Aktuelle Rechtsprechung zu Kfz-Schäden in Waschanlagen

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DAR 9/2016
Aktuelle Rechtsprechung zu Kfz-Schäden in Waschanlagen
Von Dipl. Jur. Steffi Lehre, Assessorin, München*
In Kürze
Diese Rechtsprechungsübersicht knüpft an die Beiträge von Frau Katrin Elkner in DAR 2011, 507 ff. und
Frau Steffi Winter in DAR 2013, 541 ff. an.
Es wird die Rechtsprechung der letzten drei Jahre
dargestellt.
Nach einem Waschanlagenbesuch kommt es leider
immer wieder vor, dass das Fahrzeug Schäden aufweist,
die vor dem Besuch der Waschanlage noch nicht vorhanden waren.
Streitigkeiten um Schäden, die durch die Autowaschanlage entstanden sind, führen nach wie vor wegen der schwierigen Beweislage oft zu unbefriedigenden
Ergebnissen. Regelmäßig muss dann ein Sachverständigengutachter hinzugezogen werden, um die genaue
Schadensursache zu ermitteln.
Hinzu kommt, dass es aufgrund der in der Regel
niedrigen Streitwerte keine höchstrichterlichen Entscheidungen gibt und die Instanzrechtsprechung bisher
eine klare Linie vermissen lässt.
I.Verkehrssicherungspflichten
1. Das OLG Saarbrücken 1 lehnte den Anspruch auf
Schadenersatz gegen den Betreiber der Waschanlage ab. Ihm
sei keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht oder einer
vertraglichen Schutzpflicht vorzuwerfen.
Das Auto der Klägerin hatte nach Benutzung einer Por­
tal­wasch­anlage Kratzer im Lack. Eine Überprüfung der Anlage ergab, dass die Schäden durch eine abgerissene, etwa
30 cm lange Dachantenne verursacht worden waren. Die
Autofahrerin klagte auf Zahlung der Reparaturkosten. Der
Betreiber verweigerte das mit der Begründung, er sei für den
Schaden nicht verantwortlich, die abgebrochene Antenne
könne nur von einem Fahrzeug stammen, das unmittelbar vor
dem beschädigten Auto die Waschanlage benutzt hatte. Die
Beschädigung habe er somit nicht verhindern können.
Das Gericht war der gleichen Auffassung. Der entstandene Lackschaden am Auto der Klägerin sei unvermeidbar gewesen und lasse sich nicht auf eine Fehlfunktion der Waschanlage zurückführen, die der Betreiber zu verantworten habe.
Nur eine lückenlose Kontrolle nach jedem einzelnen Waschvorgang hätte den Schaden verhindern können. Dies sei dem
Betreiber einer Portalwaschanlage jedoch nicht zuzumuten.
Die Anlage muss nach Auffassung des OLG auch nicht
im Zwei- oder Drei- Stunden Takt gewartet oder kontrolliert
werden.
Die Frage, welche Sorgfalt ein Betreiber einer Portalwaschanlage aufwenden muss, um den Verkehr vor Schäden zu
bewahren, ist jedoch grundsätzlich jeweils für den Einzelfall
zu beantworten.
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2. Nach einem Urteil des LG Hannover 2 haftet der
Betreiber einer Waschstraße für den Schaden, der an einem
Fahrzeug dadurch entsteht, dass er den Heckscheibenwischer
eines zu reinigenden Fahrzeugs nicht mit einer Schutzfolie
abdeckt und dieser deshalb beim Waschen abgerissen wird.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ließ sein
Fahrzeug in der an die Tankstelle des Beklagten angeschlossenen Waschanlage waschen. Nach Beendigung des Waschvorganges stellte er eine Beschädigung der Heckklappe, des
Heckscheibenwischers und der Heckscheibe fest.
Durch die von oben nach unten über die Heckscheibe
streichende Waschbürste ist der nach hinten aufstellbare
Heckscheibenwischer infolge der deutlichen Reibungswiderstände von der Heckscheibe abgehoben und nach hinten
aufgerichtet worden. In weiterer Folge haben sich einzelne
Bürstenfasern in dem Heckscheibenwischer verklemmt und
diesen in der Rotationsbewegung abgerissen. Hierdurch wurde die Heckklappe verformt und die fest eingeklebte Heckscheibe verspannt, sodass sie schließlich aufgrund der hohen
Belastung geborsten ist. Eine Schutzhülle für den Heckscheibenwischer hätte dies effektiv verhindert.
Die Nichtverwendung von Schutzhüllen für Heckscheibenwischer stellt demnach eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Betreibers dar.
3. In Übereinstimmung mit dem Urteil des LG Hannover, gab auch das AG Brandenburg 3 der Klage, die auf Schadensersatz wegen eines beschädigten Heckscheibenwischers
gerichtet war, statt.
Der komplette Heck-Scheibenwischer des klägerischen
Pkws wurde während des Waschvorgangs nebst Halterung
aus der Heck-Klappe des Fahrzeugs herausgerissen, weil keine Kunststoff- bzw. Plastik-Tüte/-Kappe zur Sicherung des
Heck-Scheibenwischers benutzt wurde.
Zwar hat die Klägerin vorliegend nicht darauf hingewiesen,
dass ihr Fahrzeug mit einem Heck-Scheibenwischer ausgestattet
ist. Es ist jedoch, aufgrund der Komplexität einer Autowaschanlage, von den Mitarbeitern des Betreibers ohne weiteres zu verlangen, dass sie einen Kunden danach befragen, ob sein Fahrzeug
einen Heck-Scheibenwischer hat und bei Bejahung dieser Frage
darauf bestehen, dass der Kunde dann auch eine zu übergebene
Schutzhülle über diesen Heck-Scheibenwischer überzieht.
Unterbleibt die Befragung des Kunden und kommt es
aufgrund der fehlenden Schutzhülle zu Beschädigungen
am Heckscheibenwischer, liegt eine Pflichtverletzung des
Waschanlagenbetreibers vor.
4. Aufgrund eines weit überwiegenden Mitverschuldens
des Klägers tritt die Haftung der Beklagten als Waschanlagenbetreiberin für die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht gänzlich zurück.