pdf (barrierefrei)

4.2016
Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung
Elektro Feinmechanik
Betriebsarzt David Morgenthaler
Der Arzt vor Ort
14 Online-Hilfe für Betriebe
Wie Fragen jetzt bei der Beurteilung
psychischer Gefährdungen helfen
18 Umrüsten notwendig?
Wie die Anforderungen an
Arbeitsmittel festgelegt werden
26 Telearbeit
Wann Beschäftigte bei der Arbeit
zu Hause unfallversichert sind
editorial
Digital produzieren –
menschlich denken
Die digitale Revolution verändert Produktionsabläufe,
stellt bisherige Geschäftsmodelle infrage oder schafft
gänzlich neue. Dazu verändert sie die Arbeitsbedingungen der Menschen. Smartphone und Tablet machen
unabhängig vom stationären Arbeitsplatz. Diese noch
vor 20 Jahren kaum vorstellbare Freiheit birgt aber auch
das Risiko der persönlichen Überforderung.
Olaf Petermann
Vorsitzender
der Geschäftsführung
→
Das ist nur ein Beispiel von vielen. Es zeigt, dass sich
durch die Digitalisierung die Anforderungen an den
Arbeitsschutz verändern. Das heißt nicht, dass wir ihn
künftig dem Computer überlassen. Vielmehr muss der
Mensch noch stärker als bisher in den Mittelpunkt der
Überlegungen rücken – und zwar, bevor die Arbeit beginnt. Arbeitsschutz muss künftig von Anfang an als
integrierter Bestandteil in Planung und Entwicklung einbezogen sein. Dann wird es möglich, die Chancen der
digitalen Revolution zu nutzen – etwa zur Entlastung der
Beschäftigten von belastenden Routinearbeiten.
Eines bleibt auch im digitalen Zeitalter unverändert. Die
Initiative zur Prävention muss von den Unternehmen
ausgehen. Sie tragen auch künftig die Verantwortung für
ihre Beschäftigten. Und sie können weiterhin darauf
bauen, dass die BG ETEM sie dabei unterstützt.
inhalt
8
Titelthema
Die BG ETEM gibt Hinweise, worauf es beim Gesundheitsschutz im Unternehmen ankommt.
26
Versicherungsschutz bei Heimarbeit
Telearbeit ist die wahrscheinlich effektivste Art, Wegeunfälle zu vermeiden. Aber wie sieht es mit dem Versicherungsschutz aus, wenn
man zu Hause stürzt?
21
Unfälle durch Stromeinwirkung
Seit etwa 50 Jahren analysiert die
BG ETEM Arbeitsunfälle aufgrund von
Stromeinwirkung auf den menschlichen
Körper. Dabei bleibt es bei dem seit Jahren anhaltenden Trend, dass vor allem
elektrotechnisch unterwiesene Personen
an Stromunfällen beteiligt sind.
kompakt
4 Zahlen, Fakten, Angebote
Fotos: Fotolia, Mr. Vander; Rosemarie Schöningh; Tilman Lothspeich
Meldungen und Meinungen
16 Neue TRGS 727
Risikofaktor Zündquellen
17 Modell der Sicherheitspartner
Arbeitsschutz von Anfang an
mensch & arbeit
8 Betriebsärztliche Firmenbetreuung
Gesunde Beschäftigte durch
aktive Betriebsärzte
12 Arbeit der Zukunft
Prävention 4.0
14Neue Online-Plattform
Anklicken und auswerten
betrieb & praxis
18 Anforderungen an in Betrieb
befindliche Arbeitsmittel
Umrüsten oder weiter so?
21 Unfälle durch Stromeinwirkung
Voll unter Strom
24 Stromerzeuger auf Baustellen
Wenn der Strom nicht aus der
Steckdose kommt
etem 04.2016
service
26 Versicherungsschutz bei Telearbeit
Zu Hause auf der Arbeit
28 Mitteilungen an die
Berufsgenossenschaft
Heißer Draht mit Vorteil
29 Vertreterversammlung der BG ETEM
Weniger Unfälle – weniger Beitrag
30 Seminardatenbank
Kürzere Wege
30 Impressum
31 Hätten Sie es gewusst?
Energie vom Lande
3
kompakt
Auszeichnung für
gelebte Inklusion
Medienpakete für Ausbildungsbetriebe
Azubis stärken
Mit einem besonderen Angebot unterstützt die BG ETEM Sie, neu
eingestellte Auszubildende für sicheres Arbeiten zu gewinnen. Bis
zum 31. Oktober erhalten Mitgliedsbetriebe, die einen oder mehrere Azubis einstellen, auch in diesem Jahr ein kostenloses Medienpaket. Aktionsplakate, Broschüren, Film-Module – z. B. zu den
Themen elektrischer Strom, Gefahrstoffe, Lärm oder Verkehrssicherheit – gehören dazu. Die Informationen sind praxisnah und
behandeln grundlegende Aspekte der Arbeitssicherheit.
Medienpakete sind erhältlich für die Bereiche
▪▪ Feinmechanik,
▪▪ Elektrohandwerke/elektrotechnische Industrie,
▪▪ Energie- und Wasserwirtschaft,
▪▪ Druck und Papierverarbeitung,
▪▪ Textil und Mode sowie
▪▪ Büro/Verwaltung.
Bieten Sie Ihren Auszubildenden eine gute Hilfestellung. Wer die
Gefährdungen am Arbeitsplatz und mögliche Schutzmaßnahmen
kennt, hat die besten Voraussetzungen für einen sicheren Start in
den Beruf.
→→info
www.bgetem.de, Webcode 12644577
Jeder Mitgliedsbetrieb, der Auszubildende einstellt, kann im Aktionszeitraum ein Paket kostenlos bestellen. Weitere sind erhältlich
zum Stückpreis von 10 Euro (Nicht-Mitgliedsbetriebe zahlen 55 Euro je Paket zzgl. Versandkosten). Außerhalb des Aktionszeitraums
kostet jedes Paket 10 Euro für Mitgliedsbetriebe.
Global Safety Textiles GmbH erhält in
diesem Jahr den Rehabilitationspreis der
BG ETEM. Mit diesem Preis zeichnet die
BG ETEM alle zwei Jahre Unternehmen
aus, die sich vorbildlich um verletzte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter gekümmert
haben. Der Preis wurde am 4. Mai von
Karin Jung, alternierende Vorsitzende der
Vertreterversammlung der BG ETEM, an
das Unternehmen verliehen.
Als der Auszubildende Markus Döbele im
Jahr 2009 mit dem Motorrad verunglückte
und ihm der linke Unterschenkel amputiert wurde, war er noch im ersten Lehrjahr. Wie sollte es beruflich für ihn weitergehen? Global Safety Textiles GmbH ermöglichte ihm ein Studium als Textiltechniker, das er erfolgreich abschloss. Heute
arbeitet er bei dem Unternehmen. Olaf
Petermann, Vorsitzender der Geschäftsführung der BG ETEM, lobt: „Man hat sich
sehr intensiv für eine erfolgreiche Wiedereingliederung von Markus Döbele engagiert und die Maßnahmen der
Berufsgenossenschaft ergänzt. Besser
kann man Inklusion im Unternehmen
nicht machen.“
→→info
Ein Video über den Preisträger
finden Sie unter www.bgetem.de,
Webcode 16934814
kompakt
2,5%
niedriger ist jetzt der Mitgliedsbeitrag der BG ETEM
für die Eigenumlage. Der Vorstand beschloss am
27. April den Faktor zur Berechnung der Mitgliedsbeiträge für den im Juli versandten Beitragsbescheid.
Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Mitgliedsbeitrag von 0,79 Euro je 100 Euro Entgelt. Im Jahr zuvor lag dieser Wert bei 0,81 Euro. „Der Mitgliedsbeitrag der Unternehmen ist zum sechsten Mal in Folge
gesunken“, freut sich Olaf Petermann, Vorsitzender
der Geschäftsführung der BG ETEM. „Gute Präventionsarbeit und gute Rehabilitation von Verletzten und
Erkrankten zahlen sich langfristig aus.“
→→info
www.bgetem.de, Webcode 11197352
Vorgemerkt: Neuer
Lohnnachweis ab 2017
Fotos: BG ETEM
Der Lohnnachweis ist eine der Grundlagen für
die Berechnung des Beitrages, den Unternehmer für den Schutz der Beschäftigten in der Unfallversicherung (UV) jährlich zahlen. Ab dem 1. Januar
2017 wird das bisherige Lohnnachweisverfahren der
UV – mit zweijähriger Übergangsphase – durch das
UV-Meldeverfahren mit elektronischem Lohnnachweis abgelöst.
Bis zum 16. Februar 2017 ist der Lohnnachweis für
das Beitragsjahr 2016 erstmals auf elektronischem
Wege und zusätzlich über das bekannte Online-, Papier- oder Fax-Verfahren zu erstatten. Während der
Übergangszeit werden die Beiträge nach dem bisherigen Verfahren berechnet. Ab dem Beitragsjahr 2018
sollen Unternehmer die gezahlten Lohnsummen ausschließlich auf elektronischem Weg übermitteln.
Wichtiger Termin: Ab 1. Dezember 2016 müssen alle
Unternehmerinnen und Unternehmer in ihrem Entgeltabrechnungsprogramm einen sogenannten
Stammdatenabgleich durchführen. Die hierfür benötigten Zugangsdaten erhalten alle Unternehmen im
November 2016 schriftlich von der BG ETEM.
Neue Aktionsmedien
der BG ETEM
Sekundenschlaf: Jedes Jahr ereignen sich zahlreiche Unfälle im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz in Zusammenhang mit Sekundenschlaf. Mögliche Ursachen sind behandlungsbedürftige Schlafstörungen, zu kurze oder unregelmäßige Schlafphasen oder verschiedene Erkrankungen. Mit dem neuen Pupillograph F²D
kann der Grad der Tagesschläfrigkeit objektiv
gemessen und beurteilt werden. Die Betreuung
des Pupillographen und Beratung der Teilnehmer erfolgen durch das Institut für Prävention
und Nachsorge (IPN) Köln.
Lärm sichtbar machen: Lärmschwerhörigkeit
gehört zu den am häufigsten anerkannten Berufskrankheiten in Deutschland. Etwa 4 bis 5
Millionen Beschäftigte sind Lärmeinwirkungen
ausgesetzt. Das SoundEar 3 oder die Jabra Noise Guides zeigen den momentanen Geräuschpegel in Produktionsbereichen und
Büroumgebung an und geben unmittelbares
Feedback im Ampelschema.
→→info
www.aktionsmedien-bgetem.de
↓ Termine
▪▪ 13.-14.09.2016, Rheinsberg
9. Rheinsberger Fachtagung „Arbeitssicherheit in
der Energieversorgung“
▪▪ 28.09.-01.10.2016, Düsseldorf
REHACARE, weltweit bedeutendste Fachmesse
für Rehabilitation, Prävention, Inklusion, Pflege
▪▪ 11.-13.10.2016, Hamburg
Kongress und Fachmesse „Arbeitsschutz Aktuell“
→→weitere termine
www.bgetem.de, Webcode 12568821
etem 04.2016
5
kompakt
Neuer Wettbewerb zur Sicherheit im Verkehr
Nachhaltige Lösungen
gesucht
Der Wettbewerb zur betrieblichen Verkehrssicherheit „Unterwegs – aber sicher!“
geht in die nächste Runde. Der VDSI –
Verband für Sicherheit, Gesundheit und
Umweltschutz bei der Arbeit – prämiert
gemeinsam mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) zum dritten Mal herausragende Lösungen für mehr Sicherheit. Voraussetzung ist, dass diese
Lösungen nachhaltig zu weniger Schulwege- oder Dienstwegeunfällen bzw.
Unfällen im innerbetrieblichen Transport
und Verkehr geführt haben.
„Aus den eingereichten Projekten entsteht eine Sammlung von Good-PracticeBeispielen, von der auch andere Betriebe
profitieren können. Damit wollen wir einerseits natürlich zum Nachahmen motivieren, aber auch den Gewinnerinnen
und Gewinnern Anreiz geben, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen“, so
Prof. Dr. Rainer von Kiparski, Vorstandsvorsitzender des VDSI.
Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen können sich mit ihren Projekten ab sofort bewerben. Teilnahmeschluss ist der 15. Juli 2017. Mitmachen
lohnt sich: Die Gewinnerinnen und Gewinner der ersten drei Plätze erhalten
Preisgelder von insgesamt 6.000 Euro.
Unter allen Beiträgen werden außerdem
zehn Fahrsicherheitstrainings verlost. Eine Jury aus Fachleuten des VDSI und DVR
sowie aus Industrie und Medien wird die
Gewinnerbeiträge auswählen. Entscheidend sind neben der Schutzwirkung auch
Kriterien wie Nachhaltigkeit, Effizienz und
Kreativität. Die Siegerinnen und Sieger
werden im Rahmen der A+A 2017 in Düsseldorf prämiert.
