Thomas Meinecke Interview

Drosophila
8
mas
o
h
T ecke
n
Mei view
Inter
NABY BERDJAS ● ERICA NATALE ● LENNART
WINKLER ● NEO KHALA ● NADINE BARABAS ●
ANNIKA THIES ● GENEVIEVE MAY & DANIEL REBBE
● STEFANIE DOMINGUEZ ● ANASTASJA SCHMIDT ●
MARCEL BARKEY ● HULLIAMS KAMLEM ● LENA
VOLLMER ● VALFY V. ● SEBASTIAN BARTLING ●
SINA NEUEDER ● ANNA LENZ
Editorial
Die Metamorphose ist vorbei,
liebe Leserinnen und Leser, dazu bedarf es keiner Entomologie. Hiermit erscheint die
18. Ausgabe der Drosophila mit neuer Flugrichtung! Jeder kennt sie und obwohl sie
als Modellorganismus in der Genetik bereits einen Nobelpreis errungen hat, wird die
Drosophila im Alltag von jeder Obstschale verjagt. „Drosophila“ heißt eigentlich
tauliebende Fruchtfiege, hier ist das aber etwas anders gemeint: Drosophila ist die kreativliterarische Studierendenzeitschrift der Universität Bielefeld. Seit 1996 erscheint sie
und will Studierende aller Fachrichtungen befügeln, ihre ersten eigenen Texte zu
schreiben und dem Publikum an der Universität zu präsentieren.
Man konnte die Drosophila bereits auf Visitenkarten, Bannern, Plakaten sowie im
Fernsehen, im Radio und auf Facebook beworben sehen. Für diese Ausgabe sind
mehr als 150 Texte von Studierenden eingegangen – das ist eine beachtliche
Resonanz, für die wir uns sehr herzlich bedanken! Ihr fndet hier eine Auswahl der
Texte in allen feingliedrigen Facetten. Um nur einige zu nennen: Anastasja Schmidts
Kurzgeschichte Papierschiff erzählt von den Schwierigkeiten einer Mutter und ihres
gehandicapten Sohnes, Lena Vollmers Gedicht Euch nicht sehen können lotet das
Verhältnis vom Ich zur Masse aus und Sina Neueders Essay Me against the world setzt
sich mit Naturwissenschaft und Literatur auseinander.
Die Zeitschrift entstand in ehrenamtlichem Engagement und ist kostenlos erhältlich.
Wir freuen uns und wünschen Euch viel Vergnügen mit dieser Ausgabe!
Die Drosophila-Redaktion
3
Contents
Drosophila 18
Naby Berdjas :: Superjeiler Schlick :: 7
Naby Berdjas :: Lichtspiel :: 37
Erica Natale :: Tulpen :: Mythen des Alltags :: 8
Hulliams Kamlem :: Glasnächte :: 38
Lennart Winkler :: Frohe Weihnachten :: 10
Lena Vollmer :: Euch nicht sehen können :: 39
Neo Khala :: Baum Baum Baum :: 15
Valfy V. :: Polemetrodach :: 40
Nadine Barabas :: Alte Dame :: 19
Sebastian Bartling :: Endspiel :: 41
Annika Thies :: #Aufschrei :: 20
Genevieve May & Daniel Rebbe :: Spaces Which We´ve Made Our Own :: 23
Stefanie Dominguez :: Richtung Himmel :: 25
Anastasja Schmidt :: Papierschiff :: 27
ghtzuziui
Sina Neueder :: Me Against the World :: 43
ghtzuziui
Marcel Barkey :: Ein Gespräch unter vier gesunden Augen :: 32
Anna Lenz :: Der große Eistaucher :: 49
ghtzuziui
Pop, Politik und Literatur :: Ein Interview mit Thomas Meinecke :: 54
4
5
Imagination I
uiguzgioh
Naby Berdjas
Superjeiler Schlick
Die scheinbare Sichtweite zwischen den Rheinufern. Mein Blick – wie Klischees über
den Schienentrassen. Wie schön, wie still die betonierten Horizonte verwaschen um
den Stadtgarten tanzen. Also Pause machen und atmen. Sie atmen und heben und
senken das Quietschen, das rachitische Rütteln über den einbetonierten
Schienenkanälen. Wie Adern aus Kupferfarbe und Straßenköter. Venen, die meine
Stadt zur Stadt verleiten. So kann ich so tun, so tun als ob. Als sei da etwas, also etwas
mehr als der Eselskarren der vergangenen Scheißestraßen.
Nach Pest kommt Beton.
Damit das Reliquiendorf seinen bauchigen, derben Voodoo ablegt. Ein Ableger
Gottes funkelt bunt durchs Richterfenster. Und gestern war, was gestern halt war. Jetzt
schmeißen wir an, was sich dreht und wendet, was sich dreht und die Hände zuckert.
Grauer Schlamm, der seine Körnung formt. Flüssiger Feinstaub, gerührt, nicht
geschaukelt. Und so mixen wir, verkosten: Mausgrauer Nektar.
Als der Mensch die Schöpfkelle in die schlammige Hand nahm und sah, was da vor
sich hintrocknet, konnte er nicht anders. Geist – seiner – wurde formbares Leben.
Heilig ohne Heiland, fel ich auf die maßgeschneiderten Knie. – Und ich sah, dass es
Form war.
Denn Beton, das schreibt sich wie Golem. Nur ohne Talmud. vhgffh
6
7
Erica Natale
du doch wissen. Und immer würzt du zu viel und fragst hundert Mal, ob es mir
Tulpen
schmeckt. Unsere Liebe wird uns zum Mythos, die Legende des Anfangs, weißt du
noch, damals, als wir sorglos im Olymp schwebten und unser göttliches Lachen
Tulpen in der Vase, sie wachsen und wachsen, die Stiele werden immer länger, bis sie
erschallte. Doch jetzt driften unsere Sphären auseinander, ich habe meine
beginnen, am Boden zu kriechen, die Blüten küssen den Grund, tasten die Fliesen mit
Badewanne, aus der ich wie neugeboren steige, und du musst Hausarbeit machen.
ihren Lippen ab. Die Blütenblätter lernen Fortbewegung und schließlich machen sich
dsgfg
die Pfanzen selbständig, biegen sich über die Balustrade, strecken die Tentakel über
die Stadt, riesige Kelche stülpen sich über die farblosen Hochhäuser, verschlucken
jeden einzelnen Wolkenkratzer, der unter den roten Glocken verschwindet. Eine
schöne und doch beängstigende Krake legt sich über die Stadt, die Diktatur der
Blüten herrscht von nun an, das Grau hat ausgedient. Die Zeit der erdrückenden
Liebe beginnt.
Mythen des Alltags
Immer, wenn ich aus dem Badezimmer komme, passt du den Augenblick ab, siehst
mich an, als sei ich Venus, die Schaumgeborene. Und du, Mars, der alte Krieger,
warst in der Küche, wo du mit den Töpfen kämpftest. Du möchtest mich verführen,
doch ich, ich kämme mein Haar über den Hüften, gehe in mein Zimmer, betrachte
meine Muscheln, die ich im leeren Einmachglas deiner Mutter bewahre. Die Göttin
ist sich selbst genug. Du buhlst weiter um mich, möchtest mich mit Essen verwöhnen,
mit Meeresfrüchten aus dem Supermarkt, und ich sage dir, wann begreifst du, dass ich
eigentlich nur Nektar und Ambrosia mag, oder höchstens Götterspeise, das müsstest
F
gf
8
9
Lennart Winkler
ganze Menge Katzenvideos. Schade, er hatte Sabelinchen gemocht, aber sich schon
Frohe Weihnachten
immer gefragt, ob Gott eigentlich wirklich wusste, was diese ganzen neuen 'TechnikHeiligen' so trieben.
„Wie ich Weihnachten hasse!“ Der Weihnachtsmann stand im Badezimmer und
Seit Gott die Drogen legalisiert hatte, gab es immer mehr abhängige Heilige.
versuchte den unechten, weißen Rauschebart zu richten. „Jedes Jahr dasselbe. Warum
Selbst der Osterhase soll die Pfoten nicht davon lassen können. Doch bei den bunten
muss ich das immer machen? Hätte Gott nicht einen anderen erwählen können? Der
Eiern, die er verstecken muss, wäre er auf Dauer so oder so um den Verstand
Osterhase hätte doch Zeit, warum nicht der Osterhase? Oder, irgendein zweitrangiger
gekommen. Der Weihnachtsmann kannte das. Lauter bunt verpackte Geschenke
Heiliger, oder meinetwegen Gevatter Tod? Aber Gott würde sagen, der Tod sei zu
sollte er verteilen. Früher war das besser. Alle Geschenke waren in braunes Packpapier
morbide, der passe nicht ins Profl! Pah – Profl! Wen interessiert das? Also mich
gehüllt. Heute gab es sogar Glitzerpapier für die Geschenke.
nicht. Diese ganzen armseligen Sterblichen sind mir sowas von egal! Gott hat sie doch
„Das ist doch gestört!“, schrie er sein eigenes Spiegelbild an. Wie sollte man
in die Welt gesetzt. Erst lauter unsinnige Kreaturen erschaffen, dann auch noch stolz
da nicht durchdrehen. So vieles hatte sich zum Schlechten verändert seit er den Job
drauf sein und sich jetzt um nichts kümmern, typisch für ihn. Blöder Nichtsnutz!“
machen musste. Zum Beispiel waren die Menschen früher noch nicht so verfressen
Sein Blick schweifte zum Medikamentenschrank. Warum nicht? Eine von
gewesen. Sie stopfen sich voll, mit Kuchen, Keksen, Süßigkeiten und Braten,
den hübschen, bunten Pillen und er wäre wieder einmal glücklich und könnte in aller
scheinbar nur weil Weihnachten ist. Früher konnte zumindest ein Teil der Geschenke
Seelenruhe die Geschenke verteilen. Aber er wollte doch von den Drogen loskommen.
aus Süßigkeiten bestehen. Heute ist die Zuckerstange als Geschenk nichts mehr wert.
Er hatte schon oft die Sterblichen beobachtet und gesehen, wie sie sich mit lauter
Die Ansprüche waren gestiegen und wenn er sie nicht erfüllte, schimpfte Gott.
Drogen erst um den Verstand und dann ums Leben brachten. Um sein Leben hatte er
Lauter unsinniges Technikzeug wollen sie haben. Das war allerdings gut für
keine Angst, er war unsterblich. Doch der Verstand machte ihm Sorgen, seit er die
ihn, denn seltsamerweise wurden diese Sachen mit der Zeit immer kleiner. „Nicht so
heilige Sabeline in der Apotheke „Zur Himmelspforte“ gesehen hatte. Sabeline, eine
viel zu schleppen“, dachte er sich. Aber blöd nur, dass die Verpackungen
der unbekannteren, neumodischen Heiligen, war wirklich tief gesunken. Im halb
antiproportional größer dazu wurden und die Bedienungsanleitungen wogen gefühlte
offenen Bademantel, mit zerzaustem Haar und verwischter Schminke auf dem
Tonnen und er hatte den Verdacht, dass die sowieso niemand lesen würde.
aufgequollenen Gesicht, war sie in der Apotheke aufgetaucht und hatte nach Pillen
Technisch gesehen waren die Menschen sogar weiter als ihr Schöpfer. Gott
verlangt. Es gingen auch Gerüchte um, dass sie ihre Aufgaben als Heilige der
hielt seine Digitaluhr immer noch für den neuesten Schrei und seine Email-Adresse
Internetkommunikation vernachlässige. Seit Längerem kamen von ihr nur noch
lautet omnipotenter_schö[email protected]. AOL?! War das sein Ernst?!
