- Bündnis Zukunft Oberlausitz

Diskussionsbeitrag des Bündnis Zukunft Oberlausitz1
zum neuen Positionspapier „Attraktive ländliche Räume“ der CDU-Fraktion des Sächsischen
Landtages
Wir haben das Positionspapier aufmerksam gelesen; sowohl in der ersten als auch in der zweiten
Fassung. Gerne möchten wir die Gelegenheit nutzen, uns hierzu zu äußern.
Zwei Drittel der sächsischen Bevölkerung leben in Sachsens ländlichen Räumen.2 Es ist bekannt,
dass die Entwicklung regional sehr unterschiedlich verläuft und vor allem geprägt ist durch die
demografischen Veränderungen: Bevölkerungsrückgang, Überalterung – damit ist im besonderen
Maße die politisch versprochene Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gefährdet bzw. nicht
mehr gewährleistet. Die demografische Entwicklung Sachsens wurde auf politischer Ebene
diskutiert; war und ist aufgrund des komplexen Prozesses Thema zahlreicher wissenschaftlicher
Arbeiten aus unterschiedlichen Fachdisziplinen. Das vorliegende Positionspapier vermittelt leider
den Eindruck, dass seinen Verfassern die Ergebnisse unbekannt sind bzw. eine mangelhafte
Auseinandersetzung damit stattgefunden hat. Beinahe naiv anmutend werden wenig konkrete
Vorschläge unterbreitet; die demografische Entwicklung und die diesbezüglichen
Anpassungsbedarfe sind nicht eingepreist und ein strukturkonservativer Grundtenor im gesamten
Papier lässt keine Anhaltspunkte auf echte, neue (nachhaltige und tragfähige) Ideen für den
ländlichen Raum erkennen.
Wir, das Bündnis Zukunft Oberlausitz, sind ein Teil des ländlichen Raumes. Seit 10 Jahren stellen
wir uns der Herausforderung 'Demografischer Wandel'. Wir empfehlen dringend eine ernsthafte
Kommunikation mit den sozial-innovativen Netzwerken und MacherInnen vor Ort, die außerhalb
der üblichen Strukturen stehen und einen anderen, befruchtenden Blick auf die ländlichen Räume
Sachsens und ihre Entwicklungsmöglichkeiten geben können.
Das vorliegende Papier erfasst die Ist-Situation noch nicht einmal im Ansatz. Es:
1
Das Bündnis Zukunft Oberlausitz ist ein Netzwerk in der Oberlausitz (Landkreise Bautzen und Görlitz), was sich als
Impulsgeber für regionale Entwicklung versteht. Es ist partizipativ, d.h., offen für alle Engagierten und
Mitdenkenden der Region. Eine Steuerung „von oben“ erfolgt bewusst nicht. Es geht nicht darum, welchen Titel
oder welche Funktion jemand hat, sondern wie er/sie sich für seine Region einbringen will und Impulsen offen
begegnet. Die Aktivitäten finden sich unter www.zukunft-oberlausitz.com. Unser Partner ist die Stadt EbersbachNeugersdorf, welche im Rahmen des Projekts „Oberlausitzer Zukunftskonvents“ zum Vorreiter in der Region im
Themenbereich Demografie geworden ist. Wir weisen darauf hin, dass unser Gedankengut wie folgt zu zitieren
ist, sollte es verwendet werden: Bündnis Zukunft Oberlausitz (2015): Diskussionsbeitrag des Bündnis Zukunft
Oberlausitz zum neuen Positionspapier „Attraktive ländliche Räume“ der CDU-Fraktion des Sächsischen
Landtages, Bautzen/ Görlitz.
2
Dem ländlichen Raume werden alle zehn Landkreise zugeordnet. Von einer verklärenden Begründung, wie zum
Beispiel definiert nach Landesentwicklungsplan 2013, ist bei einer ernsthaften Befassung mit dem Thema
abzusehen.