→→info
Weitere Informationen zum Wettbewerb
gibt es unter www.vdsi-unterwegsaber-sicher.de
Hautschutz am
Arbeitsplatz
Hauterkrankungen gehören zu
den häufigsten beruflich bedingten Erkrankungen. Rund
ein Drittel aller Berufskrankheit-Verdachtsanzeigen aus
den Mitgliedsbetrieben der BG ETEM entfällt auf
eine solche Krankheit. Konsequent im Betrieb umgesetzter Hand- und Hautschutz kann helfen, Hauterkrankungen zu vermeiden. Die neue Broschüre
„Gesunde Haut am Arbeitsplatz“ informiert u. a.
über hautschädigende Einwirkungen, die Gefährdungsbeurteilung, Schutzmaßnahmen und die Hautschutzorganisation im Betrieb.
→→info
Die Broschüre kann bestellt werden unter
www.bgetem.de, Webcode 12201321. Klicken Sie im
Medienshop den Bereich „Arbeitsschutz konkret“ an.
Bestellnummer: MB 003, Preis: 2,50 Euro für Mitgliedsbetriebe der BG ETEM (andere Besteller zahlen
6 Euro zzgl. Versandkostenpauschale).
E-Mail: [email protected], Tel.: 0221 3778-1020
Alltäglicher
Arbeitsschutz
Die Plakate der
BG ETEM kommentieren Szenen aus dem Arbeitsalltag mit auffälligen
Wortspielen. Für Mitgliedsbetriebe sind sie kostenlos.
→→info
www.www.bgetem.de, Webcode 14822765
E-Mail: [email protected]
Telefon: 0221 3778-1020
Paralympics Zeitung
auch in Rio dabei
Vom 7. bis 18. September 2016 – wenige Wochen nach
der Olympiade – finden in Rio de Janeiro auch die Paralympischen Spiele statt. Die Paralympics Zeitung ist
ebenfalls wieder dabei. Mit einem Redaktionsteam von
Nachwuchsjournalisten aus Deutschland, Brasilien und
England berichtet die Paralympics Zeitung über die Spiele,
die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung
und die Bedeutung des Sports in der Rehabilitation –
Themen, die auch die gesetzliche Unfallversicherung lebt.
Die Paralympics Zeitung erscheint in diesem Jahr mit
zwei deutschen Ausgaben in Tagesspiegel, Potsdamer
Neueste Nachrichten, ZEIT und Handelsblatt. Erstmals
wird sie auch von einem Social-Media-Team begleitet.
Auf der Homepage der Paralympics Zeitung werden
Tweets, Posts und Videos zum Thema Reha- und Behindertensport gesammelt. Sie geben Einblick in die Arbeit
der Redakteurinnen und Redakteure, stellen Sportarten
und Athleten vor und sollen die Hintergründe von Behindertensport, Inklusion, Rehabilitation und die Arbeit der
gesetzlichen Unfallversicherung in diesem Themenfeld
beleuchten.
→→info
Weitere Informationen unter www.dguv.de/pz
Den Film „Gold“ über drei Menschen und ihren Weg zu
den Paralympics 2012 finden Sie unter
www.dguv.de/gold/index-2.jsp
Aufblättern
Nachlesen
Anwenden
etem – das Magazin für Prävention,
Rehabilitation und Entschädigung
Als E
-Pa
und P per
DF
im Ne
tz jed
verfü erzeit
gbar
.
Fotos: BG ETEM; DGUV; VDSI
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
.........................................................................
etem 04.2016
www.bgetem.de, Webcode 12484059
mensch & arbeit
Betriebsärztliche Betreuung von Firmen
Gesunde Beschäftigte
durch aktive Betriebsärzte
Die BG ETEM gibt Hinweise, worauf es beim Gesundheitsschutz im Unternehmen ankommt.
D
ie Arbeitsmedizin ist eine vorwiegend
präventiv ausgerichtete Disziplin der
Medizin, die sich mit allen Fragen der
Wechselbeziehung zwischen Arbeit, Gesundheit, Krankheit und Arbeitsfähigkeit
8
beschäftigt. Betriebsärzte verfügen über
eine arbeitsmedizinische Fachkunde, die
im deutschen Arbeitsschutzrecht verankert ist. Zu den grundlegenden rechtlichen Vorgaben gehören vor allem:
▪▪ Arbeitssicherheitsgesetz
(ASiG),
(ArbSchG),
▪▪ Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung (ArbMedVV),
▪▪ Unfallverhütungsvorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachärzte für Arbeitssicherheit“ (DGUV Vorschrift 2).
Zur Konkretisierung der Vorschriften aus
der ArbMedVV sind arbeitsmedizinische
▪▪ Arbeitsschutzgesetz
etem 04.2016
mensch & arbeit
ne gegenüber der Verhältnisprävention
nachrangige betriebsärztliche Aufgabe.
Der Schwerpunkt betriebsärztlicher Tätigkeit liegt in der Primärprävention vor
Ort, wobei sie in ein Gesamtkonzept betrieblicher Maßnahmen zum Arbeits- und
Gesundheitsschutz eingebunden sein
sollte:
1. Gefährdungsbeurteilung
und STOP-Prinzip
Aus den ermittelten Gefährdungen werden geeignete Schutzmaßnahmen in
dieser Reihenfolge abgeleitet:
▪▪ S: Substitution,
▪▪ T: Technische Maßnahmen,
▪▪ O: Organisatorische Maßnahmen,
▪▪ P: Persönliche Schutzmaßnahmen.
2. Unterweisung und Arbeitsschutzpläne
(z. B. Haut- und Handschutz)
3. Arbeitsmedizinische Vorsorge
Gefährdungsbeurteilung
Begehung bei den Wuppertaler Stadtwerken: Klaus Ludwig, Teilprojektleiter für Elektrotechnik,
Julia Bundemann, Fachkraft für Arbeitssicherheit, und Betriebsarzt David Morgenthaler (v.l.).
Regeln (AMR) aufgestellt worden, bei deren Einhaltung eine Vermutungsregel
greift. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall
davon ausgehen, dass die Anforderungen
der ArbMedVV erfüllt sind.
Betriebsärztliche Einstellungs- und Eignungsuntersuchungen können im Auftrag
des Arbeitgebers stattfinden, wenn es eine entsprechende gesetzliche oder arbeitsvertragsrechtliche Rechtsgrundlage
gibt. Bei diesen arbeitsmedizinischen Untersuchungen wird dem Arbeitgeber – anders als bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge – die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Beschäftigten für bestimmte Tätigkeiten grundsätzlich mitgeteilt.
Weitere Aufgaben zur betrieblichen Gesundheitsförderung weist den Betriebsärzten das Präventionsgesetz (PrävG) zu,
etem 04.2016
das die arbeitsmedizinische Vorsorge mit
den primärpräventiven Angeboten der
Krankenkassen verknüpft.
Verhältnis- oder
Verhaltensprävention?
Das Ziel des betrieblichen Arbeits- und
Gesundheitsschutzes liegt vorrangig in
der Verhältnisprävention, das heißt: Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren sollen an ihrer Quelle bekämpft werden. Die
Verhältnisprävention setzt also an den
Arbeitsbedingungen an, nicht an den einzelnen Mitarbeitern. Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen
Maßnahmen.
Informationen zu gesundheitsgerechtem Verhalten oder das Einüben gesundheitsgerechter Verhaltensmaßnahmen gehören zur Verhaltensprävention. Sie ist ei-
Bei der betriebsärztlichen Beteiligung an
der Gefährdungsbeurteilung steht die Vermittlung von Kenntnissen, z. B. über schädigende Eigenschaften eines Gefahr- bzw.
Biostoffes oder über Belastungen durch
das Tragen von Persönlicher Schutzausrüstung im Vordergrund. Mögliche Beratungsinhalte sind:
▪▪ Substitutionsprüfung,
▪▪ Krebserzeugende, toxische oder sensibilisierende Eigenschaften von Gefahrstoffen,
▪▪ Aufnahmewege von Gefahrstoffen
(z. B. Hautresorption),
▪▪ Infektionswege von Biostoffen
(z. B.Tröpfcheninfektion),
▪▪ Physikalische Einwirkungen
(z. B. Lärm),
▪▪ Arbeitsumgebungsbedingungen
(z. B. Klima, Beleuchtung),
▪▪ Hautbelastung durch Feuchtarbeit
(z. B. bei Reinigungsarbeiten, Tragen
von flüssigkeitsdichten Handschuhen),
▪▪ Einsatz Persönlicher Schutzausrüstung
mit Beurteilung von Tragebedingungen
und Eignung (z. B. Atemschutz, Schutzhandschuhe, Schutzkleidung),
▪▪ Hautschutzmaßnahmen
(z. B. Hautschutzpläne),
▪▪ Organisation spezifischer
Erste-Hilfe-Maßnahmen
(z. B. Dekontamination),
▪▪ Arbeitsorganisation und
Schichtplangestaltung,
▪▪ Arbeitsmedizinische Vorsorge mit
Biomonitoring und Impfangebot,
▪▪ Betriebliche Integration besonderer
9
mensch & arbeit
Personengruppen (z. B. chronisch kranke oder leistungsgewandelte
Beschäftigte),
▪▪ Arbeitsphysiologische, arbeitswissenschaftliche und arbeitspsychologische
Aspekte bei einzelnen Tätigkeiten.
Eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung kann z. B. im Rahmen der Unterweisung stattfinden. In diesem Fall werden mögliche gesundheitliche Folgen der
gefährdenden Tätigkeit, deren Vermeidung, Maßnahmen der Ersten Hilfe sowie
Informationen über arbeitsmedizinische
Vorsorge in verständlicher Beschreibung
dargestellt. Die allgemeine arbeitsmedizinische Beratung läuft in der Regel in einer
Gruppe ab und ist von der individuellen
Beratung zu unterscheiden, die Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge
ist. Zu einer allgemeinen arbeitsmedizinisch-toxikologischen Beratung bei Gefahrstoffen kann z. B. gehören:
▪▪ Informationen über Aufnahmewege
des Gefahrstoffs,
▪▪ Informationen über Wirkungen,
Kombinationswirkungen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten,
▪▪ medizinische Faktoren, die zu
einer Erhöhung der Gefährdung führen können (z. B. Vorerkrankungen),
▪▪ Symptome und Krankheitsbilder
durch Gefahrstoffexposition mit
Beschreibung des Wirkortes (lokal,
organbezogen, systemisch),
▪▪ zeitliche Zusammenhänge zwischen
Beschwerden und ausgeübter Tätigkeit,
▪▪ medizinische Aspekte des Gebrauchs
von Persönlicher Schutzausrüstung
(z. B. Schutzhandschuhe, Schutzkleidung und Atemschutz) wie Handhabung, maximale Tragzeiten, Wechselturnus und mögliche Belastungen.
schäftigte sie ab, kann sich die arbeitsmedizinische Vorsorge auf ein Beratungsgespräch beschränken.
Liegt ein Anlass zur Pflichtvorsorge vor,
darf der Arbeitgeber die Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn die betroffenen Arbeitnehmer zuvor an der Pflichtvorsorge teilgenommen haben. Die Pflichtvorsorge
muss der Arbeitgeber vor Aufnahme der
Tätigkeit und danach in regelmäßigen Abständen veranlassen.
Eine Angebotsvorsorge muss der Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeit
und danach in regelmäßigen Abständen
anbieten. In Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung können mehrere Vorsorgeanlässe für Pflicht- und/oder Angebotsvorsorge in einem Vorsorgetermin
kombiniert werden.
Bei Anlässen für eine nachgehende Vorsorge muss der Arbeitgeber sie nach Beendigung der Tätigkeit in regelmäßigen
Abständen anbieten. Sofern die Beschäftigten eingewilligt haben, überträgt der
Arbeitgeber am Ende des Beschäftigungsverhältnisses seine Verpflichtung zum
Angebot der nachgehenden Vorsorge an
die zentralen Dienstleistungseinrichtungen der Unfallversicherungsträger (je
nach Exposition Gesundheitsvorsorge –
GVS oder Organisationsdienst für nachgehende Untersuchungen – ODIN).
Eine Wunschvorsorge muss der Arbeitgeber den Beschäftigten ermöglichen,
wenn sie unter Gesundheitsbeschwerden
leiden und ein Zusammenhang zwischen
den Beschwerden und der ausgeübten
Tätigkeit möglich ist. Die Initiative geht
hier von den Beschäftigten aus. Schafft
der Arbeitgeber in seinem Betrieb die
Möglichkeit einer betriebsärztlichen
Sprechstunde, ist dies aus arbeitsmedizinischer Sicht die beste Art und Weise,
Wunschvorsorge zu ermöglichen.
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Rahmenbedingungen
Arbeitsmedizinische Vorsorge ergänzt die
technischen und organisatorischen Arbeitsschutzmaßnahmen. Anlässe zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sind in der
ArbMedVV, den AMR und dem ArbSchG
beschrieben.
