Zehn Fragen – Zehn Antworten - Bundesverband Legasthenie und

www.bvl-legasthenie.de,
06/07
Unser Kind hat eine Lese-Rechtschreibstörung –
Was können wir tun? Worauf müssen wir achten?“
Die schulische Vorgehensweise bei Legasthenie/LRS ist in 16 Bundesländern
unterschiedlich durch Erlasse geregelt. Die Erlasse können auf der Homepage
www.bvl-legasthenie.de unter „Landesverbände“ nachgelesen werden. Ebenso
finden sich hier die Ansprechpartner in unseren Landesverbänden, die bestehende
Fragen gerne beantworten. Frau Palme erreichen Sie über unser bundesweites
Beratungstelefon unter 0700/31 87 38 11.
Hier nun die Fragen, die in der Beratung am häufigsten gestellt werden.
1. Ich bin nicht sicher, ob mein Kind eine Legasthenie/LRS hat. Was soll ich tun?
2. Ich habe beim Jugendamt angerufen. Dort kann man mir keine Anlaufstellen für
eine Testung nennen. Wen kann ich ansprechen?
3. Ich habe einen Termin mit der Deutschlehrerin meines Sohnes ausgemacht. Er
ist im dritten Schuljahr und hat große Probleme beim Rechtschreiben. Die
Lehrerin meinte, es würde sich auswachsen und ich solle abwarten. Wie lange
soll ich nun noch warten?
4. Mein Kind hat eine Legasthenie/LRS. Bei wem muss ich den Antrag stellen,
dass die Rechtschreibleistung nicht in die Gesamtleistungs-bewertung einfließt?
5. Mein Sohn macht nun auch im Englischen viele Rechtschreibfehler, die alle als
ganzer Fehler gewertet werden, obwohl er die Vokabeln gelernt hat. Wie kann
ich helfen?
6. Wie wichtig ist die Lesefähigkeit? Ist diese – im Hinblick auf die weiterführende
Schule – wichtiger als die Rechtschreibfähigkeit?
7. Das tägliche Üben ist quälend und wir haben den Eindruck, dass es nicht
wirklich hilft. Der Rat, mehr zu üben, wird von der Lehrerin unseres Sohnes
aber immer wieder gegeben. Jetzt gibt es ständig Krach zu Hause und die
Rechtschreibleistungen werden eher schlechter als besser. Was können wir
tun? Unser Sohn bekommt zusätzlich außerschulischen Förderunterricht.
8. Ich habe beim Gespräch mit der Lehrerin um Berücksichtigung des Erlasses
gebeten, aber diese meinte, sie könne ihn nicht anwenden, weil dann die
anderen Schüler benachteiligt würden. Wie kann ich argumentieren?
9. Die Lehrerin hat mir erklärt, dass sie bei einer derart großen Klasse (29
Schüler) und derart vielfältiger Probleme (LRS / Dyskalkulie / ADS /
Konzentrationsstörungen) keinen zusätzlichen Förderunterricht für mein Kind
einrichten kann; es stünden auch keine ausgebildeten LRS-Fachkräfte zur
Verfügung. Was kann ich ihr sagen?
10. Meine Tochter hat eine Realschul-Empfehlung. Nun habe ich aber mit meinem
Mann besprochen, dass wir sie lieber auf eine Hauptschule geben, um ihr zu
ersparen, dass der leidvolle Grundschulweg sich nun in der weiterführenden
Schule fortsetzt. Wie ist Ihr Rat?
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nur zum privaten Gebrauch für Mitglieder, Vervielfältigung untersagt
1.
Ich bin nicht sicher, ob mein Kind eine Legasthenie/LRS hat. Was soll ich
tun?
Bitte sprechen Sie die Problematik zunächst mit der Lehrerin/dem Lehrer durch.
Ebenso können Sie sich für eine Beratung an die Ansprechpartner in unseren
Landesverbänden wenden.
2.
Ich habe beim Jugendamt angerufen. Dort kann man mir keine
Anlaufstellen für eine Testung nennen. Wen kann ich ansprechen?
Sprechen Sie die Problematik mit dem Kinderarzt durch. Lassen Sie sich eine
Überweisung zu einem Facharzt für Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie, psychotherapie geben, der eine detaillierte Diagnostik nach ICD-10 durchführen
kann.
3.
