Bafin nimmt Fintechs ins Visier

Regulierung
Bafin nimmt Fintechs ins Visier
Allein im Anlagebereich sind in Deutschland 46 Fintechs registriert (Stand Februar 2016; Vorjahr 34;
Quelle: Barkow Consulting) – Tendenz stark steigend. Das Transaktionsvolumen im Segment „Robo
Advisors“ soll bis 2020 um gut 795 Prozent wachsen (Quelle: Statista 2015).
Mifid 2 trifft auch Anlage-Fintechs
Die Umsetzung der Europäischen Mifid-2-Richtlinie in deutsches Recht per 3. Januar 2018 beschäftigt
die Finanzbranche seit Jahren am stärksten. Was die wenigsten wissen: Die neuen Regelungen treffen
nicht nur Banken und Vermögensverwalter, sondern auch Finanzanlagenvermittler mit einer Erlaubnis
nach Paragraf 34f der Gewerbeordnung (GewO), die mit teilweise massiven Änderungen zu rechnen
haben. Dies betrifft auch Fintechs.
Für ETF-basierende Anlagestrategien bedarf es derzeit keiner Erlaubnis der Bafin, es reicht eine
gewerberechtliche Erlaubnis nach Paragraph 34f GewO. Aus diesem Grund verfügen viele Betreiber
sogenannter Robo-Advice-Plattformen (nur) über eine Erlaubnis nach der GewO.
Die Mifid-2-Richtlinie sieht vor, dass die für Banken geltenden sogenannten Wohlverhaltenspflichten in
vielen Teilen gleichwertig auch für Finanzanlagenvermittler mit einer 34f-GewO-Erlaubnis eingeführt
werden. Dies bedeutet unter anderem:
Erweiterte Informationspflichten in der Anlageberatung
Wird Anlageberatung erbracht, muss erläutert werden, ob und warum diese als unabhängig oder
abhängig (zum Beispiel weil Provisionen von Dritten angenommen werden) einzustufen ist.
Außerdem sind das Spektrum an Finanzinstrumenten, das Verhältnis zu den Emittenten und
Anbietern zu erläutern und dem Kunden mitzuteilen, ob er ein kontinuierliches Reporting
hinsichtlich der Eignung der empfohlenen Finanzinstrumente erhält.
Aufzeichnung von Telefongesprächen (sogenanntes „Taping“)
Telefonate, die auf eine Order hinauslaufen können, müssen künftig aufgezeichnet werden,
egal, ob es schlussendlich zu einer Order kommt oder nicht. Wenn Fintechs
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vereinbarungsgemäß Telefongespräche nur für technischen Support anbieten, kann mit guten
Argumenten auf die Bereithaltung einer technischen Lösung zur Aufzeichnung von Telefonaten
verzichtet werden. Dies wäre – auch aus Kostengründen – eine erhebliche Entlastung. Aber
auch elektronische Kommunikation muss nach nachprüfbar festgelegten Grundsätzen
aufgezeichnet werden.
Vorgaben für Kundeninformationen und Marketing-Maßnahmen
Auch für an Kunden gerichtete Informationen und Werbung werden die Anforderungen
nochmals erhöht. Sie müssen unter anderem leicht verständlich formuliert sein. Das bedeutete
auch bislang vor allem, dass mit Fachbegriffen sparsam umgegangen werden sollte. Hinweise
auf maßgebliche Risiken müssen künftig in einer Schriftgröße erfolgen, die mindestens der auch
für alle anderen angegebenen Informationen verwendeten, Schriftgröße entspricht und durch
ihre graphische Gestaltung leicht erkennbar sein.
Regelungen zur Mitarbeitervergütung
Vergütungen dürfen auch bei Unternehmen mit Paragraph 34f-Erlaubnis nicht mehr
ausschließlich oder überwiegend auf quantitativen wirtschaftlichen Kriterien beruhen, sondern
müssen angemessene qualitative Kriterien (zum Beispiel Kundenzufriedenheit, das Befolgen
interner und externer Vorschriften, Führung, Teamwork, Kreativität, Motivation) berücksichtigen.
Hierzu sind unternehmensinterne Vergütungsgrundsätze zu entwickeln.
Außerdem wird das Zulassungsverfahren erschwert, zum Beispiel indem künftig ein Geschäftsplan, also
eine Art Businessplan, vorgelegt werden muss.
Aus für Rebalancing-Modelle?
Die Bafin hat sich jüngst verstärkt der aufsichtsrechtlichen Behandlung von Fintechs angenommen und
zu einigen typischen Modellen geäußert. Im Bereich der Anlage-Fintechs findet man im Wesentlichen
drei Modelle vor: Robo-Advisors, automatisierte Vermögensverwaltung und Social Trading.
Während man beim Social Trading einem oder mehreren anderen Tradern folgt und deren
Handelsentscheidungen im eigenen Depot umsetzen lässt, wird im Bereich der
Robo-Advice-Plattformen und der automatisierten Vermögensverwaltung ein auf die Bedürfnisse des
Kunden maßgeschneidertes Musterportfolio entwickelt.
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Häufig erhält der Kunde die Option, dieses Musterportfolio fortlaufend an die Marktgegebenheiten
anpassen zu lassen, um Verschiebungen aufgrund von Marktentwicklungen auszugleichen
(sogenanntes Rebalancing).
Die Bafin scheint Rebalancing-Angebote in den Bereich der Vermögensverwaltung zu verorten. Dies ist
deshalb von besonderer Bedeutung, weil Unternehmen mit Paragraph 34f-Lizenz nur Anlageberatung
und Anlagevermittlung, insbesondere Investmentfonds, nicht aber Vermögensverwaltung anbieten
dürfen.
Abgrenzung der Anlageberatung
Entscheidend für die Abgrenzung der Anlageberatung von der Vermögensverwaltung und demnach die
Einordnung eines Geschäftsmodels ist, ob dem Dienstleister Ermessenspielraum bei der
Anlageentscheidung zusteht oder nicht. Dies kann nicht grundsätzlich damit beantwortet werden, ob
Rebalancing angeboten wird.
Vielmehr kommt es in jedem Einzelfall auf die konkrete Ausgestaltung an. So ist es etwa denkbar, dass
die Logik derart exakt beschrieben wird, dass kein Ermessensspielraum mehr verbleibt, sondern alle
möglichen Szenarien zuvor definiert werden.
Die jungen Startups der Fintech-Branche werden sich darauf einstellen müssen. Denn Anleger und
Finanzdienstleister, die auf Robo-Advisor-Lösungen zurückgreifen, wollen nicht nur gutes
Portfoliomanagement, sondern auch Fintech-Partner, die gute Chancen haben, sich rechtlich und
betriebswirtschaftlich langfristig durchzusetzen.
Über die Autoren:
Rechtsanwalt Dr. Philipp Hendel ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner bei Dr.
Roller & Partner Rechtsanwälte in München. Er berät regelmäßig Fintechs bei der Umsetzung ihrer
Geschäftsmodelle.
Markus Köppl ist Gründer der MK Anlegergesellschaft, die sich die Berater- und Portfoliomanagersuche
für Anleger und Banken spezialisiert hat. Die Gesellschaft verfügt über die Zulassung der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht. (Bafin-Lizenz nach Paragraph 32 KWG).
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Dieser Artikel erschien am 30.09.2016 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/regulierung--bafin-nimmt-fintechs-ins-visier-1475242135/
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