Im Vordergrund steht die Aufklärung
und Beratung der Beschäftigten zu ihrer
Tätigkeit und den damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen. Sind körperliche
oder klinische Untersuchungen aus ärztlicher Sicht für die Aufklärung und Beratung nicht erforderlich oder lehnen Be-
Neben rechtlichen Vorgaben wird die Ausgestaltung der betriebsärztlichen Betreuung maßgeblich von unterschiedlichen
Rahmenbedingungen beeinflusst:
Unterweisung
10
Betriebliche Strukturmerkmale
Ca. 72 Prozent der beitragspflichtigen Mitgliedsbetriebe der BG ETEM sind Kleinstunternehmen (Betriebsgröße bis zu zehn
Beschäftigte). In einer DGUV-Befragung
(siehe „info“) gaben die Arbeitgeber solcher Betriebe an, dass ihre Betriebsärzte
hauptsächlich mit der Durchführung ar-
Julia Bundemann und David Morgenthaler prüfen den Führerstand einer Schwebebahn.
beitsmedizinischer Untersuchungen und
der Organisation der Ersten Hilfe beschäftigt waren (ca. 93 Prozent). In über 70 Prozent der Betriebe sei nicht zur Gestaltung
der Arbeitszeit und eines Arbeitsplatzwechsels bzw. zur Wiedereingliederung
leistungsgewandelter Mitarbeiter beraten
worden. Etwa 83 Prozent der befragten Arbeitgeber hielten eine regelmäßige Begehung der Arbeitsstätten für nützlich bis
sehr nützlich, ergab die Befragung. Tatsächlich stattfinden würden alleinige Begehungen von Betriebsärzten aber nur in
ca. neun Prozent der Betriebe, gemeinsam mit den Fachkräften für Arbeitssicherheit in ca. 17 Prozent.
Betriebsärztliches Rollenverständnis
In einer Untersuchung der Bundesanstalt
für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
(BAuA) zum betriebsärztlichen Tätigkeitsspektrum und Rollenverständnis zeigte
ein Drittel der Befragten ein aktives Rollenverständnis mit dem Ziel, in betriebliche Entscheidungsprozesse eingebunden
zu werden. Zudem äußerten diese Befragungsteilnehmer den Wunsch, dass betriebsärztliche Vorschläge kontinuierlich
umgesetzt und auf Erfolge hin überprüft
werden (siehe „Info“).
Als ein Indikator für das eigene
Rollenverständnis stellte sich heraus, ob
Betriebsärzte arbeitsmedizinische Untersuchungen als hauptsächliche Erkenntnisquelle für ihre Tätigkeit betrachteten.
etem 04.2016
mensch & arbeit
Auch die ergonomische Qualität des Fahrerstuhls gehört zum Begehungsprogramm.
Fotos: Tilman Lothspeich
Ergebnis: Die Bedeutung dieser Untersuchungen wurde vor allem von jüngeren
Betriebsärzten in Großbetrieben als weniger wichtig eingeschätzt. Dagegen wurde
sie vor allem von niedergelassenen Ärzten mit nebenberuflicher betriebsärztlicher Tätigkeit betont. Zwischen dem betriebsärztlichen Rollenverständnis und
dem tatsächlichen Handeln konnte so ein
Zusammenhang nachgewiesen werden.
Als Richtwert für arbeitsmedizinische
Untersuchungen nennt die Ärztekammer
Nordrhein in ihrer Rahmenempfehlung einen Zeitanteil von 30 Prozent. In der
BAuA-Untersuchung lagen 75 Prozent der
Befragten meist deutlich über diesem
Wert. Ein reaktives Rollenverständnis des
Betriebsarztes mit einem hohen Untersuchungsanteil war insbesondere in der Betreuung von Kleinstbetrieben anzutreffen.
Wenn arbeitsmedizinische Untersuchungen den Hauptanteil ihrer Tätigkeit ausmachen, bleiben für Betriebsärzte also offenbar kaum Möglichkeiten, auf Arbeitsbedingungen Einfluss zu nehmen.
Betriebsärztliche Organisationsform
Die betriebsärztliche Betreuung wird in
Deutschland in verschiedenen Organisationsformen angeboten:
▪▪ Betriebsärztlicher Dienst im Betrieb
mit hauptberuflich angestellten
Betriebsärzten,
▪▪ überbetriebliche arbeitsmedizinische
Dienste mit unterschiedlichen Trägeretem 04.2016
schaften und Organisationsformen,
freier Praxis oder Praxisgemeinschaft
niedergelassene Arbeitsmediziner,
▪▪ nebenberuflich tätige Betriebsärzte.
▪▪ in
Sowohl zwischen verschiedenen Organisationsformen als auch zwischen einzelnen Dienstleistern können Qualitätsunterschiede in der betriebsärztlichen Betreuung bestehen. Folgende Qualitätsaspekte können wichtig sein:
▪▪ betriebsärztliche Performance (z. B.
Fachwissen, didaktische Kompetenz),
▪▪ betriebsärztliche Präsenz (kontinuierlich – nur zu bestimmten Zeitpunkten),
▪▪ räumliche Nähe eines arbeitsmedizinischen Dienstleisters,
▪▪ Terminnähe der angefragten arbeitsmedizinischen Leistung,
▪▪ Preis-Leistungs-Verhältnis.
Qualitätsrelevante Aspekte der betriebsärztlichen Betreuung können durch ein
Qualitätssicherungssystem geprüft werden, wie es z. B. der Verband Deutscher
Betriebs- und Werksärzte (VDBW) anbietet.
Zu wenige Betriebsärzte?
Eine Analyse der Bundesärztekammer im
Jahr 2013 ergab, dass ca. 58 Prozent der
Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde bereits 60 Jahre alt oder älter sind und
dem Arbeitsmarkt deshalb mittelfristig
nicht mehr zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wird in einigen Regionen Deutschlands bei der erfolglosen Suche nach ei-
nem Betriebsarzt eine betriebsärztliche
Betreuungslücke wahrgenommen.
Vor diesem Hintergrund gab die BAuA
eine Untersuchung zum arbeitsmedizinischen Betreuungsbedarf in Deutschland
in Auftrag. Darin wurden die Nachfrage
(Bedarf ) und das Angebot (Kapazität) arbeitsmedizinischer Betreuung bis 2021
prognostiziert. Die wahrgenommene betriebsärztliche Betreuungslücke wurde in
dieser Studie bestätigt (siehe „info“). Um
diese Lücke mittel- bis langfristig zu
schließen, sind
▪▪ konzertierte Anstrengungen der auf diesem Feld tätigen Akteure erforderlich,
um den benötigten Nachwuchs zu sichern, und
▪▪ neue Wege notwendig, um kooperativ
Leistungen zu erbringen.
Kurzfristige Lösungsvorschläge, um die
genannte Lücke zu überbrücken, zielen
darauf ab, verfügbare Ressourcen im
Arbeits- und Gesundheitsschutz mit konsequent abgestimmtem Handeln ihrer Akteure zu bündeln – vor allem zwischen Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten.
Darüber hinaus sollte sich die betriebsärztliche Tätigkeit auf die arbeitsmedizinischen Kernkompetenzen konzentrieren und die Möglichkeit nutzen, bestimmte Aufgaben an die arbeitsmedizinische Assistenz zu delegieren.
Die Konzentration auf arbeitsmedizinische Kernkompetenzen eröffnet gleich­
zeitig auch Kooperationschancen mit anderen Präventionsakteuren, die über
komplementäre Kompetenzen verfügen,
etwa Arbeits- und Organisationspsychologen, Arbeitswissenschaftler, Ernährungswissenschaftler oder Arbeitshygieniker.
Dr. Monica Meyn
→→info
Weitere Informationen
▪▪ zur DGUV-Befragung von Kleinstbetriebe-Arbeitgebern: www.dguv.de/
medien/iag/forschung/dokumente/
qdp/qdp_abschluss/qdp_ab09.pdf
▪▪ zur BAuA-Untersuchung zum betriebsärztlichen Tätigkeitsspektrum:
www.baua.de/de/Publikationen/
Forschungsberichte/2003/Forschungsberichte.html
▪▪ zur BAuA-Studie zum arbeitsmedizinischen Betreuungsbedarf:
www.baua.de/de/Publikationen/
Fachbeitraege/F2326.html
11
mensch & arbeit
Arbeit der Zukunft
Prävention 4.0
Die digitale Revolution verändert die Arbeitswelt – mit
Folgen für den Arbeitsschutz und die Verantwortung der
Betriebe. 7 Thesen für die Prävention von morgen.
D
ie vierte industrielle Revolution ist in
vollem Gang. Ihr Kern: die digitale
Transformation. Sie beeinflusst nicht nur
die Kommunikation, sondern verändert
ganze Produktionsprozesse von Grund
auf. Zusammen mit der zunehmenden
Globalisierung, dem demografischen
Wandel und einem stetig steigenden
Wettbewerbsdruck hat dies massive Auswirkungen auf Betriebe und Beschäftigte.
Mehr Flexibilität, höhere Effizienz und
eine permanente Innovationsbereitschaft
sind gefordert. Dazu kommt: Der demografische Wandel führt zu einem wach-
senden Nachwuchsmangel und lässt die
Belegschaften stetig altern. Wollen Unternehmen unter diesen Bedingungen auch
künftig erfolgreich sein, rückt der Erhalt
der Beschäftigungsfähigkeit gerade der
älteren, erfahrenen Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer für sie zunehmend in
den Mittelpunkt.
Das Thema Prävention bekommt so einen ganz neuen Stellenwert. Gleichzeitig
verändert die Digitalisierung auch die Bedingungen für die Prävention und schafft
neue Möglichkeiten sowie neue Präventionsmodelle.
by
NouMuh
n ama
Proj
ectd
Crea
from
ted
the
Ulum
Der Mensch wird Teil eines integriert
gesteuerten Systems
Mensch und Maschinen rücken bei der Arbeit enger zusammen. Digitale Steuerungssysteme übernehmen
nicht nur Produktionsaufgaben, sondern treffen auch
Entscheidungen. Dadurch verändern sich die Aufgaben
des Menschen – weg vom ausführenden Produzenten,
hin zum überwachenden Beobachter, der ganze
Prozesse überblicken muss.
1.
Die Digitalisierung ermöglicht die menschengerechte
Gestaltung von Arbeit
Digitalisierung ist nicht nur Bedrohung. Werden die richtigen Entscheidungen getroffen, kann sie
dem Menschen die Arbeit durchaus erleichtern. Die Entlastung von
körperlich anstrengenden Arbeiten
oder gleichförmigen Routinejobs,
ferngesteuerte Prozesse bei gefährlichen Umgebungen oder die
Möglichkeiten selbstbestimmten
Arbeitens sind Beispiele dafür.
4.
Arbeitsprozesse und Arbeitszeiten hängen nicht länger zusammen
Durch die Digitalisierung verlieren Raum und Zeit an Bedeutung.
Arbeitsprozesse lassen sich dank mobiler Endgeräte von jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit steuern. Das birgt Chancen und Risiken: Wer flexibler ist, hat vielleicht mehr Zeit für Familie und Hobbys. Gleichzeitig besteht die Gefahr der permanenten Selbstausbeutung, wenn die Grenzen
zwischen Privat- und Arbeitsleben verschwimmen.
2.
Die Digitalisierung schafft den gläsernen Mitarbeiter
Der Computer lügt nicht. Kennzahlengestützte Kontrollund Anreizsysteme registrieren die individuelle Leistung jedes
Beschäftigten. Was für den einen die positive Bestätigung seiner
Leistungsfähigkeit bedeutet, kann den anderen unter Umständen so unter Druck setzen, dass seine Leistung sogar leidet. Dem
gilt es gegenzusteuern, um Konflikte und Konkurrenzverhalten zu
vermeiden, die letztlich dem Unternehmen schaden könnten.
3.
12
etem 04.2016
mensch & arbeit
3 Fragen an…
Handy und Tablet
werden zum Gegenstand
der Prävention
Eine moderne Prävention muss
sich damit auseinandersetzen,
wie das flexible Arbeiten über
mobile Endgeräte sicher und gesund gestaltet werden kann. Sie
unterstützt die Unternehmerinnen und Unternehmer dabei,
ihrer Verantwortung für den
Arbeitsschutz auch bei mobil
arbeitenden Beschäftigten nachzukommen. Dazu gehört zum
Beispiel, dass gesundheitsgerechte Regeln zur Nutzung mobiler Endgeräte formuliert werden.
6.
Beschäftigte müssen
sich um sich selbst
kümmern können
Die Selbstfürsorge der Beschäftigten spielt eine zunehmende
Rolle. Doch dazu müssen die vom
Betrieb gesetzten Rahmenbedingungen stimmen.
Gesundheit darf nicht hinter Leistungsindikatoren zurückstehen.
