Olympiaausschluss und der Kalte Krieg Von Willi Tepper/Erhard Richter (Veröffentlicht im „Sport-Senior“ vom September 2016, 92. Ausgabe; der Übernahme und Weiterverbreitung durch das OKV wurde zugestimmt.) Zur Politik des „Westens“ gegenüber Russland haben sich bereits viele Leser, aber auch einige Politiker, wenn auch nicht so kritisch, geäußert. Jetzt kommt ein neues Kapitel dieser einseitigen und von Vorurteilen bestimmten Politik dazu. Der Sport und vor allem Olympia werden dafür genutzt, um die bereits verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland auch gesellschaftlich zu untermauern. Der Sport ist wieder einmal ein vermeintlich gutes Mittel dafür, denn zum wiederholten Male wird er dafür missbraucht. Bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki konnte nur eine deutsche Mannschaft, nämlich die der BRD, an den Spielen teilnehmen, da die DDR auf Betreiben bundesdeutscher Politiker im IOC nicht anerkannt war. 1980 boykottierten die USA und wie heute auch immer im Gefolge die damalige Bundesrepublik, die Olympischen Spiele in Moskau. Angeblich wegen des Einmarsches sowjetischer Truppen in Afghanistan. Was aber haben die USA mit Vietnam, mit dem Irak und was hat Israel mit den arabischen Staaten gemacht? Die Reaktion der damaligen Sowjetunion und in deren Gefolge auch stets ihre Verbündeten waren wohl auch nicht gänzlich zu verstehen. Wir waren beide von diesem Boykott betroffen. Mitten in der Vorbereitung auf Olympia 1984 in Los Angeles traf uns dieser Beschluss, den wir unseren Sportlern erläutern mussten. Wir haben dort erlebt, wie bei erwachsenen Männern die Tränen geflossen sind, die viele Jahre äußerst hart für diesen sportlichen Höhepunkt trainiert haben. Ehrlich gesagt, wir hatten kein Verständnis für diesen Boykott, der auf Grund des Boykotts des Westens für Moskau zustande kam. Die offiziellen Gründe waren hier wie dort an den Haaren herbeigezogen. Die Art der Rechtfertigung von heute ähnelt der von damals. In dieser „Hochzeit“ des Kalten Krieges waren der Sport und Olympia besonders dafür geeignet, Völkerverständigung, ein friedliches Miteinander, sowohl im Wettkampf, als auch in Gesprächen dem friedlichen Willen Ausdruck zu verleihen. Der Sport hat immer einen großen Anteil daran gehabt, dass sich Menschen und ganze Völker näher gekommen sind. Und heute wird wieder Politik, West gegen Ost, auf dem Rücken der Sportler ausgetragen. Heute wird als Grund die Dopingproblematik herangezogen. Natürlich sollten überführte Dopingsünder ausgeschlossen werden. Aber ganze Verbände oder wie zunächst angedacht sogar ganze Länder auf Grund einzelner Verfehlungen ausschließen zu wollen, das ist Sippenhaft, ungerecht und verfolgt in Wahr- 2 heit nur das eine Ziel, nämlich Russland politisch wie gesellschaftlich zu schwächen, um mehr Medaillen für sich zu gewinnen, wie der abschließende Medaillenspiegel unschwer erkennen lässt. Die Kampagne hat ihr Ziel, Russland an den Pranger zu stellen, erreicht. Der deutsche Journalist Hajo Seppelt, er muss schon ein richtiger Rußlandhasser sein, da er mit solcher Energie gegen Russland zu Felde zieht. Er sollte besser mit gleicher Energie die Dopingproblematik in Deutschland aufarbeiten. Hajo Seppelt schadet mit seinen unbewiesenen Veröffentlichungen der Leichtathletik und dem gesamten Sport. Was ist mit den Dopingpraktiken der Freiburger Ärzte, was ist mit Dr. Armin Klümper, vom Innenministerium finanziell unterstützt, was ist mit Evi Sachenbacher bei den Olympischen Spielen in Sotschi, was ist mit dem Ringer Leiphold, dem man die Goldmedaille bei Olympia in Sydney wegen Doping aberkannt hat, was ist mit der Leichtathletin Birgit Dressel, die in Behandlung von Dr. Klümper war und nach einem „Medikamentenmix“ verstorben ist, was ist mit den Radsportlern Jan Ullrich, Erik Zabel, Rolf Aldag und anderen, was ist mit den Kommissionen, die eingesetzt und wieder abgesetzt wurden? Was ist mit den Amerikanern, die nachweislich im Radsport und in der Leichtathletik gedopt haben, was ist mit den Sportlern anderer Länder, die bei Nachproben ermittelt wurden oder was ist mit Kenia, die massiv gegen die Dopingregeln verstoßen haben sollen? Es ist kein russisches Problem allein. Niemand kann doch wohl im Ernst glauben, dass in Russland gedopt werde und im Rest der Welt nicht. Inzwischen wurde Russland auch von den Paralympics ausgeschlossen. Hier bestraft man die bereits durch ihre Behinderung betroffenen Sportler noch einmal, egal ob sie sich den Regeln entsprechend verhalten haben oder nicht. Sieht so Gerechtigkeit in der Demokratie aus? Zusätzlich verabschiedete das IOC einige Sofortmaßnahmen. Unter anderem werden vorerst keine IOC-Sportveranstaltungen in Russland mehr organisiert. Auch die Planung möglicher Europaspiele 2019 in Russland wurde auf Eis gelegt. Das vorläufige Ende der antirussischen Kampagne, die seit den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 auf Hochtouren läuft und mit der die westlichen Länder auf der sportpolitischen Ebene etwas geschafft haben, was sie auf der geopolitischen nicht vermochten: Die Isolierung der Russischen Föderation, neben China das größte Hindernis für ihre ökonomischen Interessen. Solange die Welt des Spitzensports kommerzialisiert bleibt, wird es immer Doping geben. Hier und Heute nutzt man es zur Systemauseinandersetzung, denn dafür sind alle Mittel willkommen.
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