Von cекретарь zu секретарша Momentan ist ja, zumindest im deutschsprachigen Raum, die politische Korrektheit ausgebrochen und auf raschem Vormarsch. Überall wimmelt es von ’’Bürgern und Bürgerinnen’’, ’’Konsumenten und Konsumentinnen’’, vermurkste Sätze wie ’’Der Besucher bzw. die Besucherin wird gebeten, Mantel und Jacken bei der Garderobenfrau bzw. dem Garderobenmann abzugeben’’ – sind keine Seltenheit. Wie hat man in Russland die Aufgabe gelöst? Wie wird die weibliche Form von Bürger, Konsument, Student usw. gebildet? Ähnlich korrekt wie in Deutschland geht es dabei nicht zu und her: Die männliche Form beinhaltet automatisch auch die weibliche. Wie mittlerweile unschwer zu erraten ist, wird auch die spezifisch weibliche Form mittels einer Endung gebildet. Personen- oder Berufsbezeichnungen enden klassischerweise auf -ель, -ник, -нин: Der учитель (Lehrer), der начальник ist der Chef im Betrieb, oder гражданин, Bürger. Um vom Männchen zum Weiblein zu kommen, wird einfach der weibliche Zusatz an die Endung angehängt: Aus -ель wird –ельница und der учитель zur учительница. Ein Vorgesetzter weiblichen Geschlechts heisst начальница- aus dem -ник wurde ein –ница. Analog dazu heißen die Liebhaber любовник und любовница. Das –нин wird zu einem –нка und es entsteht die гражданка. Die Herkunftsbezeichnungen folgen demselben Muster: Немец-немка, украинец-украинка, русский-русская usw. Bei Wörtern, die auf – ент enden, wird das weibliche Geschlecht mit –ентка ausgedrückt, einfach ein -ка anhängen. In dieser Kategorie trifft man auf besonders viele Fremdwörter: Студент und студентка, доцент und доцентка usw. Während студентка absolut üblich und oft zu hören ist, spricht man schon seltener von einer доцентка. Die Sache ist die, dass die Endung auf –кa immer auch etwas verniedlichendes an sich hat. Nicht von ungefähr ist sie auch das Mittel, um Verkleinerungsformen zu bilden. Bei einer студентка mag das noch angehen (Wer würde ernsthaft abstreiten wollen, dass es niedliche Studentinnen gibt?). Bei einem Dozenten ist es hingegen weniger erwünscht. So spricht man denn von ’’Наш доцент, Валерия Ивановна, говорила что…’’. Ähnliches ist oft anzutreffen, auch bei der Endung auf –ша. Man kann wohl von einer профессорша sprechen. Doch üblich ist es nicht. Und eine секретарша kann nun wirklich nicht viel mehr als Kaffee kochen und das Telefon bedienen. . . Sollte dereinst eine Frau Staatsoberhaupt werden- sie wird wohl kaum als президентша betitelt werden, genau so wenig wie der offizielle Titel der Merkel канцлерша lautet. Einige Wörter haben auch überhaupt keine weibliche Form, wie zum Beispiel физик oder математик. Физика ist nicht etwa eine Physikerin, sondern die Physik selbst. Genauso wie die Fremdwörter lateinischen Ursprungs werden auch die neuen, meist aus dem Englischen übernommenen, Einwanderer ins russische Sprachsystem eingefügt. Der бизнесмен in seiner weiblichen Ausprägung ist nicht die бизнесвумен, wie ein ahnungsloser Engländer vielleicht vermutet hätte, sondern die бизнесменка. Die Sprache bleibt sich treu und weiß Fremdwörter passgenau in ihr neues Umfeld einzubetten, seien sie nun männlich oder weiblich. . Dieser Text wurde uns von den Liden & Denz Sprachschulen für Russisch in St. Petersburg und Moskau zur Verfügung gestellt. . Quelle und Original: www.russland.news/von-cекретарь-zu-секретарша/ . . .
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