Unternehmer und Führungskräfte
tragen die Verantwortung und
müssen Beschäftigte dabei unterstützen, selbstfürsorgliche
Kompetenzen aufzubauen.
7.
Fotos/Illustration: The Noun Project, Muhamad Ulum; Getty Images, Peter Cade
Die digitale Transformation verändert die
Arbeitswelt und die
Anforderungen an
den Arbeitsschutz.
Prävention beginnt
bei der Planung
Komplexere Produktionsprozesse stellen neue Anforderungen an die Prävention. Arbeitsschutz muss Teil der Planung und Entwicklung werden und in
Form einer ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung zahlreiche Aspekte
und ihre Wechselwirkungen berücksichtigen. Unternehmen können die Gefährdungsbeurteilung als ein Instrument
nutzen, um ihre Prozesse ständig zu
verbessern und flexibel anzupassen.
5.
etem 04.2016
→→info
Ausführliche Informationen
bietet die Broschüre: „Neue
Formen der Arbeit. Neue Formen der Prävention“ der
DGUV. Kostenloser Download:
http://publikationen.dguv.de,
Bitte den Titel in die Suchmaske eingeben.
Dr. Just Mields
Dr. Just Mields ist
Arbeitspsychologe
bei der BG ETEM
Stellt die Digitalisierung auch den Arbeitsschutz auf den Kopf?
Schon seit Langem werden im Arbeitsschutz
Risiken nicht monokausal, sondern systemisch hergeleitet. Das heißt, das Ineinandergreifen aller relevanten Systemelemente
wird betrachtet. Technische und arbeitsorganisatorische Entwicklungen geben sich
Impulse und sorgen für eine gegenseitige
Beschleunigung. Die Gefährdungsbeurteilung bleibt im Zentrum des betrieblichen
Arbeitsschutzes. Aber sie muss zunehmend
prospektiv angelegt werden. In Zukunft
muss schon bei der Planung und Entwicklung von Maschinen und vernetzten Anlagen
durch Entwicklungsabteilungen, Netzwerkgestalter und Produktionsplaner auf sicherheits- und gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen geachtet werden. Eine weitere
Herausforderung wird es sein, für die mobilen, zunehmend eigenverantwortlichen
Erwerbstätigen strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, die Sicherheit und Gesundheit fördern.
Wie können Unternehmer ihre Verantwortung wahrnehmen?
Insbesondere wenn beständig technologisch
Neuland betreten wird, sind sie gut beraten,
eine Arbeitsschutzorganisation aufzubauen,
die Schritt hält. Sie sollte flexibel und vernetzt
die Integration des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in alle Aufgaben und Funktionen vorantreiben. Wir glauben, dass eine gut
etablierte Kultur der Prävention dabei hilft.
Wie hilft die BG ETEM dabei?
Durch das Bereitstellen aktueller zielgruppenorientierter Informationsmedien, die
Qualifikation der Arbeitsschutzakteure und
selbstverständlich die Beratung und Überwachung vor Ort. Wir unterstützen damit die
Fähigkeit und den Willen zur Bildung einer
guten Kultur der Prävention
13
mensch & arbeit
Neue Online-Plattform
Anklicken und auswerten
Gemeinsam zu gesunden Arbeitsbedingungen.
So können Sie die psychische Belastung online erfassen.
S
tändige Erreichbarkeit, Arbeitsverdichtung, Restrukturierung, Arbeitsplatzunsicherheit – Begriffe, die in der
Diskussion um die aktuelle Arbeitswelt
immer wieder genannt werden. Befragt
man Beschäftigte nach ihren Belastungen, stehen Arbeits- und Zeitdruck an
erster Stelle. Als Folgen werden Schlaflosigkeit, Stress, häufige Fehler und
Burn-out genannt. Fast jeder kennt eine
Person in seinem persönlichen Umfeld,
die davon betroffen ist.
Macht Arbeit also krank? Nicht wenn sie
gut gestaltet ist. Im Gegenteil: Die hohe
Korrelation zwischen Arbeitslosigkeit und
chronischen Erkrankungen weist auf die
Gesundheitsförderlichkeit von Arbeit hin.
Es gibt jedoch Arbeitsumstände, die einen negativen Einfluss auf die Gesundheit haben können: hohe Arbeitsintensität, wenig Handlungsspielraum, ungünstig gestaltete Arbeitszeiten, Arbeitsplatzunsicherheit, soziale Konflikte etc.
1. Vorbereitung und
Planung
Gemeinsam planen
die Mitglieder der
Steuerungsgruppe
das Vorgehen.
Beschäftigte befragen
3. Online-Befragung
Die Beschäftigten bewerten am Computer,
Handy oder Tablet
ihre Arbeitsbedingungen.
Für viele Unternehmen also Grund genug,
aktiv zu werden und das Thema psychische Belastung in der Gefährdungsbeurteilung aufzugreifen. Doch da stellen sich
einige Fragen:
▪▪ Wie erhebt man die psychische Belastung?
▪▪ Bietet sich eine Befragung per Fragebogen an?
▪▪ Wie werden Anonymität und Datenschutz sichergestellt?
▪▪ Wie kommt man von den Befragungsergebnissen zu sinnvollen Maßnahmen?
Für viele Betriebe ist eine Mitarbeiterbefragung zur Analyse der psychischen Belastung das Mittel der Wahl. Gerade für
größere Betriebe ab ca. 50 Beschäftigten
ist dies ein Verfahren, um zeitnah und effizient einen ersten Überblick über die Belastungssituation zu gewinnen.
Allerdings stellen sich bei der Umsetzung auch Fragen. Hier setzt die neueste
Entwicklung aus dem BG ETEM-Programm:
14
2. Information und
Kommunikation
Wer die Beschäftigten von Anfang an
mitnimmt, schafft
eine wichtige Voraussetzung für den
Erfolg.
4. Lösungsworkshop
Nach der automatischen Auswertung
erarbeiten die
Beschäftigten in
Lösungsworkshops
Verbesserungsmöglichkeiten.
etem 04.2016
mensch & arbeit
Die Ergebnisse der
Mitarbeiterbefragung
können schnell und
einfach ausgewertet
werden.
5. Maßnahmenumsetzung
Die Steuerungsgruppe oder die Betriebsleitung entscheidet,
welche Maßnahmen
zu welchem Zeitpunkt
realisiert werden.
Fotos: BG ETEM; Fotolia, pannawat; Illustrationen: R. Schöning
6. Wirksamkeitskontrolle
Nach einiger Zeit wird
kontrolliert, ob die
Maßnahmen auch
Erfolg haben.
„Gemeinsam zu gesunden Arbeitsbedingungen“ an. Mithilfe einer Online-Plattform wird der Betrieb in die Lage versetzt,
eine Gefährdungsbeurteilung psychischer
Belastung selbstständig und ohne viel Aufwand durchzuführen. Das Programm führt
in sieben Schritten durch den Prozess.
1. Vorbereitung und Planung
2. Information und Kommunikation
3. Online-Befragung
4. Lösungsworkshop
5. Maßnahmenumsetzung
6. Wirksamkeitskontrolle
7. Dokumentation
Die Online-Befragung ist das Herzstück
der Online-Plattform. Sie ermöglicht eine
tätigkeits- oder bereichsbezogene Befragung und Auswertung. Mit dem Kurzfragebogen zur Arbeitsanalyse (KFZA) wird ein
wissenschaftlich fundierter, branchenunabhängig anwendbarer Fragebogen eingesetzt. Er umfasst 26 Fragen und kann von
den Beschäftigten am Computer, dem
Smartphone oder Tablet in etwa 10 Minuten bearbeitet werden.
Die Befragungsergebnisse stehen als
Auswertungsstern grafisch dargestellt per
„Knopfdruck“ zur Verfügung. Mit einem
ausführlich beschriebenen Moderationsverfahren, dem „Lösungsworkshop“, kann
bei Bedarf die Belastungssituation tiefergehend analysiert werden. Am Ende stehen praxisgerechte Maßnahmen, die von
den Beschäftigten mitgetragen werden. Dr. Just Mields/Thomas Neymanns
7. Dokumentation
Die Dokumentation
beweist: Der Betrieb
tut alles für den
Arbeits- und Gesundheitsschutz seiner
Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter.
etem 04.2016
→→info
▪▪ www.bgetem.de,
Webcode 15176025
Hier ist neben der Online-Plattform
auch das Video „Gemeinsam zu gesunden Arbeitsbedingungen“ zu finden
15
mensch & arbeit
Neue TRGS 727
Risikofaktor
Zündquellen
Die neue TRGS 727 hilft in explosionsgefährdeten Bereichen, mögliche Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladung
zu beurteilen und geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen.
m April 2016 wurde die neue TRGS 727
„Vermeidung von Zündgefahren infolge
elektrostatischer Aufladungen“ veröffentlicht. Sie ersetzt die bisherige TRBS 2153
und schreibt diese fort. Die technische
Regel gilt für die Beurteilung und die
Vermeidung von Zündgefahren infolge
elektrostatischer Aufladungen in explosionsgefährdeten Bereichen und für die
Auswahl und Durchführung von Schutzmaßnahmen zum Vermeiden dieser Gefahren.
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für explosionsgefährdete Bereiche
sind im Explosionsschutzdokument mögliche Zündquellen zu identifizieren und
Maßnahmen gegen das Wirksamwerden
dieser Zündquellen zu treffen. Statische
Elektrizität stellt in der Praxis eine wichtige Zündquelle dar. Diese Gefahr ist nicht
immer sofort bzw. leicht erkennbar.
Deshalb bietet die TRGS eine praxisorientierte Hilfe für eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung.
Was sind die wesentlichen
Neuerungen in der TRGS 727?
▪▪ Aufgrund
von aktuellen Forschungsergebnissen wurden die bisherigen
Anforderungen an die pneumatische
Förderung von Schüttgütern angepasst.
▪▪ Eine Harmonisierung von Grenzwerten
mit aktuellen internationalen Normen
(insbes. IEC 60079-32-1: 2013) wurde
vorgenommen.
▪▪ Eine Anpassung an den Stand der Technik war erforderlich z. B. durch die
16
Möglichkeit zur Durchführung von Modellrechnungen zur Beurteilung der
Zündgefahr von Schüttgütern.
▪▪ Neue Entwicklungen aus der betrieblichen Praxis, wie z. B. der Einsatz von
Biokraftstoffen oder die neue Einteilung
von Schlauchtypen für den Flüssigkeitstransport wurden berücksichtigt.
▪▪ Neue Abschnitte zum Einsatz von Rohren und Schläuchen bei Schüttgütern
und zu Filterelementen in Staubabscheidern sowie der Anhang „Rohre
und Schläuche für den pneumatischen
Transport von Schüttgütern“ wurden ergänzt.
Was sind wichtige Inhalte
der TRGS 727?
Die TRGS 727 beruht auf der ehemaligen
BGR 132, die der Ausschuss für Gefahrstoffe in Anwendung des Kooperationsmodells
als TRGS in das Regelwerk übernommen
hat. Die Gliederung und die Inhalte orientieren sich weitgehend an Fragestellungen
aus der betrieblichen Praxis:
▪▪ Elektrostatische Aufladungen von
Gegenständen und Einrichtungen
▪▪ Elektrostatische Aufladungen beim
Umgang mit Flüssigkeiten
▪▪ Elektrostatische Aufladungen beim
Umgang mit Gasen
▪▪ Elektrostatische Aufladungen beim
Umgang mit Schüttgütern
▪▪ Elektrostatische Aufladungen von
Personen und Persönlichen
Schutzausrüstungen
▪▪ Erdung und Potenzialausgleich
Welche Beispiele aus der betrieblichen Praxis werden in der TRGS
727 ausführlich behandelt?
Einige bei Anwenderbetrieben von Chemikalien bzw. Klein- und Mittelbetrieben
häufig auftretende Fragestellungen werden in der TRGS beispielhaft erläutert:
▪▪ Das Beschichten und Bedrucken
isolierender Folien
▪▪ Das Befüllen mittelgroßer Behälter
(z. B. Reaktionsbehälter über 1 m³)
▪▪ Das Befüllen von Fässern in Zone 1
▪▪ Das Befüllen von kleinen
Kunststoffkanistern in Zone 1
▪▪ Abluftsysteme in Bereichen der Zone 1
▪▪ Das Befüllen isolierender Kunststoffsäcke mit Schüttgut in Zone 21 oder 22
Da in einer TRGS aus formalen Gründen
nicht alle in der Praxis häufig auftretenden Fragestellungen umfassend erläutert
werden können, wird derzeit als Ergänzung zur TRGS eine überarbeitete und
erweiterte Fassung des FAQ-Merkblatts
T 051 „Elektrostatik – Antworten auf häufig gestellte Fragen“ von den Experten des
Themenfelds „Elektrostatik“ des Sachgebiets „Explosionsschutz“ der DGUV erarbeitet. Dr. Lothar Neumeister
→→info
Die aktuelle Fassung der TRGS 727 kann
hier heruntergeladen werden:
▪▪ www.bgrci.de/de/exinfode/dokumente/
nationale-regelungen/trgs/ (Explosionsschutzportal der BG RCI „Exinfo“)
▪▪ www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/
Gefahrstoffe/TRGS/TRGS-727.html
etem 04.2016
Illustration: Fotolia, bilderzwerg
I
mensch & arbeit
Sicherheitspartner helfen in Sachen Arbeitsschutz.
