4.2016 Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung Elektro Feinmechanik Betriebsarzt David Morgenthaler Der Arzt vor Ort 14 Online-Hilfe für Betriebe Wie Fragen jetzt bei der Beurteilung psychischer Gefährdungen helfen 18 Umrüsten notwendig? Wie die Anforderungen an Arbeitsmittel festgelegt werden 26 Telearbeit Wann Beschäftigte bei der Arbeit zu Hause unfallversichert sind editorial Digital produzieren – menschlich denken Die digitale Revolution verändert Produktionsabläufe, stellt bisherige Geschäftsmodelle infrage oder schafft gänzlich neue. Dazu verändert sie die Arbeitsbedingungen der Menschen. Smartphone und Tablet machen unabhängig vom stationären Arbeitsplatz. Diese noch vor 20 Jahren kaum vorstellbare Freiheit birgt aber auch das Risiko der persönlichen Überforderung. Olaf Petermann Vorsitzender der Geschäftsführung → Das ist nur ein Beispiel von vielen. Es zeigt, dass sich durch die Digitalisierung die Anforderungen an den Arbeitsschutz verändern. Das heißt nicht, dass wir ihn künftig dem Computer überlassen. Vielmehr muss der Mensch noch stärker als bisher in den Mittelpunkt der Überlegungen rücken – und zwar, bevor die Arbeit beginnt. Arbeitsschutz muss künftig von Anfang an als integrierter Bestandteil in Planung und Entwicklung einbezogen sein. Dann wird es möglich, die Chancen der digitalen Revolution zu nutzen – etwa zur Entlastung der Beschäftigten von belastenden Routinearbeiten. Eines bleibt auch im digitalen Zeitalter unverändert. Die Initiative zur Prävention muss von den Unternehmen ausgehen. Sie tragen auch künftig die Verantwortung für ihre Beschäftigten. Und sie können weiterhin darauf bauen, dass die BG ETEM sie dabei unterstützt. inhalt 8 Titelthema Die BG ETEM gibt Hinweise, worauf es beim Gesundheitsschutz im Unternehmen ankommt. 26 Versicherungsschutz bei Heimarbeit Telearbeit ist die wahrscheinlich effektivste Art, Wegeunfälle zu vermeiden. Aber wie sieht es mit dem Versicherungsschutz aus, wenn man zu Hause stürzt? 21 Unfälle durch Stromeinwirkung Seit etwa 50 Jahren analysiert die BG ETEM Arbeitsunfälle aufgrund von Stromeinwirkung auf den menschlichen Körper. Dabei bleibt es bei dem seit Jahren anhaltenden Trend, dass vor allem elektrotechnisch unterwiesene Personen an Stromunfällen beteiligt sind. kompakt 4 Zahlen, Fakten, Angebote Fotos: Fotolia, Mr. Vander; Rosemarie Schöningh; Tilman Lothspeich Meldungen und Meinungen 16 Neue TRGS 727 Risikofaktor Zündquellen 17 Modell der Sicherheitspartner Arbeitsschutz von Anfang an mensch & arbeit 8 Betriebsärztliche Firmenbetreuung Gesunde Beschäftigte durch aktive Betriebsärzte 12 Arbeit der Zukunft Prävention 4.0 14Neue Online-Plattform Anklicken und auswerten betrieb & praxis 18 Anforderungen an in Betrieb befindliche Arbeitsmittel Umrüsten oder weiter so? 21 Unfälle durch Stromeinwirkung Voll unter Strom 24 Stromerzeuger auf Baustellen Wenn der Strom nicht aus der Steckdose kommt etem 04.2016 service 26 Versicherungsschutz bei Telearbeit Zu Hause auf der Arbeit 28 Mitteilungen an die Berufsgenossenschaft Heißer Draht mit Vorteil 29 Vertreterversammlung der BG ETEM Weniger Unfälle – weniger Beitrag 30 Seminardatenbank Kürzere Wege 30 Impressum 31 Hätten Sie es gewusst? Energie vom Lande 3 kompakt Auszeichnung für gelebte Inklusion Medienpakete für Ausbildungsbetriebe Azubis stärken Mit einem besonderen Angebot unterstützt die BG ETEM Sie, neu eingestellte Auszubildende für sicheres Arbeiten zu gewinnen. Bis zum 31. Oktober erhalten Mitgliedsbetriebe, die einen oder mehrere Azubis einstellen, auch in diesem Jahr ein kostenloses Medienpaket. Aktionsplakate, Broschüren, Film-Module – z. B. zu den Themen elektrischer Strom, Gefahrstoffe, Lärm oder Verkehrssicherheit – gehören dazu. Die Informationen sind praxisnah und behandeln grundlegende Aspekte der Arbeitssicherheit. Medienpakete sind erhältlich für die Bereiche ▪▪ Feinmechanik, ▪▪ Elektrohandwerke/elektrotechnische Industrie, ▪▪ Energie- und Wasserwirtschaft, ▪▪ Druck und Papierverarbeitung, ▪▪ Textil und Mode sowie ▪▪ Büro/Verwaltung. Bieten Sie Ihren Auszubildenden eine gute Hilfestellung. Wer die Gefährdungen am Arbeitsplatz und mögliche Schutzmaßnahmen kennt, hat die besten Voraussetzungen für einen sicheren Start in den Beruf. →→info www.bgetem.de, Webcode 12644577 Jeder Mitgliedsbetrieb, der Auszubildende einstellt, kann im Aktionszeitraum ein Paket kostenlos bestellen. Weitere sind erhältlich zum Stückpreis von 10 Euro (Nicht-Mitgliedsbetriebe zahlen 55 Euro je Paket zzgl. Versandkosten). Außerhalb des Aktionszeitraums kostet jedes Paket 10 Euro für Mitgliedsbetriebe. Global Safety Textiles GmbH erhält in diesem Jahr den Rehabilitationspreis der BG ETEM. Mit diesem Preis zeichnet die BG ETEM alle zwei Jahre Unternehmen aus, die sich vorbildlich um verletzte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter gekümmert haben. Der Preis wurde am 4. Mai von Karin Jung, alternierende Vorsitzende der Vertreterversammlung der BG ETEM, an das Unternehmen verliehen. Als der Auszubildende Markus Döbele im Jahr 2009 mit dem Motorrad verunglückte und ihm der linke Unterschenkel amputiert wurde, war er noch im ersten Lehrjahr. Wie sollte es beruflich für ihn weitergehen? Global Safety Textiles GmbH ermöglichte ihm ein Studium als Textiltechniker, das er erfolgreich abschloss. Heute arbeitet er bei dem Unternehmen. Olaf Petermann, Vorsitzender der Geschäftsführung der BG ETEM, lobt: „Man hat sich sehr intensiv für eine erfolgreiche Wiedereingliederung von Markus Döbele engagiert und die Maßnahmen der Berufsgenossenschaft ergänzt. Besser kann man Inklusion im Unternehmen nicht machen.“ →→info Ein Video über den Preisträger finden Sie unter www.bgetem.de, Webcode 16934814 kompakt 2,5% niedriger ist jetzt der Mitgliedsbeitrag der BG ETEM für die Eigenumlage. Der Vorstand beschloss am 27. April den Faktor zur Berechnung der Mitgliedsbeiträge für den im Juli versandten Beitragsbescheid. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Mitgliedsbeitrag von 0,79 Euro je 100 Euro Entgelt. Im Jahr zuvor lag dieser Wert bei 0,81 Euro. „Der Mitgliedsbeitrag der Unternehmen ist zum sechsten Mal in Folge gesunken“, freut sich Olaf Petermann, Vorsitzender der Geschäftsführung der BG ETEM. „Gute Präventionsarbeit und gute Rehabilitation von Verletzten und Erkrankten zahlen sich langfristig aus.“ →→info www.bgetem.de, Webcode 11197352 Vorgemerkt: Neuer Lohnnachweis ab 2017 Fotos: BG ETEM Der Lohnnachweis ist eine der Grundlagen für die Berechnung des Beitrages, den Unternehmer für den Schutz der Beschäftigten in der Unfallversicherung (UV) jährlich zahlen. Ab dem 1. Januar 2017 wird das bisherige Lohnnachweisverfahren der UV – mit zweijähriger Übergangsphase – durch das UV-Meldeverfahren mit elektronischem Lohnnachweis abgelöst. Bis zum 16. Februar 2017 ist der Lohnnachweis für das Beitragsjahr 2016 erstmals auf elektronischem Wege und zusätzlich über das bekannte Online-, Papier- oder Fax-Verfahren zu erstatten. Während der Übergangszeit werden die Beiträge nach dem bisherigen Verfahren berechnet. Ab dem Beitragsjahr 2018 sollen Unternehmer die gezahlten Lohnsummen ausschließlich auf elektronischem Weg übermitteln. Wichtiger Termin: Ab 1. Dezember 2016 müssen alle Unternehmerinnen und Unternehmer in ihrem Entgeltabrechnungsprogramm einen sogenannten Stammdatenabgleich durchführen. Die hierfür benötigten Zugangsdaten erhalten alle Unternehmen im November 2016 schriftlich von der BG ETEM. Neue Aktionsmedien der BG ETEM Sekundenschlaf: Jedes Jahr ereignen sich zahlreiche Unfälle im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz in Zusammenhang mit Sekundenschlaf. Mögliche Ursachen sind behandlungsbedürftige Schlafstörungen, zu kurze oder unregelmäßige Schlafphasen oder verschiedene Erkrankungen. Mit dem neuen Pupillograph F²D kann der Grad der Tagesschläfrigkeit objektiv gemessen und beurteilt werden. Die Betreuung des Pupillographen und Beratung der Teilnehmer erfolgen durch das Institut für Prävention und Nachsorge (IPN) Köln. Lärm sichtbar machen: Lärmschwerhörigkeit gehört zu den am häufigsten anerkannten Berufskrankheiten in Deutschland. Etwa 4 bis 5 Millionen Beschäftigte sind Lärmeinwirkungen ausgesetzt. Das SoundEar 3 oder die Jabra Noise Guides zeigen den momentanen Geräuschpegel in Produktionsbereichen und Büroumgebung an und geben unmittelbares Feedback im Ampelschema. →→info www.aktionsmedien-bgetem.de ↓ Termine ▪▪ 13.-14.09.2016, Rheinsberg 9. Rheinsberger Fachtagung „Arbeitssicherheit in der Energieversorgung“ ▪▪ 28.09.-01.10.2016, Düsseldorf REHACARE, weltweit bedeutendste Fachmesse für Rehabilitation, Prävention, Inklusion, Pflege ▪▪ 11.-13.10.2016, Hamburg Kongress und Fachmesse „Arbeitsschutz Aktuell“ →→weitere termine www.bgetem.de, Webcode 12568821 etem 04.2016 5 kompakt Neuer Wettbewerb zur Sicherheit im Verkehr Nachhaltige Lösungen gesucht Der Wettbewerb zur betrieblichen Verkehrssicherheit „Unterwegs – aber sicher!“ geht in die nächste Runde. Der VDSI – Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit – prämiert gemeinsam mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) zum dritten Mal herausragende Lösungen für mehr Sicherheit. Voraussetzung ist, dass diese Lösungen nachhaltig zu weniger Schulwege- oder Dienstwegeunfällen bzw. Unfällen im innerbetrieblichen Transport und Verkehr geführt haben. „Aus den eingereichten Projekten entsteht eine Sammlung von Good-PracticeBeispielen, von der auch andere Betriebe profitieren können. Damit wollen wir einerseits natürlich zum Nachahmen motivieren, aber auch den Gewinnerinnen und Gewinnern Anreiz geben, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen“, so Prof. Dr. Rainer von Kiparski, Vorstandsvorsitzender des VDSI. Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen können sich mit ihren Projekten ab sofort bewerben. Teilnahmeschluss ist der 15. Juli 2017. Mitmachen lohnt sich: Die Gewinnerinnen und Gewinner der ersten drei Plätze erhalten Preisgelder von insgesamt 6.000 Euro. Unter allen Beiträgen werden außerdem zehn Fahrsicherheitstrainings verlost. Eine Jury aus Fachleuten des VDSI und DVR sowie aus Industrie und Medien wird die Gewinnerbeiträge auswählen. Entscheidend sind neben der Schutzwirkung auch Kriterien wie Nachhaltigkeit, Effizienz und Kreativität. Die Siegerinnen und Sieger werden im Rahmen der A+A 2017 in Düsseldorf prämiert. →→info Weitere Informationen zum Wettbewerb gibt es unter www.vdsi-unterwegsaber-sicher.de Hautschutz am Arbeitsplatz Hauterkrankungen gehören zu den häufigsten beruflich bedingten Erkrankungen. Rund ein Drittel aller Berufskrankheit-Verdachtsanzeigen aus den Mitgliedsbetrieben der BG ETEM entfällt auf eine solche Krankheit. Konsequent im Betrieb umgesetzter Hand- und Hautschutz kann helfen, Hauterkrankungen zu vermeiden. Die neue Broschüre „Gesunde Haut am Arbeitsplatz“ informiert u. a. über hautschädigende Einwirkungen, die Gefährdungsbeurteilung, Schutzmaßnahmen und die Hautschutzorganisation im Betrieb. →→info Die Broschüre kann bestellt werden unter www.bgetem.de, Webcode 12201321. Klicken Sie im Medienshop den Bereich „Arbeitsschutz konkret“ an. Bestellnummer: MB 003, Preis: 2,50 Euro für Mitgliedsbetriebe der BG ETEM (andere Besteller zahlen 6 Euro zzgl. Versandkostenpauschale). E-Mail: [email protected], Tel.: 0221 3778-1020 Alltäglicher Arbeitsschutz Die Plakate der BG ETEM kommentieren Szenen aus dem Arbeitsalltag mit auffälligen Wortspielen. Für Mitgliedsbetriebe sind sie kostenlos. →→info www.www.bgetem.de, Webcode 14822765 E-Mail: [email protected] Telefon: 0221 3778-1020 Paralympics Zeitung auch in Rio dabei Vom 7. bis 18. September 2016 – wenige Wochen nach der Olympiade – finden in Rio de Janeiro auch die Paralympischen Spiele statt. Die Paralympics Zeitung ist ebenfalls wieder dabei. Mit einem Redaktionsteam von Nachwuchsjournalisten aus Deutschland, Brasilien und England berichtet die Paralympics Zeitung über die Spiele, die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung und die Bedeutung des Sports in der Rehabilitation – Themen, die auch die gesetzliche Unfallversicherung lebt. Die Paralympics Zeitung erscheint in diesem Jahr mit zwei deutschen Ausgaben in Tagesspiegel, Potsdamer Neueste Nachrichten, ZEIT und Handelsblatt. Erstmals wird sie auch von einem Social-Media-Team begleitet. Auf der Homepage der Paralympics Zeitung werden Tweets, Posts und Videos zum Thema Reha- und Behindertensport gesammelt. Sie geben Einblick in die Arbeit der Redakteurinnen und Redakteure, stellen Sportarten und Athleten vor und sollen die Hintergründe von Behindertensport, Inklusion, Rehabilitation und die Arbeit der gesetzlichen Unfallversicherung in diesem Themenfeld beleuchten. →→info Weitere Informationen unter www.dguv.de/pz Den Film „Gold“ über drei Menschen und ihren Weg zu den Paralympics 2012 finden Sie unter www.dguv.de/gold/index-2.jsp Aufblättern Nachlesen Anwenden etem – das Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung Als E -Pa und P per DF im Ne tz jed verfü erzeit gbar . Fotos: BG ETEM; DGUV; VDSI ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... ......................................................................... etem 04.2016 www.bgetem.de, Webcode 12484059 mensch & arbeit Betriebsärztliche Betreuung von Firmen Gesunde Beschäftigte durch aktive Betriebsärzte Die BG ETEM gibt Hinweise, worauf es beim Gesundheitsschutz im Unternehmen ankommt. D ie Arbeitsmedizin ist eine vorwiegend präventiv ausgerichtete Disziplin der Medizin, die sich mit allen Fragen der Wechselbeziehung zwischen Arbeit, Gesundheit, Krankheit und Arbeitsfähigkeit 8 beschäftigt. Betriebsärzte verfügen über eine arbeitsmedizinische Fachkunde, die im deutschen Arbeitsschutzrecht verankert ist. Zu den grundlegenden rechtlichen Vorgaben gehören vor allem: ▪▪ Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), (ArbSchG), ▪▪ Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung (ArbMedVV), ▪▪ Unfallverhütungsvorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachärzte für Arbeitssicherheit“ (DGUV Vorschrift 2). Zur Konkretisierung der Vorschriften aus der ArbMedVV sind arbeitsmedizinische ▪▪ Arbeitsschutzgesetz etem 04.2016 mensch & arbeit ne gegenüber der Verhältnisprävention nachrangige betriebsärztliche Aufgabe. Der Schwerpunkt betriebsärztlicher Tätigkeit liegt in der Primärprävention vor Ort, wobei sie in ein Gesamtkonzept betrieblicher Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz eingebunden sein sollte: 1. Gefährdungsbeurteilung und STOP-Prinzip Aus den ermittelten Gefährdungen werden geeignete Schutzmaßnahmen in dieser Reihenfolge abgeleitet: ▪▪ S: Substitution, ▪▪ T: Technische Maßnahmen, ▪▪ O: Organisatorische Maßnahmen, ▪▪ P: Persönliche Schutzmaßnahmen. 2. Unterweisung und Arbeitsschutzpläne (z. B. Haut- und Handschutz) 3. Arbeitsmedizinische Vorsorge Gefährdungsbeurteilung Begehung bei den Wuppertaler Stadtwerken: Klaus Ludwig, Teilprojektleiter für Elektrotechnik, Julia Bundemann, Fachkraft für Arbeitssicherheit, und Betriebsarzt David Morgenthaler (v.l.). Regeln (AMR) aufgestellt worden, bei deren Einhaltung eine Vermutungsregel greift. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall davon ausgehen, dass die Anforderungen der ArbMedVV erfüllt sind. Betriebsärztliche Einstellungs- und Eignungsuntersuchungen können im Auftrag des Arbeitgebers stattfinden, wenn es eine entsprechende gesetzliche oder arbeitsvertragsrechtliche Rechtsgrundlage gibt. Bei diesen arbeitsmedizinischen Untersuchungen wird dem Arbeitgeber – anders als bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge – die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Beschäftigten für bestimmte Tätigkeiten grundsätzlich mitgeteilt. Weitere Aufgaben zur betrieblichen Gesundheitsförderung weist den Betriebsärzten das Präventionsgesetz (PrävG) zu, etem 04.2016 das die arbeitsmedizinische Vorsorge mit den primärpräventiven Angeboten der Krankenkassen verknüpft. Verhältnis- oder Verhaltensprävention? Das Ziel des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes liegt vorrangig in der Verhältnisprävention, das heißt: Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren sollen an ihrer Quelle bekämpft werden. Die Verhältnisprävention setzt also an den Arbeitsbedingungen an, nicht an den einzelnen Mitarbeitern. Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen. Informationen zu gesundheitsgerechtem Verhalten oder das Einüben gesundheitsgerechter Verhaltensmaßnahmen gehören zur Verhaltensprävention. Sie ist ei- Bei der betriebsärztlichen Beteiligung an der Gefährdungsbeurteilung steht die Vermittlung von Kenntnissen, z. B. über schädigende Eigenschaften eines Gefahr- bzw. Biostoffes oder über Belastungen durch das Tragen von Persönlicher Schutzausrüstung im Vordergrund. Mögliche Beratungsinhalte sind: ▪▪ Substitutionsprüfung, ▪▪ Krebserzeugende, toxische oder sensibilisierende Eigenschaften von Gefahrstoffen, ▪▪ Aufnahmewege von Gefahrstoffen (z. B. Hautresorption), ▪▪ Infektionswege von Biostoffen (z. B.Tröpfcheninfektion), ▪▪ Physikalische Einwirkungen (z. B. Lärm), ▪▪ Arbeitsumgebungsbedingungen (z. B. Klima, Beleuchtung), ▪▪ Hautbelastung durch Feuchtarbeit (z. B. bei Reinigungsarbeiten, Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen), ▪▪ Einsatz Persönlicher Schutzausrüstung mit Beurteilung von Tragebedingungen und Eignung (z. B. Atemschutz, Schutzhandschuhe, Schutzkleidung), ▪▪ Hautschutzmaßnahmen (z. B. Hautschutzpläne), ▪▪ Organisation spezifischer Erste-Hilfe-Maßnahmen (z. B. Dekontamination), ▪▪ Arbeitsorganisation und Schichtplangestaltung, ▪▪ Arbeitsmedizinische Vorsorge mit Biomonitoring und Impfangebot, ▪▪ Betriebliche Integration besonderer 9 mensch & arbeit Personengruppen (z. B. chronisch kranke oder leistungsgewandelte Beschäftigte), ▪▪ Arbeitsphysiologische, arbeitswissenschaftliche und arbeitspsychologische Aspekte bei einzelnen Tätigkeiten. Eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung kann z. B. im Rahmen der Unterweisung stattfinden. In diesem Fall werden mögliche gesundheitliche Folgen der gefährdenden Tätigkeit, deren Vermeidung, Maßnahmen der Ersten Hilfe sowie Informationen über arbeitsmedizinische Vorsorge in verständlicher Beschreibung dargestellt. Die allgemeine arbeitsmedizinische Beratung läuft in der Regel in einer Gruppe ab und ist von der individuellen Beratung zu unterscheiden, die Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist. Zu einer allgemeinen arbeitsmedizinisch-toxikologischen Beratung bei Gefahrstoffen kann z. B. gehören: ▪▪ Informationen über Aufnahmewege des Gefahrstoffs, ▪▪ Informationen über Wirkungen, Kombinationswirkungen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten, ▪▪ medizinische Faktoren, die zu einer Erhöhung der Gefährdung führen können (z. B. Vorerkrankungen), ▪▪ Symptome und Krankheitsbilder durch Gefahrstoffexposition mit Beschreibung des Wirkortes (lokal, organbezogen, systemisch), ▪▪ zeitliche Zusammenhänge zwischen Beschwerden und ausgeübter Tätigkeit, ▪▪ medizinische Aspekte des Gebrauchs von Persönlicher Schutzausrüstung (z. B. Schutzhandschuhe, Schutzkleidung und Atemschutz) wie Handhabung, maximale Tragzeiten, Wechselturnus und mögliche Belastungen. schäftigte sie ab, kann sich die arbeitsmedizinische Vorsorge auf ein Beratungsgespräch beschränken. Liegt ein Anlass zur Pflichtvorsorge vor, darf der Arbeitgeber die Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn die betroffenen Arbeitnehmer zuvor an der Pflichtvorsorge teilgenommen haben. Die Pflichtvorsorge muss der Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeit und danach in regelmäßigen Abständen veranlassen. Eine Angebotsvorsorge muss der Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeit und danach in regelmäßigen Abständen anbieten. In Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung können mehrere Vorsorgeanlässe für Pflicht- und/oder Angebotsvorsorge in einem Vorsorgetermin kombiniert werden. Bei Anlässen für eine nachgehende Vorsorge muss der Arbeitgeber sie nach Beendigung der Tätigkeit in regelmäßigen Abständen anbieten. Sofern die Beschäftigten eingewilligt haben, überträgt der Arbeitgeber am Ende des Beschäftigungsverhältnisses seine Verpflichtung zum Angebot der nachgehenden Vorsorge an die zentralen Dienstleistungseinrichtungen der Unfallversicherungsträger (je nach Exposition Gesundheitsvorsorge – GVS oder Organisationsdienst für nachgehende Untersuchungen – ODIN). Eine Wunschvorsorge muss der Arbeitgeber den Beschäftigten ermöglichen, wenn sie unter Gesundheitsbeschwerden leiden und ein Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der ausgeübten Tätigkeit möglich ist. Die Initiative geht hier von den Beschäftigten aus. Schafft der Arbeitgeber in seinem Betrieb die Möglichkeit einer betriebsärztlichen Sprechstunde, ist dies aus arbeitsmedizinischer Sicht die beste Art und Weise, Wunschvorsorge zu ermöglichen. Arbeitsmedizinische Vorsorge Rahmenbedingungen Arbeitsmedizinische Vorsorge ergänzt die technischen und organisatorischen Arbeitsschutzmaßnahmen. Anlässe zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sind in der ArbMedVV, den AMR und dem ArbSchG beschrieben. Im Vordergrund