Aber das alles fand der Weihnachtsmann nicht schlimm. „Wenn die eigene
Nachrichten mit komischen ‚Gesichtchen‘, die zu deuten echt schwer waren, und eine
fggf
10
11
Existenz unendlich ist und einen Sinn hat, braucht man so einen Technik-Unsinn
Dann hatte kein Bedarf mehr für Engel bestanden. Alle Versuche, eine neue
nicht.“ Doch warum die Menschen die wenige Zeit, die sie hatten, auch noch mit
Stelle zu fnden, waren gescheitert, selbst als er sich bei Mohammed und Buddha
unsinnigen Apps totschlagen mussten, war ihm schleierhaft. „Es interessiert mich
beworben hatte – nur Absagen. Er war Langzeitarbeitsloser geworden – etwa tausend
eigentlich auch gar nicht.“ Er wurde den Gedanken nicht los, eine Horde Trottel mit
Jahre. Dann hieß es, er müsse jede ihm angebotene Stelle akzeptieren, sonst würden
idiotischen Sachen zu beschenken.
seine Zuschüsse gekürzt. So war er zu diesem unsäglichen Job gekommen.
„Ich bin es so leid!“ Die ganze Sache war die Schuld von diesem
Sein Vorname war Sigmar. Er wusste, dass es auf der Erde einen Menschen
verdammten Christkind. Gott hatte gesagt: „Die Weltbevölkerung wächst. Das
mit demselben Namen gibt – ein Rockstar oder so was. Sigmar Gabriel – ein
Christkind schafft seine Arbeit nicht mehr alleine. Du musst ihm helfen.“
scheinbar wichtiger Mann – wenn auch nur ein Mensch. „Er sieht mir sogar ähnlich“,
„Der kann mich mal!“, hatte der designierte Weihnachtsmann damals
dachte der Weihnachtsmann. „Hatte Gott sich da einen Scherz erlaubt? Ich könnte
gedacht. Sollte Gott doch die Bevölkerung etwas dezimieren. „Mehr als ab und zu
Tod ausrichten, er solle den Rockstar mal fragen, wenn er ihn holt. Nachher geht es ja
eine Katastrophe ist nicht drin. Sie könnten den Glauben an mich verlieren.“ „Ach
nicht mehr, denn was nach dem Tod mit den Menschen passiert, weiß noch nicht mal
komm schon, die folgen dir doch wie blinde Lämmer, ganz egal was du tust.“ Aber
der Tod selbst, geschweige denn Gott.“
Gott war schon gegangen. ER war insgesamt ein ziemlich unfreundlicher Typ, fast so
schlimm wie seine Kreaturen.
Diese dachten, dank Gott, er wäre eine Werbegestalt – der Coca-Cola
„Tja Gott, was kann ich schon tun“, dachte der Weihnachtsmann. Er griff in
die Dose mit den bunten Pillen, hielt einen Moment inne und dachte: „Was kann mir
schon passieren? Schlimmer kann es ja nicht werden.“
Weihnachtsmann. „Ein neuer Heiliger muss bekannt werden. Die Menschen müssen
Er sah sich im Spiegel, wie er die Dose komplett leerte. Alle Pillen schluckte.
an den Weihnachtsmann glauben, sonst geht das nicht.“ Das hatte der
Er sah auch wie sich seine Pupillen erst weiteten und rasch wieder schrumpften. Dann
Weihnachtsmann nicht verstanden. Doch Gott redete einfach weiter: „Das einzige,
sah er nichts mehr. Er dachte nur noch: „Gott hat auch mich belogen. Dieser miese
was die Menschen glauben ohne drüber nachzudenken, ist heutzutage die Werbung.“
Hund!“ Und starb.
„Wieder etwas, was sie als Idioten entlarvt“, dachte der Weihnachtsmann, „erst
glauben sie SEINE Lügen und jetzt ihre eigenen.“
„Wie ich Weihnachten hasse!“ Er stand im Badezimmer und versuchte den
Sie kannten noch nicht einmal seinen richtigen Namen. Selbstverständlich
unechten, weißen Rauschebart zu richten. „Jedes Jahr dasselbe. Aber ich wollte ja
hieß er nicht wirklich Weihnachtsmann – das wäre absurd. Zumindest kannten sie
unbedingt einen Nebenjob. Hab' bei Gott quasi darum gebettelt. Ich brauche
seinen Nachnamen – er hieß Gabriel – Gabriel, der Erzengel. Das waren noch Zeiten
Abwechslung. Das Geleiten von Seelen ins Jenseits ist auf Dauer deprimierend. –
gewesen. Er war einst wichtig. dg
Aber das hier ist noch viel schlimmer.“ Er sah in den Spiegel. Der rote Mantel, die
jjjjjj
12
13
Pudelmütze und der Bart, das alles sah an einem Skelett irgendwie unpassend aus.
Neo Khala
Die Sachen hatten schon dem Weihnachtsmann nicht gestanden. Aber ihm … ? Er
Baum, Baum, Baum
fragte sich, ob er wohl die Sense mitnehmen dürfte.
„Was ist der Unterschied zwischen einer Bahn und einem Zug?“
„Wie bitte?“
„Der Unterschied. Was ist der Unterschied?“
„Wieso...?“ Unser Reisender ist empört über die Störung seiner Ruhe. Zum Ausdruck
bringt er seine Gefühle nicht. Der Fragende grinst erwartungsvoll. Die richtige
Antwort will er nicht hören. Er wartet auf das Scheitern des Reisenden, damit er
selbst erklären kann. Der unglückliche Versuch:
„Der Zug ist das, was vorne zieht und die Bahn ist der Teil, in dem die Passagiere sitzen.“
„Nein, falsch. Schon mal was von einer Schlittschuhbahn gehört? Oder einer Kegelbahn? Die Bahn ist
die Strecke, und der Zug fährt darauf.“
„Die Bahn ist aber auch ein Unternehmen.“
„Ja, aber so ist das nicht gemeint.“
„Hm.“
Gelangweilt entfernt sich der Fragende. Das Gespräch mit dem ungebetenen Gast
fndet sein Ende. Unser Reisender kann dadurch wieder der vorbeiziehenden
Landschaft seine volle Aufmerksamkeit schenken. Für heute hat er sich
vorgenommen, dieses Glück auf Papier festzuhalten. Schon lange hatte er sich auf
diese Fahrt gefreut. Nicht aufgrund des Zieles, einer notwendigen Formalität in einer
entfernten Großstadt. So eine weltliche Angelegenheit schafft es lediglich seinen
Körper in Bewegung zu versetzen. Sein Geist hingegen wird von der Reise selbst
bewegt.
Der Zug fährt durch das Weserbergland, an einem milden Junitag. Mit dem
Bahnreisen
14
15
Bahnreisen kommen die wertvollen Gedanken. Das Eigentliche kann erfahren
Dame hat ihren Laptop eingeschaltet und das Hintergrundbild bannt seine
werden. Vor vielen Jahren hat unser Reisender schon einmal auf einer Fahrt eine
Aufmerksamkeit. Es zeigt japanische Vasen aus Ton. Diese genügsame Kunst!
sehr bedeutsame Stimmung erreicht. Im Rheinland hatte er den Rausch des
Schweigsame Schönheiten, dem Eigentlichen so nahe. So will er auch schreiben,
Karnevals erlebt. Anschließend bestand der Kontakt zu einer jungen Frau aus einem
wenn es gilt, die vorbeiziehende Landschaft in Versform zu bannen. Keine
benachbarten europäischen Staat. Nur wenige Tage später besuchte er sie, hunderte
Herleitungen aus der Vergangenheit. Keine Anweisungen an die Zukunft. Nur der
Kilometer Entfernung spielten keine Rolle. Die Rückfahrt war geprägt von einer
pure Augenblick, das ewige Jetzt.
tiefen Ausgeglichenheit. Einem Verbundensein mit der Welt, wie sie ist. Aus dem
Aber wird er auch heute bereit sein? Diese Bahnfahrt sollte sich gut dafür eignen. Er
Fenster blickend sah er einen Baum, sich schon früh am Boden verzweigend. Er
hat sich einen Platz am Fenster ergattert. Früher hätte ihm das nötige
erkannte die Verbindung des Einen mit dem Vielen. Dann sah er eine Wasserfäche,
Selbstverständnis hierfür gefehlt. Schüchtern und voller Angst vor Menschen, hatte
zwei Enten parallel darauf treibend. Er fühlte, wie das Abgetrenntsein der Seelen
er sich einst im vollen Zug auf die Stufen einer Eingangstür gesetzt. Die Schaffnerin
voneinander nur eine füchtige Illusion ist, den strebsamen Menschen in seinen
kam. Untergeben wollte er zum Vorzeigen seines Fahrscheines aufstehen. Aber sie
geschäftlichen Tätigkeiten fördernd.
hielt ihn davon ab, sie kniete sich voller Liebe zu ihm nieder. „Ich komme zu dir, bleib
Doch die Gegenwart holt unseren Reisenden zurück. Eine junge Dame mit einem
wie du bist. Alles wird gut, ich verstehe dich in deiner Einzigartigkeit“, schien sie ihm
großen Koffer steht neben ihm. Sie schaut kurz auf ihn, auf ihren Koffer, wieder auf
mitzuteilen. Auf einer späteren Zugfahrt sah er dann jedoch einen anderen nervösen
ihn, und auf die obere Gepäckablage. Ihrem Blick hält er stand. Hilfe bietet er keine
Jüngling, ein dickes Buch lesend, auf dem gleichen Platz sitzend.
an. Mit so einer bevormundenden Tat wird er nicht ihre Emanzipation in Frage
Wann kommt hier denn die Fahrkartenkontrolle? Danach sind keine Interaktionen
stellen. Sein Entschluss hält jedoch nicht lange an:
mehr zu erwarten und man wird vollständig der Landschaft überlassen. Erst dann
„Haha. Also ich dachte, ich will nicht so stereotyp daherkommen. Soll ich helfen?“
kann das wirkliche Sinnieren über das Wahrgenommene beginnen.
„Nein. Schon gut.“
„Die Fahrkarten bitte.“ – Endlich.
„Komm, ich mach das.“
Er zeigt vor: einen Studierendenausweis in Kombination mit einem selbst
„Ne wirklich ich kann das schon alleine.“
ausgedruckten
„Ja sorry, tut mir leid, wie gesagt, ich wollte nicht an dir als starker Frau zweifeln.“
Legitimieren
„Danke dafür.“
Einzelfahrschein für die eine Station, welche nicht von dem Studierendenausweis in
Wahres Glück fndet man sowieso nur in der Kontemplation des Eigentlichen. Unser
Kombination mit dem durch den Personalausweis legitimierten selbst ausgedruckten
Reisender kann sich wieder dem Ausblick zuwenden. Aber was ist das? Die junge
Nordrhein-Westfalen-Ticket gedeckt ist, und seine Bahncard, welche ihm den
DAm
Einzelfh
16
Nordrhein-Westfalen-Ticket,
des
selbst
ausgedruckten
einen
Personalausweis,
zum
Nordrhein-Westfalen-Tickets,
einen
17
Einzelfahrschein vergünstigte.
Nadine Barabas
„Haha, sorry, ist alles ein bisschen umständlich bei mir.“
Alte Dame
Und jetzt gibt es nur noch die vorbeiziehende Landschaft und ihn. Die armen
Menschen der Vergangenheit, welche nie eine Bahnreise erleben durften. Ihr einziges
„Einen Ouzo für den Zahn. Der ist nämlich entzündet.“ Die Bedienung lächelt ihr
Glück im Leben war es, ein weiteres Jahr vor dem langsamen Tod im Winter
höfiches Lächeln. Das für die Gäste. Der Gast, die alte Dame, ist ganz klein und zart.
verschont zu werden. Aber voller Geschwindigkeit durch den Sommer gleiten? Dies
Ihre Erscheinung beißt sich fast mit der ihres Rollators, ein so großes kabeliges Gerät,
war ihnen nie vergönnt. Uns hingegen steht ein höheres Dasein offen. Die Bahn
dass es an allen Stühlen in der Bar anstößt. Die Tische neben ihr bleiben frei. Ihr
ermöglicht der Welt tiefe Resonanz in unseren Seelen. Eine Ahnung dessen will unser
Körpergeruch ist nicht unangenehm, aber wahrnehmbar. Also doch unangenehm?
