten. Wenn man darüber nachdenkt, wird einem ganz anders, und jetzt halten Sie sich fest: Viele Adelige leiden unter Tierhaarallergie. Ich gebe zu, nichts davon gewusst zu haben. Und es ist natürlich schon tragisch angesichts des besonderen Verhältnisses dieser exklusiven Personengruppe zum behaarten Tier, also zum Pferd, zum Jagdhund. „Prinzessin Mette-Marit“ sieht man beim Abküssen eines Hundebabys - aber dies ist für sie „lebensgefährlich“! Sicher, weit über diese Basisinformation geht es dann nicht hinaus. Im Heft erfährt man so einiges Wissenswerte über Heuschnupfen im Allgemeinen. Dass es oft mit einer harmlosen Schniefnase beginnt und mit juckenden Augen. Ob es sich um Tierhaare handelt oder um Blütenpollen, spiele dabei keine Rolle. Es kann zu Luftnot, Blutdruckabfall, Kreislaufversagen und „Bewusstseins-Trübungen“ kommen. Es sind Anzeichen, bei denen man den Notarzt verständigen sollte. Was halt so im Internet steht. Die Leserin erschließt, dass all das ebenso für Adelige gilt. Und „BewusstseinsTrübungen“, das beschreibt ja auch recht genau den Zustand derer, die so etwas zusammenschreiben. Bestandteile des Speichels sind die eigentlichen Reizstoffe, die Katzen suchen? Busse sind schön und gut, temporäre Parkflächen auch, aber natürlich indiskutabel weit draußen für die Einheimischen. Zu Fuß geht gar nicht und nur ein paar sehr überzeugte Ökos fahren E-Bike. Das ist ja auch irgendwie umstritten, am Ende kommt der Strom dafür an der E-Bike-Tankstelle am Rathaus direkt aus einem ungeliebten Windrad. Im Prinzip gibt es dafür nur eine einzige Lösung: Es muss ein Flughafen her, am besten mit Direktanschluss zur Gartenschau. Das schaffen wir noch, wenn wir uns beeilen und die Seitenstraßen ein wenig schneller pflastern, notfalls auch wieder chinesisch. Andere kleine Städte ha- sich beim Putzen aufs Fell lecken. Auch Pferdehaare können eine Allergie auslösen. „Herzogin Kate“ ist ein bekanntes Beispiel. Ein Beispiel für Pferdehaare? Ich finde das alles vom Informationsgehalt her ein bisschen dünn. Denn Freitag, 30. September 2016 DIE SEITE 3 S ein schwarzer Vollbart erinnert an Franz von Lenbach. Doch anders als der Malerfürst aus Schrobenhausen auf seinen Selbstportraits strahlt Philipp Brosche keine düstere Stimmung aus –im Gegenteil. Selbst als ihn der Reporter nach einem halben Jahr vergeblicher Kontaktaufnahme endlich aufgestöbert hat und plötzlich in seinem Atelier steht, bleibt der junge Mann heiter und gelassen. Zumindest nachdem die erste Überraschung überwunden ist. Tief über eine Zeichnung gebeugt sitzt er in seiner Dachkammer. Als er sich davon löst und hoch schaut, um sich nach dem unangekündigten Besucher umzudrehen, braucht Philipp Brosche offensichtlich erst eine Zeit lang, um zu realisieren, dass tatsächlich ein Fremder in sein Reich eingetreten ist. Dieses Atelier ist ein Ort, in dem kreatives Chaos herrscht. Wer es betritt, sollte darauf achten, keine Farbdosen oder Pinsel umzustoßen. Die stehen überall verteilt am Boden. Die Wände sind überzogen mit Skizzen und Fragmenten. Meist dunkle Striche auf heller Wand. Filzstift, Bleistift und Kohle nutzt der Künstler für seine Zeichnungen. Seine Portraits wirken oft sehr lebendig. Runde Strichführungen verleihen den Köpfen Tiefe. Auch mit Farbe arbeitet Philipp Brosche. Wie jeder seiner kreativen Akte, hängt das von seiner Stimmung ab. „Zeitdruck kann manchmal gut sein. Bei Acryl muss man sich beeilen, dass das Bild fertig ist, bevor die Farbe trocknet. Bei Ölfarben hat man dagegen ewig Zeit.