steht die Aufklärung und Beratung der Beschäftigten zu ihrer Tätigkeit und den damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen. Sind körperliche oder klinische Untersuchungen aus ärztlicher Sicht für die Aufklärung und Beratung nicht erforderlich oder lehnen Be- Neben rechtlichen Vorgaben wird die Ausgestaltung der betriebsärztlichen Betreuung maßgeblich von unterschiedlichen Rahmenbedingungen beeinflusst: Unterweisung 10 Betriebliche Strukturmerkmale Ca. 72 Prozent der beitragspflichtigen Mitgliedsbetriebe der BG ETEM sind Kleinstunternehmen (Betriebsgröße bis zu zehn Beschäftigte). In einer DGUV-Befragung (siehe „info“) gaben die Arbeitgeber solcher Betriebe an, dass ihre Betriebsärzte hauptsächlich mit der Durchführung ar- Julia Bundemann und David Morgenthaler prüfen den Führerstand einer Schwebebahn. beitsmedizinischer Untersuchungen und der Organisation der Ersten Hilfe beschäftigt waren (ca. 93 Prozent). In über 70 Prozent der Betriebe sei nicht zur Gestaltung der Arbeitszeit und eines Arbeitsplatzwechsels bzw. zur Wiedereingliederung leistungsgewandelter Mitarbeiter beraten worden. Etwa 83 Prozent der befragten Arbeitgeber hielten eine regelmäßige Begehung der Arbeitsstätten für nützlich bis sehr nützlich, ergab die Befragung. Tatsächlich stattfinden würden alleinige Begehungen von Betriebsärzten aber nur in ca. neun Prozent der Betriebe, gemeinsam mit den Fachkräften für Arbeitssicherheit in ca. 17 Prozent. Betriebsärztliches Rollenverständnis In einer Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zum betriebsärztlichen Tätigkeitsspektrum und Rollenverständnis zeigte ein Drittel der Befragten ein aktives Rollenverständnis mit dem Ziel, in betriebliche Entscheidungsprozesse eingebunden zu werden. Zudem äußerten diese Befragungsteilnehmer den Wunsch, dass betriebsärztliche Vorschläge kontinuierlich umgesetzt und auf Erfolge hin überprüft werden (siehe „Info“). Als ein Indikator für das eigene Rollenverständnis stellte sich heraus, ob Betriebsärzte arbeitsmedizinische Untersuchungen als hauptsächliche Erkenntnisquelle für ihre Tätigkeit betrachteten. etem 04.2016 mensch & arbeit Auch die ergonomische Qualität des Fahrerstuhls gehört zum Begehungsprogramm. Fotos: Tilman Lothspeich Ergebnis: Die Bedeutung dieser Untersuchungen wurde vor allem von jüngeren Betriebsärzten in Großbetrieben als weniger wichtig eingeschätzt. Dagegen wurde sie vor allem von niedergelassenen Ärzten mit nebenberuflicher betriebsärztlicher Tätigkeit betont. Zwischen dem betriebsärztlichen Rollenverständnis und dem tatsächlichen Handeln konnte so ein Zusammenhang nachgewiesen werden. Als Richtwert für arbeitsmedizinische Untersuchungen nennt die Ärztekammer Nordrhein in ihrer Rahmenempfehlung einen Zeitanteil von 30 Prozent. In der BAuA-Untersuchung lagen 75 Prozent der Befragten meist deutlich über diesem Wert. Ein reaktives Rollenverständnis des Betriebsarztes mit einem hohen Untersuchungsanteil war insbesondere in der Betreuung von Kleinstbetrieben anzutreffen. Wenn arbeitsmedizinische Untersuchungen den Hauptanteil ihrer Tätigkeit ausmachen, bleiben für Betriebsärzte also offenbar kaum Möglichkeiten, auf Arbeitsbedingungen Einfluss zu nehmen. Betriebsärztliche Organisationsform Die betriebsärztliche Betreuung wird in Deutschland in verschiedenen Organisationsformen angeboten: ▪▪ Betriebsärztlicher Dienst im Betrieb mit hauptberuflich angestellten Betriebsärzten, ▪▪ überbetriebliche arbeitsmedizinische Dienste mit unterschiedlichen Trägeretem 04.2016 schaften und Organisationsformen, freier Praxis oder Praxisgemeinschaft niedergelassene Arbeitsmediziner, ▪▪ nebenberuflich tätige Betriebsärzte. ▪▪ in Sowohl zwischen verschiedenen Organisationsformen als auch zwischen einzelnen Dienstleistern können Qualitätsunterschiede in der betriebsärztlichen Betreuung bestehen. Folgende Qualitätsaspekte können wichtig sein: ▪▪ betriebsärztliche Performance (z. B. Fachwissen, didaktische Kompetenz), ▪▪ betriebsärztliche Präsenz (kontinuierlich – nur zu bestimmten Zeitpunkten), ▪▪ räumliche Nähe eines arbeitsmedizinischen Dienstleisters, ▪▪ Terminnähe der angefragten arbeitsmedizinischen Leistung, ▪▪ Preis-Leistungs-Verhältnis. Qualitätsrelevante Aspekte der betriebsärztlichen Betreuung können durch ein Qualitätssicherungssystem geprüft werden, wie es z. B. der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) anbietet. Zu wenige Betriebsärzte? Eine Analyse der Bundesärztekammer im Jahr 2013 ergab, dass ca. 58 Prozent der Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde bereits 60 Jahre alt oder älter sind und dem Arbeitsmarkt deshalb mittelfristig nicht mehr zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wird in einigen Regionen Deutschlands bei der erfolglosen Suche nach ei- nem Betriebsarzt eine betriebsärztliche Betreuungslücke wahrgenommen. Vor diesem Hintergrund gab die BAuA eine Untersuchung zum arbeitsmedizinischen Betreuungsbedarf in Deutschland in Auftrag. Darin wurden die Nachfrage (Bedarf ) und das Angebot (Kapazität) arbeitsmedizinischer Betreuung bis 2021 prognostiziert. Die wahrgenommene betriebsärztliche Betreuungslücke wurde in dieser Studie bestätigt (siehe „info“). Um diese Lücke mittel- bis langfristig zu schließen, sind ▪▪ konzertierte Anstrengungen der auf diesem Feld tätigen Akteure erforderlich, um den benötigten Nachwuchs zu sichern, und ▪▪ neue Wege notwendig, um kooperativ Leistungen zu erbringen. Kurzfristige Lösungsvorschläge, um die genannte Lücke zu überbrücken, zielen darauf ab, verfügbare Ressourcen im Arbeits- und Gesundheitsschutz mit konsequent abgestimmtem Handeln ihrer Akteure zu bündeln – vor allem zwischen Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten. Darüber hinaus sollte sich die betriebsärztliche Tätigkeit auf die arbeitsmedizinischen Kernkompetenzen konzentrieren und die Möglichkeit nutzen, bestimmte Aufgaben an die arbeitsmedizinische Assistenz zu delegieren. Die Konzentration auf arbeitsmedizinische Kernkompetenzen eröffnet gleich zeitig auch Kooperationschancen mit anderen Präventionsakteuren, die über komplementäre Kompetenzen verfügen, etwa Arbeits- und Organisationspsychologen, Arbeitswissenschaftler, Ernährungswissenschaftler oder Arbeitshygieniker. Dr. Monica Meyn →→info Weitere Informationen ▪▪ zur DGUV-Befragung von Kleinstbetriebe-Arbeitgebern: www.dguv.de/ medien/iag/forschung/dokumente/ qdp/qdp_abschluss/qdp_ab09.pdf ▪▪ zur BAuA-Untersuchung zum betriebsärztlichen Tätigkeitsspektrum: www.baua.de/de/Publikationen/ Forschungsberichte/2003/Forschungsberichte.html ▪▪ zur BAuA-Studie zum arbeitsmedizinischen Betreuungsbedarf: www.baua.de/de/Publikationen/ Fachbeitraege/F2326.html 11 mensch & arbeit Arbeit der Zukunft Prävention 4.0 Die digitale Revolution verändert die Arbeitswelt – mit Folgen für den Arbeitsschutz und die Verantwortung der Betriebe. 7 Thesen für die Prävention von morgen. D ie vierte industrielle Revolution ist in vollem Gang. Ihr Kern: die digitale Transformation. Sie beeinflusst nicht nur die Kommunikation, sondern verändert ganze Produktionsprozesse von Grund auf. Zusammen mit der zunehmenden Globalisierung, dem demografischen Wandel und einem stetig steigenden Wettbewerbsdruck hat dies massive Auswirkungen auf Betriebe und Beschäftigte. Mehr Flexibilität, höhere Effizienz und eine permanente Innovationsbereitschaft sind gefordert. Dazu kommt: Der demografische Wandel führt zu einem wach- senden Nachwuchsmangel und lässt die Belegschaften stetig altern. Wollen Unternehmen unter diesen Bedingungen auch künftig erfolgreich sein, rückt der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit gerade der älteren, erfahrenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für sie zunehmend in den Mittelpunkt. Das Thema Prävention bekommt so einen ganz neuen Stellenwert. Gleichzeitig verändert die Digitalisierung auch die Bedingungen für die Prävention und schafft neue Möglichkeiten sowie neue Präventionsmodelle. by NouMuh n ama Proj ectd Crea from ted the Ulum Der Mensch wird Teil eines integriert gesteuerten Systems Mensch und Maschinen rücken bei der Arbeit enger zusammen. Digitale Steuerungssysteme übernehmen nicht nur Produktionsaufgaben, sondern treffen auch Entscheidungen. Dadurch verändern sich die Aufgaben des Menschen – weg vom ausführenden Produzenten, hin zum überwachenden Beobachter, der ganze Prozesse überblicken muss. 1. Die Digitalisierung ermöglicht die menschengerechte Gestaltung von Arbeit Digitalisierung ist nicht nur Bedrohung. Werden die richtigen Entscheidungen getroffen, kann sie dem Menschen die Arbeit durchaus erleichtern. Die Entlastung von körperlich anstrengenden Arbeiten oder gleichförmigen Routinejobs, ferngesteuerte Prozesse bei gefährlichen Umgebungen oder die Möglichkeiten selbstbestimmten Arbeitens sind Beispiele dafür. 4. Arbeitsprozesse und Arbeitszeiten hängen nicht länger zusammen Durch die Digitalisierung verlieren Raum und Zeit an Bedeutung. Arbeitsprozesse lassen sich dank mobiler Endgeräte von jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit steuern. Das birgt Chancen und Risiken: Wer flexibler ist, hat vielleicht mehr Zeit für Familie und Hobbys. Gleichzeitig besteht die Gefahr der permanenten Selbstausbeutung, wenn die Grenzen zwischen Privat- und Arbeitsleben verschwimmen. 2. Die Digitalisierung schafft den gläsernen Mitarbeiter Der Computer lügt nicht. Kennzahlengestützte Kontrollund Anreizsysteme registrieren die individuelle Leistung jedes Beschäftigten. Was für den einen die positive Bestätigung seiner Leistungsfähigkeit bedeutet, kann den anderen unter Umständen so unter Druck setzen, dass seine Leistung sogar leidet. Dem gilt es gegenzusteuern, um Konflikte und Konkurrenzverhalten zu vermeiden, die letztlich dem Unternehmen schaden könnten. 3. 12 etem 04.2016 mensch & arbeit 3 Fragen an… Handy und Tablet werden zum Gegenstand der Prävention Eine moderne Prävention muss sich damit auseinandersetzen, wie das flexible Arbeiten über mobile Endgeräte sicher und gesund gestaltet werden kann. Sie unterstützt die Unternehmerinnen und Unternehmer dabei, ihrer Verantwortung für den Arbeitsschutz auch bei mobil arbeitenden Beschäftigten nachzukommen. Dazu gehört zum Beispiel, dass gesundheitsgerechte Regeln zur Nutzung mobiler Endgeräte formuliert werden. 6. Beschäftigte müssen sich um sich selbst kümmern können Die Selbstfürsorge der Beschäftigten spielt eine zunehmende Rolle. Doch dazu müssen die vom Betrieb gesetzten Rahmenbedingungen stimmen. Gesundheit darf nicht hinter Leistungsindikatoren zurückstehen. Unternehmer und Führungskräfte tragen die Verantwortung und müssen Beschäftigte dabei unterstützen, selbstfürsorgliche Kompetenzen aufzubauen. 