Kunstkommission Dienststelle für Kultur, Zentralstrasse 60, Postfach, 2501 Biel Dienststelle für Kultur Zentralstrasse 60 2501 Biel T: 032 326 14 04 [email protected] www.biel-bienne.ch Die Kunstsammlung der Stadt Biel Empfehlungen der Kunstkommission zur Sammlungsstrategie Bericht der Kunstkommission der Stadt Biel vom September 2016 Inhalt 1. Zusammenfassung ............................................................................................... 2 2. Gesetzliche Grundlagen ....................................................................................... 3 3. Auftrag der Direktion Bildung, Kultur und Sport .................................................... 4 4. Städtische Kunstsammlungen in der Schweiz: Auftrag, Organisation, Probleme . 5 5. Mögliche Zielvorstellungen und Sammlungsstrategien ......................................... 6 6. Das Umfeld der institutionellen Kunstsammlungen in der Stadt Biel..................... 8 7. Die Kunstsammlung der Stadt Biel ....................................................................... 9 8. Die Empfehlungen der Kunstkommission ........................................................... 12 2/13 1. Zusammenfassung Das Reglement über die Förderung der Kultur der Stadt Biel vom 19. Februar 1998 (SGR 423.0) überträgt der Kunstkommission u.a. die Aufgabe, die städtische Kunstsammlung im Rahmen des jährlich bewilligten Budgetkredites durch Ankäufe zu ergänzen (Art. 6). Weiter fordert das Reglement eine periodische Überprüfung des hierzu erarbeiteten Konzeptes (Art. 16). Die letzte Überarbeitung dieses Konzeptes datiert aus dem Jahr 2004. Im Herbst 2014 beauftragte die Direktion Bildung, Kultur und Sport die Kunstkommission, die aktuelle Sammlungsstrategie und -praxis im Kontext anderer städtischer Sammlungen in der Schweiz sowie der weiteren institutionellen Kunstsammlungen in der Stadt Biel zu überprüfen. Die Kommission wurde angewiesen, Vorschläge für die zukünftigen Zielvorgaben und Kriterien sowie für eine langfristige Entwicklung der städtischen Sammlung im Umfeld der weiteren Kunstsammlungen in der Stadt Biel zu erarbeiten. Der vorliegende Bericht ist das Ergebnis dieser Überprüfung. Zusammenfassend kommt die Kunstkommission in ihrer Analyse der aktuellen Situation zur folgenden Beurteilung: Alle grösseren Schweizer Städte besitzen eigene Kunstsammlungen, die zumeist seit Mitte des 20. Jahrhunderts aus einer formalisierten Förder- und Sammeltätigkeit hervorgegangen sind. Heute werden vielerorts dieselben Mängel diagnostiziert, wie z.B. die ungenügende Sichtbarkeit und konservatorische Betreuung. Verschiedene Städte führen wie Biel aus diesem Grund Strategiediskussionen zu diesen Themen. Die Kunstsammlung der Stadt Biel ist im schweizerischen Vergleich mit der InternetDatenbank sehr gut dokumentiert und publiziert. Die jährlich ca. 150 Leihgaben an andere Museen belegen den kunst- und kulturhistorischen Wert der Sammlung über ihre Bedeutung für die kulturelle Identität der Stadt und Region Biel hinaus. Zudem zeugen die ca. 1‘600 Werke, die für dekorative und repräsentative Zwecke in der Verwaltung Verwendung finden, von ihrer vielseitigen Nutzung. Mit dem Depot Battenberg stehen heute auch Lager- und Verwaltungsräume zur Verfügung, die zeitgenössischen konservatorischen Anforderungen genügen. Die verschiedenen Zielsetzungen, die für gewöhnlich mit den Ankäufen der öffentlichen Hand verbunden werden - wie z.B. die Künstlerförderung, das Anlegen eines kulturhistorischen Archivs, eines Fundus für die Gebäudedekoration oder einer Museumssammlung lassen sich nicht alle gleichzeitig respektive gleichwertig umsetzen. In Anbetracht der Tatsache, dass sich Biel durch eine junge, aussergewöhnlich kreative Kunstszene auszeichnet, und die Sammlung im Ausstellungsbetrieb der Museen rege Verwendung findet, empfiehlt die Kunstkommission: • Sammlungsstrategie - Bei Ankäufen und der Annahme von Schenkungen sind in Zukunft und in Abgrenzung einer breiten Förderung und Dokumentation zwei Ziele in den Vordergrund zu stellen: Die Stärke der Stadt Biel als Plattform für junge Kunst soll auch weiterhin durch die Ankäufe bei regionalen, noch wenig etablierten Kunstschaffenden gestützt und dokumentiert werden. Ausserdem soll durch die Ausbildung von Sammlungsschwerpunkten die spätere museale Verwendung der Bestände unterstützt werden. Die Anzahl und thematische Ausrichtung der Sitzungen der Kunstkommission werden entsprechend angepasst. 3/13 • Vermittlung: Die Kunstkommission übermittelt der Dienststelle für Kultur zukünftig erläuternde Texte zu den angekauften Werken für die Datenbank. Die periodische Präsentation der angekauften Werke im Rahmen einer Ausstellung wird weitergeführt und allenfalls ausgebaut. • Konservatorische Betreuung: Die Kunstkommission schlägt vor, zusammen mit der Dienststelle für Kultur Verbesserungsmöglichkeiten bei der konservatorischen Betreuung zu diskutieren. • Inventarisierung der Sammlung: Zwecks präziserer Information zur städtischen Kunstsammlung und einer Bereinigung des Werkverzeichnisses sind folgende Aspekte der Sammlung von der Kunstkommission gemeinsam mit der Dienststelle für Kultur vertieft zu untersuchen: Schenkungen, Kunst am Bau Stadt Biel, Kunst am Bau Kanton Bern, Dauerleihgaben, verschwundene