Reisender auch seinen Mitmenschen vermitteln. Die pure Gegenwart, in klaren
Der Ouzo kommt, in ihm schwimmen Eiskristalle. Jeden Abend trinkt die alte Dame
Worten. Wird er es schaffen, das direkt von dem Bewusstsein Erlebte auf Papier zu
ihre hochprozentige Besänftigung in der Bar. Sie redet viel, mal mit sich selbst, mal
bannen? Er schreibt:
mit der Bedienung. An wen sie ihre Worte richtet, weiß sie selbst nicht mehr.
Der Tag staut ihre Worte auf, der Ouzo lässt sie raus. „Der Zahn! So entzündet. Ich
„Baum, Baum, Baum. Wiese – Baum.
muss mal wieder zum Herrn Doktor. Mein liebes Kind, wann kommt eigentlich der
Stadt, Baum, Baum; Berg, Wiese.
Bus? Ich darf ihn nicht verpassen, sonst stehe ich wieder in der Kälte an der
Baum, Baum, Baum.“
Haltestelle. Am Mittwoch kam der einfach fünf Minuten früher, da hab ich ihn
natürlich verpasst.“ Langsam schiebt sie den Rollator (oder schiebt er sie?) in
Richtung Tür. Das höfiche Lächeln begleitet sie, ihre Einsamkeit bedauernd, bis sie
die Bar verlässt. Das Gesicht der Kellnerin kehrt zur Neutralität zurück. Die alte
Dame wird auch zu Hause weiter sprechen, obwohl niemand erscheint.
18
19
Annika Thies
schon noch erfahren. Aber dann ist's schon wieder Schnee von gestern. Egal, jetzt
#Aufschrei
habe ich Wichtigeres zu tun: Mich ruft der Selbstfndungsauftrag, die Einsamkeit, die
innere Ruhe.
Sommer, Sonne, Sonnenschein.
Am Sonnenstand lässt sich ablesen, dass die Nacht noch #faraway ist. Ich starre in die
Wolken und versuche eine Verbindung zu mir selbst herzustellen.
Handy, Netbook und E-book lasse ich in der hintersten Ecke des Hotelsafes liegen.
Ihr armen Opfer, sitzt starr vor euren Smartphones und Screens, kommentiert und
Ganz old-school Buch, Handtuch und Sonnenbrille einpacken und auf zum goldenen
likt und hofft, kommentiert und gelikt zu werden, während ich – #frei wie ein Vogel
Sandstrand. Mich von den Wellen berauschen lassen und die Gänsehaut genießen, die
und völlig #losgelöst von gesellschaftlichen Zwängen und #Shitstorms – ganz in Ruhe
die kühle Brise verursacht. Die Zeit einfach Zeit sein lassen. Mich nicht mit drehen,
meditiere.
wenn die Welt sich weiter dreht. Einfach den Moment genießen. #Mission: innere
Mein Körper scheint nun mit mir in Verbindung treten zu wollen. Ich horche tief in
Ruhe fnden.
mich hinein. Ein Knurren ist deutlich vernehmbar geworden, es erzeugt ein starkes
Echo. Lässt auf eine innere Leere schließen. Eines der menschlichen Ur-Bedürfnisse
Noch kurz ein Zeichen nach draußen senden, dass ich bis auf Weiteres #notavailable
also. So was erkennt man, wenn man zur Natur zurückgekehrt ist.
bin. Im Urlaub: #backtotheroots! Zwanzig Likes in den ersten zwei Minuten, bevor ich
Googelt ihr ruhig weiter eure Symptome und legt dem Doc euer selbstgebasteltes
mich für die nächste Zeit abmelde.
#SelfAssessment vor. Schluckt weiter lustige bunte Pillen, die euch vergessen lassen, dass
Der Strand ist menschenleer. Das Meer rauscht vor sich hin. Eine kalte Brise lässt
ihr eigentlich #completely #unhappy seid, während ich – ganz Herr meiner Sinne und
mich erschauern und die Palmenwedel erzittern. Wolken und Minuten ziehen vorbei.
ohne künstliche Hilfsmittel – einfach meinen natürlichen #Instinkten folge.
Ich liege auf meinem Handtuch und nichts passiert, keine neuen #Updates zu
Wohl oder übel wage ich mich ins Neuland vor, werde zum Jäger und Sammler. Mit
vermelden.
#phishing kenne ich mich nicht besonders aus, aber Angeln ist ja #supposedly eine
Ich schlage den Roman auf. Habe ich mir von meinen Eltern geliehen. Soll ein echter
beruhigende Sportart, wie ich gehört habe.
#mustread sein. Aber irgendwie geht’s nicht vorwärts. Obwohl ich schon auf Seite 3
Irgendwann ist selbst meine Geduld am Ende. Frustriert gehe ich zurück zum Strand.
bin. Und so ganz ohne Filter? 140 Zeichen sind doch völlig ausreichend, um das
#Amazed bleibe ich vor einem kleinen Felsen stehen. Er ist mit grün-braunen Algen
Wichtigste mitzuteilen! Mein rechter Arm wird schwer. Ich verspüre eine innere
bedeckt, in denen ein mittelgroßer Fisch zappelt.
Unruhe und lege das Buch beiseite.
Während ihr euch hinterher mal wieder #empört, weil ihr möglicherweise Pferdefeisch
Was wohl #backathome gerade alles abgeht? Durch meine Opfer-Abos werd' ich's
gefressen habt, weiß ich ganz genau um die #origins und die Zubereitung meiner
scholk rz
Mahk ihogho
20
21
Mahlzeit: Sushi direkt aus dem Meer.
Genevieve May & Daniel Rebbe
Möwen kreischen. Das Rauschen des Meeres nimmt zu. Nicht leicht, sich dabei auf
Spaces Which We've Made Our Own
Meditation und Verdauung zu konzentrieren. Doch ich bin wie der Fels in der
Brandung, lasse die Augen geschlossen und bleibe ruhig und besonnen liegen.
I wake up slowly, small & bed-warm, blinking dreams amongst the covers & I hope for
Komme was wolle.
a good day this time. Coffee always makes me sick but I drink it anyway, every
#Hektik ist was für #Loser, die ständig beschäftigt sind und immer Angst haben, was
morning, velvet-eyed & half asleep. You make some for me; grinding beans – the
Wichtiges zu verpassen. Mein Motto: In der Ruhe liegt die Kraft.
rhythmic pace drowning out the awful radio songs. Today I'm the fower & you're the
Meine Füße bekommen ein paar leichte Wasserspritzer ab. Refexartig greife ich nach
vase. Some days I'm both. Yes, there are regularities & rituals: you wake up frst,
meinem #Bodybag und durchsuche das vorderste Fach, werde aber nicht fündig.
always, always, opening the room to rain-heavy skies & I undress into the cold, leaking
Das Rauschen schwillt zu einem Tosen an und die Wellen brechen krachend über mir
a puddle from the shower onto the foor. What if you grow a bit more? I hear you whisper
zusammen. #Surprised laufe ich durch den beigen Sand. Meine nackten Füße wirbeln
to the lemon tree as I'm hiding in the folds of my huge foaty skirt. I move, the sound
Staub auf. Die #Clouds über mir haben sich zu einer grauen Masse
of my bare feet loud in the spaces which we've made our own. You smell like the sea, like
zusammengezogen.
salt & shells in your mouth you say & the look on your face tells me all kinds of stories,
#Hilfe! Die Welle ist mir dicht auf den Fersen. Wassermassen vernichten meine
secrets. I think I know only the tiniest part of you, like your dewy eyelashes & the
Fußspuren, spülen einfach Sand darüber. Diese #Hetzjagd nimmt kein Ende.
sounds they make when you're dreaming. I imagine all the conversations we haven't
Geradeaus, links oder rechts? Eine präzisere Beschreibung meiner Situation?
had yet as I feel the hairdryer-heat on my head. You tickle me, laughing; a playful look
Koordinaten? Wie ich mich fühle? Ob ich gut trainiert bin? Ein Pic??? Hätte, hätte
in your eyes & I look at you & I say yours are the cutest curls I know.
#Deutschlandkette.
Den Strand habe ich hinter mir gelassen, rase keuchend auf ein Gebüsch zu. Mein
Leise im Nebenraum bist du. Ich bin eingehüllt in ein Radiogespräch, lauter
Akkustand: ca. 10%. Während ich darüber nachdenke, wie lange das wohl noch
Melodien in Zwischenschnitten. Du in Decken gerollt. Du gähnst und ich kann nicht
reicht, spüre ich, wie etwas an mir kleben bleibt. Dünne, fast durchsichtige, gewobene,
anders. Ja, es gibt Rituale, die sind wie Routinen. Und manches träumst du nur
seidene Fäden, die sich immer weiter zusammenziehen, je weiter ich laufe.
einmal im Leben, aber vergisst es nie wieder. In kleinen Schlucken, sagtest du mir. Dann
Das Netz wickelt sich um meinen Körper, es macht mich blind, bringt mich zum
bleibt der Moment vielleicht, überdauert dich und mich, dachte ich. Aber wir leeren
Stolpern und erstickt meinen letzten #Aufschrei. dsffdsgffd dgfh
und füllen uns zugleich. Vielleicht. Mein Kopf fühlt sich wie etwas zwischen Styropor
und Watte und ich glaube dann: Jetzt beginnt die Nacht. Einen Augenblick fällt die
klk
22
23
Idee, bald ziehen wir mit, dorthin, wo alles durchgemischt wird, an einen
Stefanie Dominguez
vorgesehenen Platz zurückkehrt und dann, später, nach ein paar Stunden leiser
Richtung Himmel
Bewegung und vergessener Gleichmäßigkeit, wie neu glänzt oder auch nicht. Schlaf.
Aber vorher, manchmal auch nur zwischendurch, setze ich zusammen, was mir in
Hör auf. Hör einfach auf, zu atmen.
Stücken, Fragmenten, wie bei einem Puzzle verrät, dass es abends ist, oder schon war.
Doch es ging nicht.
Jetzt formt dein Mund Melodien aus Geräuschen mit deiner Zahnbürste als
„Was machst du da?“
Instrument und deinem Rachen als Verstärker, wie die Abspannmusik eines
Augenblicklich nahm er den Strick von seinem Hals. Er hing im Baum wie ein
bekannten Streifens. Ich weiß dann, oder errate manchmal, wann und wo, und will
verräterisches Pendel, das die Zukunft vorhersagte.
auch mal als erster im Bett sein. Du schläfst neben mir. Jemand hat mir gesagt, ich bin
„Ich?“, fragte er. Vor ihm stand ein kleiner Junge. Sein Haar hatte die Farbe von
besser leise, und ich denke irgendeine Weile darüber nach, ob ich mich bewegen
nassem Sand. In seinem rechten Mundwinkel steckte ein Lutscher, dessen Stiel keck
kann, bevor ich es tue und schlafe darüber ein. Du träumst, ich träumte von dir und
zur Seite ragte.
mir. Ich lachte im Schlaf wie am Tage, hast du mir gesagt. dgd
„Ich mache gar nichts.“
Der Kleine krauste die Nase. „Und wofür brauchst du dann ein Seil?“
Berechtigte Frage. Ein Rabe ließ sich auf einem Baum ihm gegenüber nieder. Seine
schwarzen Augen schienen die seinen einzufangen und er erwiderte den Blick.
Schließlich fog der Vogel in Richtung Himmel, zurück blieb nur ein schwarzer
Schatten.
„Ich baue eine Schaukel.“ Die Worte purzelten aus seinem Mund wie Murmeln.