7. Fotos/Illustration: The Noun Project, Muhamad Ulum; Getty Images, Peter Cade Die digitale Transformation verändert die Arbeitswelt und die Anforderungen an den Arbeitsschutz. Prävention beginnt bei der Planung Komplexere Produktionsprozesse stellen neue Anforderungen an die Prävention. Arbeitsschutz muss Teil der Planung und Entwicklung werden und in Form einer ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung zahlreiche Aspekte und ihre Wechselwirkungen berücksichtigen. Unternehmen können die Gefährdungsbeurteilung als ein Instrument nutzen, um ihre Prozesse ständig zu verbessern und flexibel anzupassen. 5. etem 04.2016 →→info Ausführliche Informationen bietet die Broschüre: „Neue Formen der Arbeit. Neue Formen der Prävention“ der DGUV. Kostenloser Download: http://publikationen.dguv.de, Bitte den Titel in die Suchmaske eingeben. Dr. Just Mields Dr. Just Mields ist Arbeitspsychologe bei der BG ETEM Stellt die Digitalisierung auch den Arbeitsschutz auf den Kopf? Schon seit Langem werden im Arbeitsschutz Risiken nicht monokausal, sondern systemisch hergeleitet. Das heißt, das Ineinandergreifen aller relevanten Systemelemente wird betrachtet. Technische und arbeitsorganisatorische Entwicklungen geben sich Impulse und sorgen für eine gegenseitige Beschleunigung. Die Gefährdungsbeurteilung bleibt im Zentrum des betrieblichen Arbeitsschutzes. Aber sie muss zunehmend prospektiv angelegt werden. In Zukunft muss schon bei der Planung und Entwicklung von Maschinen und vernetzten Anlagen durch Entwicklungsabteilungen, Netzwerkgestalter und Produktionsplaner auf sicherheits- und gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen geachtet werden. Eine weitere Herausforderung wird es sein, für die mobilen, zunehmend eigenverantwortlichen Erwerbstätigen strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, die Sicherheit und Gesundheit fördern. Wie können Unternehmer ihre Verantwortung wahrnehmen? Insbesondere wenn beständig technologisch Neuland betreten wird, sind sie gut beraten, eine Arbeitsschutzorganisation aufzubauen, die Schritt hält. Sie sollte flexibel und vernetzt die Integration des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in alle Aufgaben und Funktionen vorantreiben. Wir glauben, dass eine gut etablierte Kultur der Prävention dabei hilft. Wie hilft die BG ETEM dabei? Durch das Bereitstellen aktueller zielgruppenorientierter Informationsmedien, die Qualifikation der Arbeitsschutzakteure und selbstverständlich die Beratung und Überwachung vor Ort. Wir unterstützen damit die Fähigkeit und den Willen zur Bildung einer guten Kultur der Prävention 13 mensch & arbeit Neue Online-Plattform Anklicken und auswerten Gemeinsam zu gesunden Arbeitsbedingungen. So können Sie die psychische Belastung online erfassen. S tändige Erreichbarkeit, Arbeitsverdichtung, Restrukturierung, Arbeitsplatzunsicherheit – Begriffe, die in der Diskussion um die aktuelle Arbeitswelt immer wieder genannt werden. Befragt man Beschäftigte nach ihren Belastungen, stehen Arbeits- und Zeitdruck an erster Stelle. Als Folgen werden Schlaflosigkeit, Stress, häufige Fehler und Burn-out genannt. Fast jeder kennt eine Person in seinem persönlichen Umfeld, die davon betroffen ist. Macht Arbeit also krank? Nicht wenn sie gut gestaltet ist. Im Gegenteil: Die hohe Korrelation zwischen Arbeitslosigkeit und chronischen Erkrankungen weist auf die Gesundheitsförderlichkeit von Arbeit hin. Es gibt jedoch Arbeitsumstände, die einen negativen Einfluss auf die Gesundheit haben können: hohe Arbeitsintensität, wenig Handlungsspielraum, ungünstig gestaltete Arbeitszeiten, Arbeitsplatzunsicherheit, soziale Konflikte etc. 1. Vorbereitung und Planung Gemeinsam planen die Mitglieder der Steuerungsgruppe das Vorgehen. Beschäftigte befragen 3. Online-Befragung Die Beschäftigten bewerten am Computer, Handy oder Tablet ihre Arbeitsbedingungen. Für viele Unternehmen also Grund genug, aktiv zu werden und das Thema psychische Belastung in der Gefährdungsbeurteilung aufzugreifen. Doch da stellen sich einige Fragen: ▪▪ Wie erhebt man die psychische Belastung? ▪▪ Bietet sich eine Befragung per Fragebogen an? ▪▪ Wie werden Anonymität und Datenschutz sichergestellt? ▪▪ Wie kommt man von den Befragungsergebnissen zu sinnvollen Maßnahmen? Für viele Betriebe ist eine Mitarbeiterbefragung zur Analyse der psychischen Belastung das Mittel der Wahl. Gerade für größere Betriebe ab ca. 50 Beschäftigten ist dies ein Verfahren, um zeitnah und effizient einen ersten Überblick über die Belastungssituation zu gewinnen. Allerdings stellen sich bei der Umsetzung auch Fragen. Hier setzt die neueste Entwicklung aus dem BG ETEM-Programm: 14 2. Information und Kommunikation Wer die Beschäftigten von Anfang an mitnimmt, schafft eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg. 4. Lösungsworkshop Nach der automatischen Auswertung erarbeiten die Beschäftigten in Lösungsworkshops Verbesserungsmöglichkeiten. etem 04.2016 mensch & arbeit Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung können schnell und einfach ausgewertet werden. 5. Maßnahmenumsetzung Die Steuerungsgruppe oder die Betriebsleitung entscheidet, welche Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt realisiert werden. Fotos: BG ETEM; Fotolia, pannawat; Illustrationen: R. Schöning 6. Wirksamkeitskontrolle Nach einiger Zeit wird kontrolliert, ob die Maßnahmen auch Erfolg haben. „Gemeinsam zu gesunden Arbeitsbedingungen“ an. Mithilfe einer Online-Plattform wird der Betrieb in die Lage versetzt, eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung selbstständig und ohne viel Aufwand durchzuführen. Das Programm führt in sieben Schritten durch den Prozess. 1. Vorbereitung und Planung 2. Information und Kommunikation 3. Online-Befragung 4. Lösungsworkshop 5. Maßnahmenumsetzung 6. Wirksamkeitskontrolle 7. Dokumentation Die Online-Befragung ist das Herzstück der Online-Plattform. Sie ermöglicht eine tätigkeits- oder bereichsbezogene Befragung und Auswertung. Mit dem Kurzfragebogen zur Arbeitsanalyse (KFZA) wird ein wissenschaftlich fundierter, branchenunabhängig anwendbarer Fragebogen eingesetzt. Er umfasst 26 Fragen und kann von den Beschäftigten am Computer, dem Smartphone oder Tablet in etwa 10 Minuten bearbeitet werden. Die Befragungsergebnisse stehen als Auswertungsstern grafisch dargestellt per „Knopfdruck“ zur Verfügung. Mit einem ausführlich beschriebenen Moderationsverfahren, dem „Lösungsworkshop“, kann bei Bedarf die Belastungssituation tiefergehend analysiert werden. Am Ende stehen praxisgerechte Maßnahmen, die von den Beschäftigten mitgetragen werden. Dr. Just Mields/Thomas Neymanns 7. Dokumentation Die Dokumentation beweist: Der Betrieb tut alles für den Arbeits- und Gesundheitsschutz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. etem 04.2016 →→info ▪▪ www.bgetem.de, Webcode 15176025 Hier ist neben der Online-Plattform auch das Video „Gemeinsam zu gesunden Arbeitsbedingungen“ zu finden 15 mensch & arbeit Neue TRGS 727 Risikofaktor Zündquellen Die neue TRGS 727 hilft in explosionsgefährdeten Bereichen, mögliche Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladung zu beurteilen und geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen. m April 2016 wurde die neue TRGS 727 „Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen“ veröffentlicht. Sie ersetzt die bisherige TRBS 2153 und schreibt diese fort. Die technische Regel gilt für die Beurteilung und die Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen in explosionsgefährdeten Bereichen und für die Auswahl und Durchführung von Schutzmaßnahmen zum Vermeiden dieser Gefahren. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für explosionsgefährdete Bereiche sind im Explosionsschutzdokument mögliche Zündquellen zu identifizieren und Maßnahmen gegen das Wirksamwerden dieser Zündquellen zu treffen. Statische Elektrizität stellt in der Praxis eine wichtige Zündquelle dar. Diese Gefahr ist nicht immer sofort bzw. leicht erkennbar. Deshalb bietet die TRGS eine praxisorientierte Hilfe für eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung. Was sind die wesentlichen Neuerungen in der TRGS 727? ▪▪ Aufgrund von aktuellen Forschungsergebnissen wurden die bisherigen Anforderungen an die pneumatische Förderung von Schüttgütern angepasst. ▪▪ Eine Harmonisierung von Grenzwerten mit aktuellen internationalen Normen (insbes. IEC 60079-32-1: 2013) wurde vorgenommen. ▪▪ Eine Anpassung an den Stand der Technik war erforderlich z. B. durch die 16 Möglichkeit zur Durchführung von Modellrechnungen zur Beurteilung der Zündgefahr von Schüttgütern. ▪▪ Neue Entwicklungen aus der betrieblichen Praxis, wie z. B. der Einsatz von Biokraftstoffen oder die neue Einteilung von Schlauchtypen für den Flüssigkeitstransport wurden berücksichtigt. ▪▪ Neue Abschnitte zum Einsatz von Rohren und Schläuchen bei Schüttgütern und zu Filterelementen in Staubabscheidern sowie der Anhang „Rohre und Schläuche für den pneumatischen Transport von Schüttgütern“ wurden ergänzt. Was sind wichtige Inhalte der TRGS 727? Die TRGS 727 beruht auf der ehemaligen BGR 132, die der Ausschuss für Gefahrstoffe in Anwendung des Kooperationsmodells als TRGS in das Regelwerk übernommen hat. Die Gliederung und die Inhalte orientieren sich weitgehend an Fragestellungen aus der betrieblichen Praxis: ▪▪ Elektrostatische Aufladungen von Gegenständen und Einrichtungen ▪▪ Elektrostatische Aufladungen beim Umgang mit Flüssigkeiten ▪▪ Elektrostatische Aufladungen beim Umgang mit Gasen ▪▪ Elektrostatische Aufladungen beim Umgang mit Schüttgütern ▪▪ Elektrostatische Aufladungen von Personen und Persönlichen Schutzausrüstungen ▪▪ Erdung und Potenzialausgleich Welche Beispiele aus der betrieblichen Praxis werden in der TRGS 727 ausführlich behandelt? Einige bei Anwenderbetrieben von Chemikalien bzw. Klein- und Mittelbetrieben häufig auftretende Fragestellungen werden in der TRGS beispielhaft erläutert: ▪▪ Das Beschichten und Bedrucken isolierender Folien ▪▪ Das Befüllen mittelgroßer Behälter (z. B. Reaktionsbehälter über 1 m³) ▪▪ Das Befüllen von Fässern in Zone 1 ▪▪ Das Befüllen von kleinen Kunststoffkanistern in Zone 1 ▪▪ Abluftsysteme in Bereichen der Zone 1 ▪▪ Das Befüllen isolierender Kunststoffsäcke mit Schüttgut in Zone 21 oder 22 Da in einer TRGS aus formalen Gründen nicht alle in der Praxis häufig auftretenden Fragestellungen umfassend erläutert werden können, wird derzeit als Ergänzung zur TRGS eine überarbeitete und erweiterte Fassung des FAQ-Merkblatts T 051 „Elektrostatik – Antworten auf häufig gestellte Fragen“ von den Experten des Themenfelds „Elektrostatik“ des Sachgebiets „Explosionsschutz“ der DGUV erarbeitet. Dr. Lothar Neumeister →→info Die aktuelle Fassung der TRGS 727 kann hier heruntergeladen werden: ▪▪ www.bgrci.de/de/exinfode/dokumente/ nationale-regelungen/trgs/ (Explosionsschutzportal der BG RCI „Exinfo“) ▪▪ www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/ Gefahrstoffe/TRGS/TRGS-727.html etem 04.2016 Illustration: Fotolia, bilderzwerg I mensch & arbeit Sicherheitspartner helfen in Sachen Arbeitsschutz. Modell der Sicherheitspartner Arbeitsschutz von Anfang an Dass Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zentral sind, lässt sich nicht früh genug vermitteln. Das Uniper Ausbildungszentrum Gelsenkirchen setzt dazu auf Sicherheitspartner – mit großem Erfolg. Foto: Uniper Kraftwerke GmbH Z ehn Jahre unfallfrei mit jungen Menschen zu arbeiten bedeutet, über 600 Auszubildende, Praktikanten und Schüler sicher und gesund durch die Ausbildung geführt zu haben. Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann – gerade auch weil die jugendlichen Berufsanfänger mit ihrer Unerfahrenheit einem besonderen Unfallrisiko ausgesetzt sind. Das Uniper Ausbildungszentrum Gelsenkirchen hat genau das erreicht und der BG ETEM seit 17. Oktober 2005 keinen meldepflichtigen Unfall mehr anzeigen müssen. Ein Erfolg, der sich nicht zuletzt auf das 2005 eingeführte Arbeitsschutz-Management-System (AMS) der BG ETEM stützt. „Arbeitsschutz in der Ausbildung zu erlernen ist umso wichtiger, als dass junge Berufsanfänger zu Multiplikatoren in dieser Disziplin werden können. Sie dienen später in den Betrieben als Vorbilder und geben ihr Wissen an andere weiter“, erklärt Hans-Peter Reisen, AMS-Beauftragter im Ausbildungszentrum. Eine Besonderetem 04.2016 heit bei Uniper ist, dass der Betrieb die Funktion der Sicherheitspartner (SiPa) eingeführt hat. Erfahrungen im Arbeitsschutz „Damit erfüllen wir die Vorgabe der DGUV Vorschrift 1, Sicherheitsbeauftragte in ausreichender Zahl zu bestellen. Der Sicherheitspartner ist der Sicherheitsbeauftragte auf Ebene der Auszubildenden. Dort nimmt er die gleiche Funktion ein wie der Sicherheitsbeauftragte unter den übrigen Kollegen“, erläutert Frank Bodmer, Leiter der Ausbildungsabteilung. „SiPa zu sein verlangt die Bereitschaft, zusätzliche Aufgaben wahrzunehmen, etwa die Teilnahme an Sicherheitsbegehungen und Arbeitsschutzausschuss-Sitzungen. Wir betreuen unsere SiPas auch mit komplexeren Aufgaben, wie Fluchtwege-Pläne zu überarbeiten und neu zu erstellen oder an der AMS-Umsetzung mitzuarbeiten. Nebenbei machen die jungen Leute erste Erfahrungen in projektorientiertem Arbeiten.“ Auch Fürsorge und Mitarbeiterverantwortung spielen bei Uniper eine entscheidende Rolle. „Wir fordern viel von unseren Auszubildenden“, so Dirk Lewald, Leiter der Ausbildung Elektrotechnik, „dazu müssen wir einen Ausgleich schaffen. Daher gewähren wir in der Ausbildung größtmögliche Selbstbestimmung und viel Freiheit. Wir versuchen, individuell auf jeden Einzelnen einzugehen und frühzeitig zu erkennen, wo Schwierigkeiten entstehen könnten. Wir Ausbilder stehen als Gesprächspartner für berufliche wie private Problemlagen zur Verfügung. Fordern und Fördern einerseits, Begleiten und Betreuen andererseits.“ Schließlich sind Uniper-Absolventen in der Region und darüber hinaus sehr gefragt – auch wegen ihrer guten Kenntnisse im Arbeitsschutz. Für das Uniper Ausbildungszentrum gewinnt dieser vorbildliche Arbeits- und Gesundheitsschutz zusätzlich Bedeutung im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter und Auszubildende. „Unsere hohe Sicherheitskultur findet auch bei unseren Kooperationspartnern in der Ausbildung hohe Anerkennung“, weiß Bodmer. So hat die BG ETEM im Rahmen eines Audits besonders das Sicherheitsbewusstsein der Auszubildenden bei Uniper explizit gelobt. Bernhard Beckmann 17 betrieb & praxis Anforderungen an in Betrieb befindliche Arbeitsmittel Umrüsten oder weiter so? Die Anforderungen an Arbeitsmittel unterscheiden sich vor allem nach ihrer Art und dem Zeitpunkt, ab dem sie erstmals zum Einsatz kamen. Zwar müssen ältere Arbeitsmittel nicht die gleichen Anforderungen erfüllen wie neue. Dennoch gibt es für sie keinen generellen Bestandsschutz. M aschinen, Anlagen, Geräte und Werkzeuge: Jedes Unternehmen verfügt über eine größere Menge dieser Arbeitsmittel, die z. B. bei produzierenden Unternehmen zur Herstellung vielfältiger Produkte zum Einsatz kommen. Mit der Novellierung der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) wurde jedoch u. a. durch Veröffentlichungen der Eindruck erweckt, produktspezifische Anforderungen der Verordnung würden unabhängig vom Alter des jeweiligen Arbeitsmittels gelten. Deshalb müssten alle Arbeitsmittel einem einheitlichen Ausrüstungskatalog entsprechen sowie in direkt vergleichbarer Art und Weise betrieben werden. Um welches Arbeitsmittel handelt es sich? Mit der Frage nach der Art des Ar- beitsmittels lässt sich präzise eingrenzen, welche Rechtsvorschriften ggf. für Bauund Ausrüstungsanforderungen einzelner Produkte herangezogen werden müssen. Als Grundlage des Bereitstellens, Ausstellens und erstmaligen Verwendens beliebiger Produkte ist das Produktsicherheitsgesetz zu beachten. Dagegen gelten für einzelne Arten von Arbeitsmitteln diverse zugehörige Verordnungen. Sind z. B. Maschinen zu bewerten, so greifen die Anforderungen der Maschinenverordnung; für Druckbehälter gilt die Druckgeräteverordnung. Systematik der Anforderungen Dieser Beitrag stellt die Systematik der Anforderungen an Arbeitsmittel am Bei- spiel von Maschinen dar. Die Basis aller Anforderungen an Maschinen bildet die Maschinenrichtlinie, die inhaltsgleiche Anforderungen an die Beschaffenheit von Maschinen in der gesamten Europäischen Union (EU) gewährleistet. Sie bietet damit eine einheitliche Rechtsgrundlage für den Kauf und Verkauf von Maschinen in den Mitgliedsstaaten. Ihre Rechtsverbindlichkeit erhält die Richtlinie in Deutschland durch die Maschinenverordnung auf Grundlage des Produktsicherheitsgesetzes (siehe Abb 1). Die Anforderungen an aktuell bereitgestellte Maschinen sind eindeutig: Generell sind die Vorgaben der Maschinenrichtlinie zu berücksichtigen. Bei der Vielzahl aller Arbeitsmittel in Unternehmen Abb. 1: Voraussetzungen der Maschinenrichtlinie für das Bereitstellen und erstmalige Verwenden von Maschinen. 18 etem 04.2016 betrieb & praxis Abb. 2: Anforderungen an Maschinen können in Abhängigkeit von Baujahr und Zustand variieren. handelt es sich jedoch nicht um aktuelle Produkte – zahlreiche Maschinen oder Anlagen werden vielmehr bereits seit Jahren betrieben. Somit stellt sich die Frage: Welche Rechtsvorschriften sind zur Beurteilung „älterer Arbeitsmittel“ heranzuziehen. Ist ein unveränderter weiterer Betrieb zulässig oder sind Anpassungsmaßnahmen erforderlich? Ein erster Überblick wird in Abb. 2 geboten, in der die Anforderungen an Maschinen nach unterschiedlichem Produktalter und möglichen Umbaumaßnahmen betrachtet werden für: ▪▪ neue Maschinen ▪▪ wesentlich veränderte Maschinen ▪▪ Eigenbaumaschinen ▪▪ umgebaute Maschinen ▪▪ bereits zur Verfügung gestellte Maschinen. Für neue, wesentlich veränderte sowie Eigenbaumaschinen gelten die Anforderungen der aktuellen Maschinenrichtlinie. Harmonisierte Normen sollten ebenfalls in der jeweils aktuellen Fassung berücksichtigt werden. Für bereits in Betrieb befindliche Maschinen gelten zunächst die Anforderungen der Maschinenrichtlinie in der zum jeweiligen Baujahr der Maschine geltenden Fassung. Ungeachtet grundlegender Bau-/Ausrüstungsanforderungen fordert die Beetem 04.2016 triebssicherheitsverordnung von Arbeitgebern, erforderliche Schutzmaßnahmen für Arbeitsmittel als Ergebnis ihrer Gefährdungsbeurteilungen festzulegen (siehe Abb. 3). Es reicht keineswegs, den ordnungsgemäßen Zustand einer Maschine mit ihrer Übereinstimmung mit baujahrspezifischen Vorschriften zu begründen. Stand der Technik Die durch die Gefährdungsbeurteilung ermittelten technischen Schutzmaßnahmen und Verwendungsbedingungen müssen im nächsten Schritt entsprechend dem Stand der Technik umgesetzt werden. Führt dies zu keiner oder nur zu einer unzureichenden Vermeidung bestehender Gefährdungen, muss der Arbeitgeber ergänzende organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen festlegen. Häufig entsprechen die Schutzmaßnahmen in Betrieb befindlicher Maschinen nicht dem Stand der Technik, da zum Zeitpunkt des erstmaligen Bereitstellens abweichende Anforderungen im Regelwerk verankert waren. Zwangsläufig stellt sich die Frage, in welchem Umfang Nachrüstungen bestehender betrieblicher Einrichtungen erforderlich sind oder unter welchen Umständen der unveränderte Weiterbetrieb vertretbar erscheint. Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen sind die Forderungen der Betriebssicherheitsverordnung sowie die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) zu beachten. Arbeitgeber erfüllen mit der Einhaltung der TRBS die entsprechenden Anforderungen. Gleichzeitig ist eine Abweichung der betrieblichen sicherheits- und verhaltenstechnischen Maßnahmen von den speziellen TRBS-Lösungen gestattet, sofern mit vergleichbaren Maßnahmen der Schutz der Beschäftigten gewährleistet ist. Mögliche Anpassung Ungeachtet dieses Freiraums für bereits in Betrieb befindliche Arbeitsmittel muss der Arbeitgeber die Möglichkeiten einer Anpassung seiner Maschinen an den Stand der Technik prüfen. Nur wenn diese Anpassung nicht erforderlich ist, kann auf den Freiraum zurückgegriffen werden. Eine mögliche Anpassung einer Maschine an den Stand der Technik setzt eine Überprüfung der vorliegenden sicherheits- und verwendungstechnischen Maßnahmen voraus. Nachfolgende Anlässe für Überprüfungen sind gemäß Bekanntmachung zur Betriebssicherheit (BekBS) 1114 u. a. denkbar: ▪▪ im Rahmen allgemeiner wiederkehrender Maschinenprüfungen, 19 betrieb & praxis Abb. 3: Der Arbeitgeber legt sicherheits- und verhaltenstechnische Maßnahmen für bereitgestellte Arbeitsmittel (AM) fest. ▪▪ nach Änderungen des Arbeitsmittels, Arbeitsverfahrens, der Arbeitsaufgabe oder der Umgebungsbedingungen, ▪▪ bei neuen Erkenntnissen, z. B. nach Unfällen oder Beinahe-Ereignissen, ▪▪ nach überarbeiteten Regelwerken mit Änderungen des sicherheits- und verwendungstechnischen Niveaus, ▪▪ bei Änderungen des Stands der Technik. Stellt sich eine Maßnahmenanpassung als erforderlich heraus, muss der Arbeitgeber zunächst eruieren, ob weitergehende Schutzmaßnahmen technisch realisiert werden können. Zudem muss er bewerten, ob die