“ Philipp Brosche lacht oft, wenn er von seiner Arbeit als Künstler er- Multitalent an Gitarre, Filzstift und Pinsel 0T([LSPLYKLZR UM[PNLU2\S[\YMYKLYWYLPZ[YpNLYZKLY:[HK[7MHɈLUOVMLU von Heinz Hollenberger Der Pfaffenhofener | Seite 3 zählt. Dazu gehört auch das Gitarrespielen. Seine Dobro-Resonatorgitarre aus Metall ist eine Seltenheit. Auch die lockere Selbstverständlichkeit, mit der der Musiker improvisiert. Mit einem Bottleneck, einem etwa fingerlangen Metallröhrchen, gleitet er über die Saiten und lässt sie dabei noch stärker vibrieren. Das klingt nicht nach Zither oder Hawaiigitarre, sondern nach Blues. Obwohl der Musiker die Saiten mit allen fünf spitz zu gefeilten Fingernägeln der rechten Hand filigran zupft – und nicht, wie beim Blues üblich, den rhythmischen Anschlag betont. Philipp Brosche war gerade mal sechs Jahre alt, da hat er den Gitarrenunterricht wieder aufgegeben. Es war ihm schon als Kind nicht geheuer, Termine und Pflichten zu erfüllen, wenn es um Kunst geht. Glücklicherweise hat er mit 15 sein Instrument wieder in die Hand genommen und sich das Gitarrespielen dann selbst beigebracht. Genau wie das Malen. Seinen Lebensunterhalt verdient Philipp Brosche als Bierfahrer. „Das ist ein cooler Job. Auch wenn es schwere Arbeit ist. Aber ich habe nette Kollegen. Für Sport habe ich sowieso keine Zeit.“ Das Atelier von Philipp Brosche ist eines von etwa 20 in der Alten Kämmerei. Dort hat der hoch talentierte Künstler auch erfahren, dass er der Kulturförderpreisträgers 2016 der Stadt Pfaffenhofen sein wird. Im Büro von Kulturmanager Sebastian Daschner wollte Philipp Brosche gerade den Verkauf eines seiner Bilder organisieren. Als er eintritt, war Steffen Kopetzky am Telefon. Von ihm hat Philipp Brosche dann erfahren, dass seine künstlerische Arbeit auch offiziell Anerkennung findet. Seite 4 | Der Pfaffenhofener KULTUR Freitag, 30. September 2016 Lenz Prütting – Philosoph und Künstler I n der Gegenwart trägt die Kunst allzu viele Gesichter zur Schau, die sehr schnell verblassen und in Vergessenheit geraten, weil sie lediglich den Modegeschmack ihrer Zeit zum Ausdruck bringen. Vieles von dem, was heute an Malerei und Bildhauerei, an Literatur und Musik usw. auf den Markt geworfen wird, besitzt nicht selten das Wesen einer Eintagsfliege. Seine Bedeutung überdauert oft kaum die Lebenszeit des Künstlers oder fällt spätestens in der Nachwelt unversehens durch das Raster zeitloser kritischer Wertnormen. Kunst muss Denkanstöße geben und motivieren, sie ist Triebkraft des Geistes und Erbauung der Seele. Und eben das kennzeichnet jenes Happening, das ihr zu Ehren jährlich auf dem Troobartl-Hof in Göbelsbach über die Bühne geht. Es ist eine Hommage an seriöses und aufrichtiges künstlerisches Schaffen, kein obligater Kunstmarkt, sondern in der Tat ein Kunstfest. In stilvoll restaurierten rustikalen Räumen und einem der schönsten und stets wieder mit neuen Elementen versehenen Privatgärten Bayerns huldigt man jenen, deren Werk Intuition, Wissen und Erkenntnis, Ästhetik und Kreativität und vor allem auch handwerkliches Können voraussetzt. Im Atelier von Doris Prütting Der Regen sprühte – die Kunst blühte 2\UZ[MLZ[H\MKLT;YVVIHY[S/VMPU.ILSZIHJO von Hellmuth Inderwies Eigentlich dachte das hier beheimatete Künstlerehepaar Doris und Lenz Prütting im letzten Jahr daran, dieses Meeting der Kunstfreunde, das zu den herausragenden Veranstaltungen des Pfaffenhofener Kulturkalenders gehört, mit dem 25jährigen Jubiläum zu beenden. Man ist ja doch in einem Alter angelangt, in dem Gemeindienste solchen Ausmaßes gewiss nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit betrachtet werden können. Denn die Vorbereitungen hierfür sind sehr umfangreich. Gilt es doch, 20 bis 30 namhafte Künstler zu verpflichten, Programme zu erstellen, Einladungen zu verschicken, Werbung zu betreiben, zahlreiche Parkplätze in der Umgebung zur Verfügung zu stellen, das Haus, Nebengebäude und Garten auf Hochglanz zu bringen und für eine Bewirtung der Gäste zu sorgen, damit sie jenes unnachahmliche Schauspiel von „Kunst und Natur“, das man ihnen hier bislang Jahr für Jahr geboten hat, so richtig genießen können. Aber das Tätigkeitswort „aufhören“ scheint am Troobartl-Hof eine eher negative Bedeutung zu besitzen. Dabei durfte der Hausherr Lenz Prütting nach einer schmerzhaften Schulterverletzung, die er sich bei der Arbeit zugezogen hatte, heuer allenfalls einen einarmigen Beitrag leisten, was der sprichwörtlichen Aktivität seines Wesens nicht gerade förderlich war. Man merkte es ihm an. Und da zudem sein stilvoll angelegter idyllischer Garten die Voraussetzung dafür bietet, dass die Exponate einen adäquaten Kontext