Objekte. • Synergien, Zusammenarbeit: Der Überblick über die anderen Kunstsammlungen in der Stadt Biel zeigt, dass sich in erster Linie mit der Sammeltätigkeit der Stiftung KunsthausSammlung CentrePasquArt und der Sammlung regionaler Kunstgeschichte des NMB gewisse Synergien ergeben. Die Stiftung Kunsthaus-Sammlung kann mit ihrem nationalen und internationalen Fokus eine willkommene Ergänzung zum Regionsbezug der städtischen Ankäufe sein; für die Ausstellungstätigkeit des NMB sind die Ankäufe der städtischen Kunstkommission im historischen Rückblick ein wichtiger Fundus. Beide Institutionen tätigen ihre Ankäufe unabhängig und mit privaten Geldern. Die Kunstkommission empfiehlt aber, dass periodische, rein informative Gespräche unter den Institutionen stattfinden, in denen auch die Ankaufsstrategien sowie andere verbindende Fragen und Probleme, wie z.B. die Depotsituation oder die konservatorische Betreuung der Sammlungen, erörtert werden. 2. Gesetzliche Grundlagen Das Reglement über die Förderung der Kultur (SGR 423.0) vom 19. Februar 1998 nennt unter Art. 1 Abs. 2 als grundsätzliche Zielsetzung der städtischen Kulturpolitik, den Zugang der Bevölkerung zur Kultur sowie das Kulturschaffen und die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen zu fördern, so unter Art. 2 Abs. 1 auch die „bildende und visuelle Kunst“. Das professionelle kulturelle Schaffen soll gem. Art. 3 Abs. 2 Bst. e durch die Aufnahme von jährlichen Budgetkrediten für den Ankauf und die Konservierung von Werken und kulturhistorischen Objekten und gem. Bst. f durch angemessene Kredite für die künstlerische Gestaltung von Bauvorhaben der öffentlichen Hand („Kunst am Bau“) gefördert werden. Art. 6 des Reglements ist der städtischen Kunstsammlung gewidmet. Er legt fest, dass die Stadt Biel eine eigene Sammlung von Werken der bildenden und visuellen Kunst unterhält. Geeignete Teile der Sammlung stehen sowohl der Verwaltung für die künstlerische Gestaltung ihrer Lokale und des öffentlichen Raumes als auch den Bieler Museen (und anderen Museen) für Ausstellungen zur Verfügung (Abs. 1). Für die Ergänzung und Konservierung dieser städtischen Kunstsammlung verfügt die städtische Kunstkommission über einen jährli- 4/13 chen Budgetkredit (Abs. 2). Die Verwaltung, Vermittlung, Inventarisierung und der Unterhalt der Sammlung fällt in die Zuständigkeit der Dienststelle Kultur oder einer fachlich ausgewiesenen Institution (Abs. 3). Schenkungen und Legate werden vom Gemeinderat auf Antrag der Kunstkommission akzeptiert oder abgelehnt (Abs. 4). Art. 16 nennt die Aufgaben der Kunstkommission: Sie ist für die Wettbewerbe und die Platzierungen von Kunst am Bau resp. Kunst im öffentlichen Raum zuständig (Abs.1), hält die Oberaufsicht über die Betreuung der städtischen Kunstsammlung (Abs. 2) und ist für deren Ergänzung und Konservierung gemäss eines periodisch zu überprüfenden Konzeptes zuständig (Abs. 3). Art. 5 Abs. 2 der Verordnung über die Kunstkommission der Stadt Biel vom 20. Mai 2005 konkretisiert die Aufgabenstellung an die Kunstkommission dahingehend, dass sie über den Ankauf von Werken professioneller Kunstschaffender für die städtische Kunstsammlung im Rahmen des bewilligten Kredites befindet. Diese neu angekauften Werke stellt sie regelmässig öffentlich vor (Art. 5 Abs. 3). Zudem begutachtet sie zuhanden des Gemeinderates Schenkungsangebote an die Stadt Biel (Art. 5, Abs.4), welche im Falle einer Annahme in die städtische Kunstsammlung integriert werden. 3. Auftrag der Direktion Bildung, Kultur und Sport Sinn und Zweck der städtischen Kunstsammlung sind in der letzten Zeit vermehrt in Frage gestellt worden. Dies soll zum Anlass genommen werden, die mit ihr verbundene Förder- und Sammlungsstrategie kritisch zu analysieren, ihre Rolle wieder einmal präzise zu formulieren und die zukünftige Ausrichtung nach entsprechenden, klar kommunizierbaren Kriterien anzupassen. Die Kunstkommission erhält von der Direktion für Bildung, Kultur und Sport den Auftrag, diese Analyse vorzunehmen und Vorschläge für eine angepasste kurz- und langfristige Sammlungsstrategie zu erarbeiten. Diese Vorschläge sollen das Umfeld der weiteren öffentlichen Kunstsammlungen in der Stadt Biel berücksichtigen. Als Grundlage für die Betrachtung der Sammlung liegt eine Zusammenstellung der Ankäufe der letzten 10 Jahre vor. Ankaufs-, Sammlungs- und Ausstellungsstrategien anderer Schweizerstädte werden untersucht – z.B. von Aarau, Olten, Winterthur, La Chaux-de-Fonds, Fribourg, Sion, Bern, Thun mit dem Ziel die Rolle der städtischen Kunstsammlung in Biel auch in diesem Kontext zu hinterfragen. Innerhalb der Stadt Biel werden die verschiedenen, existierenden Kunstsammlungen und deren Zweck, Sichtbarkeit und Synergiepotential überprüft sowie allfälliges Synergiepotential für die Zukunft ausgelotet. Ziel dieser Untersuchungen ist es: • eine Analyse des Ist-Zustandes im Kontext einer städtischen Förder-, Sammlungs- und Vermittlungsstrategie vorzunehmen; • Vorschläge für ein neues Sammlungskonzept mit Zielvorgaben und Kriterien zu erarbeiten; • Ideen für eine langfristige Entwicklung der Kunstsammlung vorzuschlagen, welche das Umfeld der weiteren öffentlichen Sammlungen der Stadt Biel miteinbezieht und mögliche Synergien auslotet; • ein nachvollziehbares Argumentarium für die öffentliche Diskussion zu formulieren. 