getroffenen technischen Maßnahmen ein ausreichendes Schutzniveau Grafiken: R. Lux Abb. 4: Möglicher Ablauf der Überprüfung und Anpassung von Maßnahmen zur Sicherheit von Arbeitsmitteln im Sinne BekBS 1114. für die Beschäftigten gewährleisten können. Ist dies der Fall, dürfen die Arbeitsmittel mit den veränderten und/oder ergänzten technischen Schutzmaßnahmen weiterverwendet werden. Reicht die Änderung/Ergänzung technischer Schutzmaßnahmen zum Schutz der Beschäftigten nicht aus oder können technische Maßnahmen z. B. aufgrund des Maschinenkonzepts nicht angewandt werden, sind ergänzende organisatorische und personenbezogene Maßnahmen notwendig. Führen auch diese Maßnahmen nicht zum erforderlichen Schutzniveau, muss die Maschine außer Betrieb genommen werden. Abschließend muss der Arbeitgeber feststellen, dass in Betrieb befindliche Maschinen und Anlagen keiner pauschalen Umrüstung auf den Stand der Technik bedürfen, gleichzeitig jedoch auch kein Anspruch auf einen Bestandsschutz besteht. Es ist vielmehr in Einzelfallprüfungen zu beurteilen, ob ein Umrüstungsbedarf besteht und mit welcher Konstellation aus technischen, organisatorischen und persönlichen (TOP) Maßnahmen die Nachrüstung zum Schutz der Beschäftigten Erfolg versprechend ist. Dr. Reinhard Lux 20 etem 04.2016 betrieb & praxis Unfallgeschehen durch Stromeinwirkung Voll unter Strom Seit etwa 50 Jahren analysiert die BG ETEM Arbeitsunfälle aufgrund von Stromeinwirkung auf den menschlichen Körper. Dabei bleibt es bei dem seit Jahren anhaltenden Trend, dass vor allem elektrotechnisch unterwiesene Personen an Stromunfällen beteiligt sind. A rbeitsunfälle durch die Einwirkung des elektrischen Stroms auf den menschlichen Körper werden als „Stromunfall“ bezeichnet. Man unterscheidet die Körperdurchströmung und die Einwirkung durch einen Störlichtbogen bzw. Kombinationen hieraus. Auch der Sekundärunfall, z. B. der Sturz von der Leiter, dessen Ursache die Schreckreaktion nach einer Körperdurchströmung war, wird hierunter verstanden. Die BG ETEM erfasst mithilfe des „Instituts zur Erforschung elektrischer Unfälle“ detailliert diese Unfallereignisse auf der Grundlage eines „Technischen Fragebogens zur Erfassung elektrischer Unfälle“. etem 04.2016 Diese Erfassung wird ständig weiterentwickelt. Grundlegende statistische Veränderungen müssen dabei sowohl im historischen Kontext als auch im gesellschaftlichen und technischen Fortschritt bewertet werden, um aussagekräftige Ansätze zur künftigen Prävention geben zu können. Die Berufsgenossenschaft erhält durch die Übermittlung der Durchgangsarztberichte, über die Heilbehandlungskosten geltend gemacht und erstattet werden, generell Kenntnis über alle Arbeitsunfälle, bei denen ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wurde. Ein Grund für den Anstieg der lediglich „gemeldeten“ Fall- 21 betrieb & praxis Definition „meldepflichtiger“ Arbeitsunfall/ Stromunfall: Ein Unfall ist gemäß § 193 SGB VII meldepflichtig, wenn eine versicherte Person durch einen Unfall getötet oder so verletzt wird, dass sie mehr als drei Tage arbeitsunfähig ist. Die Drei-Tages-Frist beginnt am Tag nach dem Unfall und umfasst alle Kalendertage, also auch Samstage, Sonn- und Feiertage. Bei nachträglich eintretender Arbeitsunfähigkeit, z. B. bei Verschlimmerung, beginnt sie am Tag nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. zahlen liegt in der besseren arbeitsmedizinischen Kenntnis über die Anfälligkeit des Herzens für Stromimpulse. Auch die Mitarbeiter sind heute vielfach besser über Erste Hilfe nach Stromeinwirkung aufgeklärt. Nach einem erlittenen Stromunfall muss der Beschäftigte zu einem Arzt. Dieser entscheidet, ob bei einem Patienten nach einem Elektrounfall, der keine HerzKreislauf-Störungen oder andere Symptome aufweist, eine stationäre Überwachung erforderlich ist (siehe „Stromunfall – stationäre Überwachung“, DGUV Fachbereich Erste Hilfe). Etwa 90 Prozent der Stromunfälle ereignen sich im Niederspannungsbereich bei elektrotechnischen Tätigkeiten wie ErweiGemeldete und meldepflichtige Stromunfälle 22 tern, Ändern und Abbauen von Anlagen, dem Messen und Prüfen und der Störungssuche. Hierbei wirkt vor allem die Körperdurchströmung auf den menschliche Körper ein. Bei Arbeiten an Baustromverteilern, Hausanschlusskästen und Zählertafeln spielt die Lichtbogenbildung eine größere Rolle. Hier sind präventive Maßnahmen zur Unfallreduktion erforderlich. Bei diesen Tätigkeiten wird das Risiko der Lichtbogenbildung oft unterschätzt oder gar nicht berücksichtigt, sodass die betroffenen Mitarbeiter oft auch keine entsprechende Persönliche Schutzausrüstung (PSA) tragen. Elektrotechnische Arbeiten – qualifizierte Beschäftigte? In der Diskussion über das Unfallgeschehen bei elektrotechnischen Arbeiten zeigt sich, dass viele Experten davon ausgehen, bei den unfallbeteiligten Elektrofachkräften handele es sich um „besonders qualifizierte Personen“. Diese handelten verantwortlich und könnten die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren erkennen und abwenden, so die verbreitete Ansicht. Die Entwicklung der Jahre 2005 bis 2013 zeigt allerdings, dass immer mehr Nicht-Elektrofachkräfte am Unfallgeschehen beteiligt sind. Während die Unfallzahlen von Elektrofachkräften prozentual rückläufig sind, gibt es mehr Unfälle von elektrotechnisch unterwiesenen Personen und elektrotechnischen Laien. Ursache für die hohen Unfallzahlen, bei denen elektrotechnische Laien betroffen Unfallschwerpunkt Niederspannungsbereich sind, ist eine mangelnde betriebliche Instandhaltung. Dies geht nicht in jedem Fall auf eine mangelhafte Prüfung/Prüfverpflichtung der elektrischen Betriebsmittel nach DGUV Vorschrift 3 zurück, sondern auch auf die fehlende Bereitschaft zur Meldung der im betrieblichen Fertigungsprozess entstandenen Mängel. Fallen diese Mängel augenscheinlich auf – sie werden in der Regel auch von elektrotechnischen Laien erkannt –, so müssen sie gemeldet werden, damit der Schaden behoben werden kann. Bei einer allgemeinen Unterweisung der Beschäftigten sollte man auf den Prozess der Mangelbeseitigung deutlich eingehen. Stromunfälle nach elektrotechnischer Qualifikation etem 04.2016 betrieb & praxis zugunsten der Datenverarbeitung ab. Auch aus Hobby oder Freizeit der Heranwachsenden kann ein handwerkliches Grundverständnis nicht in jedem Fall vorausgesetzt werden. Oft wird die handwerkliche Ausbildungszeit durch erworbene höhere Bildungsabschlüsse verkürzt absolviert. ▪▪ Fehlender „Respekt“ vor den Gefahren des elektrischen Stroms, da die Anlagen auch im Privatbereich immer sicherer werden und zu falschen Risikoeinschätzungen führen. Vor allem die fehlende Altanlagen-Kenntnis wirkt sich hier problematisch aus. ▪▪ „Abgelenkt sein“. Unfälle beim Messen und Prüfen Dies betrifft auch den Einsatz von Betriebsmitteln auf Baustellen. Ein hoher Prozentsatz der Stromunfälle wird von Personen unter 30 Jahren verursacht. Bei weiterer Analyse ist die Tendenz erkennbar, dass diese Unfallzahlen auch maßgeblich auf Auszubildende und angelernte Mitarbeiter zurückgehen (elektrotechnisch unterwiesene Personen). Hauptursachen von Unfällen Aus Unfallberichten und Gesprächen mit den verantwortlichen Personen lassen sich maßgeblich folgende Gründe ableiten: ▪▪ Grundfertigkeiten der praktischen/ handwerklichen Ausbildung nehmen Altersgruppe 2004-2008 2009-2013* bis 20 Jahre 18,3% 17,6% über 20-25 Jahre 18,6% 22,6% über 25-30 Jahre 14,1% 14,7% über 30-35 Jahre 11,4% 10,7% über 35-40 Jahre 10,8% 8,7% über 40-45 Jahre 10,0% 8,7% über 45-50 Jahre 7,5% 6,9% über 50-60 Jahre 8,5% 8,9% über 60 Jahre 0,5% 1,0% keine Angabe 0,4% 0,1% *) Daten für 2013 noch nicht vollständig erfasst! Die risikoärmste Methode des Arbeitens an elektrischen Betriebsmitteln ist seit Jahrzehnten das „Arbeiten im spannungsfreien Zustand“. Leider wird in der Praxis sehr oft vernachlässigt, dass diese grundlegende Erkenntnis erst nach der Umsetzung der fünf Sicherheitsregeln gilt. Bei der Umsetzung der 5 Sicherheitsregeln fällt im 5-Jahresvergleich zudem auf, dass der dritten Regel „Spannungsfreiheit feststellen“ als Unfallursache zunehmende Bedeutung zukommt. Die Spannungsfreiheit an der Arbeitsstelle im Niederspannungsbereich ist mit einem zweipoligen Spannungsprüfer gemäß DIN EN 61243-3 (VDE 0682-401) festzustellen (siehe DIN VDE 0105-100, 6.2.4.1, Ausgabe Oktober 2015). Sonja Boesen 5-Jahres-Vergleich der Unfallursache „Nichtbeachtung der Sicherheitsregeln bei Niederspannung“ Fotos: Fotolia/Mr. Vander, masterpixel Stromunfälle beim Messen und Prüfen Von Elektrofachkräften verursachte Elektrounfälle treten schwerpunktmäßig im Umgang mit Mess- und Prüfgeräten sowie örtlich in Bereichen von elektrischen Prüffeldern auf. Untersucht man die Unfallhäufigkeiten beim „Messen und Prüfen“ näher, so lässt sich im 5-Jahresvergleich ein Anstieg der Fallzahlen im Umgang mit Prüfgeräten und deren Zubehör feststellen. Dabei ist den Unfalluntersuchungsberichten zu entnehmen, dass die Mitarbeiter die benötigten Geräte nur unzureichend kennen und größtenteils keine Einweisung erhalten haben. Die Verwendung und Gerätekenntnis werden oft „vorausgesetzt“. Auch bei einer Neuanschaffung wird die Bedienung als selbstverständlich angesehen, sodass auch der Blick in die Bedienungsanleitung ausbleibt. Alter der Unfallopfer etem 04.2016 23 betrieb & praxis Stromerzeuger auf Bau- und Montagestellen Wenn der Strom nicht aus der Steckdose kommt Die überarbeitete DGUV Information 203-032 fordert eine eindeutige Kennzeichnung von Stromerzeugern. Damit kann der Anwender auf einen Blick erkennen, ob bei der Inbetriebnahme eine Elektrofachkraft hinzugezogen werden muss oder nicht. O hne elektrische Energie keine Bauoder Montagestelle. Und wenn kein Anschlusspunkt zur Verfügung steht (geprüfte Steckdose oder Baustromverteiler), dann muss der Strom vor Ort erzeugt werden. Als Energiequelle dient üblicherweise ein Verbrennungsmotor, dessen Bewegungsenergie der Generator in elektrische Energie umwandelt. Stromerzeuger ohne eigene RCDs für die zweite und jede weitere Steckdose (Ausführung „A“) können mit entsprechend ausgerüsteten Verteilern für den sicheren Einsatz auf Bauund Montagestellen ertüchtigt werden. 24 etem 04.2016 betrieb & praxis Da Bau- und Montagestellen zeitlich begrenzt existieren, sind die dort eingesetzten Stromerzeuger in der Regel mobil. Je nach erforderlicher elektrischer Leistung sind die Geräte tragbar oder auf Fahrzeugen fest montiert. Stromerzeuger der Ausführung „C“ oder „D“ mit einer Klemmstelle, die mit dem Symbol „Schutzerdung“ gekennzeichnet ist. Stromerzeuger erden? Folgende Fragen werden immer wieder gestellt: „Muss ich den Stromerzeuger erden?