Ich habe einen Termin mit der Deutschlehrerin meines Sohnes
ausgemacht. Er ist im dritten Schuljahr und hat große Probleme beim
Rechtschreiben. Die Lehrerin meinte, es würde sich auswachsen und ich
solle abwarten. Wie lange soll ich nun noch warten?
Wenn auch im dritten Schuljahr noch nachhaltige Probleme bestehen, sollte
schnellstens eine Diagnostik erstellt werden. Eine Legasthenie „wächst sich nicht
aus“, mit Sicherheit aber das Ausmaß des Versagens. Das Kind wird – wenn nicht
interveniert wird – sein Verhalten an den ständigen Misserfolgen orientieren und
letztlich meinen, es sei „für alles zu dumm“.
Weitere Unterstützung und Argumentationshilfen erhalten unsere Mitglieder über
unser bundesweites Beratungstelefon sowie die Ansprechpartner in den einzelnen
Landesverbänden.
4.
Mein Kind hat eine Legasthenie/LRS. Bei wem muss ich den Antrag
stellen, dass die Rechtschreibleistung nicht in die Gesamtleistungsbewertung einfließt?
Die schulische Vorgehensweise, Zuordnung zum Personenkreis und die
Leistungsbewertung sind durch die Runderlasse der einzelnen Bundesländer
(unterschiedlich) geregelt. Setzen Sie sich bitte mit den Ansprechpartnern in dem für
Sie zuständigen Landesverband in Verbindung.
5.
Mein Sohn macht nun auch im Englischen viele Rechtschreibfehler, die
alle als ganzer Fehler gewertet werden, obwohl er die Vokabeln gelernt
hat. Wie kann ich helfen?
Bitte sprechen Sie die Problematik mit dem Englischlehrer/der Englischlehrerin in
Ruhe durch. Es wäre hilfreich, Vokabelkenntnisse vorwiegend mündlich abzufragen.
Die Runderlasse der einzelnen Bundesländer berücksichtigen bezügl. der
Leistungsbewertung zumeist auch die Problematik in den Fremdsprachen. Auch hier
sollte das Gespräch mit der Schule gesucht werden.
Für Sie als Mitglied steht Ihnen eine Tabelle zur Verfügung, die bei der
Leistungsbewertung hilfreich ist. Es sollte eine differenzierte Leistungsbewertung
vorgenommen werden Liegt ein Fehler als Verstoß gegen die grammatikalischen
Regeln der englischen Sprache vor oder wirkt sich die bestehende
Rechtschreibproblematik auf das Fach Englisch aus?.
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Grammatikalische
Fehler
(„Verstoß gegen die Regeln der
englischen Sprache“)
Beispiel : to go, went, gone
Schreibt ein Schüler “he goed“,
ist dies als Fehler zu bewerten…
Schreibt ein Schüler "long time
went", ist dies als Fehler zu
bewerten…
Transfer-Fehler aus einer LRS
im Fach Deutsch
Beispiel: Was? - What?
Was? - What?
to go, went, gone
Schreibt ein Schüler „hi wänt“, ist
dies ein Transferfehler...
Schreibt ein Schüler „“long teim
gonn“, sind dies Transferfehler....
Schreibt ein Schüler "was", ist Schreibt ein Schüler "wot", ist
dies als Fehler zu bewerten…
dies ein Transfer-Fehler…
We met in front of the school at
7.00 a.m. You wasn´t allowed to
be late, our ferry leaved at 7.20.
All of you had to brought 9 € for
the visit to Madame Tussaud´s.
You was able to taken money
with you.
We met in front of the skul at
7.00 a.m. You weren´t allaud to
bi late, our ferry left at 7.20. All of
you had to bring 9 € for the wisit
to Madame Tussaud´s. You were
abel tu take money with you.
6.
Wie wichtig ist die Lesefähigkeit? Ist diese – im Hinblick auf die
weiterführende Schule – wichtiger als die Rechtschreibfähigkeit?
Ja, die Lesefähigkeit hat einen höheren Stellenwert. Gerade in der weiterführenden
Schule geht es vorwiegend um das (Er)Lesen von Texten. Durch ausreichende
Lesefähigkeit wird die Voraussetzung dazu geschaffen, Inhalte zu erkennen und
Aufgabenstellungen zu verstehen. Wenn – hinsichtlich der Rechtschreibleistung –
Nachteilsausgleiche gemäß der Vorgabe der einzelnen Runderlasse gewährt werden
und es auf Inhalte ankommt (und nicht auf die Rechtschreibung), ist die positive
Lernstruktur gewährleistet, die Schülern mit LRS hilft, am aktuellen Lernstoff aktiv
mitzuarbeiten. Vor allem werden Selbstbewusstsein und Motivation unterstützt, wenn
der Schüler/die Schülerin merkt, dass es auf die von ihm dargestellten Inhalte
ankommt und nicht in erster Linie auf die „äußere Form“.