besitzen, war er auch noch von der Wetterlage, die sich heuer bot, nicht gerade angetan. Sie erwies sich wegen des Dauerregens als wenig erfreulich. Er musste sich, weitgehend zur Untätigkeit verurteilt, in seine Künstlerwerkstatt zurückziehen, in der er sonst formvollendete Messer fertigt, die auch im alltäglichen Gebrauch eine außerordentlich hohe Qualität besitzen. Aus Skandinavien bezieht der promovierte Philosoph und Theaterwissenschaftler die wertvollen Klingen und formt dazu stilvolle Griffe aus edlen Materialien. Allein schon deswegen lohnt es sich, nach Göbelsbach zu fahren. Die Witterung hielt manchen potentiellen Besucher heuer freilich davon ab. Das Kunstfest der Prüttings besitzt auch deshalb einen besonderen Charakter, weil die Veranstalter und Organisatoren in diesem Rahmen ihre eigenen Kunstwerke präsentieren. Die Ölgemälde von Doris Prütting sind nicht nur in ihrem Atelier zu besichtigen, sie gehören zur Ausstattung und Dekoration der gesamten Szene. Die Natur bietet die Themen und Inhalte ihrer Arbeiten. Das Universum mit seinen Gestirnen, die Tageszeiten und die Landschaft mit ihren Tieren, Pflanzen und Stimmungen stehen im Mittelpunkt. „Erinnerung“ heißt ihr Leitmotiv. Und in diese Erinnerung mischt sich auch Sagen- und Märchenhaftes. In antiken Rahmen, die sie sammelt, werden die Impressionen ins Bild umgesetzt und so eine harmonische Einheit geschaffen. Vielfältige Kunst unterschiedlich-sten Genres war auch dieses Mal in den früheren landwirtschaftlichen Gebäuden, von Lenz Prütting für diesen Zweck umgebaut und umgestaltet, und im gepflegten Garten zu besichtigen, teilweise wegen des unablässigen Regens unter Zeltdächern. 21 Künstler, die wie in der Vergangenheit teilweise von weit her anreisten, waren während der gesamten Ausstellungsdauer persönlich anwesend. Sie suchten das Gespräch und unterhielten sich, was in der Kunstszene sonst nicht generell der Fall ist, sehr gerne mit den Besuchern über ihr Werk: Skulpturen und Plastiken aus verschiedenen Materialien (Josef Brummer, Gabriele Hallek, Bärbel Hefter, Manfred Knappe, Martina Wagner, Bernd Thomas Zimmermann), Keramikarbeiten (Rupert Grottenthaler, Brigitte Künzel, Elke Lugmair), Unikatschmuck in Gold und Silber (Doris Endres, Cornelia Keller, Angelika Reinhardt), Kunstgewerbliches verschiedenster Art (Ute Natzer, Anni Platz, Irmgard Schmidt-Adl) und Textilkunst (Gisela Helmes-Kronschnabl, Renate Forster, Olga Geiser, Conny Kagerer, Gisela Starczewski, Anna Widmann). Letztere, die vor allem in ostasiatischen Ländern wie China und Japan auf eine lange Tradition zurückblicken kann, erlebt gegenwärtig als typische Frauenkunst auch in Europa eine Renaissance. Eine Vielzahl von Ausstellungen, vor allem in Deutschland und in der Schweiz, mag dafür als Beleg gesehen werden. Zuletzt erregte die Japanerin Chi- haru Shiota, die 2015 ihr Land auf der Biennale in Venedig vertrat, mit ihren abstrakten Arbeiten weltweit Aufsehen und fand in der Kunstkritik höchste Anerkennung. Sie lebt in Berlin und hat sich am Prenzlauer Berg ein Atelier eingerichtet. Nicht nur das Alter des Kunstfests der Prüttings auf dem im Einklang mit der Landschaft restaurierten Troobartl-Hof lässt den Besucher stets einen Hauch von Geschichtlichkeit empfinden, sondern vor allem auch das hier präsentierte künstlerische Werk. Es biedert sich nicht an und schreit nicht nach Sensation, sondern es steht in der Tradition kulturgeschichtlicher Entwicklung und besitzt zugleich innovativen Charakter. Beides zusammen, Ausstellungsort und Exponate, bildet eine harmonische Einheit und gleicht einer Schaubühne, „wo sich Vergnügen mit Unterricht, Ruhe mit Anstrengung, Kurzweil mit Bildung gattet“, um Friedrich Schillers Worte zu gebrauchen. Dass ein derartiges Kunstevent, das der Öffentlichkeit gänzlich auf Grund privater Initiative und privaten Risikos geboten wird, in den letzten Jahren bei den offiziellen Kulturdezernenten Pfaffenhofens wenig Beachtung gefunden hat, überrascht allerdings ein wenig. Umso mehr war das Künstlerehepaar Prütting erfreut, dass es sich der 1. Bürgermeister Thomas