“ und „Darf ich ihn erden oder muss ich eine Erdverbindung zwingend vermeiden?“. In diesem Punkt herrscht auch unter Elektrofachkräften viel Verunsicherung, vor allem, weil jeder Stromerzeuger eine Klemmstelle aufweist, die mit dem Symbol „Schutzerdung“ gekennzeichnet ist (Bild oben). Elektrofachkräfte verbinden damit gedanklich einen herausgeführten Außenleiter oder Generatorsternpunkt, den sie an dieser Stelle mit einem Erdspieß verbinden müssen, um ein niederohmig geerdetes System (TN, TT oder IT) zu erzeugen. Die Niederohmigkeit ist (messtechnisch) sicherzustellen. So weit so gut und richtig. Leider ist es normativ aber zulässig, teilweise sogar gefordert und daher üblich, dieses Symbol auch zur Kennzeichnung von Klemmstellen zu verwenden, die lediglich dem Potenzialausgleich dienen. Dort wird also keineswegs ein Außenleiter oder Sternpunkt herausgeführt und folglich bei einer Verbindung mit „Erde“ auch kein elektrisch geerdetes System errichtet. Kennzeichnung Fotos: BG ETEM, H. Oelmann Eine der wesentlichen Neuerungen in der überarbeiteten DGUV Information ist die Kennzeichnung „A“, „B“, „C“ oder „D“ der Stromerzeuger. Dadurch erkennt der Anwender sofort, ob eine Elektrofachkraft die Erdverbindung herstellen muss (Ausführungen „C“ und „D“) oder ob ein elektrotechnischer Laie den Stromerzeuger in Betrieb nehmen darf („A“ und „B“). Namhafte Hersteller von Stromerzeugern wollen ab sofort ihre Geräte entsprechend kennzeichnen und zusätzlich auch mit dem Symbol „Schutzpotenzialausgleich“ versehen, sofern das normativ zulässig ist. Stromerzeuger als Anschlusspunkt Mit Stromerzeugern der Ausführungen „A“ und „B“ wird eine Schutzmaßnahme realisiert, die dem Prinzip der „Schutztrennung“ entspricht. Die Inbetriebnahme etem 04.2016 Zusätzlicher Schutzpotenzialausgleich mit entsprechend gekennzeichneter Klemme an einem Stromerzeuger der Ausführung „A“ oder „B“. kann durch Laien erfolgen. Eine Anlagenerrichtung im Sinne der VDE-Regeln erfolgt hierbei nicht, sodass auch keine Prüfung der elektrischen Schutzmaßnahme durch eine Elektrofachkraft vor Ort erforderlich ist. Sollen mehrere elektrische Verbrauchsmittel an einem derartigen Stromerzeuger betrieben werden, ist der zusätzliche Einsatz von jeweils einer eigenen 30-mA-Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) für das zweite und jedes weitere Verbrauchsmittel erforderlich. Dadurch werden auch sogenannte Doppelfehler an der Isolierung von Betriebsmitteln der Schutzklasse II (schutzisoliert) beherrscht. Diese Fehler entstehen insbesondere durch thermische und mechanische Einwirkungen auf Anschluss- und Verlängerungsleitungen. Wenn diese in zwei verschiedenen Stromkreisen auftreten, führt das zu einem geschlossenen Fehlerstromkreis, der von einer zentralen RCD nicht erkannt würde. Da aber den zwei Verbrauchsmitteln im Fehlerstromkreis mindestens eine RCD vorgeschaltet ist, wird beim Schließen des Fehlerstromkreises über die Erde oder spätestens über den Menschen durch eine der RCDs der fehlerbehaftete Stromkreis abgeschaltet. Der zusätzliche Schutzpotenzialausgleich zwischen der entsprechend gekennzeichneten Klemme (s. unteres Bild) und „Erde“ ist nicht vorgeschrieben. Er erhöht aber die Wahrscheinlichkeit, dass Isolationsfehler gegen das Erdpotenzial von einer der RCDs erkannt werden. Bei Geräten der Schutzklasse I ist eine Fehlererkennung auch mithilfe einer eingebauten Isolationsüberwachungseinrichtung (IMD) möglich. Stromerzeuger, die die Anforderungen der Ausführung „B“ erfüllen, also mit integrierten RCDs für die zweite und jede weitere Steckdose, sind derzeit am Markt noch nicht verfügbar. Die zuvor beschriebene Schutzmaßnahme kann durch entsprechend ausgerüstete, nachgeschaltete Verteiler realisiert werden. Prüfen von Stromerzeugern Das Prüfen von Stromerzeugern wird wesentlich ausführlicher als bisher in der DGUV Information behandelt. Das Muster-Prüfprotokoll ist als ausfüllbare pdf-Datei herunterzuladen unter www.dguv.de, Hartmut Oelmann Webcode: d138299. 25 service Versicherungsschutz bei Telearbeit Zu Hause auf der Arbeit Telearbeit ist die wahrscheinlich effektivste Art, Wegeunfälle zu vermeiden. Aber wie sieht es mit dem Versicherungsschutz aus, wenn man dabei zu Hause stürzt? D urch bessere Technologien bei Geräten und Internet-Zugang steigt für immer mehr Beschäftigte die Möglichkeit für Heimarbeit. Obwohl sich dadurch einige Wege vermeiden lassen, ist ein Unfall nicht völlig ausgeschlossen. Aber was passiert, wenn die Beschäftigten zu Hause stürzen? Sind sie dann gesetzlich unfallversichert? Der folgende Beitrag gibt Antworten. Betriebliche Tätigkeiten Grundsätzlich gilt: Beschäftigte, die von zu Hause aus arbeiten, unterliegen genauso dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung wie diejenigen, die ihre Arbeit vor Ort im Betrieb verrichten. Dabei sind alle Tätigkeiten versichert, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der Arbeit stehen. Das gilt nicht nur für die Tätigkeiten innerhalb des für die Telearbeit genutzten Raums. Versichert ist auch, wer diese Arbeiten in anderen Räumen ausübt, wenn dort zum Beispiel aus technischen Gründen ein für die Arbeit benötigtes Gerät, wie ein Drucker, aufgestellt ist. Die Beschäftigten könnten sich beispielsweise beim Wechsel der Patrone am dienstlich genutzten Drucker verletzen. Wege mit betrieblichem Hintergrund Problematisch ist hingegen oftmals die Beurteilung des Versicherungsschutzes für die Wege innerhalb eines Hauses oder einer Wohnung, in dem sich der jeweilige Telearbeitsplatz befindet. Grundsätzlich beginnt und endet der Unfallversicherungsschutz erst, wenn Beschäftigte durch die Außenhaustüre eines Gebäudes treten. Diese Grenze ist so aber nicht anwendbar, wenn sich Wohnung und Arbeitsplatz in einem Gebäude befinden. 26 Klar ist, dass die Wege innerhalb des für die Telearbeit genutzten Raumes versichert sind, wenn sie der versicherten Tätigkeit dienen sollen. Dazu gehört zum Beispiel der Weg innerhalb des Raumes, um dienstliche Ausdrucke aus dem Drucker zu entnehmen. Rechtliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Zurechnung von Wegen zur versicherten Tätigkeit treten vor allem dann auf, wenn sich Unfälle in Räumen oder auf Treppen ereignen, die weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zuzuordnen sind. In solchen Fällen hat sich das Bundessozialgericht in seinen bisherigen Entscheidungen über den Versicherungsschutz darauf bezogen, ▪▪ ob der Ort, an dem sich der Unfall ereignete, auch im Wesentlichen Betriebszwecken dient. ▪▪ ob der rein persönliche Lebensbereich schon verlassen wurde. ▪▪ was der Nutzungszweck zum Unfallzeitpunkt war. Die Informationskästen an der Seite geben in zwei Fällen eines Treppensturzes die jeweilige Entscheidung eines Gerichts wieder. Fazit Während der Ausübung der betrieblichen Tätigkeit zu Hause besteht Versicherungsschutz. Dieser gilt aber nicht automatisch auch für alle Wege innerhalb des Hauses oder der Wohnung. Dabei kommt es vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. In einem zweiten Teil in der kommenden Ausgabe geht es an dieser Stelle dann um den Schutz bei Wegen, die zwar keinen rein betrieblichen Hintergrund haben, ohne die eine ordnungsgemäße Arbeitstätigkeit jedoch nicht möglich ist Nancy Schmidt (wie ein Toilettengang). So urteilten Gerichte Arbeitsunfall abgelehnt Ein Außendienstmitarbeiter einer Versicherungsgesellschaft bewohnt in einem Mehrfamilienhaus eine Dreizimmerwohnung, wobei eines der Zimmer als Arbeitszimmer dient. Am Unfalltag arbeitet er zunächst in seinem Arbeitszimmer im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses. Dann packt er seine Sachen und verlässt die Wohnung, um einen Kunden zu besuchen und an einer Sitzung der Bezirksdirektion der Versicherung teilzunehmen. Im Treppenhaus des von ihm bewohnten Mehrfamilienhauses stürzt er und verletzt sich an der Wirbelsäule. Einen Arbeitsunfall lehnt das Bundessozialgericht am 12. Dezember 2006 (Aktenzeichen: B 2 U 1/06 R) ab. Zur Begründung hat sich das Gericht auf eine Entscheidung aus dem Jahre etem 04.2016 service etem 04.2016 die Treppe rechtlich wesentlich den Zwecken des Unternehmens dient …“. Arbeitsunfall bejaht Eine selbstständige Friseurmeisterin war auf einer Treppe gestürzt, die sowohl ihr Friseurgeschäft im Erdgeschoss des Hauses mit einem im Obergeschoss befindlichen Büro mit Lagerfläche für Friseurartikel als auch ihre dort befindliche Wohnung verband. Im Büroraum erledigte die Friseurmeisterin regelmäßig täglich anfallende Verwaltungsarbeiten. Der Unfall ereignete sich, als sie von einer Angestellten aus dem Büro in den Friseurladen gerufen worden war. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat am 7. Februar 2013 (Aktenzeichen: L 3 U 288/11) einen Arbeitsunfall bejaht. Bei der vorliegenden Fallkonstellation, bei der die Treppe sowohl dem Zu- gang zur Wohnung wie auch zur Arbeitsstätte dient, sei entscheidend, ob der Bereich des Unfallorts auch wesentlich Betriebszwecken dienen würde. Als Kriterium für die Wesentlichkeit komme es auf eine ständige und nicht nur gelegentliche Nutzung des Unfallorts für betriebliche Zwecke an. Nach diesen Grundsätzen sei vorliegend ein Arbeitsunfall anzunehmen. Die Friseurmeisterin sei „… auf die regelmäßige, werktägliche Benutzung der Treppe angewiesen, um vom Ladengeschäft in ihr Büro bzw. vom Büro in ihr Ladengeschäft zu gelangen ...