„Das ist aber eine schlechte Schaukel“, meinte der Junge und nahm seinen Lutscher
aus dem Mund. Der klebrige Zucker hatte seine Zunge rot gefärbt.
Er drehte sich noch einmal zu seinem Strick um und griff sich an den Hals. Sein
Atem ging schwer, als würde sich das raue Material noch immer um seine Kehle
legen.
„Vermutlich hast du Recht. Es war nicht meine beste Idee.“
„Das macht nichts. Ich kann dir helfen.“
24
25
Langsam wanderten seine Augen wieder zu dem Kind. „Ja.“ Dann: „Ja, vielleicht
Anastasja Schmidt
kannst du das wirklich.“
Papierschiff
Geschäftig hob der Junge die Hand und zählte mit den Fingern. „Wir brauchen auf
jeden Fall einen Reifen. Und vielleicht noch ein Brett.“ Er hielt inne und hob die
Flugzeuge falten gelingt mir nicht, aber Papierschiffe gehen mir leicht von der Hand.
Augenbrauen, die beinahe unter seinem Haaransatz verschwanden. „Hast du
„Iss dein Gemüse auf“, sagt Mama. „Dann kannst du in den Garten gehen.“
überhaupt einen Raumanzug?“
In einem Erdloch hat sich Wasser gesammelt. Das Gras ist noch feucht vom Regen.
Er blinzelte. Getrocknete Tränen hingen an seinen Wimpern. „Brauche ich den
Wenn ich in die Sonne blinzele, brennen meine Augen. Der Glanz auf der
denn?“
Wasseroberfäche scheint dann nicht mehr so klar. Ich stelle mir vor, es ist das Meer,
„Ja“, antwortete der Junge gedehnt. „Den muss man tragen, wenn man in den
über das ich mein Papierschiff treiben lasse. Mit den Fingern erzeuge ich Wellen. Ich
Himmel fiegt.“ „In den Himmel?“
lasse sie gegen die Erdränder prallen. Ein schwacher Wind kommt auf und bringt das
Der Junge verdrehte die Augen. „Deshalb schaukelt man doch“, erwiderte er langsam,
Schiffchen ins Wanken. Es strauchelt, fängt sich wieder, dann kippt es, läuft voll und
als spräche er mit einem unwissenden Kind. „Damit man mit den Füßen den Himmel
ist beschädigt. Nichts ist mehr damit anzufangen. Ich drücke es tiefer in den Grund,
berührt, wenn man hoch genug kommt.“
dort soll es zur Ruhe kommen.
Als die Tränen wieder begannen, ihre Bahnen über seine Wangen zu ziehen, schob
der Junge seine kleine Hand in die seine. „Keine Angst, das ist gar nicht so schwierig.“
Am Abend trinke ich Milch durch einen Strohhalm.
Er zögerte.
„Du bist dünn geworden“, sagt Mama. „Du musst auf deine Knochen achten.“
„Oder willst du gar nicht in den Himmel?“
Mit den Händen nimmt sie Maß an mir. Daumen und Zeigefnger schließt sie zu
„Doch.“ Seine Stimme krächzte. „Furchtbar gern. Ich würde gern jemanden
einem Kreis zusammen.
besuchen.“
„Das ist dein Handgelenk“, sagt sie. Es macht mich ehrlich erschrocken. So dünn war
Der Junge nickte. „Ich auch. Meinen Opa.“
es mir nie erschienen, nun sehe ich es durch ihre Augen.
„Meine Tochter.“
Im Fernsehen schauen wir Nachrichten. Es passiert viel, das uns nicht betrifft, deshalb
Noch immer Hand in Hand starrten sie auf den Strick, der im Wind wiegte wie eine
bleiben wir unaufgeregt. Das Wetter interessiert mich besonders. Regen mag ich lieber
beschworene Schlange.
als Sonne, doch nicht an allen Tagen.
„Für heute habe ich genug gebastelt. Was meinst du?“
Mama schmiert Brote, während sie die Lottozahlen erwartet. Sie hat kein Glück. Sie
Der Junge zuckte die Achseln. „Mach dir nichts draus. Bei mir hat es auch sehr lange
gedauert.“
26
sagt: „Dann bleiben wir eben arm“ und lacht, aber wir haben uns lieb. Wir hetzen
uns
27
uns, weil wir einander haben. Die Stimmen und den Motorlärm von draußen
Mit zittrigen Fingern falte ich ein Schiffchen zusammen. Kante an Kante lege ich die
schließen wir aus. Fremde Geräusche hat Mama nicht gerne. Selbst der Wind
Seiten aneinander, öffne das Papier, knicke zwei Dreiecke um, das wird das Segel sein.
erscheint ihr aufdringlich. Ich schweige und trinke meine Milch, bis der Bauch sich
Ich klappe es wieder zusammen, stülpe die Finger in die Öffnung und ziehe es
wölbt wie ein Ballon, und nehme mir vor, an Gewicht zuzulegen.
auseinander. Die kleine Spitze dazwischen drängt nach außen und ich lecke daran.
Vor dem Zubettgehen sehen wir alte Fotoalben durch. Das macht uns müde. Wir
Im Garten ist das Erdloch trocken gelegt. Wattige Wolken auf einem blauen Himmel,
schwelgen in Erinnerungen, erzählen uns Geschichten, holen zurück, was einst
es ist kein Regen in Sicht. Das Mädchen hat die Wäsche in einem Korb verstaut. Jetzt
verloren ging. Papas Gesicht bewahre ich auf Papier, mehr ist mir von ihm nicht
dreht sie sich mir zu, hat mich am Fenster erspäht. Sie hebt den Arm zu einem Gruß
geblieben, seit er ging. Ob er groß war, weiß ich nicht mehr zu sagen. Auf den
und legt das Dunkle unter ihren Achseln frei. Früher habe ich Perlen darin gesucht.
Fotografen kommt er mir wie ein Riese vor. Starrende Augen hat er gehabt und ein
Ich winke, aber unbeeindruckt. Bald ist sie im Haus und ich bleibe leer zurück.
Lächeln, das schief saß.
„Herzen“, sagt Mama, „müssen gebrochen werden, damit sie auslaufen können. Wie
Vor dem Spiegel im Bad versuche ich, mein Lächeln zu kippen, bis es dem seinen
sonst lassen sie sich von Neuem befüllen?“
ähnlich wird. Ich leihe ihm dafür meinen Mund. Mama ist in der Tür. Sie weint und
fürchtet, ich könnte mich in ihm verlieren, so ähnlich würde ich ihm werden, wenn
Unten ist der Tisch für zwei gedeckt, die Vorhänge sind zugezogen. Eine Girlande
ich die Stimme erhebe. Dabei stünde es ihm nicht zu, mich derart zu vereinnahmen.
hängt über der Tür, darauf mein Name, nur der letzte Buchstabe baumelt träge. Das
Es sei doch sie, der ich entnommen wurde. Ich schließe sie in die Arme. Dann wird sie
Leuchten der Kerzen zeichnet dunkle Schatten in unsere Gesichter. Obwohl sie lacht,
weich und zugänglich.
wirkt Mama alt und traurig, als sie mich in die Arme schließt. Der Tag meiner Geburt
ist nicht nur ein freudiges Ereignis. Sie schenkt uns Tee ein und lässt zwei Würfel
„Triffst du das Mädchen noch?“, fragt sie und legt die Decke über mich. Ich werde
Zucker in meine Tasse fallen. Ich mag den Tee lieber ungesüßt. Beim Umrühren
verlegen.
schlägt der Löffel gegen das Porzellan. Das Geräusch bleibt in der Stille stecken.
Das Mädchen treffe ich nicht mehr. Das würde ich nicht wagen.
Mama stimmt ein Lied an und klatscht in die Hände im Takt. Das Kuchenstück teile
Vom Fenster aus aber sehe ich ihr gerne zu, wie sie sich am Morgen nach der Wäsche
ich mit einer feischigen Fliege, die sich im Zuckerguss die Beine säubert.
auf den Leinen streckt. Auf die Zehenspitzen muss sie sich stellen, so klein und
An meinem Geburtstag möchte ich mich glücklich denken und wäre lieber
zierlich ist sie von der Statur, sehnig und weich ist ihr Körper. Dicke Adern verlaufen
andernorts. Auf dem Papierschiff würde ich zu dem Mädchen treiben und mit ihr die
wie Kanäle durch ihre Arme. Alles an ihr pulsiert und ist mit Leben gefüllt. Sie hat
Welt entdecken. Ich träume davon, wie sich die Meeresdecke im Rausch an
ein rotes Gesicht, das mich an Kirschen denken lässt. grg
Hindernissen schaumig schlägt.
28
29
Imagination II
Mama erzählt dieselbe Geschichte seit fünfunddreißig Jahren, aber ihre Erinnerungen
sind nicht meine. Ich war allein an Deck ihres Schiffes, als das Meer unter meinen
Füßen zu toben begann. Wogen von Wellen schwappten über, um mich unter sich zu
begraben. Durch die Decke über mir ging ein Riss. Gleißendes Licht fel auf mich
herab. Die Luft war schwer und feucht. Der Druck lastete auf meinen Lidern. Um
nicht ins Dunkle abzutreiben, war ein Tau an meinen Bauch gespannt. Ich tastete
danach und wollte es zu fassen kriegen, doch es erwies sich als unbrauchbar und
entglitt meinem Griff. Der Sturm war gewaltig. Im Tosen, im Aufbegehren ließ er
mich gegen die weiche Fleischreling prallen. Mein Körper wurde herumgerissen. Das
Tau wickelte sich um meinen Hals und drückte mir die Luft ab, bis ich blau und träge
wurde. Erst fremde, kalte Hände mussten mich nach oben ziehen. Das Schiff verlor
sich in der Tiefe.
Manchmal wünschte ich mich dorthin zurück.
Ich muss an das Papierschiff im Garten denken, das ich in den Erdgrund drückte. Es
ist so eingefallen wie Mamas von Tränen durchweichtes Gesicht, als sie mich zum
ersten Mal ungläubig im Arm hielt, da sie mich verloren geglaubt hatte. Seither hatte
ich ihr versprochen, zu bleiben.
Wir essen Kuchen und schweigen. Später stellen wir den Fernseher an. Die Stimmung
ist nur noch mäßig getrübt. Die Jahre ziehen vorüber, eines ums andere, und wir sind
beieinander. Da kommt nichts dazwischen.
Mama weint und herzt mich. Sie nennt mich „Kapitän“.
Einst habe ich der wilden See getrotzt und bin nicht in ihr ertrunken. dfgh
30
31
Marcel Barkey
A: „Hören Sie auf, mich anzufassen.“
Ein Gespräch unter vier gesunden Augen
B: „Das bin ich nicht.“
Beruhigend ruckelte der alte Aufzug dem ersten Stock entgegen, bis er plötzlich zum
Stehen kam.