Modell der Sicherheitspartner
Arbeitsschutz von Anfang an
Dass Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zentral
sind, lässt sich nicht früh genug vermitteln. Das
Uniper Ausbildungszentrum Gelsenkirchen setzt dazu
auf Sicherheitspartner – mit großem Erfolg.
Foto: Uniper Kraftwerke GmbH
Z
ehn Jahre unfallfrei mit jungen
Menschen zu arbeiten bedeutet, über
600 Auszubildende, Praktikanten und
Schüler sicher und gesund durch die Ausbildung geführt zu haben. Ein Ergebnis,
das sich sehen lassen kann – gerade auch
weil die jugendlichen Berufsanfänger mit
ihrer Unerfahrenheit einem besonderen
Unfallrisiko ausgesetzt sind. Das Uniper
Ausbildungszentrum Gelsenkirchen hat
genau das erreicht und der BG ETEM seit
17. Oktober 2005 keinen meldepflichtigen
Unfall mehr anzeigen müssen. Ein Erfolg,
der sich nicht zuletzt auf das 2005 eingeführte Arbeitsschutz-Management-System
(AMS) der BG ETEM stützt.
„Arbeitsschutz in der Ausbildung zu erlernen ist umso wichtiger, als dass junge
Berufsanfänger zu Multiplikatoren in dieser Disziplin werden können. Sie dienen
später in den Betrieben als Vorbilder und
geben ihr Wissen an andere weiter“, erklärt Hans-Peter Reisen, AMS-Beauftragter
im Ausbildungszentrum. Eine Besonderetem 04.2016
heit bei Uniper ist, dass der Betrieb die
Funktion der Sicherheitspartner (SiPa)
eingeführt hat.
Erfahrungen im Arbeitsschutz
„Damit erfüllen wir die Vorgabe der
DGUV Vorschrift 1, Sicherheitsbeauftragte
in ausreichender Zahl zu bestellen. Der
Sicherheitspartner ist der Sicherheitsbeauftragte auf Ebene der Auszubildenden.
Dort nimmt er die gleiche Funktion ein
wie der Sicherheitsbeauftragte unter den
übrigen Kollegen“, erläutert Frank Bodmer,
Leiter der Ausbildungsabteilung. „SiPa zu
sein verlangt die Bereitschaft, zusätzliche
Aufgaben wahrzunehmen, etwa die Teilnahme an Sicherheitsbegehungen und
Arbeitsschutzausschuss-Sitzungen. Wir betreuen unsere SiPas auch mit komplexeren
Aufgaben, wie Fluchtwege-Pläne zu überarbeiten und neu zu erstellen oder an der
AMS-Umsetzung mitzuarbeiten. Nebenbei
machen die jungen Leute erste Erfahrungen in projektorientiertem Arbeiten.“
Auch Fürsorge und Mitarbeiterverantwortung spielen bei Uniper eine entscheidende
Rolle. „Wir fordern viel von unseren Auszubildenden“, so Dirk Lewald, Leiter der
Ausbildung Elektrotechnik, „dazu müssen
wir einen Ausgleich schaffen. Daher gewähren wir in der Ausbildung größtmögliche Selbstbestimmung und viel Freiheit.
Wir versuchen, individuell auf jeden
Einzelnen einzugehen und frühzeitig zu
erkennen, wo Schwierigkeiten entstehen
könnten. Wir Ausbilder stehen als Gesprächspartner für berufliche wie private
Problemlagen zur Verfügung. Fordern und
Fördern einerseits, Begleiten und Betreuen andererseits.“ Schließlich sind Uniper-Absolventen in der Region und
darüber hinaus sehr gefragt – auch wegen
ihrer guten Kenntnisse im Arbeitsschutz.
Für das Uniper Ausbildungszentrum
gewinnt dieser vorbildliche Arbeits- und
Gesundheitsschutz zusätzlich Bedeutung
im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter
und Auszubildende. „Unsere hohe Sicherheitskultur findet auch bei unseren
Kooperationspartnern in der Ausbildung
hohe Anerkennung“, weiß Bodmer. So hat
die BG ETEM im Rahmen eines Audits
besonders das Sicherheitsbewusstsein
der Auszubildenden bei Uniper explizit
gelobt.
Bernhard Beckmann
17
betrieb & praxis
Anforderungen an in Betrieb befindliche Arbeitsmittel
Umrüsten oder weiter so?
Die Anforderungen an Arbeitsmittel unterscheiden sich vor allem nach ihrer
Art und dem Zeitpunkt, ab dem sie erstmals zum Einsatz kamen. Zwar müssen
ältere Arbeitsmittel nicht die gleichen Anforderungen erfüllen wie neue.
Dennoch gibt es für sie keinen generellen Bestandsschutz.
M
aschinen, Anlagen, Geräte und
Werkzeuge: Jedes Unternehmen verfügt über eine größere Menge dieser Arbeitsmittel, die z. B. bei produzierenden
Unternehmen zur Herstellung vielfältiger
Produkte zum Einsatz kommen. Mit der
Novellierung der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) wurde jedoch u. a.
durch Veröffentlichungen der Eindruck erweckt, produktspezifische Anforderungen
der Verordnung würden unabhängig vom
Alter des jeweiligen Arbeitsmittels gelten.
Deshalb müssten alle Arbeitsmittel einem
einheitlichen Ausrüstungskatalog entsprechen sowie in direkt vergleichbarer
Art und Weise betrieben werden.
Um welches Arbeitsmittel handelt es
sich? Mit der Frage nach der Art des Ar-
beitsmittels lässt sich präzise eingrenzen,
welche Rechtsvorschriften ggf. für Bauund Ausrüstungsanforderungen einzelner
Produkte herangezogen werden müssen.
Als Grundlage des Bereitstellens, Ausstellens und erstmaligen Verwendens beliebiger Produkte ist das Produktsicherheitsgesetz zu beachten. Dagegen gelten für
einzelne Arten von Arbeitsmitteln diverse
zugehörige Verordnungen. Sind z. B. Maschinen zu bewerten, so greifen die Anforderungen der Maschinenverordnung; für
Druckbehälter gilt die Druckgeräteverordnung.
Systematik der Anforderungen
Dieser Beitrag stellt die Systematik der
Anforderungen an Arbeitsmittel am Bei-
spiel von Maschinen dar. Die Basis aller
Anforderungen an Maschinen bildet die
Maschinenrichtlinie, die inhaltsgleiche
Anforderungen an die Beschaffenheit von
Maschinen in der gesamten Europäischen
Union (EU) gewährleistet. Sie bietet damit
eine einheitliche Rechtsgrundlage für den
Kauf und Verkauf von Maschinen in den
Mitgliedsstaaten. Ihre Rechtsverbindlichkeit erhält die Richtlinie in Deutschland
durch die Maschinenverordnung auf
Grundlage des Produktsicherheitsgesetzes (siehe Abb 1).
Die Anforderungen an aktuell bereitgestellte Maschinen sind eindeutig: Generell sind die Vorgaben der Maschinenrichtlinie zu berücksichtigen. Bei der Vielzahl aller Arbeitsmittel in Unternehmen
Abb. 1: Voraussetzungen der Maschinenrichtlinie für das Bereitstellen und erstmalige Verwenden von Maschinen.
18
etem 04.2016
betrieb & praxis
Abb. 2: Anforderungen an Maschinen können in Abhängigkeit von Baujahr und Zustand variieren.
handelt es sich jedoch nicht um aktuelle
Produkte – zahlreiche Maschinen oder
Anlagen werden vielmehr bereits seit Jahren betrieben.
Somit stellt sich die Frage: Welche
Rechtsvorschriften sind zur Beurteilung
„älterer Arbeitsmittel“ heranzuziehen. Ist
ein unveränderter weiterer Betrieb zulässig oder sind Anpassungsmaßnahmen erforderlich? Ein erster Überblick wird in
Abb. 2 geboten, in der die Anforderungen
an Maschinen nach unterschiedlichem
Produktalter und möglichen Umbaumaßnahmen betrachtet werden für:
▪▪ neue Maschinen
▪▪ wesentlich veränderte Maschinen
▪▪ Eigenbaumaschinen
▪▪ umgebaute Maschinen
▪▪ bereits zur Verfügung gestellte Maschinen.
Für neue, wesentlich veränderte sowie Eigenbaumaschinen gelten die Anforderungen der aktuellen Maschinenrichtlinie.
Harmonisierte Normen sollten ebenfalls
in der jeweils aktuellen Fassung berücksichtigt werden. Für bereits in Betrieb befindliche Maschinen gelten zunächst die
Anforderungen der Maschinenrichtlinie in
der zum jeweiligen Baujahr der Maschine
geltenden Fassung.
Ungeachtet grundlegender Bau-/Ausrüstungsanforderungen fordert die Beetem 04.2016
triebssicherheitsverordnung von Arbeitgebern, erforderliche Schutzmaßnahmen
für Arbeitsmittel als Ergebnis ihrer Gefährdungsbeurteilungen festzulegen (siehe
Abb. 3). Es reicht keineswegs, den ordnungsgemäßen Zustand einer Maschine
mit ihrer Übereinstimmung mit baujahrspezifischen Vorschriften zu begründen.
Stand der Technik
Die durch die Gefährdungsbeurteilung ermittelten technischen Schutzmaßnahmen und Verwendungsbedingungen müssen im nächsten Schritt entsprechend
dem Stand der Technik umgesetzt werden. Führt dies zu keiner oder nur zu einer
unzureichenden Vermeidung bestehender Gefährdungen, muss der Arbeitgeber
ergänzende organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen festlegen.
Häufig entsprechen die Schutzmaßnahmen in Betrieb befindlicher Maschinen
nicht dem Stand der Technik, da zum Zeitpunkt des erstmaligen Bereitstellens abweichende Anforderungen im Regelwerk
verankert waren. Zwangsläufig stellt sich
die Frage, in welchem Umfang Nachrüstungen bestehender betrieblicher Einrichtungen erforderlich sind oder unter welchen Umständen der unveränderte Weiterbetrieb vertretbar erscheint.
Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen sind die Forderungen der Betriebssicherheitsverordnung sowie die Technischen Regeln für Betriebssicherheit
(TRBS) zu beachten. Arbeitgeber erfüllen
mit der Einhaltung der TRBS die entsprechenden Anforderungen. Gleichzeitig ist
eine Abweichung der betrieblichen sicherheits- und verhaltenstechnischen
Maßnahmen von den speziellen TRBS-Lösungen gestattet, sofern mit vergleichbaren Maßnahmen der Schutz der Beschäftigten gewährleistet ist.
Mögliche Anpassung
Ungeachtet dieses Freiraums für bereits in
Betrieb befindliche Arbeitsmittel muss
der Arbeitgeber die Möglichkeiten einer
Anpassung seiner Maschinen an den
Stand der Technik prüfen. Nur wenn diese
Anpassung nicht erforderlich ist, kann auf
den Freiraum zurückgegriffen werden.
Eine mögliche Anpassung einer Maschine an den Stand der Technik setzt eine Überprüfung der vorliegenden sicherheits- und verwendungstechnischen
Maßnahmen voraus. Nachfolgende Anlässe für Überprüfungen sind gemäß Bekanntmachung zur Betriebssicherheit
(BekBS) 1114 u. a. denkbar:
▪▪ im Rahmen allgemeiner wiederkehrender Maschinenprüfungen,
19
betrieb & praxis
Abb. 3: Der Arbeitgeber
legt sicherheits- und
verhaltenstechnische
Maßnahmen für
bereitgestellte Arbeitsmittel (AM) fest.
▪▪ nach
Änderungen des Arbeitsmittels,
Arbeitsverfahrens, der Arbeitsaufgabe
oder der Umgebungsbedingungen,
▪▪ bei neuen Erkenntnissen, z. B. nach Unfällen oder Beinahe-Ereignissen,
▪▪ nach überarbeiteten Regelwerken mit
Änderungen des sicherheits- und verwendungstechnischen Niveaus,
▪▪ bei
Änderungen des Stands der Technik.
Stellt sich eine Maßnahmenanpassung als
erforderlich heraus, muss der Arbeitgeber
zunächst eruieren, ob weitergehende
Schutzmaßnahmen technisch realisiert
werden können. Zudem muss er bewerten, ob die getroffenen technischen Maßnahmen ein ausreichendes Schutzniveau
Grafiken: R. Lux
Abb. 4: Möglicher Ablauf der Überprüfung und Anpassung von Maßnahmen zur Sicherheit
von Arbeitsmitteln im Sinne BekBS 1114.
für die Beschäftigten gewährleisten können. Ist dies der Fall, dürfen die Arbeitsmittel mit den veränderten und/oder ergänzten technischen Schutzmaßnahmen
weiterverwendet werden.