Herker nicht nehmen ließ, das Kunstfest bei strömenden Regen zu besuchen und damit wohl auch seine Wertschätzung für das Engagement und die Mitwirkung jener Bürger zum Ausdruck brachte, die zur Bereicherung des gesellschaftlichen Lebens der Stadt einen nicht unwesentlichen Beitrag leisten. KULTUR Freitag, 30. September 2016 Der Pfaffenhofener | Seite 5 Neues altes Denkmal /H\ZPUKLY:JOL`LYLY:[YHLPUKLY+LURTHSSPZ[L von Claudia Erdenreich Seitenaltar der Pfaffenhofener Stadtpfarrkirche P faffenhofen geht nicht immer sensibel und pfleglich mit der wenigen noch vorhandenen alten Bausubstanz um. Dabei gilt immer und überall ein bestechend einfacher Satz: „Was weg ist, ist nicht mehr da“. Was einmal abgerissen wurde, ist unwiederbringlich verloren und kann nicht mehr ersetzt werden. Vielfach werden heute die Abrisse und darauf folgenden Neubauten der 60er und frühen 70er Jahre als „Bausünden“ angesehen, die Architektursprache der Zeit erschließt sich kaum noch, die Gebäude werden einfach nicht als schön empfunden. Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass auch heutige Neubauten in einigen Jahrzehnten nicht mehr geschätzt werden. Dagegen werden historische Gebäude fast durchgehend als schön empfunden, sie schmeicheln Auge und Gefühl, erhaltene Altstädte rufen Begeisterung hervor. Das Denkmalschutzgesetz kam erst 1973, aber auch das kann nur schützen, was als Denkmal eingestuft ist. Gelegentlich fallen in Pfaffenhofen Gebäude aus der Denkmalliste heraus, teils weil sie doch einfach abgerissen werden, nachdem sie jahrelang verfallen sind, teils weil sie im Inneren so verändert werden, dass nur noch die Fassade besteht. Und eine Fassade allein ist kein Denkmal. Neu in die Denkmalliste aufgenommen werden dagegen nur ganz selten Gebäude, da sich Denkmäler nicht verfielfältigen lassen und kaum von heute auf morgen entstehen. Umso bemerkenswerter ist die Neuaufnahme eines Gebäudes, von dem bislang nur zwei Fassadenfiguren geschützt waren. Es handelt sich um das Kraft-Haus am Scheyerer Kreisel, das vor allem aufgenommen wurde, weil es noch das vollständig erhaltene „Studiolo“ und die Raumaufteilung des Künstlers enthält. Seine Nachkommen haben das Studiolo im Stil der Neurenaissance originalgetreu erhalten. Balthasar Kraft ist als Eigentümer ab August 1865 in dem Haus Scheyerer Straße 10 eingetragen. 1874 wurden zwei Läden unten im Haus einge- Haus an der Scheyerer Straße 10 richtet. Sein Sohn Adolph war Photograph und Grottenbauer, ab 1906 findet sich ein photographisches Atelier in dem Haus. 1907 kaufte Ludwig Schwarzenbeck das Haus, später fand sich ein Bäcker darin. Der Kirchenmaler und Kunstunternehmer stammte aus einer örtlichen Handwerkerfamilie. Zunächst renovierte er Kirchen und stattete sie neu aus, fand dann aber auch zu einem eigenen Stil. Besonders in Pfaffenhofen und Umgebung sind seine „heiligen Gräber“ bekannt, auch „Kulissen für die Osternacht“ genannt. Er entwickelte eine ganz eigene Form Altarbild in Eisenhut dieser Kulissen, von denen rund 40 inzwischen in Bayern wieder aufgebaut werden. In Pfaffenhofen ist das Heilige Grab in der Spitalkirche zu sehen, vom Künstler 1865 geschaffen. Bekannt sind heilige Gräber seit dem Mittelalter, wo sie in liturgische Osterspiele einbezogen wurden. Als Besonderheit dieser Ostergräber lässt sich die Christusfigur durch eine Mechanik bewegen und empor heben. Nach dem Künstler ist die BalthasarKraft-Straße in Niederscheyern benannt. Hl. Grab Niederscheyern Beschreibung laut Denkmalliste: Wohn- und Geschäftshaus, zweigeschossiger Flachsatteldachbau in Ecklage mit Fassadenfiguren, ehemals mit Neurenaissancegliederung, um 1857, 1857-89 Wohnhaus des Kunstmalers und Schreiners Balthasar Kraft (1820-1889); im Obergeschoss das sog. Studiolo, vollständig erhaltene Raumausstattung in Neurenaissance-Formen, 1880. Nachbarschaft befand sich eines von insgesamt vier Stadttoren, das Türltor. Nur der Straßenname erinnert noch daran, auch das Türltor wurde vor gut 100 Jahren abgerissen. Die alte Feuerwehrhalle, die nun verschwunden ist, wurde schon lange nicht mehr genutzt. Mal