A: „Scheiße!“
B: „Was ist?“
A: „Das Licht ist aus. Sind Sie blind?“
B: „Ja!“
A: „Tut mir leid.“
B: „Schon gut. Das ist nix, woran ich mich nicht inzwischen gewöhnt hätte. Haben
Sie nicht gesehen, wie ich mit meinem Stock angekommen bin?“
A: „Nein, ich war mit der Zeitung beschäftigt, wie Sie jetzt NICHT sehen. Haben Sie
sich gemerkt, wo der Alarmknopf ist?“
B: „Nein. Meine Schwester hat den Knopf für die Etage gedrückt.“
A: „Und wo ist Ihre Schwester?“
B: „Oben.“
A: „Da steht sie gut.“
B: „Haben Sie sich gemerkt, wo der Alarmknopf ist?“
A: „Würde ich Sie fragen, wenn es so wäre?“
Ein Räuspern ertönte. dsgfdg
32
C: „Ich bin das.“
A: „Wer sind Sie?“
C: „Der dritte Mann. Also der im Aufzug.“
A: „Und warum haben Sie mich betatscht?“
C: „Ich suchte den Alarmknopf.“
B: „Haben Sie ihn gefunden?“
C: „Nein. Haben Sie ein Handy?“
A: „Gute Idee. Scheiße, Akku leer. Sie?“
C: „Nein. Sie?“
B: „Ich habe kein Handy, ich bin blind.“
C: „Entschuldigung, habe ich vergessen.“
B: „Ich würde es auch gerne vergessen.“
C: „Warum haben Sie kein Handy, weil Sie blind sind?“
B: „Das ist ganz einfach: Ich …“
A: „Jetzt fasst mich wieder wer an.“
B: „Sorry, das ist der Hund. Aus!“
C: „Haben Sie Platzangst?“
33
A: „Das ist Raumangst.“
B: „Schrecklich, nach Feierabend zu sterben.“
C: „Nein, ich meine Platzangst. Wenn man Angst vor engen Räumen hat.“
A: „Keiner stirbt hier. Wir sind höchstens seit fünf Minuten hier drin. Davon stirbt
keiner.“
A: „D A S I S T R A U M A N G S T.“
C: „Sind Sie sicher?“
„Sehr geehrte Fahrgäste, es ist zu einem technischen Defekt gekommen. Wir versuchen, den Schaden so
schnell wie möglich zu beheben. Wir bitten um Ihr Verständnis.“
A: „Ja.“
A: „Sehen Sie, kein Grund zur Panik.“
C: „Und?“
A: „Was und?“
C: „Haben Sie welche?“
A: „Nein. Und Sie?“
C: „Nein. Was ist mit Ihnen?“
B: „Eigentlich schon. Aber nicht, wenn ich getrunken habe – so wie jetzt.“
C: „Gut, dass der Hund da ist.“
B: „Wieso?“
C: „Wir können ihn essen, wenn wir Gefahr laufen, zu verhungern.“
A: „Verdursten wir nicht eher?“
C: „Schon, aber es ist trotzdem eine gute Nachricht. Wir haben nicht einmal einen
Eimer zum Pieseln hier. Da hätte die Aufzugsfrma ruhig mal dran denken können.“
B: „Oder an Notverpfegung.“
C: „Oder an einen blinkenden Alarmknopf.“
34
dsgfdg
35
Imagination III
Naby Berdjas
Lichtspiel (weiß für weiß)
Lehenslange Lassoschlangen
die wie Bambusstangen
die wie Bast im Grünlichwald
den Tiger in den Karzer fangen.
Mitgehang' „na dann häng doch“
muss das Waldhaupt
durch den Kehlkopf riechen
Ganz verschweißt ist seine Tinte
auf der Filmhaut der Mowgliskin
aus der Packpuderdose
in Backpapierfarbe
Und der Bambuskarzer knackt
geh doch auf der Stelle im Kreis
sagt Backpackmowgli und weiß:
kein Tiger wird gegessen
Nur Licht und Spiele
und am Ende ein fickfackernd
weißer Kinokreis.
36
37
Hulliams Kamlem
Lena Vollmer
Glasnächte
Euch nicht sehen können
Stell dir den Mond
vor
mitten im Herzen des Nachmittags
fragend nach den vielen Fledermäusen
und deinem Schatten – gepolstert im Vergessen
und trunken
von der Abwesenheit
jeglicher Geister
Euch viele.
jemand versucht
das Bild der Wahrheit
zu senken
und kein Ozean stimmt ihm zu
die Sonne kündigt sich an
für den Abend
sie wird rötlich an ihren fachen Wangen
als der sanfte Wind ihr fammende Liebe verspricht
Dafür Geld bezahlt. Des Gewissens beraubt,
stell dir
uns vor
schlaf- und angstentzogen
urlaubend in den Spiegeln und Metaphern –
auf der Insel unseres Heimwehs
bauen Stunden
ein wolkiges Zimmer
wir teilen das Bett und altern in die Kindheit.
Tatenlos zuschauen, ist Geschehen,
38
Wie viele? Irrelevant die Zahl, Größe
Kein Gewicht in der Physik – Masse
Aus Schemen. Nein, Massen schämen sich
Nicht. An der Garderobe abgegeben, ordentlich
Verwahrt. Teilweise beim Eintritt
Ans Über Über Ich verliehen. Einschnitt
Pause des Selbst. In der Masse taub
Keiner sieht. Nicht einer denkt.
Mitsprechen, mithandeln, nicht einmal das –
Wem habt ihr euer Selbst geschenkt?
– Bewusstsein nicht ohne selbst –
Keine Tat. Selbstfndung, trotz viele.
Ich kann Euch nicht sehen.
Euch viele.
39
Valfy V.
Sebastian Bartling
Polemetrodach
Endspiel
Gezeiten und Tektonik schritt
Entlang der Atemfaser
zerschneidest du
den Wörtern ihre Fühler:
Mit stampfenden Proflen
Brach Küsten von der Welt
Riss Flüsse in das Marsfeld
Abdruck der Turmstadt blieb
Metropole ubahnverschachtelt
Lichtauge vom Eisenfels sieht
An Schluchten Bewegung blinzeln
Ausgestanzte Höhen Tiefen winken
Panorama in den Betrachter
Grenzgang für Augenschlag
Fügt Weite in die Linse ein
Sturzfug für Kamerafahrt
Fügt Tränen in die Linse ein
Hinab an Sonnenbrillenglas in das Tal
Aufzeichnung landet mit Beben
Ausweichend wandelt das Schweben
Zwischen Menschenstromlinien
Und anonymen Fahrwassern über
Bereiften Lack stellt es scharf
Es sei nichts mehr Welt,
außer deinem halb geöffneten Mund.
Es wird nichts mehr Welt,
außer deinem geschlossenen Schleier.
//
Leben im Dunst,
Vorwärtsschreiten im Dunst.
Große fiegen,
kleine laufen immer fort von dir.
Sich errettend ins metaphysische Nass,
doch kein Boot.
//
Kein Gedanke schafft mehr
Grauabstufungen.
Mit Rehaugen
stehe ich
im Lichtkegel.
Schneidet Szenen in den Tag
ssd
40
41
In Between
Das nachfolgende Kapitel ist ein Auszug aus „Humans: a treatise – an in depth and
futile research of the summit of creation“
“In order to understand the world, one has to turn away from it on occasion.”
- Albert Camus
1.1 Me Against the World
I will now return to the means of self-defnition. As mentioned before, a defnition of
self is mostly connected to how we perceive ourselves in comparison with those
around us. An individual human shifts its attention away from the herd that is
humankind and perceives itself as something which is self-contained. This concept of
insularity leaves the mortal strangely convinced that the motivation for any sense of
life should stem from within the confnes of its unique being. Usually with the
beginning of puberty the human starts to believe, that it has certain longings and
necessities that are vastly different from other humans and thus need to be satisfed
immediately. Although this happens all around the world, repetitively in every
generation, it is always seen as a highly surprising and shocking phase – one for which
the concerned animals were not prepared. After having experienced the beautiful and
easy life of the fed and loved from inside the protective bubble of nest warmth – they
are tossed into the real world, having to come to terms with the fact that what they
want, need or wish for is not at all important to anyone but them. Traumas! Traumas
everywhere! If only one could have foreseen what was bound to happen! However,
scientists have found out that it is exactly this harsh and cruel phase that makes it
possible for those amateur humans to fully develop into professional humans. Some do
so more successfully than others.
42
43
After this episode of intense maturing, the human has learned that it should lower its
the example of how unfortunate it is for a bird to be in possession of quite an
expectations of the world and mistrust everything and everyone but itself. As a result
abnormally long beak, in an area where prey can only be obtained via the short and
the typical votary of human race starts to retreat into its shell¹ – it withdraws itself
fligree beak of a mutated congener. Although being distinct as distinct a man can be,
into a state from which it sees itself as cut off from the outer world and other humans.
this phenomenon resembles exactly the disturbance in which a representative of
This omphalotomy enables the human to differentiate itself from its surroundings;
humanity fnds itself, if this special individuals’ appearance mainly – albeit surely not
hence it sees where certain features overlap and where they come asunder.
exclusively – be characterized by cozily bushy eyebrows; then, how successful this sole
.
soul will prove when it comes to fnding a mating partner², will be based upon which
Following from this, there are two possibilities of how a human being reacts to these
time this human lives in. There will be an additional chapter especially devoted to the
self-observations. As a frst option, it might be encouraged to think that these
topic of these kinds of time-dependent factors.
differences mark it as unique – these types of humans translate their non-matching
features into a justifcation for their existence. This depicts a very bold move that can
only be executed by certain animals of the Homo sapiens. Most of their fellow humans
usually comment on such a type with the words: “Look at that person! She/He’s
crazy!”. The alternative to this option, practiced by the majority of humans, is to see
its discrepant way of life as innately incorrect, thus altering its behavior, preferences
and frst and foremost outer appearance in alignment with the standard ideal which is
exemplifed by the preponderance of humans favored by generation-specifc trends.
This behavior is welcomed by the dominating class – of course. In order to not show
their approval directly and to speed up the process of transformation, these
encouragements are to be concealed via catcalls, harsh insults and severe bullying.
The respective concept of ideals and trends is time-dependent and can be compared
to the biological niche of lower animals. Plunging into the disgustingly subordinate
realm of menial vertebrates, has presented us with
Again, it becomes apparent here, that the acceptance of the individual is based on its
will to conform to the rank and fle. How accepted a single human feels, strongly
correlates with the person’s impression of self-worth. The more adapted a lone
human being is, the more it is tolerated by others. The more it is tolerated by others,
the more it feels justifed in its existence and thus valued. Self-worth can thus be
described as the product of other people’s rating of an individual’s self. It is quite
fascinating to see, that the self-worth is hence something that is constructed outside
of the self of which it attributes to. So why is this value so vital to the human on its
search for a self-defnition? To answer this, we have to examine what is at the basis of
this quest, namely to fnd the reason for our existence – much like a google backwards
search – by means of understanding the nature of the product of this existence (= us).
It is hypothesized that, as long as the human acquires a defnition that grants it certain
signifcance, it is convinced that its life on earth did not come about coincidentally but
for a specifc reason.
1 Editor’s note: Of course “shell” here should be transferred via higher cognitive abilities from the literal level
of understanding to a kind of meta level, since our divine human race surely does not possess any shells.
44
2 Editor’s note: A funky new alternative to the copulation mentioned above, would constitute plain and safe
sexual intercourse for the mere fun of it – a form of recreation that enjoys more and more popularity
amongst all sexualities (hint: there is more than one) and genders (hint: there are more than two).