Reicht die Änderung/Ergänzung technischer Schutzmaßnahmen zum Schutz der
Beschäftigten nicht aus oder können technische Maßnahmen z. B. aufgrund des
Maschinenkonzepts nicht angewandt werden, sind ergänzende organisatorische
und personenbezogene Maßnahmen notwendig. Führen auch diese Maßnahmen
nicht zum erforderlichen Schutzniveau,
muss die Maschine außer Betrieb genommen werden.
Abschließend muss der Arbeitgeber
feststellen, dass in Betrieb befindliche
Maschinen und Anlagen keiner pauschalen Umrüstung auf den Stand der Technik
bedürfen, gleichzeitig jedoch auch kein
Anspruch auf einen Bestandsschutz besteht. Es ist vielmehr in Einzelfallprüfungen zu beurteilen, ob ein Umrüstungsbedarf besteht und mit welcher Konstellation aus technischen, organisatorischen
und persönlichen (TOP) Maßnahmen die
Nachrüstung zum Schutz der Beschäftigten Erfolg versprechend ist. Dr. Reinhard Lux
20
etem 04.2016
betrieb & praxis
Unfallgeschehen durch Stromeinwirkung
Voll unter Strom
Seit etwa 50 Jahren analysiert die BG ETEM Arbeitsunfälle aufgrund
von Stromeinwirkung auf den menschlichen Körper. Dabei bleibt es bei
dem seit Jahren anhaltenden Trend, dass vor allem elektrotechnisch
unterwiesene Personen an Stromunfällen beteiligt sind.
A
rbeitsunfälle durch die Einwirkung des
elektrischen Stroms auf den menschlichen Körper werden als „Stromunfall“
bezeichnet. Man unterscheidet die Körperdurchströmung und die Einwirkung
durch einen Störlichtbogen bzw. Kombinationen hieraus. Auch der Sekundärunfall,
z. B. der Sturz von der Leiter, dessen Ursache die Schreckreaktion nach einer Körperdurchströmung war, wird hierunter
verstanden.
Die BG ETEM erfasst mithilfe des „Instituts zur Erforschung elektrischer Unfälle“
detailliert diese Unfallereignisse auf der
Grundlage eines „Technischen Fragebogens zur Erfassung elektrischer Unfälle“.
etem 04.2016
Diese Erfassung wird ständig weiterentwickelt. Grundlegende statistische Veränderungen müssen dabei sowohl im
historischen Kontext als auch im gesellschaftlichen und technischen Fortschritt
bewertet werden, um aussagekräftige Ansätze zur künftigen Prävention geben zu
können.
Die Berufsgenossenschaft erhält durch
die Übermittlung der Durchgangsarztberichte, über die Heilbehandlungskosten
geltend gemacht und erstattet werden,
generell Kenntnis über alle Arbeitsunfälle,
bei denen ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wurde. Ein Grund für den Anstieg der lediglich „gemeldeten“ Fall-
21
betrieb & praxis
Definition „meldepflichtiger“ Arbeitsunfall/
Stromunfall:
Ein Unfall ist gemäß § 193 SGB VII
meldepflichtig, wenn eine versicherte Person durch einen Unfall
getötet oder so verletzt wird, dass
sie mehr als drei Tage arbeitsunfähig ist. Die Drei-Tages-Frist beginnt
am Tag nach dem Unfall und umfasst alle Kalendertage, also auch
Samstage, Sonn- und Feiertage. Bei
nachträglich eintretender Arbeitsunfähigkeit, z. B. bei Verschlimmerung, beginnt sie am Tag nach
Eintritt der Arbeitsunfähigkeit.
zahlen liegt in der besseren arbeitsmedizinischen Kenntnis über die Anfälligkeit
des Herzens für Stromimpulse. Auch die
Mitarbeiter sind heute vielfach besser
über Erste Hilfe nach Stromeinwirkung
aufgeklärt.
Nach einem erlittenen Stromunfall
muss der Beschäftigte zu einem Arzt. Dieser entscheidet, ob bei einem Patienten
nach einem Elektrounfall, der keine HerzKreislauf-Störungen oder andere Symptome aufweist, eine stationäre Überwachung erforderlich ist (siehe „Stromunfall
– stationäre Überwachung“, DGUV Fachbereich Erste Hilfe).
Etwa 90 Prozent der Stromunfälle ereignen sich im Niederspannungsbereich bei
elektrotechnischen Tätigkeiten wie ErweiGemeldete und meldepflichtige Stromunfälle
22
tern, Ändern und Abbauen von Anlagen,
dem Messen und Prüfen und der Störungssuche. Hierbei wirkt vor allem die
Körperdurchströmung auf den menschliche Körper ein.
Bei Arbeiten an Baustromverteilern,
Hausanschlusskästen und Zählertafeln
spielt die Lichtbogenbildung eine größere
Rolle. Hier sind präventive Maßnahmen
zur Unfallreduktion erforderlich. Bei diesen Tätigkeiten wird das Risiko der Lichtbogenbildung oft unterschätzt oder gar
nicht berücksichtigt, sodass die betroffenen Mitarbeiter oft auch keine entsprechende Persönliche Schutzausrüstung
(PSA) tragen.
Elektrotechnische Arbeiten –
qualifizierte Beschäftigte?
In der Diskussion über das Unfallgeschehen bei elektrotechnischen Arbeiten zeigt
sich, dass viele Experten davon ausgehen,
bei den unfallbeteiligten Elektrofachkräften handele es sich um „besonders qualifizierte
Personen“.
Diese
handelten verantwortlich und könnten die mit
der Tätigkeit verbundenen Gefahren erkennen und abwenden, so die verbreitete
Ansicht. Die Entwicklung der Jahre 2005
bis 2013 zeigt allerdings, dass immer mehr
Nicht-Elektrofachkräfte am Unfallgeschehen beteiligt sind. Während die Unfallzahlen von Elektrofachkräften prozentual
rückläufig sind, gibt es mehr Unfälle von
elektrotechnisch unterwiesenen Personen
und elektrotechnischen Laien.
Ursache für die hohen Unfallzahlen, bei
denen elektrotechnische Laien betroffen
Unfallschwerpunkt Niederspannungsbereich
sind, ist eine mangelnde betriebliche Instandhaltung. Dies geht nicht in jedem
Fall auf eine mangelhafte Prüfung/Prüfverpflichtung der elektrischen Betriebsmittel nach DGUV Vorschrift 3 zurück,
sondern auch auf die fehlende Bereitschaft zur Meldung der im betrieblichen
Fertigungsprozess entstandenen Mängel.
Fallen diese Mängel augenscheinlich
auf – sie werden in der Regel auch von
elektrotechnischen Laien erkannt –, so
müssen sie gemeldet werden, damit der
Schaden behoben werden kann. Bei einer
allgemeinen Unterweisung der Beschäftigten sollte man auf den Prozess der
Mangelbeseitigung deutlich eingehen.
Stromunfälle nach elektrotechnischer Qualifikation
etem 04.2016
betrieb & praxis
zugunsten der Datenverarbeitung ab.
Auch aus Hobby oder Freizeit der Heranwachsenden kann ein handwerkliches
Grundverständnis nicht in jedem Fall vorausgesetzt werden. Oft wird die handwerkliche
Ausbildungszeit
durch
erworbene höhere Bildungsabschlüsse
verkürzt absolviert.
▪▪ Fehlender „Respekt“ vor den Gefahren
des elektrischen Stroms, da die Anlagen
auch im Privatbereich immer sicherer
werden und zu falschen Risikoeinschätzungen führen. Vor allem die fehlende
Altanlagen-Kenntnis wirkt sich hier problematisch aus.
▪▪ „Abgelenkt sein“.
Unfälle beim Messen und Prüfen
Dies betrifft auch den Einsatz von Betriebsmitteln auf Baustellen.
Ein hoher Prozentsatz der Stromunfälle
wird von Personen unter 30 Jahren verursacht. Bei weiterer Analyse ist die Tendenz erkennbar, dass diese Unfallzahlen
auch maßgeblich auf Auszubildende und
angelernte Mitarbeiter zurückgehen (elektrotechnisch unterwiesene Personen).
Hauptursachen von Unfällen
Aus Unfallberichten und Gesprächen mit
den verantwortlichen Personen lassen sich
maßgeblich folgende Gründe ableiten:
▪▪ Grundfertigkeiten
der praktischen/
handwerklichen Ausbildung nehmen
Altersgruppe
2004-2008
2009-2013*
bis 20 Jahre
18,3%
17,6%
über 20-25 Jahre
18,6%
22,6%
über 25-30 Jahre
14,1%
14,7%
über 30-35 Jahre
11,4%
10,7%
über 35-40 Jahre
10,8%
8,7%
über 40-45 Jahre
10,0%
8,7%
über 45-50 Jahre
7,5%
6,9%
über 50-60 Jahre
8,5%
8,9%
über 60 Jahre
0,5%
1,0%
keine Angabe
0,4%
0,1%
*) Daten für 2013 noch nicht vollständig erfasst!
Die risikoärmste Methode des Arbeitens
an elektrischen Betriebsmitteln ist seit
Jahrzehnten das „Arbeiten im spannungsfreien Zustand“. Leider wird in der Praxis
sehr oft vernachlässigt, dass diese grundlegende Erkenntnis erst nach der Umsetzung der fünf Sicherheitsregeln gilt. Bei
der Umsetzung der 5 Sicherheitsregeln
fällt im 5-Jahresvergleich zudem auf, dass
der dritten Regel „Spannungsfreiheit feststellen“ als Unfallursache zunehmende
Bedeutung zukommt.
Die Spannungsfreiheit an der Arbeitsstelle im Niederspannungsbereich ist mit
einem zweipoligen Spannungsprüfer gemäß DIN EN 61243-3 (VDE 0682-401) festzustellen (siehe DIN VDE 0105-100, 6.2.4.1,
Ausgabe Oktober 2015).
Sonja Boesen
5-Jahres-Vergleich der Unfallursache „Nichtbeachtung der Sicherheitsregeln bei Niederspannung“
Fotos: Fotolia/Mr. Vander, masterpixel
Stromunfälle beim Messen und Prüfen
Von Elektrofachkräften verursachte Elektrounfälle treten schwerpunktmäßig im
Umgang mit Mess- und Prüfgeräten sowie
örtlich in Bereichen von elektrischen Prüffeldern auf. Untersucht man die Unfallhäufigkeiten beim „Messen und Prüfen“
näher, so lässt sich im 5-Jahresvergleich
ein Anstieg der Fallzahlen im Umgang mit
Prüfgeräten und deren Zubehör feststellen.
Dabei ist den Unfalluntersuchungsberichten zu entnehmen, dass die Mitarbeiter die benötigten Geräte nur unzureichend
kennen und größtenteils keine Einweisung
erhalten haben. Die Verwendung und Gerätekenntnis werden oft „vorausgesetzt“.
Auch bei einer Neuanschaffung wird die
Bedienung als selbstverständlich angesehen, sodass auch der Blick in die Bedienungsanleitung ausbleibt.
Alter der Unfallopfer
etem 04.2016
23
betrieb & praxis
Stromerzeuger auf Bau- und Montagestellen
Wenn der Strom nicht
aus der Steckdose kommt
Die überarbeitete DGUV Information 203-032
fordert eine eindeutige Kennzeichnung von
Stromerzeugern. Damit kann der Anwender
auf einen Blick erkennen, ob bei der Inbetriebnahme eine Elektrofachkraft hinzugezogen
werden muss oder nicht.
O
hne elektrische Energie keine Bauoder Montagestelle. Und wenn kein
Anschlusspunkt zur Verfügung steht (geprüfte Steckdose oder Baustromverteiler),
dann muss der Strom vor Ort erzeugt werden. Als Energiequelle dient üblicherweise ein Verbrennungsmotor, dessen Bewegungsenergie der Generator in elektrische Energie umwandelt.
Stromerzeuger ohne eigene
RCDs für die zweite und jede
weitere Steckdose (Ausführung
„A“) können mit entsprechend
ausgerüsteten Verteilern für
den sicheren Einsatz auf Bauund Montagestellen ertüchtigt
werden.
24
etem 04.2016
betrieb & praxis
Da Bau- und Montagestellen zeitlich begrenzt existieren, sind die dort eingesetzten Stromerzeuger in der Regel mobil. Je
nach erforderlicher elektrischer Leistung
sind die Geräte tragbar oder auf Fahrzeugen fest montiert.
Stromerzeuger der
Ausführung „C“ oder
„D“ mit einer Klemmstelle, die mit dem
Symbol „Schutzerdung“ gekennzeichnet ist.
Stromerzeuger erden?