• verharrt im Alten
• blendet den demografisch bedingten Transformationsprozess
einhergehenden erforderlichen Anpassungsstrategien aus
und
die
damit
• thematisiert keine alternativen Entwicklungswege und Wertschöpfungsmöglichkeiten in
ländlichen Räumen
fokussiert auf ein traditionelles Wirtschaftssektorenverständnis. Folgekosten und
Trendwenden werden ignoriert.
ist keine finanzielle Anerkennung erkennbar und es verfestigt sich nach wie vor eine
strukturelle Vernachlässigung
Im Einleitungssatz ihres Positionspapiers bezeichnet sich die CDU-Fraktion als Anwalt des
ländlichen Raumes. Wir verstehen nicht, wie sie zu diesem Schluss kommt. Es bleibt dahin gestellt,
ob dem wirklich so ist. Nachfolgend möchten wir einzelne Punkte herausgreifen und andiskutieren.
1. Verharren im Alten – der romantisch-verklärte Blick auf's Landleben
Es muss politisch anerkannt werden, dass die Bevölkerung im ländlichen Raum sehr heterogen ist.
Das betrifft ihre Motivlagen, Arbeitsplatz- und Wohnstandorte, ihre Arbeitswelten, ihr
Selbstverständnis und ihr Mobilitätsmuster und natürlich auch ihre Altersstruktur. Außerdem spielt
die Zusammensetzung der Bevölkerungsstruktur hinsichtlich der Geschlechter- und
Bildungsverteilung eine bedeutende Rolle. Das ist wichtig, wenn man Einfluss auf
Arbeitsmarktstrukturen nehmen will – ein dringliches Thema für Sachsens ländliche Räume. Hier
geht es etwa um Fachkräftestrategien oder die Entwicklung von Förderprogrammen, die
Wertschöpfung vor Ort nachhaltig generieren. „Den ländlichen Räumen laufen die Frauen davon“ –
dieses Thema wurde Anfang 2014 in der Politsendung „Fakt ist!“ des MDR aufgegriffen. Das
Positionspapier lässt nicht erkennen, dass diese Problemlage ernstgenommen wird. Erst aus einer
ernsthaften Befassung mit diesen Herausforderungen können die sog. „richtigen politischen
Rahmenbedingungen“ abgeleitet werden: „Durch die richtigen politischen Rahmenbedingungen
muss die Wirtschaft die Möglichkeit erhalten, sich weiter erfolgreich zu entwickeln.“ Im
Positionspapier der CDU-Fraktion bleibt unbeantwortet, welche richtigen politischen
Rahmenbedingungen das sein können.
2. Das vorliegende Positionspapier blendet den demografisch bedingten Transformationsprozess
und die damit einhergehenden erforderlichen Anpassungsstrategien aus.
Es ist unverständlich, dass das Thema Demografie keinerlei Bedeutung im Papier spielt. Von allen
bisherigen wissenschaftlichen Publikationen aus verschiedenen Fachbereichen scheint keinerlei
Notiz genommen worden zu sein.3 Insgesamt auffällig ist das Fehlen jeglicher Bezugnahme auf
wissenschaftliche Quellen. Schon Kurt Biedenkopf hat auf die Immanenz der Prozesse
Transformation und Demografie hingewiesen. 4
Nach wie vor befindet sich der Freistaat Sachsen in einem Transformationsprozess: Demografieund Gesellschaftsbildung sind keine abgeschlossenen Prozesse. Gesundes Wirtschaften und gute
Arbeitsplätze sind das Ziel des noch immer andauernden Aufholprozesses. Die Beschränkung auf
warme Worte und punktuellen Aktionismus von Seiten der Regierungspartei ist nicht ausreichend.
Diesen Prozessen könnte angemessen begegnet werden, in dem zum Beispiel regionale „Labore“
ermöglicht werden. Hier könnten endogene Entwicklungsstrategien erprobt werden.
An folgenden Beispielen möchten wir das etwas verdeutlichen:
Thema Bildung: In unserer Region Oberlausitz wird die freie Schulwahl eingeschränkt. Es wird das
Prinzip der Wahl des nächstgelegenen Schulstandortes angewandt. Für Fahrten, die diesem Prinzip
nicht gerecht werden, werden erhöhte Beförderungsentgelte berechnet. So wird beispielsweise
der Wunsch jener Eltern, ihren Kindern die Bildung angedeihen zu lassen, die sie für richtig
erachten, an ihre finanziellen Möglichkeiten gebunden.