45
A critical response to this has been adduced via the example of a certain subtype of
what a specifc human being, at a certain point in its lifespan, is, shall forever be in a
the Homo sapiens. Namely those that can be recognized by their usually glaring,
state of uncertainty – as it can change from within and without in only seconds.
sportsy and outdoorsy clothing. They often have very complex fur markings that spell
In this unclear and undefned state, the human is at a loss. After all this retreating,
such abstract things such as “The North Face”, “Jack Wolfskin” or “Timberland”.
thinking, comparing, evaluating, soul and defnition searching it has moved no step
These representatives usually subscribe to a nomadic and adrenaline-packed lifestyle³
further – much like a dog that chases its tail (isn’t that cute though?!). The individual
and strongly hold on to their globetrotter philosophy of life, where they would argue
superordinate animal is so self-absorbed and aware now, that it ascribes all upcoming
that a sense in life can only come about in confrontation with nature. The justifcation
choices in its life to an unprecedented importance. Instead of naturally living day by
for existence would not derive from what is already within us, but from what can be
day, emotions by emotions, the human analyzes itself with an external view – judging
set into motion by Mother Nature’s embrace. True value would thus be obtained via
its own actions, behavior and appearance like a stranger. This stranger is, strangely
active gathering of experience – it is not a reciprocal act of self-analysis, but a
enough, not a physically existent thing (let alone person) but an abstract mental
vigorously dynamic act that allows for a human to excel in the most heroic way. In this
construct which pressures the individual into a certain way of life. This way of life is
version of self-defnition, the value of said explanation is something which the human
unrealistically perfect and grossly superfcial, but nonetheless supposedly the only one
creates on its own, during the whole process of its existence. It remains to be seen,
worth living. In order to be a part of this life, the human tries everything to raise its
how successful this animal strategy will be. Some have argued that even those
“own value” in the eyes of the other hominids. Trapped in the sea of hubris, we fnd
creatures fnd most pleasure in reporting their deeds and adventures to a group of
the individual – with stones in its pockets – struggling to fght the waves, desperately
humans with subordinate status (non-adventurers), in order to further set themselves
trying to save itself from drowning. It is an all year 24/7 show in which the egocentric
apart and to boost their value in relation to other mammals. So regardless of how a
Homo sapiens tries to impress people he does not necessarily know, like or care about,
certain value is established, we see that there is a pattern of continuously setting a self
in a way that says: “Hey, look how much I love myself for the things I do and have –
in relation to other selves, whilst always maintaining a clear differentiation to those
maybe you should consider loving me as well!?”.
others.
After having evaluated, then, how much its individual self is worth – in accordance
with the given differences and commonalities – the non-primitive primate thinks that
it now has an impression of who it might be and can thus initiate certain changes if it
fnds the answer to that question unsatisfying. Sadly, what follows from this, is that
what
3 Editor’s note: If you ever see one of their representatives on a Saturday afternoon in a pedestrian area,
sipping skillfully on their chai tea latte, you should make sure to cherish their benevolence of desisting from
their mountain-hopping to linger for a while in the dishonorable idleness of the everyday human.
46
By putting itself at the center of its world, this eager animal often forgets that it is –
and will always be – dependent of those other humans around it, which strike the
angsty individual as so alien. By all the lines it draws between itself and the others,
while still being dependent on external approval, it is bound to get swallowed up and
lose itself in an in-between state of neither fully here nor fully there.
– Sina Neueder
47
Reality I
Der große Eistaucher
Rezension zu Arthur Conan Doyles
‚Heute dreimal ins Polarmeer gefallen – Tagebuch einer arktischen Reise’
Anna Lenz
Acht Jahre bevor er Sherlock Holmes die literarische Bühne betreten lässt, heuert der
damals 20-jährige Medizinstudent Arthur Conan Doyle auf einem Walfänger an. Die
Anstellung als Schiffsarzt auf der Hope verspricht dem höchst mittelmäßigen
Studenten aus Edinburgh eine willkommene Abwechslung von den Öden des
Schreibtisches. Zudem winkt ein guter Lohn. Es ist kaum mehr als Zufall, dass er auf
Fahrt geht: Weder ist Conan Doyle ein erfahrener Harpunier, noch tut er sich durch
besondere Medizinkenntnisse hervor – es ist eher eine gehörige Portion Abenteuerlust,
die ihn antreibt. 130 Jahre lang war das Logbuch verschwunden, das Conan Doyle
auf der Hope führte. Es erschien auf dem amerikanischen Buchmarkt 2012 unter dem
Titel Dangerous Works – Diary of an Arctic Adventure und liegt jetzt erstmals auf Deutsch
vor.
An Bord ist Conan Doyle dann tatsächlich Mediziner. Seine Aufgaben liegen neben
der Versorgung der Crew auch in dem Führen des vorliegenden Logbuchs. Doch das
ist dem Draufgänger nicht genug. Er, der in der Heimat aus sämtlichen
Kneipenschlägereien als glorreicher Sieger hervorgegangen ist, soll nun am Boot
bleiben, während die ‚echten Kerle’ sich über Eisschollen in die Schlacht begeben?
Conan Doyle will es sich auf keinen Fall nehmen lassen, mit nach Walen und Robben
zu jagen. Doch als die Jagdsaison am 3. April beginnt, verbietet es der Kapitän: Zu
gro
48
49
groß ist das Risiko, dass der unerfahrene Student im Eismeer ertrinkt. Schmollend
nur allzu brutal und auch Conan Doyle lässt die blutige Jagd nicht etwa völlig kalt. Als
sitzt Conan Doyle daraufhin auf der Reling und plumpst ganz unmutig auch noch ins
der Kapitän ihm nach der Heimkehr anbietet, im nächsten Jahr als Harpunier
Wasser. Als der Kapitän das bemerkt, beschließt er, den jungen Mann doch mit auf
mitzufahren, zieht Conan Doyle der blutigen Jagd nach Heulern das friedliche
die Jagd gehen zu lassen, denn vor der Gefahr des Ertrinkens im Polarmeer scheint
Schottland vor und schließt sein Studium ab. Nur wenige Jahre später wird er einer
ihn auch das Schiff nicht zu beschützen. Einige Male mehr wird Doyle dann noch die
der bekanntesten Kriminalautoren der Welt sein.
nasse Kleidung im Maschinenraum trocknen müssen. Mit schelmischem Stolz und
auch ein bisschen Selbstironie schreibt er seiner Mutter, er habe den Beinamen
Das Vorwort und ein editorischer Essay der Herausgeber Jon Lellenberg und Daniel
„großer Eistaucher“ erhalten.
Stashower helfen den Einstieg in Conan Doyles Aufzeichnungen zu fnden. Besonders
interessant für Enthusiasten des weltberühmten Detektivs aus der Baker Street ist
Auch wenn er sich auf dem Eis mehr schlecht als recht auf den Beinen hält, ist Conan
wohl die Erzählung ‚Der Schwarze Peter’, in der ein Kapitän von einer Harpune
Doyle ein durchaus erfolgreicher Jäger. Die Jagd, das Zählen der getöteten Tiere und
durchbohrt vorgefunden wird und Conan Doyle Teile seiner Erfahrungen als
das Warten auf die Sichtung neuer Robbenkolonien, Narwale oder Seeelefanten
Walfänger verarbeitet. Die Übersetzung von Alexander Pechmann ist dabei durchaus
dominieren seine Logbucheinträge. Und dennoch: Das Logbuch ist dabei nicht nur
gelungen. Es lohnt sich auch in den mitabgedruckten Faksimiles zu stöbern: Man
ein offzielles Dokument. Der Autor begnügt sich gerade nicht damit Längen- und
kann dabei neben Conan Doyles sauberer Handschrift auch die liebevoll gestalteten
Breitengrade oder die Beute niederzuschreiben, sondern nutzt die Gelegenheit,
und detaillierten, wenn auch etwas unbeholfenen Skizzen des Autors bewundern. Es
persönliche Erfahrungen zu Papier zu bringen und schafft ein arktisches Tagebuch. Er
ist ein Buch, das besessen und verschenkt werden will, keineswegs sollte man sich mit
wird außerdem fürchterlich wütend, als ein Kamerad das Logbuch liest und bei Tisch
der E-Book-Version zufrieden geben. Herausgeber und Verlag haben hier ein wirklich
vor der Mannschaft rezitiert. Conan Doyle widmet ihm den nächsten Eintrag mit der
wunderschönes Buch geschaffen.
deutlichen Warnung, zukünftig die Finger von seinen persönlichen Gedanken zu
lassen.
Im August 1880 kann die Hope ein vorzeigbares Ausmaß an Beute im Heimathafen
präsentieren: Hunderte von Robben, mehrere Wale, Vögel, Seeelefanten, sogar
Eisbären. Man wundert sich, dass das Wasser bei dem zusätzlichen Gewicht nicht
über die Reling schwappt. Dem heutigen Leser erscheinen Robbenjagd und Walfang
n
50
„Heute dreimal ins Polarmeer gefallen“ – Tagebuch einer arktischen Reise
Arthur Conan Doyle
John Lellenberg und Daniel Stashower (Hg.)
2015, mareverlag Hamburg
ISBN 978-3-86648-209-8
334 Seiten
28 Euro
51
Reality
II
52
53
„Pop-Literatur“
Pop, Politik, Literatur
Ein Interview mit Thomas Meinecke
geführt von Stefanie Scholz und Julian Gärtner
Drosophila: „Thomas Meinecke pfegt ein enges Verhältnis zur
traditionellen
Pop-Kultur
Ausdrucksformen.
Daraus
bzw.
eine
zu
populären
Verwandtschaft
künstlerischen
mit
der
zeitgenössischen, modischen Pop-Literatur abzuleiten wäre sicher
Thomas Meinecke (geb. am 25. August 1955 in Hamburg) ist ein deutscher Autor,
Musiker und DJ, dessen große Affnität zur Pop-Kultur sein Werk entscheidend prägt.
Seit den 1980er-Jahren ist er für den Zündfunk als Radio-DJ tätig. Meinecke ist
außerdem Gründungsmitglied der Avantgarde-Band F. S. K., die 1980 aus der
Redaktion der Zeitschrift Mode & Verzweifung hervorging. Seine literarischen Werke
zeichnen sich mitunter durch aus der Musik abgeleitete Schreibtechniken aus.
Beispiele hierfür sind die Romane The Church of John F. Kennedy (1996), Tomboy (1998)
und Lookalikes (2011), die im Suhrkamp-Verlag erschienen sind. Neben seiner
Leidenschaft für Musik und Literatur ist Meinecke bekennender Feminist und
interessiert sich für philosophische Fragestellungen.
voreilig. […] Die Differenz liegt im literarischen Grundverständnis.“ –
So beschreibt es Beat Mazenauer 2005 im KLG. Inwiefern trifft dies noch
auf Dein jetziges literarisches Grundverständnis der Pop-Literatur zu?
Thomas Meinecke: Die Pop-Literatur, auf die Mazenauer sich da bezieht, ist
wahrscheinlich so etwas wie Stuckrad-Barre, Kracht und so weiter. Das fnde ich
schwierig, denn sehr oft wird das, was ich mache und auch das, was Andreas
Neumeister und Rainald Goetz machen – gerade wir drei, die wir bei Suhrkamp
veröffentlichen – gegen die anderen aufgefahren. Wir sollen immer gegeneinander
ausgespielt werden. Der Impuls bei mir ist dann eher der geworden, mich hinter die
zu stellen, weil ich das nicht einsehe. Es gibt schon „guten Pop“ und „schlechten Pop“,
aber das hat nichts mit dem bildungstechnischen Level oder der Differenziertheit des
Referenzsystems zu tun. Das sind eher Geschmacksfragen, ähnlich wie in der Mode.
Meinerzhagen, Sauerland. Ein Waldhüttenkomplex mit Sanatoriums-Flair und Blick
auf das Tal. Bei Hopfentee und Nieselregen trifft Drosophila hier Thomas Meinecke
zum Interview. Der Autor spricht mit uns über Musik, Kybernetik und Judith Butler.
Es geht nicht um Schulabschlüsse oder Verlagsnamen. Und zum Teil kenne ich die
auch, Eckhart Nickel und Christian Kracht sind Freunde von mir. Deswegen bin ich
immer besonders dazu geneigt, die zu verteidigen. Ich mag nichts gegen die sagen
und fnde auch vieles sehr gut. Natürlich ist es teilweise eine ganz andere Technik, die
da verfolgt wird, aber man kann vielleicht trotzdem beides Pop-Literatur nennen.
Oder konnte, das tut ja heute kaum noch einer. Ich habe immer noch kein wirkliches
P
54
55
Problem damit, denn ich mag die Konnotation „Pop“ und auch die Silbe „Pop“, aber
Autoren in Richtung Uni zieht – sei es für ein Studium, für Referenzen
irgendwie ist es auch fast wie eine Tautologie oder eine überfüssige Bezeichnung.
oder für Poetik-Dozenturen. Man könnte ja meinen, dass dabei die
Literatur kann einfach auch nach Popmaßstäben ablaufen, wie jede Kunst, Pop-
eigene street credibility draufgeht. Wie passt Uni mit Pop zusammen?