Folgende Fragen werden immer wieder gestellt: „Muss ich den Stromerzeuger erden?“ und „Darf ich ihn erden oder muss
ich eine Erdverbindung zwingend vermeiden?“. In diesem Punkt herrscht auch unter Elektrofachkräften viel Verunsicherung, vor allem, weil jeder Stromerzeuger
eine Klemmstelle aufweist, die mit dem
Symbol „Schutzerdung“ gekennzeichnet
ist (Bild oben).
Elektrofachkräfte verbinden damit gedanklich einen herausgeführten Außenleiter oder Generatorsternpunkt, den sie an
dieser Stelle mit einem Erdspieß verbinden müssen, um ein niederohmig geerdetes System (TN, TT oder IT) zu erzeugen.
Die Niederohmigkeit ist (messtechnisch)
sicherzustellen.
So weit so gut und richtig. Leider ist es
normativ aber zulässig, teilweise sogar gefordert und daher üblich, dieses Symbol
auch zur Kennzeichnung von Klemmstellen zu verwenden, die lediglich dem Potenzialausgleich dienen. Dort wird also
keineswegs ein Außenleiter oder Sternpunkt herausgeführt und folglich bei einer
Verbindung mit „Erde“ auch kein elektrisch geerdetes System errichtet.
Kennzeichnung
Fotos: BG ETEM, H. Oelmann
Eine der wesentlichen Neuerungen in der
überarbeiteten DGUV Information ist die
Kennzeichnung „A“, „B“, „C“ oder „D“ der
Stromerzeuger. Dadurch erkennt der Anwender sofort, ob eine Elektrofachkraft die
Erdverbindung herstellen muss (Ausführungen „C“ und „D“) oder ob ein elektrotechnischer Laie den Stromerzeuger in
Betrieb nehmen darf („A“ und „B“). Namhafte Hersteller von Stromerzeugern wollen ab sofort ihre Geräte entsprechend
kennzeichnen und zusätzlich auch mit
dem Symbol „Schutzpotenzialausgleich“
versehen, sofern das normativ zulässig ist.
Stromerzeuger
als Anschlusspunkt
Mit Stromerzeugern der Ausführungen „A“
und „B“ wird eine Schutzmaßnahme realisiert, die dem Prinzip der „Schutztrennung“ entspricht. Die Inbetriebnahme
etem 04.2016
Zusätzlicher Schutzpotenzialausgleich
mit entsprechend
gekennzeichneter
Klemme an einem
Stromerzeuger der
Ausführung „A“ oder
„B“.
kann durch Laien erfolgen. Eine Anlagenerrichtung im Sinne der VDE-Regeln erfolgt hierbei nicht, sodass auch keine Prüfung der elektrischen Schutzmaßnahme
durch eine Elektrofachkraft vor Ort erforderlich ist.
Sollen mehrere elektrische Verbrauchsmittel an einem derartigen Stromerzeuger
betrieben werden, ist der zusätzliche Einsatz von jeweils einer eigenen 30-mA-Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) für das
zweite und jedes weitere Verbrauchsmittel erforderlich. Dadurch werden auch sogenannte Doppelfehler an der Isolierung
von Betriebsmitteln der Schutzklasse II
(schutzisoliert) beherrscht.
Diese Fehler entstehen insbesondere
durch thermische und mechanische Einwirkungen auf Anschluss- und Verlängerungsleitungen. Wenn diese in zwei verschiedenen Stromkreisen auftreten, führt
das zu einem geschlossenen Fehlerstromkreis, der von einer zentralen RCD nicht
erkannt würde. Da aber den zwei Verbrauchsmitteln im Fehlerstromkreis mindestens eine RCD vorgeschaltet ist, wird
beim Schließen des Fehlerstromkreises
über die Erde oder spätestens über den
Menschen durch eine der RCDs der fehlerbehaftete Stromkreis abgeschaltet.
Der zusätzliche Schutzpotenzialausgleich zwischen der entsprechend gekennzeichneten Klemme (s. unteres Bild) und
„Erde“ ist nicht vorgeschrieben. Er erhöht
aber die Wahrscheinlichkeit, dass Isolationsfehler gegen das Erdpotenzial von einer
der RCDs erkannt werden. Bei Geräten der
Schutzklasse I ist eine Fehlererkennung
auch mithilfe einer eingebauten Isolationsüberwachungseinrichtung (IMD) möglich.
Stromerzeuger, die die Anforderungen
der Ausführung „B“ erfüllen, also mit integrierten RCDs für die zweite und jede weitere Steckdose, sind derzeit am Markt
noch nicht verfügbar. Die zuvor beschriebene Schutzmaßnahme kann durch entsprechend ausgerüstete, nachgeschaltete Verteiler realisiert werden.
Prüfen von Stromerzeugern
Das Prüfen von Stromerzeugern wird wesentlich ausführlicher als bisher in der
DGUV Information behandelt. Das Muster-Prüfprotokoll ist als ausfüllbare pdf-Datei herunterzuladen unter www.dguv.de,
Hartmut Oelmann
Webcode: d138299.
25
service
Versicherungsschutz bei Telearbeit
Zu Hause auf
der Arbeit
Telearbeit ist die wahrscheinlich effektivste Art, Wegeunfälle zu vermeiden. Aber wie sieht es mit dem Versicherungsschutz aus, wenn man dabei zu Hause stürzt?
D
urch bessere Technologien bei Geräten und Internet-Zugang steigt für immer mehr Beschäftigte die Möglichkeit für
Heimarbeit. Obwohl sich dadurch einige
Wege vermeiden lassen, ist ein Unfall nicht
völlig ausgeschlossen. Aber was passiert,
wenn die Beschäftigten zu Hause stürzen?
Sind sie dann gesetzlich unfallversichert?
Der folgende Beitrag gibt Antworten.
Betriebliche Tätigkeiten
Grundsätzlich gilt: Beschäftigte, die von zu
Hause aus arbeiten, unterliegen genauso
dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung wie diejenigen, die ihre Arbeit
vor Ort im Betrieb verrichten. Dabei sind
alle Tätigkeiten versichert, die in einem
sachlichen Zusammenhang mit der Arbeit
stehen. Das gilt nicht nur für die Tätigkeiten innerhalb des für die Telearbeit genutzten Raums. Versichert ist auch, wer
diese Arbeiten in anderen Räumen ausübt,
wenn dort zum Beispiel aus technischen
Gründen ein für die Arbeit benötigtes Gerät, wie ein Drucker, aufgestellt ist. Die
Beschäftigten könnten sich beispielsweise beim Wechsel der Patrone am dienstlich genutzten Drucker verletzen.
Wege mit betrieblichem
Hintergrund
Problematisch ist hingegen oftmals die
Beurteilung des Versicherungsschutzes
für die Wege innerhalb eines Hauses oder
einer Wohnung, in dem sich der jeweilige
Telearbeitsplatz befindet.
Grundsätzlich beginnt und endet der
Unfallversicherungsschutz erst, wenn Beschäftigte durch die Außenhaustüre eines
Gebäudes treten. Diese Grenze ist so
aber nicht anwendbar, wenn sich Wohnung und Arbeitsplatz in einem Gebäude
befinden.
26
Klar ist, dass die Wege innerhalb des
für die Telearbeit genutzten Raumes versichert sind, wenn sie der versicherten Tätigkeit dienen sollen. Dazu gehört zum
Beispiel der Weg innerhalb des Raumes,
um dienstliche Ausdrucke aus dem Drucker zu entnehmen.
Rechtliche Schwierigkeiten hinsichtlich
der Zurechnung von Wegen zur versicherten Tätigkeit treten vor allem dann auf,
wenn sich Unfälle in Räumen oder auf
Treppen ereignen, die weder eindeutig
der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zuzuordnen sind. In solchen Fällen hat
sich das Bundessozialgericht in seinen
bisherigen Entscheidungen über den Versicherungsschutz darauf bezogen,
▪▪ ob der Ort, an dem sich der Unfall ereignete, auch im Wesentlichen Betriebszwecken dient.
▪▪ ob der rein persönliche Lebensbereich
schon verlassen wurde.
▪▪ was der Nutzungszweck zum Unfallzeitpunkt war.
Die Informationskästen an der Seite geben in zwei Fällen eines Treppensturzes
die jeweilige Entscheidung eines Gerichts
wieder.
Fazit
Während der Ausübung der betrieblichen
Tätigkeit zu Hause besteht Versicherungsschutz. Dieser gilt aber nicht automatisch
auch für alle Wege innerhalb des Hauses
oder der Wohnung. Dabei kommt es vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. In einem zweiten Teil in der
kommenden Ausgabe geht es an dieser
Stelle dann um den Schutz bei Wegen, die
zwar keinen rein betrieblichen Hintergrund
haben, ohne die eine ordnungsgemäße
Arbeitstätigkeit jedoch nicht möglich ist
Nancy Schmidt
(wie ein Toilettengang). So urteilten Gerichte
Arbeitsunfall abgelehnt
Ein Außendienstmitarbeiter einer Versicherungsgesellschaft bewohnt in einem Mehrfamilienhaus eine Dreizimmerwohnung, wobei eines der Zimmer als Arbeitszimmer dient. Am Unfalltag arbeitet er zunächst in seinem
Arbeitszimmer im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses. Dann packt
er seine Sachen und verlässt die Wohnung, um einen Kunden zu besuchen
und an einer Sitzung der Bezirksdirektion der Versicherung teilzunehmen.
Im Treppenhaus des von ihm bewohnten Mehrfamilienhauses stürzt er und
verletzt sich an der Wirbelsäule. Einen
Arbeitsunfall lehnt das Bundessozialgericht am 12. Dezember 2006 (Aktenzeichen: B 2 U 1/06 R) ab.
Zur Begründung hat sich das Gericht
auf eine Entscheidung aus dem Jahre
etem 04.2016
service
etem 04.2016
die Treppe rechtlich wesentlich den Zwecken des Unternehmens dient …“.
Arbeitsunfall bejaht
Eine selbstständige Friseurmeisterin war
auf einer Treppe gestürzt, die sowohl ihr
Friseurgeschäft im Erdgeschoss des Hauses
mit einem im Obergeschoss befindlichen
Büro mit Lagerfläche für Friseur­artikel als
auch ihre dort befindliche Wohnung verband. Im Büroraum erledigte die Friseurmeisterin regelmäßig täglich anfallende
Verwaltungsarbeiten. Der Unfall ereignete
sich, als sie von einer Angestellten aus
dem Büro in den Friseurladen gerufen
worden war.
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat am 7. Februar 2013 (Aktenzeichen: L 3 U 288/11) einen Arbeitsunfall
bejaht. Bei der vorliegenden Fallkonstellation, bei der die Treppe sowohl dem Zu-
gang zur Wohnung wie auch zur Arbeitsstätte dient, sei entscheidend, ob
der Bereich des Unfallorts auch
wesentlich Betriebszwecken dienen
würde. Als Kriterium für die Wesentlichkeit komme es auf eine ständige und
nicht nur gelegentliche Nutzung des
Unfallorts für betriebliche Zwecke an.
Nach diesen Grundsätzen sei vorliegend ein Arbeitsunfall anzunehmen.
Die Friseurmeisterin sei „… auf die regelmäßige, werktägliche Benutzung
der Treppe angewiesen, um vom Ladengeschäft in ihr Büro bzw. vom Büro in
ihr Ladengeschäft zu gelangen ...“. Zudem habe das Büro als Lagerfläche für
Friseurartikel gedient. Daher stehe der
Umstand, dass die Treppe auch der Erschließung der privaten Wohnräume
dienen würde, einem Versicherungsschutz nicht entgegen.
Illustration: Rosemarie Schöningh
1987 bezogen und erneut bestätigt. Dabei
wurde es als maßgeblich angesehen, ob
der Teil des Gebäudes, in dem sich der
Unfall ereignete, rechtlich wesentlich den
Zwecken des Unternehmens dient. Als
Kriterium für die Wesentlichkeit werden
eine ständige und nicht nur gelegentliche
Nutzung des Unfallorts für betriebliche
Zwecke angeführt. Ob dafür das zwei- bis
dreimalige wöchentliche Begehen einer
Treppe ausreicht (so ehemals noch in der
Entscheidung aus 1987), wurde in der Entscheidung als zweifelhaft angesehen,
hängt dies doch von der Nutzung der
Treppe insgesamt ab.