spielte noch eine Band darin, mal wurde nach einer Napoleon-Stadtführung darin provisorisch, aber gemütlich Bier probiert. Jetzt ist der Platz frei für eine attraktive Aufwertung und Nutzung, die auch den historischen Turm integriert. Der Platz wird nun neu gestaltet und aufgewertet, der Gehweg am Stadtgraben wird ebenfalls saniert und gepflastert. Zudem wird die noch vorhandene alte, rissige Asphaltierung um den Hungerturm entfernt. Der Platz wird komplett gepflastert und im Untergrund werden noch neue Leitungen verlegt, Moderne unter einem historischen Ort. (IIY\JOULILU KLT/\UNLY[\YT +PL-SpJOLULILUKLTHS[LU:[HK[[\YT ^PYKH\MNL^LY[L[ von Claudia Erdenreich M anche reiben sich verwundert die Augen, wenn sie vorbeifahren: Da war doch noch was, vor kurzem? Das alte Feuerwehrhaus neben dem Hungerturm ist weg, abgerissen innerhalb weniger Tage. Erst jetzt wird ersichtlich, wie groß der Platz hinter der Frauenstraße eigentlich ist. Auch der alte Hungerturm wirkt sofort viel imposanter und dominiert nun die Fläche. Hans Prechter mit Stadtführer Frieder Leipold Der Platz wird vor der Gartenschau attraktiver und einladender gestaltet, eine von vielen Maßnahmen, mit denen Pfaffenhofen sich rasant verändert und auf das große Ereignis im nächsten Jahr vorbereitet. Zur kleinen Landesgartenschau werden innerhalb von drei Monaten weit über hunderttausend Besucher erwartet und viele von ihnen werden direkt an diesem Bereich vorbeikommen. Diese Gäste werden nicht nur auf dem Gartenschau-Gelände entlang der Ilm flanieren, sondern auch die Stadt erkunden. Und die soll so einladend wie möglich wirken. Bisher war der Platz, obwohl fast zentral in der Stadt, vernachlässigt und lud nicht gerade zum Verweilen ein. Ein wenig Parkplatz, ein wenig Brache, Unkraut wucherte, vorne belebten schon Jahre die Kreativen die Alte Kämmerei. Daneben steht der schön restaurierte Hungerturm, er wirkte bislang etwas verloren und einsam auf dem unwirtlichen Platz. Seine ganze Schönheit wird erst jetzt ersichtlich, wenn er frei steht. Der spätmittelalterliche Stadtturm ist einer von drei noch stehenden Türmen der alten Stadtmauer, die einst mit rund eineinhalb Kilometern Pfaffenhofen umspannte. Es gab wesentlich mehr Türme, die aber alle, wie auch die vier früheren Stadttore, abgerissen wurden, die meisten davon vor 100 bis 150 Jahren, als die Stadt rasch wuchs. Der Hungerturm oder Pfänderturm, errichtet um 1400, markiert die nordöstliche Stadtgrenze innerhalb der alten Wehranlage. Gleich in der Seite 6 | Der Pfaffenhofener STADTKULTUR Freitag, 30. September 2016 2\S[\Y[LYTPUL Außen und Innen Die Ausstellungen zum 80. Geburtstag von Rainer Schlamp laufen in der Kulturhalle bis 16.10. und in der Städtischen Galerie bis 23.10. Jazz „Kind of Blue“ heißt das neue Album des Martin Auer Quintetts, das am 30.9. ab 21 Uhr in der Künstlerwerkstatt spielt. Film In der Reihe „der besondere Film“ zeigt das CineradoPlex am 4.10. um 20 Uhr „Wie die Anderen“ von Constantin Wulf. Doppelt Gottfried Müller stellt am 7.10. ab 20 Uhr in der Künstlerwerkstatt aus, ab 21 Uhr spielt dort Peter Ewald mit „Double Trouble“. Oper Im Festsaal des Rathauses findet am 9.10. um 18 Uhr mit „Voilà! Opera!“ eine Operngala mit bunten Arien statt. Klima Der diesjährige Pfaffenhofener Klimaschutzpreis wird am 15.10. um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses verliehen. Konzert Krenare Gashi eröffnet am 16.10. ab 20 Uhr im Festsaal des Rathauses die Saison der Rathauskonzerte. Blues Preisgekrönt: Die Herbie Schmidt Blues Band aus Kiel spielt am 22.10. ab 20.30 Uhr im intakt Musikinstitut. Gäste Ein erster Info-Abend zur Gästeführerausbildung für die Gartenschau findet am 25.10. ab 19 Uhr im Rathaus-Festsaal statt. Kunst Christoph Scholter stellt „Natura Morta Viva“ in der Städtischen Galerie aus, Vernissage am 28.10. um 19.30 Uhr. ,035(6680 9HUODJ+HUDXVJHEHU+HUVWHOOXQJ .