5/13 4. Städtische Kunstsammlungen in der Schweiz: Auftrag, Organisation, Probleme So gut wie alle grösseren Schweizer Städte und Kantone besitzen eigene Kunstsammlungen. Im Rahmen dieser Strategiediskussion wurden Gespräche geführt mit den Sammlungsverantwortlichen der städtischen Sammlungen von Aarau (Aa), Fribourg (Fr), Lausanne (La), Nyon (Ny), Sion (Si), St. Gallen (St), Vevey (Ve), Winterthur (Wi) sowie der kantonalen Sammlung von St. Gallen (SG). Basis für die Gespräche bildete ein Fragenkatalog, der nach der Geschichte, dem Sammlungsprofil, der Ankaufspolitik, dem Budget, der Organisation, der Verwendung, der konservatorischen Betreuung und der Zukunftsstrategie für die Sammlungen fragte. Dabei ergab sich zusammenfassend folgendes Bild: Geschichte: Auch wenn einzelne, ältere Sammlungsbestände ins 19. Jahrhundert zurückreichen, beginnt die eigentliche, durch Reglemente, Verordnungen und Kommissionen formalisierte Sammlungstätigkeit der meisten Städte in der Mitte des 20. Jahrhunderts, als Teil einer Doppelstrategie, die die Förderung der regionalen Künstlerinnen und Künstler mit der Verwendung der Ankäufe für die Ausstattung der öffentlichen Gebäude verbindet. Verwendung: In allen Städten finden die Sammlungsbestände in erster Linie Verwendung für die dekorative Ausstattung öffentlicher Gebäude. An einigen Orten werden besonders wichtige Werke in Museen deponiert oder sogar explizit für ein Museum angekauft (SG, Ve). An anderen Orten ist mit der Sammlung eine kleine Ausstellungstätigkeit verbunden (Wi, Aa). Ankaufspolitik / Sammlungsprofil: Aufgrund der Verbindung mit der städtischen Kunstförderung spiegelt sich in den Sammlungen im Wesentlichen das regionale Kunstschaffen des 20. und 21. Jahrhunderts, ergänzt um einige alte Sammlungsbestände sowie Kunstwerke, die über Schenkungen und Legate oder Wettbewerbe für Kunst im öffentlichen Raum / Kunst am Bau hinzugekommen sind. Neuere Kunstformen, die sich schlecht für Ausstattungszwecke eignen, wie Installationen, Video oder Neue Medienkunst, sind in den Sammlungen im Allgemeinen schwach vertreten. Budgets: Die Ankaufsbudgets sind sehr unterschiedlich und werden in vielen Fällen als variabler Teil eines grösseren Kunstförderbudgets verwaltet, aus dem heraus die Städte mehrere Fördermassnahmen – Werkbeiträge, Ateliers, Kunst am Bau etc. – finanzieren. Die Kosten für Restaurierungen werden entweder aus demselben Budget oder über Sonderkredite finanziert. Gesetzesgrundlagen: Die Sammlungstätigkeit wird in den Städten über die Gesetze, Reglemente und Verordnungen zur Kulturförderung geregelt. Sie bestimmen die Aktivitäten und deren Organisation, z.B. indem sie festhalten, dass die angekauften Werke für die Ausstattung öffentlicher Gebäude verwendet werden. Allfällige strategische Zielvorgaben – z.B. die Förderung des regionalen Kunstschaffens oder der Aufbau einer repräsentativen Sammlung des regionalen Kunstschaffens – sind nicht explizit formuliert, sondern sie ergeben sich allenfalls implizit aus den Aktivitäten. Organisation administrativ: In den meisten Fällen werden die Ankäufe über städtische Kunstkommissionen empfohlen oder entschieden und über eine städtische Dienststelle konservatorisch betreut. Allerdings gibt es hier zahlreiche Varianten. So entscheidet im Kanton St. Gallen die Verwaltungsstelle selbst über die Ankäufe, in Aarau übernimmt die Kunstkommission aktiv eine Rolle in der Vermittlung/Ausstellung, in Fribourg liegt die konservatorische Verwaltung der Sammlung beim Stadtarchiv. Vermittlung: Neben der Präsentation der Werke in den Gebäuden und Büros der öffentlichen Verwaltung werden in einigen Städten die Sammlungsbestände durch eine zusätzliche Vermittlungstätigkeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Eine Möglichkeit hierzu liegt im Aufbau einer Internet-Kunstdatenbank (La, Ny, Wi: Kunst im öff. Raum); ein anderer Weg liegt in der Ausstellung der Bestände, sei es als jährliche Präsentation der Ankäufe (Ny) oder der Einrichtung von Wechselausstellungen (Aa, Wi). 6/13 Probleme / Strategien: Ein zentrales Problem stellt die konservatorische Betreuung der Sammlungen dar. Es ist die Rede von schlechten Depoträumen, einer unzulänglichen Verwaltung, von konservatorisch problematischen Platzierungen der Werke sowie von ihrer ungenügenden konservatorischen und restauratorischen Betreuung (Aa, Fi, La, Si, St, Wi). Letzteres ist darauf zurück zu führen, dass für eine angemessene Konservierung und Restaurierung der Kunstwerke im Allgemeinen zu wenig personelle und finanzielle Ressourcen eingestellt sind. Als zweites Problemfeld wird die Sichtbarkeit der Sammlungsbestände genannt (SG, Wi). Reaktionen hierauf sind die aktive Platzierung der Werke in den öffentlichen Gebäuden und Büros (SG), eine kleine Ausstellungstätigkeit (Aa, Wi) sowie eine Präsentation der Bestände über Internet-Datenbanken (Wi). In mehreren Städten findet z.Zt. eine Strategiediskussion statt (La, Ny, Wi). So hat z.B. die Stadt Lausanne auf die Mängel betr. Konservierung und Sichtbarkeit mit vier Massnahmen reagiert: die Deklaration der Sammlung als „patrimoine“ (in Abgrenzung zum Begriff „Gebrauchssammlung“) und damit verbunden die Einschränkung der Ausleihe; die Zusammenarbeit mit der Universität Lausanne in Hinblick auf eine online-Publikation der Sammlung, die Deponierung von Teilbeständen im Museum und eine allgemeine Professionalisierung der konservatorischen Betreuung. 