Musik, Pop-Art. Ich habe den Eindruck, dass es in der Literatur ein bisschen
aufgehört hat, dass das so genannt wird.
TM: Ich bin ja gar nicht an einer street credibility interessiert. Für mich ist das viel in
Zusammenhängen zu fnden, die akademisch sind, also zum Beispiel im Art School.
Drosophila: Wer da gegen wen ausgespielt wird, ist ein Mechanismus,
Bands wie The Kinks, Roxy Music oder später auch Blur sind an Kunsthochschulen
den man von außen gar nicht sieht.
gegründet worden und die ganze Arbeitsweise ist ganz stark geprägt von
Appropriationstechniken aus der bildenden Kunst, Anverwandlung, Zitieren. Das ist
TM: Das Feuilleton wollte das natürlich. Die wollten „Hoch-Pop“ und „niedrigen
sowieso im gewissen Sinne leicht akademisch. Für mich ist das kein Schimpfwort. Und
Pop“, aber das stimmt ja alles gar nicht. Trotzdem hat es dazu geführt, dass sich Leute
ich habe auf jeden Fall mehr Resonanz aus Uni-Kreisen. Die Leute, die gerade
wie Christian Kracht von dem Begriff „Pop-Literatur“ distanzieren. Der wollte nicht
promovieren, machen wahrscheinlich den höchsten Anteil derer, die meine Bücher
dabei sein, als Eckhard Schumacher diesen Reader Pop seit 1964 gemacht hat, weil er
kaufen, aus. Wenn ich jemanden kennenlerne, dann ist das eine 32-jährige
nicht mit dem Begriff in Zusammenhang gebracht werden will. Andere wie Rainald
Promovierende – mit Krise allerdings (lacht). Das liegt wohl mit daran, dass mich auch
Goetz meinen dagegen immer noch, dass das ein Begriff ist, mit dem sie sich
interessiert, worüber die schreiben. Ich bin ja auch nicht im freien Orbit. Mich
identifzieren können. So geht es mir eigentlich auch.
interessiert auch immer das, worüber alle gerade reden. Jetzt sind das Affekte oder
Aber sehr häufg ist Pop-Literatur doch ein bisschen journalistisch oder hat Pop zum
Anthropozentrismus.
Gegenstand. Andere Pop-Literatur funktioniert selber wie Pop, fnde ich. Bei mir sind
die Schreibtechniken aus Musikformen entlehnt. Das kann Jazz sein, Bebop oder
Ich lese jetzt die ganze Zeit Jean-Luc Nancy. Dann kommt man auf Kandidaten wie
Techno, DJ Culture, Art School Pop – Zitatpop eben. Ich schreibe so, wie das ist. Und
Blanchot, das sind schwierige Texte, die mir aber ganz oft empfohlen wurden von
das tun viele von den Pop-Autoren nicht. Die schreiben einfach über Pop, so wie Nick
Leuten, die an Unis studieren oder eine eigene Laufbahn beginnen. Das ist für mich
Hornby. Aber ich fnde, das ist deswegen nicht unbedingt wirklich Pop.
ein reizvoller Rahmen. Und ich werde da oft herumgereicht, denn die Topics in
meinen Büchern sind eben oft akademische. Dann interessieren sich die Leute, die
„Die Uni ist für mich ein reizvoller Rahmen“
darüber forschen, dafür, wieso sich jetzt ein Belletrist freiwillig in dieselben
schwierigen Katarakte stürzt. Und deshalb werde ich immer eingeladen zu solchen
Drosophila: Uns ist aufgefallen, dass es viele von den prominenten
Tag
Autoren
56
57
Tagungen – Post-Colonial-Sachen, Gender, Feminismus, Popkultur, andere seltsame
Jazzgeschichte durch Dekonstruktion von schon Vorhandengewesenem. Das ist
Autoren, die mich auch interessieren. Dann sitze ich plötzlich auf einer D.-H.-
generell
Lawrence-Tagung. Das ist total spannend und sehr bereichernd für mich.
rekontextualisieren und dann wird etwas anderes daraus. Das läuft manchmal
ganz
toll
in
der
Popmusik,
dass
Leute
Sachen
resignifzieren,
tatsächlich über den Sound. Die Bass Drum muss 1995 so klingen und 2001 so. Das
Drosophila: Was interessiert Dich an diesen theoretischen Ansätzen? Ist
das eher eine ästhetische Erfahrung des Sounds oder sind diese
Theorien für Dich inhaltlich interessant?
TM: Es geht mir dabei um große Faszination und um ein Ausprobieren an der
eigenen Arbeitsweise. Der Sound ist natürlich auch interessant. Ich habe neulich zum
ersten Mal Jean-Luc Nancy reden hören und ich war auch mal mit Rainald Goetz in
München an der Uni, als Luhmann redete. Das ist in etwa so, wie zu einem Gig zu
sind auch Diskurse. Wie muss die Bass Drum klingen und darf da überhaupt eine
Snare Drum sein? Bei mir ist es schon so, dass das, was ich interessant fnde – zum
Beispiel an Lacan – mein Verständnis wirklich herausfordert. Als Autor, der seine
eigene Position als eine eher unsouveräne versteht, reizt es mich aber, den Moment in
Texten zur Darstellung zu bringen, in dem einen das eigene Verstehen schon verlässt.
Wie weit kann ich hinter diesen Moment des Nicht-mehr-Verstehens noch vordringen
mit meiner Sprache? Und wo wird es dann entweder Musik oder geht nicht mehr?
Musik ist ja irgendwie auch da hinten, das ist ja das Tolle.
gehen, beispielsweise zu einem Jazz-Konzert. Sound ist nicht unwichtig. Und ich habe
ja auch ganz viele Vorträge von Leuten nacherzählt in meinen Büchern, wie zum
Drosophila: Das ist also ganz wichtig, dass es sehr viel um Verstehen
Beispiel von Žižek oder Butler. Wie die dann so reden, das ist schon sehr spannend.
geht, nicht nur um Wohlgefallen.
Aber natürlich würde mich der Sound nicht interessieren, wenn mich gleichzeitig
nicht interessiert, was das Gehirn da gerade denkt und vorhat. Den „Sound of
TM: Absolut. Reiner Wohlgefallen wäre, glaube ich, bei mir auch gar nicht leicht zu
Sloterdijk“ zum Beispiel brauche ich nicht, obwohl der nun wirklich einen hat. Aber der
erzeugen, wenn ich nicht gleichzeitig mit Referenzen arbeiten könnte. Bei mir ist es
reizt mich nicht.
die Neugierde, die mich antreibt, sich mit den Hintergründen zu beschäftigen. Dieses
Flatternde und Unbeständige ist das, was ich eigentlich versuche darzustellen. Ich
Drosophila: Du hast einmal sinngemäß gesagt „Lacan lesen ist wie Jazz
fnde diese dynamische Suchbewegung viel interessanter als das Resultat, an die
hören“.
Resultate glaube ich nie so ganz.
TM: Ja, aber Jazz ist ja auch nicht nur Sound, sondern Jazz hat total komplexe
Strukturen und ist oft eben auch Dekonstruktion – Vorwärtsbewegung in der
Jazzgesch
58
59
Lob der Kybernetik
bestimmten Festschreibungen zu entziehen, die die Generation vor uns, die HippieGeneration, internalisiert hatte. Wir waren dann plötzlich die windigen,
Drosophila: Ein sehr berühmtes Zitat von Dir ist: „Heute Disco, morgen
hakenschlagenden Typen, die man nicht verstanden hat. In diesem Kontext ist dieser
Umsturz, übermorgen Landpartie“. Was ist damit gemeint?
Spruch zu verorten. Aber jetzt hängt der auch als türgroßes Plakat, das wir früher
immer auf Gigs verkauft haben, hinter Glas gerahmt im Gang des Feuilletons der
TM: Das ist einfach nur eine Kapitelüberschrift aus einem längeren Manifest, das ich
Süddeutschen Zeitung.
1981 geschrieben habe, damals in unserer Zeitschrift Mode & Verzweifung. Das hatte
eigentlich gar nicht direkt mit FSK zu tun, aber die Band kommt eben auch aus dieser
Drosophila: Und bei unserer Dozentin an der Tür. Im Grunde ist das ja
Redaktion. Es war eine Idee und in Wirklichkeit heißt es dann auch noch „dies
im weitesten Sinne ein Motto. Disco, Umsturz, Landpartie – wie ist das
nennen wir Freiwillige Selbstkontrolle“. Dabei geht es um etwas Prozesshaftes und
politisch zu verstehen?
Performatives, aber damals stand uns die Terminologie noch nicht zur Verfügung, die
man später aus der Dekonstruktion abgeleitet hat.
TM: Ich glaube, wir wollten so etwas wie Ventile haben, die sich auf- und abbewegen
und dann ist mal das eine, mal das andere offen. Einer von Mode & Verzweifung nannte
Um 1980 herum hatten wir nur eine gewisse Vorstellung von Kybernetik und das
das „mobile Anpassung“. Es war ein Spiel mit der Affrmation, wo dann die Revolte
kybernetische Verhaltensprinzip ist dann: „Heute Disco, morgen Umsturz,
denselben Stellenwert einnahm wie an einem anderen Wochentag der Discobesuch
übermorgen Landpartie“. Es wird mit Messwerten verglichen, wo wir stehen und
oder die Landpartie. Wir hatten ein Lied, Moderne Welt. Da waren die Leute 1980
dann wird nachgeregelt. Insofern wollte ich in diesem einen Satz etwas möglichst
wirklich wütend, wenn wir das spielten. Die haben uns den Strom abgedreht, weil sie
Heterogenes unterbringen, wo man dann kurz stutzt. Aber eigentlich war das eher ein
meinten, das dürfte nicht sein. Es war einfach noch die sich selbst infrage stellende,
kybernetisches Regelprinzip. Es gab auch einen Song von uns, der hieß Lob der
sozialdemokratische, bundesrepublikanische Gesellschaft. Für die waren wir ein Dorn
Kybernetik, da hieß es im Refrain: „Nimm dir einen Regelkreis und tu dich mitten rein,
im Auge. Das war natürlich auch so gemeint, dass man für eine gewisse Zeit in der
schnell erhältst du den Beweis: besser kann die Welt nicht sein“. Das war natürlich
Affrmation den einzig möglichen Weg zur Dissidenz gefunden hat.
selbstironisch. Später haben wir dann ein Lied gemacht, Jazz im Dritten Reich, da hieß
der Refrain: „Ich nahm mir einen Regelkreis und tat mich mitten rein, schnell erhielt
In dem Kontext stehen solche Slogans, wir hatten einige in der Art. „Theater zu
ich den Beweis: die Welt war hundsgemein“. Es war aber generell dieses ständige
Parkhäusern“ war noch so eine Losung. Auch extra „Neger“ zu sagen war ja eine
Nachregeln und Hakenschlagen, auch dandyesk bis partisanisch, sich einfach
Zeitlang strategisch gegen eine bestimmte Art von nicht mehr richtig funktionierender
hakenschlagen
lei
60
61
emanzipatorischer, politischer Rhetorik. Es gibt ganz viele Leute, die aus der Zeit in
ja
einem Anti-PC-Ding eingefroren sind. Und das waren wir dann spätestens mit der
Theoretikerinnen. Was interessiert Dich daran?
auch
immer
auf
Judith
Butler
oder
andere
feministische
Wiedervereinigung oder Hoyerswerda nicht mehr. Da war dann nicht mal mehr das
leiseste Spiel, die leiseste Koketterie mit einer Affrmation nationaler Identität. Das
TM: Am Anfang waren das wirklich die Feministinnen – ganz stark Butler, aber auch
war nur so lange funktional, als man damit ganz schlimme Leute ärgern konnte.
davor schon Silvia Bovenschen und natürlich Simone de Beauvoir. Sie war für mich
die erste, die von diesem Begriff des Anderen sprach, von dem interessanterweise
Drosophila: Würdest Du also sagen, dass sich die Sprech- und
inzwischen auch feministische Autorinnen sagen, dass Nietzsche den schon
Redeweisen auch immer anderen anpassen müssen?
aufgebracht hat. Man fndet dann plötzlich sehr viele Feministen: Plötzlich ist in den
Augen von Hélène Cixous, die über weibliches Schreiben forscht, D. H. Lawrence der
TM: Ja, das würde ich sowieso sagen. Es wird ständig nachkorrigiert. Das ist aber
Autor, der den ersten weiblichen Orgasmus beschrieben hat. Sie sagt, weiblich
auch etwas Nettes, das für political correctness spricht, weil es die ganze Zeit eine
schreiben können auch Männer. Das ist etwas, was ich auch für mich reklamieren
Nachkorrektur von eingeschlafenen Formulierungen bedeutet. Vielleicht ist es
würde. Auf jeden Fall kommt die Initialzündung bei mir von Butler und Bovenschen.
anstrengend, political correctness kontinuierlich selbst einzulösen, aber ich glaube, es ist
Das hat mich so geprägt, wie Das Kapital Marxisten geprägt hat. Mit meinem eigenen
auch lustvoll. Es wird immer so getan, als wäre das lustfeindlich oder protestantisch.