Freie Schulen sind mittlerweile nicht mehr nur ein Substitut für die zu vielen geschlossenen
Schulen in unserer Heimat – sie sind ein bedeutender Standortfaktor, der junge Familien zuziehen
lässt. Warum also nicht eine ländliche Region als einen vielfältigen Bildungsort denken und
entwickeln? Mit qualitativem Wettbewerb? Das würde attraktiv wirken auf Menschen, die
überlegen zuzuziehen. Damit kann eine Personengruppe angesprochen werden, die oftmals über
einen guten Bildungsgrad verfügt, ortsunabhängige Arbeitswelten und ein Durchschnittsalter
zwischen 30 und 45 Jahren aufweisen. Diese Möglichkeit sollte sich nicht auf die drei großen
Städte beschränken, sondern auch den ländlichen Räumen eröffnet werden. Freiheit und Vielfalt
in der Bildungslandschaft mit all ihren Komponenten ist ein lohnenswerter Ansatz, ohne dabei die
klassischen Formen aushebeln zu müssen. Kontraproduktiv wird es dann, wenn zwischen Schulen
in Freier und Schulen in öffentlicher Trägerschaft ein Kannibalismus inszeniert wird.
Thema Mobilität: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen lassen derzeit wenig Alternativangebote
zu. Man denke beispielsweise an das Modell eines Kombibusses – dieser transportiert nicht nur
Menschen sondern auch Waren, Post und touristische Ziele. Es wäre nötig, um die sich
ausdünnenden Nahversorgungspunkte, Tourismusbedarfe und Wünsche nach Flexibilität endlich
bedienen zu können. Der Einsatz einer solchen alternativen Bedienform ist in Sachsen nicht
3
Siehe dazu u.a. Binas, Eckehard (Hrsg.): Die Neue Region Gesellschaftliches Labor für gelingendes Leben; Frankfurt am
Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2012. 303 S., zahlr. Graf. Görlitzer Beiträge zu regionalen
Transformationsprozessen. Bd. 6,
Link: http://www.peterlang.com/download/datasheet/62792/datasheet_263049.pdf
4
Vgl. dazu Videos des Bündnis Zukunft Oberlausitz; u.a. Podiumsgespräch Biedenkopf/ Hüther/ Hosang:
https://www.youtube.com/watch?v=k4mLOA1yIoA
möglich – in Brandenburg geht es.
Thema Jugend: Hier besteht akuter Handlungsbedarf. Wie bilden wir junge Menschen und wo
können sie sich tatsächlich eigenverantwortlich ausprobieren? Wir verlieren nach wie vor zu viele
junge Menschen schon während ihres Heranwachsens. Die handwerklichen Kompetenzen gehen
sukzessive zurück und die Allgemeinbildung leidet seit Jahren. Alternativformen wie wöchentliche
Tage in Unternehmen, ehrenamtliches Engagement und grenzspezifische Problemlagen sind nicht
mit über den eng gesteckten Rahmen der Jugendpauschalen zu finanzieren.
Die Droge Crystal Meth zerstört viele Menschen in unserer Grenzregion – nachhaltig. Es fehlt an
alternativen Therapiemethoden. Die Freiwilligendienste gehören ausgebaut, weil hier
Kompetenzen für Beruf und Leben tatsächlich praktisch erlernt werden. Auch hier böte sich die
Chance, für junge Menschen Freiräume zu schaffen, in denen Lern- und Entwicklungsprozesse
möglich sind. Solche Vorhaben brauchen die Sicherheit eine soliden Grundfinanzierung und keine
Projektförderung.
Junge Menschen wandern nach wie vor ab – das an sich ist ein altbekanntes Thema. In unserer
Region sind es zu viele. Es ist eine Größenordnung, die nicht durch die Zahl der Zurückkehrenden
kompensiert werden kann. Die Großstädte reizen mit kreativen Milieus, lebendiger Kultur (nicht
nur Hochkultur), Erlebnisräumen – Räumen der eigenen Potenzialentfaltung. Vieles davon können
wir auch in der Oberlausitz bieten: aber dazu braucht es Mut, die Region als solche zu
kommunizieren. Als einen Ort, wo alternative Lebenskonzepte und -welten möglich sind, wo
Engagement gewünscht ist, wo Raum kostengünstig zur Verfügung steht, wo Offenheit existiert.