5. Mögliche Zielvorstellungen und Sammlungsstrategien Wie Kapitel 3 aufzeigt, werden mit der Sammeltätigkeit mehrere Absichten oder Zielvorstellungen verbunden. Die vier, die am häufigsten genannt werden, sollen hier kurz modellhaft diskutiert werden. Die Ankäufe als Künstlerförderung: Historisch gesehen basieren so gut wie alle städtischen und kantonalen Sammlungen auf der Absicht, die Ankaufstätigkeit mit einer regional fokussierenden Kunstförderung zu verbinden. In Reinform fragt diese Ankaufsstrategie an erster Stelle danach, welche Kunstschaffenden man zu einem gewissen Moment fördern will. Erst an zweiter Stelle folgen die Fragen nach Qualität und der Verwendung eines Kunstwerks. Eine typische Konsequenz dieser Prämisse ist häufig, dass in erster Linie bei jungen, noch wenig etablierten Kunstschaffenden gekauft wird, weil sie die Unterstützung am meisten benötigen, während bei etablierten Kunstschaffenden weniger oder nicht angekauft wird, weil sie einer Förderung oder Anerkennung durch die öffentliche Hand weniger bedürfen. Eine andere Konsequenz dieser Förderlogik ist, dass tendenziell bei vielen Künstlerinnen und Künstlern jeweils wenige Werke gekauft werden, so dass möglichst alle Talente früher oder später einmal in den Genuss einer Förderung kommen. Die so entstandenen Sammlungen weisen tendenziell eine grosse Breite, aber nur wenige Schwerpunkte auf. Der Fundus für die Gebäudedekoration: Die Verwendung der Kunstwerke für die Dekoration der Büros, Sitzungsräume, Eingangssituationen etc. oder die Kunst am Bau im Aussenraum ist die zweite, historisch verankerte Zweckbestimmung der Ankaufstätigkeit. Diese Ankaufsstrategie fragt nach der Eignung der Kunstwerke für die Ausschmückung von Gebäuden: Lassen sie sich gut hängen oder stellen? Bilden sie das passende Dekor? Entsprechen sie einem speziellen Bedürfnis nach Repräsentation? Eine Konsequenz dieser Prämisse ist es, dass gewisse künstlerische Medien, Umsetzungen, Inhalte und Stile mehr als andere in Frage kommen. In der Regel eignen sich Gemälde, Zeichnungen, Druckgrafik, Fotografie und Objektkunst für dekorative Zwecke; Video, Neue Medien, Installationen oder Performances hingegen eignen sich selten bis nie für die Gebäudedekoration. Ebenfalls weniger geeignet sind übergrosse Formate, sensible Materialien, „schwierige“ Inhalte, eine dominante, visuelle Präsenz etc. Hingegen entsprechen Werke 7/13 mit hohem Wiedererkennungswert tendenziell dem Repräsentationsbedürfnis besser als Arbeiten von weniger bekannten Kunstschaffenden. Eine weitere Auswirkung dieser Zweckbestimmung ergibt sich aus der praktischen Anwendung: Die Platzierung in öffentlichen Gebäuden ist die Ursache für einen hohen „Verschleiss“ der Kunstwerke durch starke Klimaschwankungen und mechanische Beschädigungen. Das kulturhistorische Archiv: Die Sammlung als Teil eines umfassenden, kulturhistorischen Archivs zu sehen, geht von der historischen Bedeutsamkeit der Objekte aufgrund ihrer spezifischen Aussagekraft oder ihrer Beispielhaftigkeit in einem bestimmten Kontext aus. So können unter dem Aspekt des Archives z.B. Bestände aufgenommen werden, die „typisch“ sind für eine bestimmte künstlerische Haltung, für einen künstlerischen Zeitgeist oder für eine spezifische Sammel- oder Ausstellungstätigkeit, ohne dass sich die einzelnen Kunstwerke zwingend durch eine herausragende, künstlerische Qualität auszeichnen müssen. In Reinform bringt die Zielvorstellung des Archives für die Ankaufsstrategie kaum Einschränkungen oder Leitlinien mit sich und erlaubt es, so gut wie jedes Objekt, das der vorgegebenen Gattung entspricht, in eine Sammlung aufzunehmen. Die Museumssammlung: In den Sammlungsstrategien der Kunstmuseen hingegen kommen für gewöhnlich hohe qualitative Ansprüche sowie bestimmte regionale, stilistische und inhaltliche Kriterien oder mit einzelnen Kunstschaffenden verbundene Interessen zum Tragen. Ausserdem streben Museen danach, in ihrer Sammeltätigkeit Schwerpunkte auszubilden, d.h. in einzelnen Beständen quantitativ und qualitativ stark zu sein, auf Kosten anderer Bereiche, die sie im Gegenzug weniger oder nicht abdecken. Erst solche Schwerpunkte (z.B. „Sammlung Robert“ im NMB) geben einem Museum eine Grundlage für die eigene Ausstellungstätigkeit sowie ein gewisses Gewicht im institutionellen Leihverkehr. Eine Ankaufstätigkeit, die auf die Verwendung der Sammlung im musealen Kontext abzielt, muss also in erster Linie auf hohe Qualität achten und umfangreichere, klar definierte Werkgruppen ausbilden. Es ist klar, dass sich einige dieser Zielvorstellungen recht gut miteinander verbinden lassen und dabei relativ grosse Schnittflächen ausbilden, dass sich aber auch eklatante Widersprüche ergeben, wenn alle Vorgaben in gleichem Masse gelten sollen. Zielkonflikte ergeben sich z.B., wenn: • ausgehend vom Fördergedanken bei vielen jungen, weniger bekannten Kunstschaffenden einzelne Werke angekauft werden; eine dekorative oder museale Verwendung hingegen nach vielen wichtigen und repräsentativen Werke von einigen herausragenden Kunstschaffenden verlangt; • bedeutende Werke angekauft werden, die als