Weiterlesen ging es dann irgendwann mit den Queer Studies und den Lesbian Gay
Ich fnde, das kann auch katholisch gehen. Diejenigen, die dagegen plädieren und
Studies weiter.
behaupten, dass das Spaß macht, sind sehr nah an der ganz schlimmen Rhetorik
„man wird doch wohl noch sagen dürfen“. Und ich fnde, überall, wo man das sagen
Schwierigkeiten habe ich teilweise mit der sogenannten Kritischen Männerforschung.
kann, darf man’s auf keinen Fall sagen. Wenn das passt, dann ist es schon passiert.
Da kommen Sachen wie die Väterbewegung rein, wo es schon wieder übel wird.
Aber ich habe das Gefühl, dass ich das ohne irgendwelche puritanischen
Dann denke ich doch: Ich bin nicht bei den Männern, ich bin eher bei den Frauen
Auswirkungen mache.
mit meiner Argumentation. Ich will jetzt nicht sagen, dass wir Männer auch mal mehr
weinen wollen. Tue ich ja eh (lacht). Generell fnde ich nach wie vor: Warum sollte
Feminismus und Ich als Text
man das denn nicht feministisch nennen? Es gibt immer noch einen wahnsinnigen
Backlash gegen Frauen und Feminismus. Und es sind oft Frauen selber, die sagen:
Drosophila: Du wirst immer sehr stark als Feminist gehandelt. Warum
„wieso denn Feminismus? Wir haben doch jetzt alles.“ Und das ist ja nicht wahr. Die
bezeichnet man Dich nicht als gendertheorieaffnen Autor? Du verweist
Sprache ist immer noch kontaminiert, es ist immer noch eine Männersprache.
….
;MMMM
62
63
Frauen verdienen immer noch ein Viertel weniger. „Alle Menschen werden
Drosophila: Ist dieses Projekt entstanden, um der Frage auszuweichen,
Schwestern“ klingt immer noch komisch, würde man denken. Und „alle Menschen
warum gerade Du als Mann Feminist bist?
werden Brüder“ klingt immer noch normaler. Solange das so ist, kann ich doch
einfach sagen, ich Feminist bin, weil ich in der Kategorie des Geschlechts diese
TM: Ja, das hat genau damit zu tun. Das ist mal etwas Persönliches. Man kann ja
Diskriminierung ausmachen kann, die man früher als Marxist in der Klasse
leicht sagen, dass Butler intelligent und revolutionär gewesen ist – auch für mich.
ausmachen konnte. Und da konnte ich ja auch ohne Arbeiter zu sein Kommunist
Da ist ein neues Denken aufgekommen, deswegen war ich auch dafür, dass sie den
sein. Ich muss keine Frau sein um Feminist zu sein. Da es sowieso nicht um Sein geht,
sondern um eine Performance, habe ich damit kein Problem.
Adorno-Preis erhält. Ich habe mich damals auch in einer öffentlichen Erklärung
dazu geäußert, weil ich den Israel-Standpunkt überhaupt nicht teilen kann und
den Websites von Suhrkamp (Logbuch) und Fischer
auch mit ihr darüber geredet habe. Der Gedanke war schon, nicht nur zu sagen,
(Hundertvierzehn) eine Diskussion. Antje Rávic Strubel, eine Schriftstellerin bei
dass das großartig geschriebener Kram ist, bei dem man sozusagen dafür sein
Fischer, und ich haben beide jeweils einen Essay geschrieben, in dem wir beschreiben,
muss, sondern auch zu überlegen: man schreibt das ja von einem eigenen Körper
warum wir Feministen sind. Meiner heißt Wie ich Feminist wurde. Es geht in beiden
aus, auch wenn der nur über Sprache defniert ist. Da gibt es zunehmend sehr
Fällen auch um eine persönliche Geschichte, nicht nur darum, was wir alles Tolles
intelligente Bücher, die klarmachen, wieso wir eigentlich über sogenannte primäre
gelesen haben, sondern um den eigenen Werdegang. Wir haben das beide erstmal
Sexualorgane sprechen und nicht über die Ohrläppchen. Das ist auch interessant,
geschrieben, es uns dann gegenseitig geschickt und im Anschluss ein Gespräch
aber trotzdem haben wir uns jetzt gefragt, wie man zu dem wird, was man ist – sie
darüber geführt. Es existiert als Audio-Datei auf den Websites und wir reden darüber,
als Mädchen, ich als Junge sozusagen. Das hätte ich früher vielleicht gar nicht
inwiefern wir Feministen sind. Das geht jetzt so weiter, es gibt einen Chatraum und
gelten lassen, das an der eigenen Biographie festzumachen. Aber jetzt fnde ich,
noch andere Essays. Aber die beiden anfänglichen Essays sind von Antje und mir. Da
das kann man schon als relativ selbstverständliche Geschichte mit einer Art
ist auch schon interessant, dass sie „als Frau“ ein viel größeres Problem damit hat, so
Biographie darstellen, auch vor dem Hintergrund, dass man dauernd gefragt
etwas wie weibliches Schreiben für sich zu reklamieren als ich, weil sie natürlich damit
wird: „wie, als Mann?“
Es gibt gerade auf
die Repressionsrhetorik benutzen muss. „Du bist eine Frau und hast weiblich zu
schreiben.“ Wenn ich das mache, hat das etwas Emanzipatives. Wir sprechen auch
Drosophila: Bei Dir war in Ich als Text eines sehr prägnant: Was passiert
über Transgender-Sachen, die sich dann aus der jeweiligen Perspektive ganz anders
eigentlich mit dem Ich, wenn es in den Text geht?
darstellen. Bei ihr ist es eine lesbisch kodierte weibliche Nummer und bei mir eine
hetero-männliche, aber auch eher unmännliche Männlichkeitssache.
64
und
65
TM: Das versuche ich praktisch durch das Tun herauszufnden. Ich möchte nämlich
Drosophila: Und wie authentisch ist das dann?
nicht wirklich über mich schreiben, ich möchte aber ein Ich drin haben bzw. das, was
teilweise mit mir zu tun hat. Deswegen bin ich in dem Roman Lookalikes schon drin
TM: Ich glaube, dass die sogenannte Authentizität immer nur ein Abfallprodukt, ein
und bei Ich als Text, und jetzt in meinem neuesten Roman gibt es auch diesen Thomas
Effekt der Sprache ist. Ob ich das sozusagen for real nehme – da sind wir wieder bei
Meinecke. Das probiere ich im Grunde genommen aus. Ich will nach wie vor nicht zu
Disco –, das ist dann gar nicht mehr der Punkt. Ich fnde, das sind einfach Effekte des
diesem Subjektbegriff zurückkehren, den ich abgelegt habe und auch verneinen
Authentischen in dem Sinne und das reicht mir dann auch. Das ist ja eben das
würde. Dieses autonome Erzählersubjekt will ich gar nicht sein. Das funktioniert,
Schöne daran, dass ich nicht wirklich wissenschaftlich arbeite, aber auch nicht
indem man das sogenannte Eigene ins Spiel bringt, auch in der dritten Person – ich
wirklich klassisch literarisch. Ich kann mir in diesem Zwischenbereich etwas
habe ja bisher in der dritten Person geschrieben, das ist dann Thomas Meinecke. Das
erschreiben. Aber ich weiß nie vorher, ob es klappt. Man hat eine gewisse Vorstellung,
ist eigentlich mein ganzes Schreiben, Ausprobieren, was die Sprache tut oder was ich
was vielleicht sein könnte und da schreibe ich mich dann so hin. Das ist auch der
mit Sprache erreichen kann. Das ist der ganze Reiz für mich, dass ich die Antwort
Grund, weshalb ich so gerne schreibe. Es ist dann selber ein kleines Abenteuer, zu
selbst rausfnde durch Machen.
sehen, wo man wohl landen wird mit dieser Idee. Was passiert jetzt mit diesem zur
Theologie gewechselten Theaterwissenschaftler? Was ist in dem Fall mit seiner
Ich habe das jetzt schon öfter gemacht, zum Beispiel, dass ein Theaterwissenschaftler
Sexualität? In meinem Roman Jungfrau ist das ein Thema. Dafür habe ich ganz viel
plötzlich Theologie studiert. Was passiert dann mit dem? Oder ein nichtschwuler
Theologie gelesen. In der Reibung zwischen dem, was ich dort lese und dem, was ich
Flugbegleiter, was ist das dann eigentlich? Und das wird beim Schreiben
erzähle, entsteht etwas. Es ist ein Effekt.
herausgefunden, denn die Sprache hat das ja irgendwie auch in diese Schräglage
gebracht und dafür gesorgt, dass das ein Thema ist. Ich schaue dann mal, was beim
Schreiben passiert. Auf diese Weise habe ich zum Beispiel den nichtschwulen
Flugbegleiter geschaffen, nicht, weil ich das unbedingt wollte, sondern als
Abfallprodukt des Schreibprozesses. So wird hier die Homosexualität praktisch mittig
und die Heterosexualität das Andere.
Schöne
66
67
Special
Thanks
– Danksagung –
Für die fnanzielle Unterstützung bedanken wir uns bei:
Studierendenparlament (StuPa) Universität Bielefeld, Zentrum für Ästhetik
Wir bedanken uns außerdem herzlich bei:
Allgemeiner Studierendenausschuss (AStA) Universität Bielefeld, Jan Andres,
Wolfgang Braungart, Campus-TV, Charis Goer, Lutz Graner, Katharina Guth,
Hertz 87.9, Paul John, mareverlag, Thomas Meinecke, Markus Paulußen,
skript.um, Universität Bielefeld, Dennis Töpler
Text: Drosophila
68
Foto: Anne Braun
69
Drosophila 18
– Impressum –
Herausgeber
Fachschaft Literaturwissenschaft
Julian Gärtner
Redaktion
Sabrina Deppermann, Julian Gärtner, Andrea Hermes, Sebastian Knappe, Aylin
Kuhls, Ilja Schirkowskij, Stefanie Scholz, Kim Walla
Konzept u. Gestaltung
Ilja Schirkowskij [[email protected]]
Kontakt
Drosophila – Literaturzeitschrift für junge Texte
Fachschaft Literaturwissenschaft
Universität Bielefeld, Raum: C4-125
[email protected]
Aufage
500
Für den Inhalt der Texte sind die Autor*innen verantwortlich.
Alle Rechte verbleiben bei den Autor*innen.
© Drosophila 2015
70