$671(5$*±GDVPHGLHQKDXV 6FKORKRI±:ROQ]DFK 7HOHIRQ 9L6G3.LOLDQ:HOO (0DLOGHUSIDIIHQKRIHQHU#NDVWQHUGH 5HGDNWLRQ&ODXGLD(UGHQUHLFK .LOLDQ:HOO+HOOPXWK,QGHUZLHV /RUHQ]7UDSS /D\RXW%2EHUKDJHPDQQ $Q]HLJHQ&ODXGLD6FKHLG 7HOHIRQ (UVFKHLQXQJVZHLVHPRQDWOLFK 'HU3IDIIHQKRIHQHUHUKDOWHQ6LHLQGHU %XFKKDQGOXQJ2VLDQGHUGHU%XFKKDQG OXQJ.LOJXVEHL6FKUHLEZDUHQ'DXE PHLHU6FKUHLEZDUHQ3UHFKWHU7DEDN %HUJPHLVWHU7DEDN%UHLWQHUHWF 1lFKVWH$XVJDEHYRUDXVVLFKWOLFK )UHLWDJ E ine Doppelausstellung zu Ehren eines Urgesteins der Pfaffenhofener Kunst wird am 30. September 2016 eröffnet. Reiner Schlamp ist einer der bekanntesten und aktivsten Kunstschaffenden Pfaffenhofens. Der Maler, Radierer, Bildhauer und Puppentheatermacher ist nun 80 Jahre alt geworden. Die Stadt ehrt sein umfangreiches künstlerisches Schaffen und sein langjähriges Engagement mit einer Doppel-Jubiläumsausstellung in der Städtischen Galerie sowie im „Kino“ der Kulturhalle in Kooperation mit dem Neuen Pfaffenhofener Kunstverein. Nicht nur als ehemaligen Kunstlehrer am Schyren-Gymnasium mit großer Leidenschaft für das Puppenspiel kennen ihn die Pfaffenhofener: Unter vielem anderen war Reiner Schlamp als Gründungsmitglied des Kunstkreises Pfaffenhofen und als einer der treibenden Protagonisten bei der Gründung der Städtischen Galerie im Haus der Begegnung immer schon eine engagierte Persönlichkeit und eine prägende Figur in der Kunstszene Pfaffenhofens. Bereits zum 65. Geburtstag gratulierte die Stadt aus diesem Grund mit einer Ausstellung. Zum ungleich größeren Jubiläum lädt die Stadt nun den Pfaffenhofener Künstler zu einer Doppelausstellung. Während beim Kunstverein die Ausstellung „Außen“ gezeigt Innen und Außen: +VWWLS1\IPSp\TZH\ZZ[LSS\UNa\T.LI\Y[Z[HN ]VU9LPULY:JOSHTW wird, ist in der Städtischen Galerie „Innen“ zu sehen. Beide Ausstellungen werden am Freitag, 30. September, eröffnet: in der Kulturhalle um 19.30 Uhr und im Anschluss in der Städtischen Galerie im Haus der Begegnung um 20.30 Uhr. Mit den konträren Ausstellungstiteln zeichnet Reiner Schlamp grundsätzliche Strukturen und Mechanismen seiner Arbeitsweise nach: „Außen“ fasst Bilder und Grafiken aus den Jahren 1981 bis 2015 zusammen, die alle in einer sprichwörtlich fast schon klassischen Situation der Kunst entstanden sind. Sämtliche der im Kino der Kulturhalle gezeigten Arbeiten wurden in der freien Natur unter dem Eindruck des Naturerlebnisses gemalt – und das gilt auch für die ausdruckstarken großen Leinwände. Schlamp legt seinen Fokus dabei allerdings nicht auf eine reine Abbildung der Natur, sondern er verarbeitet seine Eindrücke expressiv mit starker Geste und intensiven Farben. Im Gegensatz dazu zeigt die Ausstellung „Innen“ in der Städtischen Galerie Arbeiten – Bilder, Grafiken, aber auch Skulpturen – aus den Jahren 1991 bis 2016, die im Atelier entstanden sind. Einerseits sind das großformatige Leinwandarbeiten, die gestisch intensiv bis in die Abstraktion reichen, andererseits wählt der Künstler hier Bilder, die im Außenraum angefertigte Skizzen in einem weiteren Abstraktions- und Verfremdungsschritt weiterentwickeln und die innere Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Sujet betonen. Die Ausstellungen sind nur ein kleiner Ausschnitt aus dem unbändigen und umfangreichen Schaffen Reiner Schlamps, der sich im Laufe seiner künstlerischen Tätigkeit schon mit den unterschiedlichsten Themen und Techniken intensiv auseinandergesetzt hat, allerdings zeigen sie immer wiederkehrende Grundprinzipien seiner Arbeit. Die Ausstellung „Innen“ läuft bis einschließlich 23. Oktober, die Ausstellung „Außen“ bis 16. Oktober. Die Öffnungszeiten der Städtischen Galerie sind: Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr und 13.30 bis 16.30 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist hier immer frei. Der Kunstverein öffnet die Ausstellung im Kino der Kulturhalle am Ambergerweg jeweils Donnerstag/ Freitag von 16 bis 19 Uhr und Samstag/Sonntag von 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet drei Euro, sonntags einen Euro. Bei der Vernissage ist der Eintritt frei. STADTKULTUR Freitag, 30. September 2016 Der Pfaffenhofener | Seite 7 Natur in Pfaffenhofen an der Ilm )LZ\JOLYILPTNYVLU)H\Z[LSSLUMLZ[KLY.HY[LUZJOH\ E infach unbeschreiblich: Ca. 6.000 Besucher wollten am Sonntag – trotz widrigsten Wetterbedingungen – beim großen Baustellenfest die Vorfreude auf die Gartenschau Pfaffenhofen im Sommer 2017 erleben. Gäste aus der Stadt und dem Landkreis aber auch viele Familien aus den nahegelegenen Städten nutzten die Gelegenheit, erste Gartenschauluft zu schnuppern. „Das Interesse und die Vorfreude der Besucher auf die Gartenschau im nächsten Jahr war überall auf dem Gelände spürbar. Der Ansturm auf die Dauerkarten – den wir ja bereits bei der Sonderverkaufsaktion im April erleben durften – ist riesig, mit über 500 verkauften Karten am heutigen ersten Tag des offiziellen Kartenvorverkaufs – dazu kommen noch die 760 verkauften Gutscheine von der ersten Verkaufsaktion auf der Pfaffenhofener Messe – wurden unsere Erwartungen weit übertroffen. Dies und die vielen positiven Rückmeldungen von Bürgern, Gästen und Beteiligten freuen uns sehr“, so Eva Linder, Geschäftsführerin der Natur in Pfaffenhofen a. d. Ilm 2017 GmbH. Bereits beim Baustellenfest bot sich den Besuchern die Gelegenheit, das Motto der Gartenschau Pfaffenhofen direkt zu erleben. Die Sinne wurden auf vielfältige Weise angesprochen: Staunen durfte man über die witzigen und ausgefallenen Darbietungen der Künstler JohnMan als „BLANKO“ und „Die Meedels von der Baustelle“. Beim Bühnenprogramm mit Marazula, Chor und Lehrerband des Schyren-Gymnasiums sowie der Big Band der Stadtkapelle bekam man einen Eindruck, wie abwechslungsreich Pfaffenhofen musikalisch klingt. Bei den anwesenden Ausstellern und Gärtnern konnte man sich an Blühendem und Duftendem erfreuen und bekam erste Einblicke in die Ausstellungsaufbauten, die direkt im Anschluss an das Baustellenfest beginnen. Die Geschmacksnerven bediente der Gartenschaugastronom „Fantastic Gartenschau Catering“ mit Köstlichkeiten – nachhaltig, regional und vor allem lecker. Mitarbeiter der Natur in Pfaffenhofen, Planer und auch Bürgermeister Thomas Herker plauderten bei den Baustellenführungen aus dem „Blumenkästchen“, verrieten ihre Lieblingsplätze und beantworteten Fragen rund um das Konzept, die Bauphasen und einzelne Ausstellungsinhalte. Mitmachen, Ausprobieren, Forschen und Entdecken: Die Aktionsstände und Aktivangebote erfreuten sich besonderer Beliebtheit, es war bunt, sportlich und fröhlich. Kinder – und auch manch Erwachsener – sicherten sich einen der selbst hergestellten „Gartenschau-Racker-Buttons“ mit Fritz, dem Gartenschaufrosch. Viele strahlende Gesichter gab es auch, als sich die Kinder in kleine Marienkäfer, Schmetterlinge und Blumenkinder beim Kinderschminken verwandelten. Kleine und große Jungs (natürlich auch die Mädels) durften sich beim Baggerführen beweisen. Kreativstationen, Aktionen aus dem Kindermitmachprogramm und die Spiele auf der Wiese – wetterbedingt im großen Festzelt – zogen Groß und Klein gleichermaßen in ihren Bann. .pY[ULY(\ZZ[LSSLY=LYIpUKL ¶^LUULZ ILYHSSIS O[K\M[L[ Z\TT[\UKZJO^PYY[ Einen großen und vielfältigen Beitrag zum Gelingen des Festes lieferten einige der im nächsten Jahr auf dem Festplatz vertretenen Aussteller. Draußen trotzten die Gärtner, Floristen und gärtnerischen Verbände dem Regenwetter mit bunten Blumenarrangements. Mit dabei waren: Der Verband Garten-, Landschafts-, und Sportplatzbau Bayern e.V. mit ihren ausstellenden Galabau-Firmen Stefan Arndt, Rieper und Silbernagl, Majuntke Gärtner von Eden, Manfred Fahn, Bastian Rohrhuber, Michael Richter, Thomas Thaler, Robert Mißbichler, Christoph Garten mit Ausstellung und Information zu den geplanten Gärten, Beratung und der Hubsteiger-Aktion flankiert vom Baggerlenken bei Galabau Arndt und Manfred Fahn. Die Gemeinschaftsaktion der Zierpflanzengärtner (Bayerischer Gärtnerei-Verband) Gärtnerei Schechinger, Manfred Fahn, Johann Ziereis umfasste u.a. einen Kindergärtnerei, Bemalen von Töpfen und den Verkauf von besonderen Gehölzen. Der Fachverband deutscher Floristen, LV Bayern, sorgte mit einer offenen Werkstatt mit Schauvorführungen für sonnige Blumengrüße. Beim Baggern des Kreisverbandes für Gartenbau und Landespflege und dem Landkreis Pfaffenhofen (KUS) konnten groß und klein Schätze im Sandhaufen finden. Bei den Aktionsständen im Zelt