Ausstattungsobjekte in Gängen und Sitzungszimmern zu Schaden kommen, und für eine angemessene konservatorische Betreuung und Restaurierung keine Mittel vorhanden sind; • Kunstwerke jeder Art, Qualität und Menge in ein aufnahmebereites „Kunstarchiv“ übernommen werden, ohne dass ein gesetzlicher Auftrag respektive die notwendigen personellen, strukturellen und finanziellen Ressourcen hierfür vorhanden sind; • die Sammlung von ihrer Qualität, Struktur, ihrem Erhaltungszustand und ihrer inhaltlichen Aufarbeitung den Ansprüchen einer musealen Vermittlung nicht entspricht, und gleichzeitig ihre mangelnde Sichtbarkeit oder Ausstellungspräsenz bemängelt wird. Die zukünftige Strategie für die Sammlung der Stadt Biel muss also einzelne Zielvorstellungen in den Vordergrund stellen und Akzente setzen, während andere in den Hintergrund treten. 8/13 6. Das Umfeld der institutionellen Kunstsammlungen in der Stadt Biel Sammlung Stiftung Ernst Anderfuhren (wurde privat finanziert, Verantwortung bei Stadt Biel) Der Zweck der Stiftung Ernst Anderfuhren ist es, junge, bildende Kunstschaffende aus der Region vor Vollendung ihres vierzigsten Lebensjahres zu unterstützen. Zwischen 1978 und 1998 wurde dieser Zweck auch mittels Werkankäufen erfüllt. Die daraus resultierende Sammlung enthält um die 125 Werke und wird zusammen mit der Städtischen Kunstsammlung gelagert und konserviert. Die Sammlung wird seit einigen Jahren nicht mehr erweitert. Sammlung Kunsthaus CentrePasquArt (Erweiterungen privat finanziert) Die Kunsthaus-Sammlung CentrePasquArt begann ihre Sammlungstätigkeit 1990 und im gleichen Jahr wurde dafür die Stiftung Kunsthaus–Sammlung errichtet. Die Sammlungstätigkeit begründete auf dem Gedanken, dass das Kunsthaus CentrePasquArt eher Leihgaben erhalten würde, wenn es selbst ebenfalls Werke ausleihen könnte. Gleichzeitig wollte man das Profil des Kunsthauses durch eine eigene, überregionale Sammlung stärken, ein Archiv des Ausstellungsprogramms des Kunsthauses schaffen und eine Anlaufstelle für angebotene Schenkungen, Künstlergeschenke und -deposita zur Verfügung stellen. Synergien und Ergänzungseffekte mit der Sammlung der Stadt Biel waren ursprünglich durchaus vorgesehen, sind aber später in den Hintergrund gerückt. Die Kunsthaus-Sammlung CentrePasquArt umfasst heute um die 1‘800 Werke von über 130 Künstlerinnen und Künstlern, mehrheitlich aus den Jahren 1970-2000. Sie wird im Kunsthaus CentrePasquArt gelagert und in kleinen thematischen Präsentationen im Sammlungsraum des Kunsthauses sowie alle vier Jahre in einer umfassenden Sammlungsausstellung gezeigt. Die Eigentümerin ist nicht das Kunsthaus selbst, sondern die Stiftung Kunsthaus-Sammlung CentrePasquArt. Das jährliche Ankaufsbudget beträgt ca. CHF 40‘000 und wird durch den Gönnerverein der Stiftung aufgebracht. Hinzu kommen zahlreiche Schenkungen, die in die Sammlung aufgenommen wurden. Das Sammlungsprofil spiegelt im Wesentlichen das regionale künstlerischen Schaffen der1970-er bis 90-er Jahre sowie das Ausstellungsprogramm der unterschiedlichen Direktorinnen und Direktoren und umfasst überregionale respektive internationale Positionen. Was den Anteil regionaler Kunst der 1970er bis 90er-Jahre betrifft, zeigen sich Überschneidungen zu den in der städtischen Kunstsammlung vertretenen Kunstschaffenden aus der betreffenden Zeitspanne. Sammlung Kunstverein (Finanzierung selbsttragend) Der Kunstverein Biel begann bereits bei seiner Gründung im Jahr 1891 eine Sammlung anzulegen. Ihr bescheidener Umfang geht darauf zurück, dass sie eher als Nebenprodukt der Vereinstätigkeit zustande kam. Viele Werke sind Legate, und die Zusammensetzung der Sammlung ist denn auch recht heterogen. Seit 1967 findet die Aktion Miete statt; ein Teil der Werke aus der Sammlung und Neuankäufe werden den Mitgliedern zu einem bescheidenen Betrag für ein Jahr vermietet. Diese Artothek bestimmt bis heute massgebend die Erweiterung der Sammlung, die zudem durch die jährlichen Neujahrsblätter-Austausche mit andern Kunstvereinen und den selbst edierten Jahresblättern wächst. Die Sammlung wird im CentrePasquArt gelagert und enthält ca. 120 Werke sowohl von regionalen wie auch von Schweizer und internationalen Kunstschaffenden. Bei einem Grossteil der Werke handelt es sich um Druckgrafiken, der Kunstverein besitzt aber auch einige wertvolle Originale. Das Ankaufsbudget kommt durch Verkäufe und Vermietungen der Aktion Miete zustande, beläuft sich auf jährlich ca. CHF 10’000 und ist somit selbsttragend. Für die Konservierung werden nur sehr geringe Mittel aufgewendet, da sich die Sammlung heute eher als „Gebrauchssammlung“ definiert. Dies ist einerseits auf den eher kurzfristigen Sammelfokus und andererseits auf die Abnützung der Werke durch den Verleihbetrieb zurückzuführen. Aus letzterem Grund werden die wirklich wertvollen Werke aus den Ursprüngen der Sammlung auch nicht mehr vermietet. 