Die Akzeptanz anderer Lebensentwürfe und -wege ist dringend nötig. Solange diese nicht in den
Köpfen entscheidungstragender PolitikerInnen verankert ist, sondern die eigene Lebensweise als
Maßstab angelegt wird, können insbesondere ländliche Räume sich nicht weiterentwickeln.
3. Ausblenden alternativer Entwicklungswege und Wertschöpfungsmöglichkeiten in ländlichen
Räumen
Die Region Oberlausitz bietet an sich ideale Bedingungen, um o.g. Verhältnisse zu ermöglichen:,
kulturelle Punkte, Leerraum und Leerstand, der auf Belebung wartet, Grenznähe, Platz für alles
Mögliche und noch einige kreative, engagierte Menschen, die den Mut haben, etwas aufzubauen.
So umfasst unser Netzwerk beispielsweise 900 Engagierte. Es müssen nach wie vor Denkmuster
und Strukturen – auch bei der öffentlichen Verwaltung – aufgebrochen werden, damit diese
Potentiale und Chancen kommuniziert werden. Die Einordnung einer Region als 'Problemfeld'
erfolgt auch darüber, wie zahlreiche Förderprogramme ausgerichtet sind. Ein politisches Zeichen
wäre sinnvoll, dass diese Potentiale der ländlichen Lebensräume in ihrer Vielfalt erkannt werden
und deren Entwicklung ehrlich unterstützt gehört. Aber der folgende Punkt führt aus, warum dies
aus dem Positionspapier nicht im Ansatz herauslesbar ist.
4. Fokussierung auf traditionelles Wirtschaftssektorenverständnis, Ignoranz von Folgekosten und
Trendwenden
Es ist hochgradig bedenklich, dass Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft als tragende Säulen im
ländlichen Raum bezeichnet werden. Betrachtet man sich die Sektorentheorie der Wirtschaft und
überträgt diese dann auf die ländlichen Regionen, dann könnte man ein realitätsnäheres Bild
ableiten.
Betrachtet man die deutschlandweite Entwicklung des primären Sektors – Landwirtschaft &
dazugehörige Gruppen – dann ist signifikant belegbar, dass die Zahl der Arbeitsplätze in diesem
Sektor sinkt, die Zahl der Auszubildenden zurückgeht und die Industrialisierung der Landwirtschaft,
die seit vielen Jahren voranschreitet, diese Entwicklungen forciert. Die ländlichen Räume Sachsens
sind in ihren landwirtschaftlichen Strukturen geprägt von LPG-Nachfolgegesellschaften. Die
Betriebsweisen sind nicht nachhaltig und die hochgradige Subventionierung sorgt seit Jahren für
ungesunde Entwicklungen. In der Region Oberlausitz sind Tendenzen beobachtbar, die in diesem
Bereich auf kleinbäuerliche, integrierte oder ökologische Betriebsweisen gehen. Hier gilt es, z.B.
nach dem Vorbild des Alten Landes (Hamburg), ein Kompetenzzentrum als Alleinstellungsmerkmal
in den ländlichen Räumen einzurichten, von dem die Landwirte tatsächlich profitieren – auch hier
wäre ein Labor möglich. Die Mittel, die Sachsen im Rahmen des ELER zugunsten der
Agrargroßbetriebe eingestellt hat, sprechen Bände dafür, dass hier nicht erkannt wurde, wie sich
die Wirtschaftssektoren verändern. Für bedenklich halten wir die sog. Flurneuordnungen. Wir
deuten sie als Flurbereinigung, die zu Lasten kleinbäuerlicher und ökologischer Betriebe gehen
wird.
Zum primären Sektor lässt sich auch die Energiewirtschaft zählen. Für die Region Oberlausitz
existiert kein Plan B, was wir unter Berücksichtigung der aktuellen Situation für bedenklich halten.
Auch hier gibt es viele wissenschaftliche Arbeiten, wie eine Energieregion umgestellt werden kann;
dabei Arbeitsplätze erhalten und neu geschaffen sowie Wertschöpfung generiert werden kann.