„… Vorliegend wurde jedoch überhaupt
keine der versicherten Tätigkeit des
Klägers zuzurechnende Nutzung des
Treppenhauses festgestellt, zumal gelegentliche Besuche von Kunden nicht ausreichend wären, um festzustellen, dass
27
service
Mitteilungen an die Berufsgenossenschaft
Heißer Draht mit Vorteil
Ob Prävention, Rehabilitation oder Entschädigung – die BG ETEM
kann ihre vielfältigen Aufgaben nur erfüllen, wenn ihre Mitgliedsbetriebe sie ausreichend mit Informationen versorgen.
eschäftigte sind laut Sozialgesetzbuch (SGB) VII gegen die Folgen
von Arbeitsunfällen, Wegeunfällen und
Berufskrankheiten über ihre Berufsgenossenschaft versichert. Aus diesem
Grund sind Berufsgenossenschaften auf
die Unterstützung der Betriebe angewiesen. Das beginnt bereits bei der Unternehmensgründung: Schon in der Vorbereitungsphase, spätestens aber bei
der Betriebseröffnung müssen Unternehmerinnen und Unternehmer sich bei
der Berufsgenossenschaft melden. Welche Berufsgenossenschaft zuständig ist,
können sie über die kostenfreie Infoline
der DGUV erfahren (siehe info).
Bevor Unternehmer den Aufnahmebescheid ihrer Berufsgenossenschaft erhalten, erfragt diese weitergehende
Informationen, beispielsweise zu den
technischen Betriebsverhältnissen, den
Inhaberverhältnissen bzw. der Rechtsform des Unternehmens. Nur so kann die
Berufsgenossenschaft zielgerichtet über
Präventionsmaßnahmen beraten und
Unternehmen der richtigen Gefahrtarifstelle („Risikoklasse“) zuordnen.
Mit dem Aufnahmebescheid erhalten
Betriebe auch die Mitgliedsnummer.
Wenn Unternehmen Arbeitnehmer beschäftigen, brauchen sie diese Nummer
zwingend für das Meldeverfahren zur
Sozialversicherung (laut Datenerfassungsund Übermittlungsverordnung DEÜV).
Wichtig: Änderungen mitteilen
Betriebe, die schon Mitglied einer Berufsgenossenschaft sind, etwa der
BG ETEM, müssen laut SGB VII jegliche Änderungen in den Betriebsverhältnissen anzeigen. Dabei handelt
es sich keineswegs um eine lästige
Pflicht: Bitte berücksichtigen Sie, dass
die BG ETEM auf Ihre Informationen angewiesen ist. Ändern sich die Betriebsverhältnisse im Unternehmen, kann sich
das auf die Gefahrtarifstelle auswirken.
28
Aktuelle Adressen erleichtern Ihrer Berufsgenossenschaft die tägliche Verwaltungsarbeit. Damit entfallen schließlich
Mehraufwand und zusätzliche Kosten –
die Beitragszahler profitieren. Daher
informieren Sie bitte die BG ETEM auch
umgehend, wenn Sie Unternehmensteile,
wie Filialen oder Betriebsstätten, eröffnen
oder schließen. Gleiches gilt für die
komplette Einstellung des Unternehmens.
Erst wenn Ihre Berufsgenossenschaft
davon erfährt, kann sie ihre Aufgaben
wahrnehmen, z. B. die Endabrechnung
des Beitragskontos einleiten.
Ändert sich Inhaberstruktur oder
Rechtsform des Betriebs, ist es wesentlich, dass Sie als Unternehmer die
BG ETEM darüber informieren. Denn
davon hängt ab, wer in Ihrem Betrieb
überhaupt über die Berufsgenossenschaft pflichtversichert ist.
All diese Beispiele lassen erkennen,
dass es für alle Vorteile bringt, wenn
Sie Ihre Berufsgenossenschaft umfassend und zeitnah über Änderungen auf
dem Laufenden halten. Unnötig hoher
Verwaltungsaufwand kann so vermieden
werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BG ETEM stehen Ihnen beratend und für Fragen gerne zur Verfügung. Karin Mans
→→info
Bei Fragen zur Mitgliedschaft hilft das
ServiceCenter der BG ETEM:
Bereich Feinmechanik und Elektrotechnik,
Tel. 0221 3778-1800
Bereich Druck und Papierverarbeitung,
Tel. 0221 3778-1802
Bereich Textil und Bekleidung,
Tel. 0221 3778-1805
Bereich Energie und Wasserwirtschaft,
Tel. 0221 3778-1807
Kostenfreie Infoline der DGUV:
Tel. 0800 60 50 40 4
etem 04.2016
Foto: Fotolia/alexlmx
B
service
Das Podium der Vertreterversammlung (v.l.n.r.): Hans Peter Kern, Dr. Bernhard Ascherl (alternierende Vorsitzende des Vorstands),
Dr. Heinz-Willi Mölders, Karin Jung (alternierende Vorsitzende der Vertreterversammlung), Olaf Petermann (Vorsitzender der Geschäftsführung).
Vertreterversammlung der BG ETEM
Weniger Unfälle – weniger Beitrag
BG-Parlament begrüßt den kontinuierlichen Rückgang der Beitragslast und der
Arbeitsunfälle. Für die Zukunft ist die Berufsgenossenschaft bestens aufgestellt.
Foto: BG ETEM, Zingsheim
E
ine sehr positive Bilanz zogen Vorstand und Geschäftsführung der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro
Medienerzeugnisse (BG ETEM) in ihren
Berichten an die Vertreterversammlung,
die am 15. Juni in Berlin tagte. So sank die
Arbeitsunfallquote auf einen neuen historischen Tiefstand von 18 Unfällen je 1.000
Vollarbeitern. Dies ist den erfolgreichen
Präventionsmaßnahmen der versicherten
Unternehmen und der BG ETEM zu verdanken. Die Gesamtzahl der Arbeitsunfälle sank von 57.993 (2014) auf 56.135 im
vergangenen Jahr.
Die Zahl der Versicherten entwickelte
sich ebenfalls positiv, sie stieg um über
70.000 auf 3,9 Millionen. Parallel dazu
wuchs auch die Lohnsumme auf etwa 122
Milliarden Euro. Sinkende Unfallzahlen
bei steigenden Lohnsummen und nur moderat (um 1,2 Prozent auf 824 Millionen
Euro) gewachsenen Entschädigungsleistungen: Das sind perfekte Rahmenbedingungen für eine stabile, bei der BG ETEM
sogar sinkende Beitragsentwicklung. Nur
noch durchschnittlich 79 Cent je 100 Euro
etem 04.2016
Entgelt (bezogen auf die Eigenumlage)
zahlen die Unternehmen für das Jahr 2015
an die BG ETEM. Zum Vergleich: 2011 betrug der Durchschnittsbeitrag noch 91
Cent je 100 Euro Entgelt. In nur fünf Jahren
sank der Beitrag also um satte 13 Prozent!
Wegeunfälle auf hohem Niveau
Bei allen positiven Statistiken zeigen einige Entwicklungen aber auch Handlungsbedarf für die Berufsgenossenschaft. Anders als bei den Arbeitsunfällen verbleibt
die Zahl der Unfälle auf dem Weg zur Arbeit und zurück auf hohem Niveau. Sie
stieg gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent auf 12.669. Die Sicherheit im Straßenverkehr ist deshalb auch ein Schwerpunkt
der Präventionsarbeit der BG ETEM. Vor allem schwache Verkehrsteilnehmer, die ihre Wege mit dem Fahrrad oder dem Pedelec bewältigen, benötigen besseren
Schutz, wie eine Auswertung der schweren Verkehrsunfälle zeigte.
Auch bei den Verdachtsanzeigen für eine Berufskrankheit verzeichnete die
BG ETEM einen deutlich spürbaren Zu-
wachs. 5.856 Erkrankungen wurden angezeigt, 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Der
Anstieg ist hauptsächlich auf die Einführung neuer Berufskrankheiten im Jahr
2015 zurückzuführen, darunter der weiße
Hautkrebs, der durch jahrelange Sonneneinstrahlung hervorgerufen wird. Keine
Entwarnung aber auch beim Thema Asbest: Die Zahl der Verdachtsanzeigen der
dadurch verursachten Berufskrankheiten
stieg im vergangenen Jahr nochmals um
155 Fälle auf 1.184 (+ 13 Prozent).
Insgesamt blickte die Vertreterversammlung zufrieden auf die Entwicklung
und den Zustand der BG ETEM. Für die Zukunft ist sie bestens aufgestellt. Weitere
Themen waren die nächste Präventionskampagne der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung zur „Kultur der Prävention“ und ein Sachstandsbericht zur Reform des Berufskrankheitenrechts.
Die Vertreterversammlung besteht aus
je 30 ehrenamtlichen Vertretern der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und der
Versicherten. Sie bilden das höchste Organ der Selbstverwaltung. Holger Zingsheim
29
service
Seminardatenbank
Kürzere Wege
Eine neue Suchfunktion filtert bestimmte
Seminare nach Regionen. Teilnehmer
kommen schneller zum Seminar.
D
ie BG ETEM hat vor zwei
Jahren die neue Seminardatenbank eingeführt. Mit ihrer
Hilfe können Mitgliedsfirmen
aus dem gesamten Seminarangebot die benötigten Seminare
auswählen und ihre Beschäftigten online anmelden.
Jetzt gibt es eine weitere
Möglichkeit für eine effiziente
Buchung der Seminarplätze.
Bei einigen Seminartypen können die Termine in der Seminardatenbank nach Regionen
selektiert werden, sodass sich
die An- und Abreisezeiten zum
Seminarort erheblich verringern.
Damit verringern sich auch
die ökologische Belastung der
Umwelt, die Unfallgefährdung
im öffentlichen Straßenverkehr und letztlich die Abwesenheit vom beruflichen und
privaten Umfeld.
Zunächst wird diese Selektionsmöglichkeit für folgende
Seminartypen eingesetzt:
Schnell und einfach zum Seminar – zum Beispiel in Linowsee.
▪▪ 320
– Grundseminar für
Sicherheitsbeauftragte
– gewerblich
▪▪ 321 – Grundseminar für
Sicherheitsbeauftragte –
Büro und Verwaltung
▪▪ 322 – Aufbauseminar für
Sicherheitsbeauftragte –
Elektrotechnik und Feinmechanik
▪▪ 323
– Aufbauseminar für
Sicherheitsbeauftragte –
Büro und Verwaltung
▪▪ 299 – Grundseminar für
operative Führungskräfte:
Führen und verantworten
im Arbeitsschutz
In drei Schritten zum BG ETEM-Seminar
Schritt 1
Schritt 2
Schritt 3
Wählen Sie in der Seminardatenbank eine
Veranstaltung aus, z. B. durch Eingabe der
Veranstaltungsnummer.
Wenn der eingegebene Seminartyp nach
Regionen selektiert werden kann, fordert das
System Sie zur Eingabe einer Postleitzahl auf.
Dadurch werden Ihnen nur regionale Termine
zur Auswahl vorgeschlagen.
Wählen Sie wie bisher aus der Auswahlliste
das für Sie passende Seminar aus.
etem – Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung. Herausgeber: Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro
Medienerzeugnisse, Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 Köln, Tel.: 0221 3778-0, Telefax: 0221 3778-1199, E-Mail: [email protected].
Für den Inhalt verantwortlich: Olaf Petermann, Vorsitzender der Geschäftsführung. Redaktion: Christoph Nocker (BG ETEM), Stefan
Thissen (wdv Gesellschaft für Medien & Kommunikation mbH & Co. OHG, Dieselstraße 36, 63071 Offenbach). Tel.: 0221 3778-1010, ­
E-Mail: [email protected]. Bildredaktion: Theresa Rundel (wdv); Gestaltung: Jochen Merget (wdv). Druck: VS Broschek Druck GmbH.
etem erscheint sechsmal jährlich (jeden zweiten Monat). Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Gedruckt auf
umweltfreundlichem, chlorfreien Papier. Titelbild: Tilman Lothspeich; Leserservice (Adress- oder Stückzahländerung): Tel. 0221
3778-1070, E-Mail: [email protected].
@bg_etem
www.bgetem.de
30
twitter.com/bg_etem
youtube.com/diebgetem
www.xing.com
www.bgetem.de
Webcode: 13671559
www.facebook.com/
BGETEM
etem 04.2016
Fotos: wdv/J. Bösenberg; BG ETEM
Impressum
ausblick
Hätten Sie es gewusst?
Energie vom Lande
Antworten: 1.) 8.900 (Prognose für 2015); 2.) Bayern (2.360), es folgen Niedersachsen (1.562) und Nordrhein-Westfalen (1.076); 3.) 9,3 Millionen (Prognose für 2015)
Quelle: Fachverband Biogas e.V.; www.biogas.org
Biogasanlagen gehören inzwischen in vielen Regionen
zum alltäglichen Bild. Sie sind aber regional unterschiedlich
verteilt. Wo gibt es besonders viele?
1.) Wie viele Biogasanlagen gibt es
derzeit in Deutschland?
4.800
6.700
8.900
2.) Knapp 30 Prozent aller Biogasanlagen stehen in einem Bundesland.
Das ist ...
Niedersachsen
Bayern
Nordrhein-Westfalen
Illustration: Skizzomat
3.) Wie viele deutsche Haushalte
beziehen Strom, der mit Biogas
produziert wurde?
5,1 Millionen
9,3 Millionen
11,5 Millionen
etem 04.2016
31