9/13 Sammlungen des Neuen Museums Biel NMB (Erweiterungen privat finanziert) Das NMB betreut vier verschiedene Sammlungen (z.T. Dauerleihgaben der Stadt Biel): • Die Archäologische Sammlung, die nicht mehr erweitert wird. • Die Sammlung zur Geschichte / Industriegeschichte Biels, die durch Schenkungen oder sehr spezifische Einzelankäufe ergänzt wird. • Die Cinécollection W. Piasio, eine Schenkung, die die technische Geschichte des Kinos dokumentiert und die vom Museum bis heute ergänzt wird. • Vier Kunstsammlungen: Die Sammlung der Stiftung Robert mit ca. 3‘100 Werken (v.a. Pflanzen- und Tieraquarelle und –zeichnungen) der Malerfamilie Robert. Die Sammlung Karl und Robert Walser mit ca. 1‘000 Werken. Sie wird durch gelegentliche Erwerbungen ergänzt. Die Sammlung Ramuz-Illustratoren umfasst an die 600 Zeichnungen und Drucke. Sie geht auf ein Depositum der Stiftung Hans-Ulrich Schwaar zurück und wird durch gelegentliche Erwerbungen ergänzt. Die Sammlung zur regionalen Kunstgeschichte mit ca. 620 Werken. Dieser Sammlungsbereich wird v.a. themenorientiert erweitert (z.B. Landschaftsdarstellungen des Juras und Seelands vom 17. bis frühen 20. Jh.). Bei Neuerwerbungen werden die Sammlungsbestände der Stadt Biel in die Überlegungen miteinbezogen. Mit Ausnahme der oben erwähnten Kunstschaffenden sind die Neuerwerbungen der Kunstsammlungen des NMB eng mit der Ausstellungsstrategie verknüpft und basieren mehr auf thematischen Schwerpunkten als auf einer bestimmten Autorschaft. Die Ankäufe werden nicht aus öffentlichen Mitteln, sondern aus einem privat geäufneten Fonds getätigt. Das NMB verwaltet seine Sammlungen mit einem eigens hierfür reservierten Konservierungsbudget. Ein Teil der Sammlungen (Archäologie, Philippe Robert) ist zusammen mit der städtischen Kunstsammlung im Depot Battenberg eingelagert. Die übrigen Werke werden im NMB aufbewahrt. 7. Die Kunstsammlung der Stadt Biel Geschichte Grundstock der Kunstsammlung der Stadt Biel ist die Gemäldesammlung des Museums Schwab, der bereits bei der Eröffnung des Museums 1873 ein eigener Saal gewidmet war. Sie besteht weitgehend aus privaten Schenkungen. Seit 1902 wurde die Sammlung auch durch Bundesdepositen erweitert. Die Ankaufstätigkeit blieb vorerst jedoch infolge der spärlichen Kredite eher bescheiden und verunmöglichte einen systematischen Ausbau der Kunstsammlung. Seit 1892 sammelte das Museum auch topographische Ansichten von Biel und Umgebung, darunter Arbeiten bekannter Künstler wie Aberli, Sprüngli, Lory u.a. 1942 beschloss der Gemeinderat, das Museum Schwab von einem Mehrsparten- in ein reines Archäologiemuseum umzuwandeln und für die Kunstsammlung ein eigenes Museumsgebäude zu erstellen. Die Kunstsammlung wurde eingelagert und Teile davon nur noch sporadisch ausgestellt. Die Sammlungstätigkeit wurde aber weitergeführt und das Museum Schwab erhielt in der Folge zahlreiche bedeutende Schenkungen von Privaten. Auch die Sammlung topographischer Ansichten wurde von der Museumskommission systematisch erweitert. 1981 umfasste die Kunstsammlung des Museum Schwab 1335 Werke. Das geplan- 10/13 te Kunstmuseum hingegen kam nie zustande; seine Funktion wird heute vom Neuen Museum Biel und vom CentrePasquArt wahrgenommen. 1948 setzte der Gemeinderat eine siebenköpfige Kunstkommission ein mit dem Auftrag, Bildankäufe zu beurteilen, die den Schulen und den Büros der Stadtverwaltung als Schmuck zur Verfügung gestellt werden. Dank höherer Ankaufskredite war es in der Folge möglich, die städtische Sammlung qualitativ weiter auszubauen. 2002 wurde die Kunstsammlung des Museum Schwab ins Inventar der städtischen Kunstsammlung integriert. Die Werke der Sammlung Museum Schwab stehen allerdings nicht zur Ausleihe für öffentliche Räume und Büros zur Verfügung; sie sind aber regelmässig in den Ausstellungen des Neuen Museum Biel anzutreffen. 1998 wurden sämtliche städtischen Sammlungen in den ehemaligen Zivilschutzräumen Battenberg untergebracht; seit 2013 erfüllt dieses Depot die Normen des Kulturgüterschutzes. Profil Heute umfasst die städtische Kunstsammlung um die 8‘000 Werke (Legate und Ankäufe). Aufgrund der erst in den 1948 einsetzenden regelmässigen Ankaufstätigkeit weist sie erst ab dieser Zeit das Profil eines Archivs des bildnerischen Kunstschaffens und der Ausstellungstätigkeit in Biel auf. Wegen der Schweizerischen Plastikausstellung, die seit 1954 zwölf Mal in Biel stattgefunden hat, umfasst sie auch viele dreidimensionale Werke. Ankäufe Das Ankaufsbudget wird jährlich festgelegt; es betrug in den letzten Jahren mit einer Ausnahme jeweils CHF 100‘000. Gemäss Ankaufskonzept von 2004 soll die Kommission ihre Ankäufe soweit möglich auf „bedeutendere und teurere Werke vom musealen Typ, sofern sie einen Bezug zur Bieler Kunstszene aufweisen“, konzentrieren. Dies wurde in den Ankäufen der vergangenen zehn Jahren weitgehend eingelöst, mit Ausnahme einzelner Ankäufe, die im Rahmen überregionaler oder internationaler Ausstellungen erfolgten (z.B. Bieler Fototage, Plastikausstellung). Vermittlung Die Kunstsammlung der Stadt Biel ist die erste vollständig auf Internet publizierte städtische Sammlung der Schweiz. Sie verzeichnet eine rege Ausleihe an temporäre Ausstellungen: 100-150 Werke werden jährlich an das NMB und um die 30 Werke an nationale und internationale Institutionen geliehen. An die 1‘600 Werke sind z.Zt. in städtischen Gebäuden und in öffentlichen Räumen platziert. Die regelmässigen Leihanfragen aus der Verwaltung zeugen von der anhaltenden Beliebtheit der Sammlung für dekorative und repräsentative Zwecke. Die Kunstkommission organisiert periodisch in Zusammenarbeit mit dem CentrePasquArt Ausstellungen, in denen die Erwerbungen der letzten Jahre einem breiten Publikum präsentiert werden. Konservatorische Betreuung Die nicht ausgeliehenen Werke befinden sich im Depot Battenberg. Sie werden zurzeit von einer Mitarbeiterin der Dienststelle Kultur mit einem 50% Pensum betreut, die sich um die Inventarisierung, die Leihgesuche, die Ein- und Ausgänge resp. Transporte kümmert. Einzelne Restaurierungsmassnahmen an wichtigen Werken wurden in den letzten Jahren bei externen Restauratoren in Auftrag gegeben. Für diese Aufgaben sind Mittel in mehreren Sachkonti eingestellt. Die jährlichen Gesamtaufwendungen für Restaurierungen, Platzierungen und Sammlungsunterhalt liegen im Durchschnitt bei ca. CHF 30‘000. 