Davon ist auch nichts im Positionspapier zu finden.
Unternehmen im sekundären Sektor – der Industrie – nehmen in ländlichen Räumen nach wie vor
eine große Rolle ein. Sie finden keine Erwähnung. Hier fehlen Hilfen zum Aufbau von F&EAbteilungen, um mehr Produkt- und Verfahrensinnovationen zu generieren – insbesondere in den
ländlichen Räumen.
Der tertiäre Sektor ist der Dienstleistungssektor – hier fällt u.a. der Tourismus hinein. Dieser
Bereich kann, wie in anderen europäischen Regionen belegt, substituiv werden für freigesetzte
Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Hierbei brauchen die ländlichen Regionen Hilfen – es ist uns zu
wenig, was im Positionspapier unter dem Begriff „Landtourismus“ subsummiert wird.
Der quartäre Sektor ist der Bereich der wissensorientierten Dienstleistungen; hier gehören Lehre
und Forschung mit hinein. Hier widerspricht sich das Positionspapier. Was bedeutet „alle jungen
Talente zu erreichen“? Und wird überhaupt erkannt, was es dafür braucht? Was heißt für die
Verfasser „zukunftsfähige Branchen“? Der Blick in erfolgreiche Regionen könnte helfen. Es wird auf
die Theorie der zentralen Orte verwiesen und von „Aufschwungsinseln“ gesprochen. Diese Theorie,
auf die sich bezogen wird, hat Christaller in den 1970er Jahren für süddeutsche Regionen
entwickelt. Sie hat Eingang gefunden in Raumplanung und wird unhinterfragt als Maßstab
angelegt. Wir möchten anregen, darüber nachzudenken.
Einen Punkt, den wir an diese Stelle explizit aufgreifen möchten, ist das Thema der neuen
Arbeitswelten. Die ländlichen Räume sind attraktiv für Menschen, die sich ein Leben in einer
Landschaft mit viel Natur als Lebensstandort gewählt haben und die in ihrer Tätigkeit
ortsungebunden sind. Hier spricht man auch von sog. „Plug-n-Play“-Arbeitenden. Dazu zählen
Finanzdienstleistungen, webbasierte Unternehmungen, E-Learning, Handel, Kreativschaffende u.ä.
Diese Ortsungebundenheit, ja auch Zeitungebundenheit, macht vieles möglich. Leben auf dem
Lande und Arbeiten im Home-Office. Insbesondere für Frauen ist dieses Modell interessant. Was
gebraucht wird – ist schnelles Internet. Hier gibt es seit Jahren Versprechen. Nun haben Bund und
EU das Thema Breitband so massiv aufs Tableau gehoben mit entsprechenden
Fördermöglichkeiten, dass auch Sachsen sich bewegen will. Es bleibt, angesichts fehlender
Terminierungen im Positionspapier, abzuwarten, inwiefern hier die ländlichen Regionen
gleichberechtigt bedacht werden.
5. Fehlende finanzielle Anerkennung und strukturelle Vernachlässigung
Die ländlichen Kommunen geraten zusehends in finanzielle Zwangslagen. Die entscheidungstragenden PolitikerInnen haben die Möglichkeit, Gestaltungsspielräume zu schaffen. Die Zukunft in
ländlichen Räumen ist gefährdet – und es besteht dringender Handlungsbedarf. Es fehlt am Mut zu
„Laboren“ in den Regionen, wo es besondere Herausforderungen gibt aufgrund der
demografischen Veränderungen. Wir halten es für falsch, den Schwerpunkt auf klassische Sektoren
zu setzen. Was gebraucht wird, sind Programme, die im Umgang mit demografischem Wandel
neue Ideen zulassen, nicht-investive Prozesse begleiten und alternative Modelle von Arbeit,
Wertschöpfung und Sicherung der Daseinsvorsorge austesten, um daraus modellhafte
Maßnahmen abzuleiten.
Wir möchten mit einer Frage abschließen: sollten die ländlichen Räume zukünftig jenseits von
Wachstumsdynamiken gedacht und auf endogene Kreisläufe fokussiert werden?