gab es passend zum Motto der Gartenschau Duftendes an der Riechbar von Ambiente Collection und ihrem „Gewächshaus der Sinne“, Pfaffenhofen summt und der Interkulturelle Garten informierten genau wie der Bund Naturschutz zu Themen wie Nachhaltigkeit, Natur und Artenvielfalt in der Stadt etc. Die Stadtwerke Pfaffenhofen informierten über aktuelle Themen der Stadt und das Arlmühlprojekt auf dem Gartenschaugelände. +H\LYRHY[LU=VY]LYRH\MZZ[LSSLU Ab sofort sind Dauerkarten bei folgenden Partnern im Vorverkauf erhältlich: Donaukurier (Pfaffenhofen, Wolnzach, Ingolstadt, Schrobenhausen, Lieferung nach vorheriger Bestellung auch nach Vohburg, Neuburg, Eichstätt, Beilngries und Hilpoltstein möglich), Reisebüro Stanglmeier Touristik (Pfaffenhofen, Mainburg, Ingolstadt, München), Sparkasse Pfaffenhofen, Hallertauer Volksbank Pfaffenhofen (Lieferung in die Filialen möglich), Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte Pfaffenhofen, HypoVereinsbank Pfaffenhofen, Buchhandlung Gabriel Rohrbach, Bürgerbüro Stadt Pfaffenhofen (erst ab 1.10.2016) und online unter www.gartenschau-pfaffenhofen.de über unseren Partner etix. Seite 8 | Der Pfaffenhofener ANSICHTEN Freitag, 30. September 2016 D er Künstler Walter Heidenreich zeigte vierzehn seiner aktuellen, bislang nie ausgestellten Bilder in der Städtischen Galerie im Haus der Begegnung. Obwohl die Ausstellung schlicht „1986 – 2016, 30 Jahre im künstlerischen Wandel“ heißt, handelte es sich gerade nicht um eine Raetrospektive. Vielmehr präsentierte der Maler und Verleger bislang ungezeigte, neue Werke. Zahlreiche Gäste waren zum ungewöhnlichen Eröffnungstermin am Samstagabend erschienen, der wegen der Volksfesteröffnung ausnahmsweise einen Tag später als üblich stattfand. Kulturmanager Sebastian Daschner versprach auch gleich bei seiner Begrüßung „ich fasse mich kurz“. Daran hielt er sich in seiner prägnanten und dennoch informativen Rede, bei der er den vielfältigen Künstler, seine Werke und seine Entwicklung vorstellte. Sebastian Daschner reihte Walter Heidenreich dabei durchaus in eine Linie mit den ganz großen abstrakten Malern bis hin zu Kandinsky ein. Walter Heidenreichs Atelier liegt bei ihm zu Hause. Auf nur rund 35 Quadratmetern malt er im ersten Stock seines Hauses auch die großformatigen Bilder, die mit bis zu zwei mal zwei Metern gerade noch durch die Tür gehen. Fröhlich und bescheiden nennt er seine künstlerische Muse: Seine Frau. Der Künstler stellte bereits 1986 am selben Ort aus, damals war der Raum, der später zur Städtischen Galerie wurde, noch ein Mehrzweckraum. Darin wurde auch noch geturnt und gesungen. Walter Heidenreichs künstlerische Entwicklung in dreißig Jahren ist bemerkenswert, seine Werke sind inzwischen unter anderem im Museum für konkrete Kunst in Ingolstadt zu sehen. Auch die Artothek, die Kunstsammlung der Stadt Pfaffenhofen, verfügt über vier seiner Werke. Sie sind ausleihbar wie alle anderen Bilder der Artothek. Freies Spiel in Form und Farbe ¶!1HOYLPTR UZ[SLYPZJOLU>HUKLS von Claudia Erdenreich Jetzt zeigte Walter Heidenreich großformatige, abstrakte, farbenfrohe Bilder, die durch das Spiel mit Form und Farbe beeindrucken. Die Kunstwerke haben dabei eine ganz unterschiedliche Nah- und Fernwirkung und faszinieren durch ihre wilden Pinselstriche und die vielfältigen Farbschichten. Sämtliche Bilder sind ohne Titel und lassen dem Betrachter daher jeden Freiraum für die eigene Fantasie und Interpretation. So war die aktuelle Ausstellung auch eine Überraschung. Walter Heidenreich ist vor allem durch seine abstrakten Bilder mit geometrischen Formen bekannt geworden. Die neuen Werke unterscheiden sich davon grundlegend, der Künstler hat Arbeitsweise und Stil deutlich verändert und gewechselt, er ist ganz offenbar in eine neue Phase eingetreten. Jetzt wirken seine Bilder wie improvisiert, wilde Pinselstriche werden zu einem Spiel mit Form und Farbe. Durchgehend und sehenswert! Publikum bei der Ausstellungseröffnung Künstler Walter Heidenreich Kulturmanager Sebastian Daschner mit Walter Heidenreich
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