11/13 Stärken und Schwächen Das Sammlungsprofil, die Verwaltung und Vermittlung der Sammlung sowie die Ankaufspraxis weisen nach Einschätzung der Kunstkommission einige Stärken und Schwachpunkte auf, die im Folgenden kurz erläutert werden sollen. Stärken: • Die Sammlung ist ein einmaliges Dokument des Bieler Kunstschaffens der letzten hundert Jahre. Keine andere Sammlung in der Stadt Biel ist in dieser Breite und Qualität mit der städtischen Sammlung vergleichbar; keine andere Institution verfolgt eine vergleichbare Ankaufsstrategie. • Die Sammlung ist mit der Internet-Datenbank gut dokumentiert und publiziert. • Die jährlich ca. 100-150 Leihgaben an Ausstellungen des NMB sowie ca. 30 Leihgaben an die Ausstellungen anderer Museen belegen den kunst- und kulturhistorischen Wert der städt. Kunstsammlung und ihren Nutzen für die museale Vermittlung. • Die Werke finden rege Verwendung für dekorative und repräsentative Zwecke in den öffentlichen Gebäuden der Stadt Biel. • Insbesondere durch die Schule für Gestaltung gibt es vor Ort eine vitale und spannende Szene mit jungen Kunstschaffenden. Sie profitieren von der Ankaufstätigkeit der Stadt und den Wettbewerben für die Kunst am Bau. Für die Sammeltätigkeit wiederum bietet sich ein spannendes Substrat junger zeitgenössischer Kunst. • Mit dem Depot Battenberg stehen Lager- und Verwaltungsräume zur Verfügung, die den heutigen konservatorischen Anforderungen genügen. Schwächen: • Die Sammlung besitzt 7‘973 Werke von 1‘634 Kunstschaffenden, von vielen Kunstschaffenden sind nur sehr wenige, zum Teil sogar nur ein Werk in der Sammlung. Für eine museale Verwendung, die mit quantitativ und qualitativ bedeutenden Beständen arbeiten will, sind zu wenige Schwerpunkte ausgebildet. • Zahlreiche bedeutende Bieler Kunstschaffende sind in späteren Jahren aus der Region weggezogen (fehlender Kunstmarkt) und deshalb in der Sammlung schlecht dokumentiert (Marie-José Burki, Claude Sandoz, Relax etc.). • Die Sammlung enthält Werke von Kunstschaffenden, die im Rahmen der national und international besetzten Ausstellungen gezeigt und angekauft wurden und keinen weiteren Bezug zu Biel aufweisen. Solche „Solitäre“ in der Sammlung finden im Ausstellungsbetrieb nur selten Verwendung. • Die Sammlung könnte in der breiten Öffentlichkeit bekannter sein. • Es fehlt an einer konstanten und planmässigen Betreuung der Sammlung durch Fachrestauratoren. Der konservatorische Zustand zahlreicher Werke ist unbefriedigend und widerspricht langfristig einer Verwendung der Sammlung im musealen Kontext. 12/13 8. Die Empfehlungen der Kunstkommission Gesamteinschätzung Der Kunstplatz Biel zeichnet sich durch eine junge, aussergewöhnlich kreative Kunstszene aus. Dies ist zum einen der Tätigkeit der Schule für Gestaltung Bern Biel zu verdanken, zum anderen dem besonderen kulturellen Klima der Stadt, das eine experimentelle und transkulturelle Praxis befördert. Die Stadt Biel besitzt mit ihrer Kunstsammlung ein einmaliges Zeugnis ihrer Geschichte und Kultur. Die Sammlung weist für die Zeit ab 1950 eine repräsentative Breite und eine künstlerische Qualität auf, die sie zu einer wichtigen Basis für den Ausstellungsbetrieb der Museen werden lässt, insbesondere des NMB. Die Sammlung ist inventarisiert und über Internet publiziert. Zahlreiche Werke sind in den Bauten der städtischen Verwaltung zu sehen. Die Sammlung bildet in dieser Form einen wichtigen und präsenten Teil des kulturellen Erbes und der kulturellen Identität der Stadt und Region Biel. Sie muss als solche weiterhin erhalten und vermittelt werden. Ankäufe, Schenkungen Die Kunstkommission schlägt vor, für die Neuerwerbungen in Zukunft zwei Ziele in den Vordergrund zu stellen: 1. Davon ausgehend, dass Biel in erster Linie eine spannende Plattform für junge Kunst ist, während Kunstschaffende, die den Erfolg im Kunstmarkt suchen, oftmals in grössere Städte wegziehen, soll ein Teil der Ankäufe weiterhin bei jungen respektive noch wenig etablierten, aber in ihrer Arbeit besonders interessanten Künstlerinnen und Künstlern getätigt werden. Diese Ankäufe konzentrieren sich auf das regionale Kunstschaffen; Werke von Künstlerinnen und Künstlern, die keine Verbindung zu Biel aufweisen, werden nicht mehr angekauft. 