“. Zudem habe das Büro als Lagerfläche für Friseurartikel gedient. Daher stehe der Umstand, dass die Treppe auch der Erschließung der privaten Wohnräume dienen würde, einem Versicherungsschutz nicht entgegen. Illustration: Rosemarie Schöningh 1987 bezogen und erneut bestätigt. Dabei wurde es als maßgeblich angesehen, ob der Teil des Gebäudes, in dem sich der Unfall ereignete, rechtlich wesentlich den Zwecken des Unternehmens dient. Als Kriterium für die Wesentlichkeit werden eine ständige und nicht nur gelegentliche Nutzung des Unfallorts für betriebliche Zwecke angeführt. Ob dafür das zwei- bis dreimalige wöchentliche Begehen einer Treppe ausreicht (so ehemals noch in der Entscheidung aus 1987), wurde in der Entscheidung als zweifelhaft angesehen, hängt dies doch von der Nutzung der Treppe insgesamt ab. „… Vorliegend wurde jedoch überhaupt keine der versicherten Tätigkeit des Klägers zuzurechnende Nutzung des Treppenhauses festgestellt, zumal gelegentliche Besuche von Kunden nicht ausreichend wären, um festzustellen, dass 27 service Mitteilungen an die Berufsgenossenschaft Heißer Draht mit Vorteil Ob Prävention, Rehabilitation oder Entschädigung – die BG ETEM kann ihre vielfältigen Aufgaben nur erfüllen, wenn ihre Mitgliedsbetriebe sie ausreichend mit Informationen versorgen. eschäftigte sind laut Sozialgesetzbuch (SGB) VII gegen die Folgen von Arbeitsunfällen, Wegeunfällen und Berufskrankheiten über ihre Berufsgenossenschaft versichert. Aus diesem Grund sind Berufsgenossenschaften auf die Unterstützung der Betriebe angewiesen. Das beginnt bereits bei der Unternehmensgründung: Schon in der Vorbereitungsphase, spätestens aber bei der Betriebseröffnung müssen Unternehmerinnen und Unternehmer sich bei der Berufsgenossenschaft melden. Welche Berufsgenossenschaft zuständig ist, können sie über die kostenfreie Infoline der DGUV erfahren (siehe info). Bevor Unternehmer den Aufnahmebescheid ihrer Berufsgenossenschaft erhalten, erfragt diese weitergehende Informationen, beispielsweise zu den technischen Betriebsverhältnissen, den Inhaberverhältnissen bzw. der Rechtsform des Unternehmens. Nur so kann die Berufsgenossenschaft zielgerichtet über Präventionsmaßnahmen beraten und Unternehmen der richtigen Gefahrtarifstelle („Risikoklasse“) zuordnen. Mit dem Aufnahmebescheid erhalten Betriebe auch die Mitgliedsnummer. Wenn Unternehmen Arbeitnehmer beschäftigen, brauchen sie diese Nummer zwingend für das Meldeverfahren zur Sozialversicherung (laut Datenerfassungsund Übermittlungsverordnung DEÜV). Wichtig: Änderungen mitteilen Betriebe, die schon Mitglied einer Berufsgenossenschaft sind, etwa der BG ETEM, müssen laut SGB VII jegliche Änderungen in den Betriebsverhältnissen anzeigen. Dabei handelt es sich keineswegs um eine lästige Pflicht: Bitte berücksichtigen Sie, dass die BG ETEM auf Ihre Informationen angewiesen ist. Ändern sich die Betriebsverhältnisse im Unternehmen, kann sich das auf die Gefahrtarifstelle auswirken. 28 Aktuelle Adressen erleichtern Ihrer Berufsgenossenschaft die tägliche Verwaltungsarbeit. Damit entfallen schließlich Mehraufwand und zusätzliche Kosten – die Beitragszahler profitieren. Daher informieren Sie bitte die BG ETEM auch umgehend, wenn Sie Unternehmensteile, wie Filialen oder Betriebsstätten, eröffnen oder schließen. Gleiches gilt für die komplette Einstellung des Unternehmens. Erst wenn Ihre Berufsgenossenschaft davon erfährt, kann sie ihre Aufgaben wahrnehmen, z. B. die Endabrechnung des Beitragskontos einleiten. Ändert sich Inhaberstruktur oder Rechtsform des Betriebs, ist es wesentlich, dass Sie als Unternehmer die BG ETEM darüber informieren. Denn davon hängt ab, wer in Ihrem Betrieb überhaupt über die Berufsgenossenschaft pflichtversichert ist. All diese Beispiele lassen erkennen, dass es für alle Vorteile bringt, wenn Sie Ihre Berufsgenossenschaft umfassend und zeitnah über Änderungen auf dem Laufenden halten. Unnötig hoher Verwaltungsaufwand kann so vermieden werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BG ETEM stehen Ihnen beratend und für Fragen gerne zur Verfügung. Karin Mans →→info Bei Fragen zur Mitgliedschaft hilft das ServiceCenter der BG ETEM: Bereich Feinmechanik und Elektrotechnik, Tel. 0221 3778-1800 Bereich Druck und Papierverarbeitung, Tel. 0221 3778-1802 Bereich Textil und Bekleidung, Tel. 0221 3778-1805 Bereich Energie und Wasserwirtschaft, Tel. 0221 3778-1807 Kostenfreie Infoline der DGUV: Tel. 0800 60 50 40 4 etem 04.2016 Foto: Fotolia/alexlmx B service Das Podium der Vertreterversammlung (v.l.n.r.): Hans Peter Kern, Dr. Bernhard Ascherl (alternierende Vorsitzende des Vorstands), Dr. Heinz-Willi Mölders, Karin Jung (alternierende Vorsitzende der Vertreterversammlung), Olaf Petermann (Vorsitzender der Geschäftsführung). Vertreterversammlung der BG ETEM Weniger Unfälle – weniger Beitrag BG-Parlament begrüßt den kontinuierlichen Rückgang der Beitragslast und der Arbeitsunfälle. Für die Zukunft ist die Berufsgenossenschaft bestens aufgestellt. Foto: BG ETEM, Zingsheim E ine sehr positive Bilanz zogen Vorstand und Geschäftsführung der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) in ihren Berichten an die Vertreterversammlung, die am 15. Juni in Berlin tagte. So sank die Arbeitsunfallquote auf einen neuen historischen Tiefstand von 18 Unfällen je 1.000 Vollarbeitern. Dies ist den erfolgreichen Präventionsmaßnahmen der versicherten Unternehmen und der BG ETEM zu verdanken. Die Gesamtzahl der Arbeitsunfälle sank von 57.993 (2014) auf 56.135 im vergangenen Jahr. Die Zahl der Versicherten entwickelte sich ebenfalls positiv, sie stieg um über 70.000 auf 3,9 Millionen. Parallel dazu wuchs auch die Lohnsumme auf etwa 122 Milliarden Euro. Sinkende Unfallzahlen bei steigenden Lohnsummen und nur moderat (um 1,2 Prozent auf 824 Millionen Euro) gewachsenen Entschädigungsleistungen: Das sind perfekte Rahmenbedingungen für eine stabile, bei der BG ETEM sogar sinkende Beitragsentwicklung. Nur noch durchschnittlich 79 Cent je 100 Euro etem 04.2016 Entgelt (bezogen auf die Eigenumlage) zahlen die Unternehmen für das Jahr 2015 an die BG ETEM. Zum Vergleich: 2011 betrug der Durchschnittsbeitrag noch 91 Cent je 100 Euro Entgelt. In nur fünf Jahren sank der Beitrag also um satte 13 Prozent! Wegeunfälle auf hohem Niveau Bei allen positiven Statistiken zeigen einige Entwicklungen aber auch Handlungsbedarf für die Berufsgenossenschaft. Anders als bei den Arbeitsunfällen verbleibt die Zahl der Unfälle auf dem Weg zur Arbeit und zurück auf hohem Niveau. Sie stieg gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent auf 12.669. Die Sicherheit im Straßenverkehr ist deshalb auch ein Schwerpunkt der Präventionsarbeit der BG ETEM. Vor allem schwache Verkehrsteilnehmer, die ihre Wege mit dem Fahrrad oder dem Pedelec bewältigen, benötigen besseren Schutz, wie eine Auswertung der schweren Verkehrsunfälle zeigte. Auch bei den Verdachtsanzeigen für eine Berufskrankheit verzeichnete die BG ETEM einen deutlich spürbaren Zu- wachs. 5.856 Erkrankungen wurden angezeigt, 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anstieg ist hauptsächlich auf die Einführung neuer Berufskrankheiten im Jahr 2015 zurückzuführen, darunter der weiße Hautkrebs, der durch jahrelange Sonneneinstrahlung hervorgerufen wird. Keine Entwarnung aber auch beim Thema Asbest: Die Zahl der Verdachtsanzeigen der dadurch verursachten Berufskrankheiten stieg im vergangenen Jahr nochmals um 155 Fälle auf 1.184 (+ 13 Prozent). Insgesamt blickte die Vertreterversammlung zufrieden auf die Entwicklung und den Zustand der BG ETEM. Für die Zukunft ist sie bestens aufgestellt. Weitere Themen waren die nächste Präventionskampagne der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zur „Kultur der Prävention“ und ein Sachstandsbericht zur Reform des Berufskrankheitenrechts. Die Vertreterversammlung besteht aus je 30 ehrenamtlichen Vertretern der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und der Versicherten. Sie bilden das höchste Organ der Selbstverwaltung. Holger Zingsheim 29 service Seminardatenbank Kürzere Wege Eine neue Suchfunktion filtert bestimmte Seminare nach Regionen. Teilnehmer kommen schneller zum Seminar. D ie BG ETEM hat vor zwei Jahren die neue Seminardatenbank eingeführt. Mit ihrer Hilfe können Mitgliedsfirmen aus dem gesamten Seminarangebot die benötigten Seminare auswählen und ihre Beschäftigten online anmelden. Jetzt gibt es eine weitere Möglichkeit für eine effiziente Buchung der Seminarplätze. Bei einigen Seminartypen können die Termine in der Seminardatenbank nach Regionen selektiert werden, sodass sich die An- und Abreisezeiten zum Seminarort erheblich verringern. Damit verringern sich auch die ökologische Belastung der Umwelt, die Unfallgefährdung im öffentlichen Straßenverkehr und letztlich die Abwesenheit vom beruflichen und privaten Umfeld. Zunächst wird diese Selektionsmöglichkeit für folgende Seminartypen eingesetzt: Schnell und einfach zum Seminar – zum Beispiel in Linowsee. ▪▪ 320 – Grundseminar für Sicherheitsbeauftragte – gewerblich ▪▪ 321 – Grundseminar für Sicherheitsbeauftragte – Büro und Verwaltung ▪▪ 322 – Aufbauseminar für Sicherheitsbeauftragte – Elektrotechnik und Feinmechanik ▪▪ 323 – Aufbauseminar für Sicherheitsbeauftragte – Büro und Verwaltung ▪▪ 299 – Grundseminar für operative Führungskräfte: Führen und verantworten im Arbeitsschutz In drei Schritten zum BG ETEM-Seminar Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3 Wählen Sie in der Seminardatenbank eine Veranstaltung aus, z. B. durch Eingabe der Veranstaltungsnummer. Wenn der eingegebene Seminartyp nach Regionen selektiert werden kann, fordert das System Sie zur Eingabe einer Postleitzahl auf. Dadurch werden Ihnen nur regionale Termine zur Auswahl vorgeschlagen. Wählen Sie wie bisher aus der Auswahlliste das für Sie passende Seminar aus. etem – Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung. Herausgeber: Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse, Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 Köln, Tel.: 0221 3778-0, Telefax: 0221 3778-1199, E-Mail: [email protected]. Für den Inhalt verantwortlich: Olaf Petermann, Vorsitzender der Geschäftsführung. Redaktion: Christoph Nocker (BG ETEM), Stefan Thissen (wdv Gesellschaft für Medien & Kommunikation mbH & Co. OHG, Dieselstraße 36, 63071 Offenbach). Tel.: 0221 3778-1010, E-Mail: [email protected]. Bildredaktion: Theresa Rundel (wdv); Gestaltung: Jochen Merget (wdv). Druck: VS Broschek Druck GmbH. etem erscheint sechsmal jährlich (jeden zweiten Monat). Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfreien Papier. Titelbild: Tilman Lothspeich; Leserservice (Adress- oder Stückzahländerung): Tel. 0221 3778-1070, E-Mail: [email protected]. @bg_etem www.bgetem.de 30 twitter.com/bg_etem youtube.com/diebgetem www.xing.com www.bgetem.de Webcode: 13671559 www.facebook.com/ BGETEM etem 04.2016 Fotos: wdv/J. Bösenberg; BG ETEM Impressum ausblick Hätten Sie es gewusst? Energie vom Lande Antworten: 1.) 8.900 (Prognose für 2015); 2.) Bayern (2.360), es folgen Niedersachsen (1.562) und Nordrhein-Westfalen (1.076); 3.) 9,3 Millionen (Prognose für 2015) Quelle: Fachverband Biogas e.V.; www.biogas.org Biogasanlagen gehören inzwischen in vielen Regionen zum alltäglichen Bild. Sie sind aber regional unterschiedlich verteilt. Wo gibt es besonders viele? 1.) Wie viele Biogasanlagen gibt es derzeit in Deutschland? 4.800 6.700 8.900 2.) Knapp 30 Prozent aller Biogasanlagen stehen in einem Bundesland. Das ist ... Niedersachsen Bayern Nordrhein-Westfalen Illustration: Skizzomat 3.) Wie viele deutsche Haushalte beziehen Strom, der mit Biogas produziert wurde? 5,1 Millionen 9,3 Millionen 11,5 Millionen etem 04.2016 31
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