7.
Das tägliche Üben ist quälend und wir haben den Eindruck, dass es nicht
wirklich hilft. Der Rat, mehr zu üben, wird von der Lehrerin unseres
Sohnes aber immer wieder gegeben. Jetzt gibt es ständig Krach zu Hause
und die Rechtschreibleistungen werden eher schlechter als besser. Was
können wir tun? Unser Sohn bekommt zusätzlich außerschulischen
Förderunterricht.
Sprechen Sie mit der Therapeutin die Problematik durch. Eltern können durchaus als
„Co-Therapeuten“ tätig werden, aber nur in Absprache mit den Therapeuten. Hilfreich
hat sich insbesondere das Lesen erwiesen. Hier kann gemeinsam oder auch mit
verteilten Rollen gelesen werden. Über das Lesen bekommt das Kind Einsicht in den
Sinn der Schriftsprache. Es ist ein aktiver Vorgang, der allein und im
Familienverband durchgeführt werden kann. Aktuelle Leseempfehlungen finden Sie
auf unserer Homepage; ebenso im Internet unter www.stiftung-lesen.de.
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nur zum privaten Gebrauch für Mitglieder, Vervielfältigung untersagt
8.
Ich habe beim Gespräch mit der Lehrerin um Berücksichtigung des
Erlasses gebeten, aber diese meinte, sie könne ihn nicht anwenden, weil
dann die anderen Schüler benachteiligt würden. Wie kann ich
argumentieren?
Die Runderlasse in den einzelnen Bundesländern sind als Nachteilsausgleich
gedacht
und
stellen
keine
Bevorzugung
der
Kinder
mit
LeseRechtschreibschwierigkeiten dar. Signalisieren Sie der Lehrerin, dass Sie auf ihre
Unterstützung angewiesen sind. Bitten Sie sie, der Klasse – unter Einsatz ihres
pädagogischem Fingerspitzengefühls – zu erklären, dass jeder einzelne Schüler die
Unterstützung bekommt, die er tatsächlich braucht.
9.
Die Lehrerin hat mir erklärt, dass sie bei einer derart großen Klasse (29
Schüler) und derart vielfältiger Probleme (LRS / Dyskalkulie / ADS /
Konzentrationsstörungen) keinen zusätzlichen Förderunterricht für mein
Kind einrichten kann; es stünden auch keine ausgebildeten LRSFachkräfte zur Verfügung. Was kann ich ihr sagen?
Wenn die Schule nicht in der Lage ist, individuelle und auf den einzelnen Schüler
abgestimmte Hilfen präsent zu machen, so bitten Sie um eine schriftliche
Stellungnahme. Wenn Schule nicht ausreichend fördern kann, muss man davon
ausgehen, dass die erforderlichen Grundfähig– und –fertigkeiten zum erfolgreichen
Weiterlernen im schulischen Rahmen nicht erworben werden können. Dann sollten
die Möglichkeiten einer außerschulischen Förderung geprüft werden.
10. Meine Tochter hat eine Realschul-Empfehlung. Nun habe ich aber mit
meinem Mann besprochen, dass wir sie lieber auf eine Hauptschule
geben, um ihr zu ersparen, dass der leidvolle Grundschulweg sich nun in
der weiterführenden Schule fortsetzt. Wie ist Ihr Rat?
Die Lese-Rechtschreibstörung soll kein Hinderungsgrund für den Besuch einer
bestimmten Schulform sein. Wenn Ihre Tochter eine Realschul-Empfehlung hat,
wäre es sinnvoll, in der zukünftigen Schule abzusichern, dass die Thematik
hinreichend bekannt ist und dass der entsprechende Erlass Anwendung findet. Die
Empfehlungen für einen bestimmten Schultyp entspringen den im Grundschulbereich
erbrachten Leistungen. Ihre Tochter soll „angemessen“ beschult werden, d.h. ihrem
ganz persönlichen Lern- und Kenntnisstand und ihren kognitiven Möglichkeiten
entsprechend.
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