2. Ein anderer Teil der Ankäufe soll deutlicher auf eine (spätere) museale Verwendung und Vermittlung ausgerichtet sein, so dass die vor Ort aktiven Institutionen – an erster Stelle das NMB und allenfalls das CentrePasquArt – aus der Sammlung heraus das regionale Kunstschaffen wissenschaftlich aufarbeiten, dokumentieren und vermitteln können. Diese zwei Kriterien sollen in Zukunft nicht nur die Basis für die Ankäufe, sondern auch für die Annahme von Schenkungen bilden. Mit beiden Ausrichtungen verbindet sich das Ziel, die wichtigen Bieler Kunstschaffenden einer Generation mit einer Reihe von herausragenden Arbeiten zu dokumentieren. Dies geschieht in Abgrenzung zu einer breiten Förderung oder Dokumentation des Kunstschaffens oder der Ausstellungstätigkeit (z.B. Ankäufe anlässlich der Bieler Fototage, der Ausstellungen im Centre PasquArt von Künstlern ohne direkten Bezug zu Biel, etc.). Eine Ausnahme wären allenfalls Ankäufe an der Schweizerischen Plastikausstellung, die wenn Werke sich an einem Ort in Biel hervorragend verorten (z.B. „Beautiful Steps“ von Lang/Baumann oder „Begehbare Figuren“ von Jürg Altherr) - die Möglichkeit bieten, hochwertige Kunst im öffentlichen Raum zu präsentieren und dieso massgebend zur Vermittlung von Biel als wichtigem Kulturzentrum beizutragen. Für die Kunstkommission heisst das, dass sie zum einen aufmerksam die junge Kunstszene beobachtet, zum anderen auch die etablierteren und die ehemals in der Region tätigen Kunstschaffenden für Ankäufe in Betracht ziehen muss, wenn dadurch wichtige Bestände komplettiert werden. Die Kommission muss Sammlungsschwerpunkte definieren, die sie periodisch diskutiert und allenfalls retrospektiv ergänzt. Der engere Austausch mit der Kulturkommission und deren Förderungstätigkeit im Bereich der visuellen Künste bildet dabei ein weiteres Instrument. In diesem Zusammenhang wird auch der Sitzungskalender der Kunstkommission angepasst. Es werden zukünftig pro Jahr 4 administrative Sitzungen, 6-8 Atelierbesuche anlässlich von 3-4 Sitzungen, 2-3 Ausstellungsbesuche und eine Sitzung zur Jurierung des Prix Anderfuhren vorgesehen. 13/13 Vermittlung Die Sammlung hat eine recht erfreuliche Präsenz über den Online-Sammlungskatalog, die Ausstellungstätigkeit des NMB und die Präsentation der Werke in den Gebäuden der Verwaltung. Die Kunstkommission möchte sich weiterhin für eine profunde Dokumentation und hohe Sichtbarkeit der angekauften Arbeiten einsetzen, indem sie der Dienststelle für Kultur die Informationen und Begründungen zu den Ankäufen für die Datenbank übermittelt und die periodische Präsentation der angekauften Werke im Rahmen einer Ausstellung weiterführt und allenfalls ausbaut. Anzudenken ist diesbezüglich, ob die Kommunikationspolitik der Stadt Biel, die Arbeit der Kunst- und der Kulturkommission nicht klarer in ein Konzept mit einbezieht und z.B. koordiniert über Preise und Auszeichnungen, über Erfolge der Bieler Kultur und wichtige Ankäufe, Kunst am Bau oder Platzierungen von Kunst im öffentlichen Raum berichtet. Konservatorische Betreuung und Inventarisierung der Sammlung Während das Depot Battenberg, die Inventarisierung und Vermittlung der Kunstwerke durchaus den Anforderungen an ein zeitgemässes Sammlungsmanagement genügen, fehlt es weitgehend an einer präventiven Konservierung und Restaurierung der Kunstwerke. Die Kunstkommission schlägt vor, zusammen mit der Dienststelle Kultur über die Möglichkeiten zu diskutieren, wie hier eine Verbesserung zu erreichen ist. Zudem sollte die Dienststelle Kultur für museale Kunstwerke und Sammlungsbestände sicherstellen, dass die konservatorischen Bedingungen (Klima, Sicherheit) am Ort ihrer Präsentation den Standards der Museumswelt entsprechen. In Büros, Korridoren, Sitzungszimmern etc., in denen dies nicht gewährleistet ist, sollten keine besonders wichtigen oder fragilen Kunstwerke mehr platziert werden. Einerseits um in der Kommunikation über die Städtische Kunstsammlung präzisere Aussagen machen zu können, andererseits um das Werkverzeichnis zu bereinigen, müssen folgende Aspekte genauer untersucht werden, als dies im Rahmen dieser Arbeit getan werden konnte: Schenkungen, Kunst am Bau Stadt Biel, Kunst am Bau Kanton Bern, Dauerleihgaben, verschwundene Objekte. Synergien, Zusammenarbeit Der Überblick über die weiteren Kunstsammlungen in der Stadt Biel zeigt, dass sich in erster Linie mit der Sammeltätigkeit der Sammlung Stiftung Kunsthaus-Sammlung CentrePasquArt und der Sammlung regionaler Kunstgeschichte des NMB gewisse Synergien ergeben. Die Sammlung Stiftung Kunsthaus erwirbt in den letzten Jahren vor allem Werke von Kunstschaffenden des internationalen Ausstellungsbetriebes, was eine willkommene Ergänzung zur regionalen Fokussierung der städtischen Ankäufe ist. Das Verhältnis zum NMB hingegen kennzeichnet sich durch den Wunsch, dass die Ankäufe, die die Kunstkommission heute veranlasst, weiterhin einen wichtigen Fundus für die Ausstellungstätigkeit des NMB bilden. Sowohl die Ankäufe der Stiftung Kunsthaus-Sammlung wie auch diejenigen des NMB werden unabhängig vorgenommen und mit privaten Geldern finanziert. Die städtische Ankaufsstrategie kann für diese Institutionen also keine unmittelbaren Konsequenzen haben. Die Kunstkommission empfiehlt dennoch, dass unverbindlich periodische, informative Gespräche unter den Institutionen stattfinden, in denen auch die Ankaufsstrategien sowie andere verbindende Fragen und Probleme, wie z.B. die Depotsituation oder die konservatorische Betreuung der Sammlungen, erörtert werden. Eine erweitere Diskussion kann allenfalls auch mit dem Kunstverein in Betracht gezogen werden.
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